Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
E Hff R A 
Samstag, 1. Juli 2000 29 
u Bonsai - ein selten gepflegtes Hobby 
■ Schauhorste am Jurakamm ■ Zu 
viele Hirsche im Kanton Graubünden 
Na chrichten 
Biotop-Schutz neu 
definiert 
Biotope werden nach neuen Kriterien für 
schutzwürdig erklärt. Ausschlaggebend ist nicht 
mehr nur die gefährdete Flora, sondern der bio 
logische Wert eines Lebensraumes. Der Bun 
desrat hat die Natur- und Heimatschutzverord- 
nung geändert. Ab dem 1. August werden Bio 
tope nach international abgestimmten Regeln 
aufgrund charakteristischer Pflanzen- und Tier 
arten direkt und in Bezug auf die umgebende 
Landschaft definiert. Das Bundesamt für Um 
welt, Wald und Landschaft (BUWAL) und das 
Bundesamt für Kultur (BÄK) überprüfen den 
Erfolg der Naturschutzmassnahmen. Die Ver 
ordnung enthält eine Liste der schützenswerten 
Lebensraumtypen, beispielsweise Armleuchter 
algenrasen, Landschilf- Röhricht, Sumpfdotter 
blumenwiese, MoorweidengebUsche, Orchi 
deen-Buchenwald. Dazu kommen Listen ge 
schützter Pflanzen, Farne, Moose, Flechten und 
Pilze sowie von geschützten Heren. 
Zu viele Hirsche in 
Graubünden. 
In GraubUnden gibt es wieder zu viele Hirsche: 
Im Frühling wurde ein Bestand von rund 12 600 
Tieren geschätzt. Auf der Hochjagd im Septem 
ber sollen deshalb gemäss den neuen Jagdbe 
triebsvorschriften mehr weibliche Tiere ge 
schossen werden. Insgesamt sollen auf der 
Bündner Hochjagd 4270 Hirsche erlegt werden. 
Wie die Standeskanzlei diese Woche mitteilte, 
gilt diese Zahl jedoch nur noch als Richtwert. 
Erfüllt ist der Abschussplan in den einzelnen 
Jagdregionen erst dann, wenn mindestens die 
Hälfte der erlegten Tiere weiblichen Ge 
schlechts ist. Dieser Wechsel von der rein quan 
titativen zur qualitativen Bejagung führe zu ei 
ner Verfeinerung der Abschussplanung, heisst 
es in der Mitteilung weiter. Die regionalen Ab 
schusspläne für die Nachjagd im Herbst sollen 
so ausgestaltet werden, dass bloss noch die feh 
lenden weiblichen Tiere geschossen werden. 
Überfischung als 
grösste Umweltgefahr 
Im Nordost-Atlantik zwischen Nordkap und 
Gibraltar gelten 40 von 60 untersuchten 
Fischarten als gefährdet, weil die Bestände zu 
stark ausgefischt werden. Mit diesem Befund 
endete in Kopenhagen ein TYeffen der Meeres- 
schutzkommission (OSPAR). Die aus 15 Mit 
gliedstaaten, darunter der'Schweiz, bestehende 
Kommission stuft die Gefährdung der Fischbe 
stände im Nordost-Atlantik durch Überfi 
schung als grösstes maritimes Umweltproblem 
ein. Wie sie in Kopenhagen bei der Veröffentli 
chung eines Zustandsberichtes mitteilte, gefähr 
deten auch die konstant grossen Mengen von 
tot ins Meer zurückgekippten Beifängen zahl 
reiche Fischbestände. Ebenfalls gefährdet seien 
Meeressäuger wie Delfine, Seehunde und 
Walarten, die verenden, nachdem sie sich in 
Fischnetzen verfangen haben. Von den industri 
ellen Fischereimethoden in Mitleidenschaft ge 
zogen werde auch der Meeresgrund. 
Untätigkeit bei 
Meeresverseuchung 
Der World Wide Fund for Nature (WWF) hat 
den Regierungen Skandinaviens und anderer 
europäischer Staaten schwere Versäumnisse bei 
der Bekämpfung der Meeresverseuchung mit 
Chemikalien und anderen Schadstoffen vorge 
worfen. In einer am Donnerstag in London her- 
ausgebenen Erklärung des WWF wurde es als 
«völlig unakzeptabel» bezeichnet, dass es bisher 
nur Pläne zum Verbot von 27 giftigen Chemika 
lien gibt. Die Gesamtzahl dieser Stoffe liegt 
nach WWF-Angaben bei 400. 
