Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

26 Dienstag, 4. Juli 2000 
Schweiz 
Liechtensteiner Volksblatt 
Nachrichten 
Soziale Sicherheit der 
Grenzgänger 
PARIS: Das französische Arbeitsministerium 
und das Ministerium für europäische Fragen ha 
ben beschlossen, unabhängige Experten mit ei 
ner Untersuchung über die soziale Sicherheit 
der Grenzgänger zu beauftragen, die in der 
Schweiz arbeiten. Das teilten die beiden Minis 
terien am Montag mit. Am vergangenen Frei 
tag hatten sich deren Vertreter mit Organisatio 
nen der Grenzgänger getroffen. Die Grenzgän 
ger sind über die Auswirkungen des Abkom 
mens über den freien Personenverkehr auf die 
Krankenversicherung beunruhigt. Dieser bila 
terale Vertrag zwischen der Schweiz und der 
EU sieht vor, das System der sozialen Sicherheit 
dem Land anzupassen, in dem die Grenzgänger 
arbeiten. Die Grenzgänger möchten zwischen 
dem französischen und dem schweizerischen 
System wählen können. 
Schweizer Bank 
geheimnis unter Druck 
BERN: Der Druck auf das schweizerische 
Bankgeheimnis ruft die Wirtschaftskommission 
(WAK) des Nationalrats auf den Plan. Die 
WAK will Ende August Hearings mit Exponen 
ten der EU und der OECD durchführen, wie ihr 
Präsident Rudolf Strahm (SP/BE) gestern mit 
teilte. Das gleiche Thema wird laut Strahm auch 
beim Besuch einer Delegation der Wirtschafts 
kommission des schwedischen Reichstags im 
September zur Sprache kommen. 
«Mein Weg nach oben»; 
Buchstellen schwärzen 
ZÜRICH: Der Schweizer Gartenbau-Unter 
nehmer Werner H. Spross (Bild), aufgenommen 
im April 1997 in seinem Büro in Zürich. Die su 
perprovisorische Verfügung gegen das Buch 
von Werner H. Spross und Karl Wild «Mein Weg 
nach ganz oben» ist vom Oltner Gerichtspräsi 
denten grundsätzlich bestätigt worden. In einer 
neuen Verfügung wird Spross angewiesen, die 
•beanstandeten Stellen zu schwärzen oder sonst 
wie unkenntlich zu machen, ansonsten das Buch 
aus dem Handel zu ziehen sei. Der in den Me 
moiren des früheren Grasshoppers-Mäzen 
scharf kritisierte frühere GC-Finanzchef And 
reas Schenker hat gegen den Autor Strafanzei 
ge wegen Ehrverletzung eingereicht 
Mossad-Prozess vor 
Bundesstrafgericht 
LAUSANNE: Seit Montag steht der Mossad- 
Agent.der im Februar 1998 in Köniz BE bei einer 
gescheiterten Abhöraktion verhaftet wurde, vor 
dem Bundesstrafgericht in Lausanne. Es ist der 
erste Fall, bei dem die Identität des Angeklagten 
im Dunkeln bleibt. Der Angeschuldigte, der sich 
als Issac Bental und Jacob Track ausgibt, wollte 
auch vor Gericht seine wahre Identität nicht be 
kanntgeben. Seine persönliche Sicherheit sei be 
droht, sagte der rund 46-jährige Israeli, dessen 
Gesicht im Gerichtssaal nicht verdeckt war. Hans 
Wiprächtiger, Präsident des Bundesstrafgerichts, 
der den Prozess leitet, hatte ihn zu Beginn gefragt, 
ob er jetzt, wo er als Agent enttarnt sei, nicht sei 
ne wahre Identität preisgeben möchte. Bental 
hatte schon in den Untersuchungen gestanden, 
dass er für die Einreise in die Schweiz echte Päs 
se mit falschen Angaben benutzt habe. «Auch die 
Verteidigung kennt den wahren Namen nicht», 
fügte Bentals Anwalt Ralph Zloczower hinzu. 
Die Geheimhaltung diene dem Schutz des Ange 
schuldigten. Angesichts seiner Tätigkeit und sei 
nes Arbeitgebers seien Attentatsversuche aus 
Rache nicht auszuschliessen. 

Werbung mit «Gemeinnützen» 
Grand Casino Zürich-Nord will seine Ausgangslage verbessern: Gewinne für Kultur und Jugend 
ZÜRICH: Die IVäger des ge 
planten Grand Casino in 
Zürich-Nord werben mit Gem 
einnutz beim Bund um eine 
der wenigen begehrten Casino- 
Konzessioneh. Von den millio 
nenschweren Spielerträgen 
sollen auch Jugend, Kultur und 
Anwohner profitieren. 
Mit angepeilten Nettoeinnahmen 
von jährlich 90 bis 150 Millionen 
Franken würde gemäss den Promo 
toren in Zürich-Nord das grösste 
Schweizer Casino entstehen. Rund 
zwei Drittel der Erträge fliessen 
gemäss Spielbankengesetz des Bun 
des in die AHV-Kasse. 
Den «volkswirtschaftlichen Nut 
zen noch glaubhafter darstellen» 
wollen die Promotoren des Casinos 
mit Hilfe der «Kulturstiftung für die 
Region Zürich» und des Vereins 
«Pro Zürich Nord», wie Franco Ro- 
ta, Verwaltungsratspräsident der 
Zürich Entertainment Casino AG 
(ZEC),gestern vor den Medien sag 
te. Die anfangs Jahr für diesen 
Zweck gegründeten Vereinigungen 
gehören der Trägerschaft an. 
Rund drei Millionen jährlich 
für Projekte 
Ulrich Bremi, alt Nationalrat' 
(FDP) und Unternehmer, will als 
Präsident der Kulturstiftung mit 
dem Geld neben Kulturanlässen im 
Grossraum Zürich auch Bildungs 
projekte - insbesondere für die Ju 
gend - fördern. Der Stiftung wür 
denjährlich 10 Prozent des Nettoer 
trages zufliessen, mindestens jedoch 
2,5 Millionen Franken. 
Kurt Wirth, alt LdU-Gemeinde- 
Franco Rota (Mitte), Verwaltungsratspräsident der Zürich Entertainment 
Casino AG (ZEC), und Kurt Wirth (rechts), Verwaltungsrat der Casino 
Zürich AG, demonstrieren ihr Geschick am Roulettetisch. (Bild: Key.) 
rat im Stadtparlament und Vereins 
präsident, erhält in die Kasse von 
«Pro Zürich Nord» jährlich mindes 
tens 250 000 Franken oder 1 Prozent 
des Nettoertrags aus dem Casino. 
Der Verein verstehe sich als Vertre 
tung für die orstansässige Bevölke 
rung und will in Zürich-Nord sozia 
le und kulturelle Projekte fördern 
und finanzieret!. 
Geplanter Baubeginn im 
Herbst 2001 
In Zürich-Nord hinter dem Bahn 
hof Zürich-Oerlikon soll auf einer 
Fläche von 4500 Quadratmetern ein 
Casino-Grossbetrieb mit rund 350 
Angestellten entstehen. Sie wollen 
jährlich bis zu 1 Million Casino-Be- 
sucherinnen und Besucher bedie 
nen und rechnen damit, dass diese 
auf den 30 bis 35 Spieltischen und in 
mindestens 350 Automaten im 
Durchschnitt 125 bis 150 Franken 
verspielen. 
Konzessionsvergabe im Herbst 
Hinter der ZEC, die beim Bund 
die" Betriebskonzession einreicht, 
stehen zu gleichen Teilen die 
Schweizerische Escor AG, die Ger 
man Casino Management Group 
und die Admiral Casinos & Enter 
tainment. Der Bund wird die Kon 
zessionen voraussichtlich im Herbst 
2001 vergeben. 