Ein seltenes Hobby, 
Walter Kranz aus Eschen gestaltet erfolgreich Miniaturbäumchen - Teilnahme an der Bonsai-EM 
Ein seltenes Hobby - Bonsai - 
pflegt Walter Kranz aus 
Eschen. Startschuss zu diesem 
in Liechtenstein kaum bekann 
ten Hobby waren zwei Bonsai, 
die Walter Kranz vor mehr als 
zehn Jahren als Geburtstagsge 
schenk erhielt. Dies weckte in 
ihm ein grosses Interesse, er 
begann sich zu informieren 
und stellte zahlreiche Pflanz 
versuche an. Trotz negativer 
Erfahrungen Hess er sich nicht 
entmutigen. Heute stehen rund 
70 Bäumchen in Schalen rund 
ums Haus, eine wahrliche Zier 
de für jeden Betrachter. 
Pius Batliner 
Anfangs Juni des kommenden Jah 
res findet in München der Weltkon- 
gress der Bonsai-Vereinigung statt. 
Während dieses Kongresses werden 
dort Miniaturbäumchen ausgestellt. 
In den europäischen Staaten wur 
den Vorausscheidungen durchge 
führt von Juroren, damit nur auser 
lesene Exemplare diese Ausstellung 
zieren. Walter Kranz präsentiert 
ebenfalls ein Bäumchen an der 
Europameisterschaft irilVfUnchen. 
Chinesische Mönche sollen schon 
vor Jahrhunderten solche Pflanzun 
gen vorgenommen haben, richtig 
bekannt wurden sie aber erst durch 
eine starke Verbreitung in Japan, 
weshalb heute auch Japan als Bon- 
sai-Geburtsland bezeichnet wird. 
' Erst im Laufe dieses Jahrhunderts 
fasste dieses Hobby in Europa Fuss, 
in den Siebzigerjahren in der 
Schweiz. Vor 11 Jahren begann Wal 
ter Kranz, Bonsai - «Bäumchen in 
Schalen» - zu gestalten. Seit zehn 
Jahren ist er Mitglied bei der Verei 
nigung Schweizer Bonsai-Freunde, 
die sich monatlich zum Erfahrungs 
austausch und zu Workshops tref 
fen. Regelmässig finden auch Aus 
stellungen statt. In Liechtenstein 
gibt es bisher keine Vereinigung 
dieser Art. Walter Kranz kennt nur 
wenige Bonsai-Freunde in unserem 
Land. Er würde sich freuen, wenn 
weitere Interessierte Kontakt mit 
ihm aufnehmen. L 
Ein intensives Hobby 
Aus Rüfen und im Gebirge wer 
den karg gewachsene - oft verkrüp 
pelte oder vom Blitz beschädigte 
Bäumchen geholt, Exemplare, die in 
freier Natur kaum eine Überlebens 
chance haben. Ausgerissene, auch 
beschädigte Pflanzen aus Friedhö 
fen, Gärten und Rabatten dienen 
Walter und Barbara Kranz präsentieren ihren einheimischen Feldahorn-Bonsai. 
(Bild: bak) 
ebenfal^lTs ^Ttindlage für die Bon- 
sai-Gestaltung. Nadel- und Laub 
bäume , werden verwendet, sogar 
Fruchtbäume. Nach drei Jahren 
werden sie in spezielle Bonsai-Scha- 
len gepflanzt. Im Schnitt dauert es 
fünf bis sechs Jahre, bis ein Baum 
die gewünschte. Form hat. Zur rich 
tigen Formgebung werden die Äste 
mit Draht umwickelt und vor dem 
Einwachsen wieder gelöst. Bei 
Laubbäumchen wird jedes Jahr ein 
Wurzelschnitt gemacht und die jun 
gen Triebe gezupft, damit das 
Bäumchen klein bleibt und immer 
feiner wird. Es wird wieder in eine 
spezielle Erdmischung gesetzt, die 
kaum Nährstoffe hat. Mit Dünger 
kann das Wachstum entsprechend 
dosiert werden. Der Fachmann' un 
terscheidet drei Kategorien, Mini- 
Bonsai bis ca. 14 cm, Bonsai 40 bis 
80 cm und Gartenbonsai, die meh 
rere Meter hoch werden können. 