Für den von der ABB Immobilien 
AG zu erstellenden Casino-Bau mit 
Läden, Büros, Wohnungen und ei 
nem Parkhaus wird in den nächsten 
Wochen die Baubewilligung erwar 
tet. Die Baukosten sollen 95 Millio 
nen Franken betragen. 
Sofort nach der erhofften Kon 
zessionserteilung könne mit dem 
Bau begonnen werden, der rund 
zwei Jahre dauern soll. In Zürich 
kämpfen mindestens zwei weitere 
Casino-Projekte (Kongresshaus, 
Hardturm) um die Gunst des Bun 
des. 
Kein Heimatschutz 
Parallelimport: Missbräuche bekämpfen 
BERN: Das Patentrecht soll nicht 
für Wettbewerbsbeschränkungen 
beim Import missbraucht werden. 
Mit präsidialem Stichentscheid ver 
langt die Wirtschaftskommission 
(WAK) des Nationalrates eine Er 
gänzung des Kartellgesetzes. 
Im Ausland in Verkehr gebrachte 
und in der Schweiz patentierte Wa 
ren dürfen nicht ohne Zustimmung 
des Patentinhabers eingeführt wer 
den. Mit diesem Urteil zugunsten 
der Kodak SA und gegen die Jum- 
bomarkt AG hatte das Bundes 
gericht im Dezember 1999 eine 
Debatte über die Zulässigkeit von 
Parallelimporten ausgelöst. 
Auch die WAK des Nationalrates 
schaltete sich ein und Hess die Prob 
lematik vom Bundesrat untersu 
chen. Mit dem Bundesgericht kam 
die Landesregierung zum Schlusses 
trotz einer Gesetzeslücke beim 
Prinzip der «nationalen Erschöp 
fung im Patentrecht» zu belassen 
und Missbräuche allenfalls mit dem 
Kartellrecht zu bekämpfen. 
Diesen Weg beschreitet nun auch 
die WAK, indem sie mit einer Mo 
tion eine Ergänzung des Kartellge 
setzes verlangt. Untersagt werden 
sollen alle auf Rechte des geistigen 
Eigentums gestützte Verhinderun 
gen von Parallelimporten aus Län 
dern, in denen die Bedingungen mit 
den schweizerischen vergleichbar 
sind. 
Steuerreduktion 
Ausgleich für Fluglärm-Belastungen verlangt 
ZÜRICH: Wer stark vom Fluglärm 
um den Flughafen Zürich-Kloten 
betroffen ist, soll weniger Steuern 
zahlen müssen. Dies fordert ein par 
teiloser Zürcher Kantonsrat und 
Linienpilot in einer am Montag ein 
gereichten Motion. 
Die Auswirkungen des Luftver 
kehrs auf die Bewohnerinnen und 
Bewohner der vom Lärm stark be 
troffenen Regionen um den Flugha 
fen sollen über reduzierte Steuern 
ausgeglichen werden, schreibt der 
Motionär. Verlangt wird diese Ent 
lastung von einem Linienpilot. 
Der Regierungsratsolle einen ab 
gestuften Belastungsplan erstellen. 
Dabei seien der Fluglärm und die 
Fiugbewegungen zu berücksichti 
gen. 
Von der Staatssteuer 
entbinden 
Der Motionär schlägt vor, dass 
die meistbelasteten Bürgerinnen 
und Bürger vollständig von den 
Staatssteuern entbunden werden. Je 
mehr die Belastung für die betroffe 
nen Regionen abnimmt, desto klei 
ner soll die Reduktion der Staats 
steuer sein. 
Für die am wenigsten stark be 
troffenen Regionen soll noch eine 
Steuerreduktion von 15 Prozent ge 
währt werden. Steuerlich nicht be 
günstigt werden sollen die juristi 
schen Personen. 
Jugendliche als Risikogruppe 
Vergleichende Studie zu Sozialhilfe in acht Schweizer Städten 
BERN: Auf Sozialhilfe angewiesen 
sind vor allem allein lebende Perso 
nen. Auch junge Menschen laufen 
zunehmend Gefahr, in Armut zu ge 
raten. Arbeitslosigkeit ist dabei aus 
schlaggebend, wie eine in acht 
Schweizer Städten durchgeführte 
Datenerhebung zeigt. 
Basel, Bern, Biel, Lausanne, Luzern, 
St. Gallen, Winterthur und Zürich 
haben die Daten zur Sozialhilfe ge 
meinsam erhoben. Ihre 37 in der So 
zialarbeit tätigen Ämter präsentier 
ten ihre Ergebnisse am Montag in 
Bern. Bis anhin fehlten nationale 
Statistiken, die einen Vergleich zwi 
schen den Städten ermöglicht hät 
ten. 
Vorwiegend Alleinlebende 
Die Zahl der Empfänger hat sich 
laut der Studie in den letzten Jahren 
stabilisiert. Die Probleme und die 
Ausgaben sind weitgehend gleich 
geblieben. Mehr als 60 Prozent der 
Sozialhilfebezüger sind allein le 
bende Personen. In Biel und in St. 
Gallen beträgt dieser Anteil gar 
knapp 70 Prozent. Dahinter folgen 
Ein-Elternhaushalte, vor allem al 
lein erziehende Mütter. 
Alarmierende Zahlen bei den 
Jugendlichen 
In den untersuchten Städten be 
ziehen durchschnittlich 5,4 Prozent 
der Bevölkerung Sozialhilfe. Mit 7,5 
Prozent BezUgerinnen und Bezü 
gern befindet sich Biel an der Spit 
ze, mit 3,6 Prozent bildet Winterthur 
das Schlusslicht. 
Wie Ernst Wohlwend, Stadtrat 
von Winterthur, sagte, sind die Zah 
len zu den Jugendlichen alarmie 
rend. Zwar seien sie über die ge 
samten Empfähger gesehen nicht 
zahlreich; aber im Vergleich zu 
ihrem Bevölkerungsanteil seien sie 
in gewissen Städten markant über 
proportional vertreten. 
Wohlwend zieht daraus den 
Schluss, dass die Jungen eine Risi 
kogruppe darstellten. Analog zur 
Entwicklung- im Arbeitsmarkt 
könnten einige in eine bedenkliche 
Lage geraten, warnte er. 
Denn die Auswirkungen der Ar 
beitsmarktlage auf die Sozialhilfe 
seien offensichtlich: 54 Prozent sei 
en wegen Arbeitslosigkeit Sozialhil 
fe-Empfänger. 42 Prozent treten aus 
der Hilfe aus, sobald sie eine Arbeit 
finden oder ihr Pensum erhöhen 
konnten. 
Politische Forderungen 
Die Studie hat den Städten, die ei 
nen verbesserten Sozialschutz for 
dern, den Rücken gestärkt. Sie wol 
len deshalb in den nächsten Mona 
ten konkrete politische Forderun 
gen vorbringen. 
Kinderhorte zur Verfügung 
stellen 
Die Berner SVP-Gemeinderätin 
und Präsidentin der Städteinitiati 
ve, Ursula Begert, betonte die Not 
wendigkeit, Kinderhorte zur Verfü 
gung zu stellen. Zwar müssten es 
solche sein, die den finanziellen 
Möglichkeiten der Eltern besser ge 
recht würden. Sie forderte zudem 
raschmöglichst Steuererleichterun 
gen für Familien. 
Lausanne will seinerseits im Rah 
men der Revisionder Arbeitslosen- 
Versicherung den Schutz der Lang 
zeitarbeitslosen verstärken. Dabei 
sollen die Städte im Finanzausgleich 
besser berücksichtigt werden.
	        

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