Ohne Erfahrung kein Erfolg 
Walter Kranz musste zu Beginn 
auch Fehlschläge einstecken. Man 
ches Bäumchen überlebte nicht. 
Einmal war es die falsche Erde, ein 
anderes Mal das Problem der Über 
winterung. Gespräche mit anderen 
Freunden und Informationen aus 
Fachzeitschriftisn erweiterten sein 
Wissen zusehends. Deshalb wagt er 
sich inzwischen auch an neue Expe 
rimente. Bonsai züchten ist kein 
Hobby für einen Sommer, denn der 
Erfolg zeigt sich oft erst nach meh 
reren Jahren. Wenn Walter Kranz, 
der seit vielen Jahren Berufschauf 
feur ist, am Abend seinem Lastwa 
gen entsteigt, beginnt seine Arbeit 
bei den Pflanzen. Im Sommer sind 
es täglich sicher zwei bis drei Stun 
den, am Wochenende mehr. Der 
Winter gestaltet sich etwas ruhiger, 
doch auch-in dieser Zeit gibt es viel 
zu tun. «Man muss wirklich ange 
fressen sein, um so viel Zeit zu 
investieren», meint er lächelnd, 
«aber ich habe daran wirklich eine 
grosse Freude. Zum Glück unter 
stützt mich aber meine Frau Barba 
ra sehr, denn allein könnte ich nicht 
alles erledigen. In diesen heissen Ta 
gen muss sie die Pflanzen täglich 
dreimal begiessen, sonst könnten sie 
zugrunde gehen. Im Sommer gibt es 
für uns deshalb keine Ferien im 
Ausland, sondern nur auf Balko- 
nien». In unserem weiteren Ge 
spräch erfahren wir auch, dass für 
diese Freizeitbeschäftigung einige 
Kosten entstehen für die Schalen, 
die Erde und für weiteres Material. 
Gelegentlich wird ein Bäumchen 
verkauft, damit der Erlös in ein neu 
es Experiment investiert werden 
kann. Handelsübliche Preise gehen 
in unserer Gegend von mehreren 
hundert Franken, sie können aber 
die ersten Tausendermarken eben 
falls übersteigen. In Japan, wo man 
che dieses Metier als Beruf ausüben 
und als Künstler bekannt sind, wer 
den ihre Kunstwerke für sechsstelli 
ge Dollarzahlen verkauft. 
Bonsai-EM 2001 in München 
Erstmals findet der Weltkon- 
gress der Bonsai-Vereinigung in 
Europa statt. Zu dieser Tagung 
wird eine Bonsai-Ausstellung orga 
nisiert. Jedes europäische Land 
kann - je nach Grösse - 12 bis 15 
Exemplare ausstellen. In einer ers 
ten Ausscheidung wurden in der 
Schweiz von vier japanischen Juro 
ren 30 Exemplare ausgewählt, da 
von zwei von Walter Kranz. In der 
späteren Endausscheidung wurde 
die Anzahl von anderen Juroren 
auf 12 Bäume reduziert. Weil ein 
Bonsai zu jenem Zeitpunkt nicht in 
«Hochform» war, hat der Eschner 
Baumgestalter nur noch einen Mi 
niaturbaum bewerten lassen. Die 
ser hat in allen Punkten beste No 
ten erhalten. Walter Kranz freut 
sich, dass er vom 1. bis 4. Juni 2001 
an der Europameisterschaft in 
München für Liechtenstein seinen 
einheimischen Feldahorn präsen 
tieren kann. Wir wünschen ihm und 
seiner Gattin weiterhin viel Freude 
und Erfolg bei ihrem nicht alltägli 
chen Hobby. 
Erstes Schweizer Raubvogel-Zentrum eröffnet 
Das erstes Schweizer Raubvogel- 
Zentrum hat seine Horste auf dem 
Jurakamm eingerichtet: Die private 
Falknerei öfltaete am Samstag auf 
dem Gebiet von Sainte-Croix VD. 
Von der Gemeinde unterstützt, hat 
sie dennoch erst eine provisorische 
Bewilligung. 
Umweltverbände, darunter der 
WWF, hegen Vorbehalte gegen die 
Verwirklichung des langgehegten 
Traums des Falkners Benoit Del- 
beauve. Der 26-Jährige arbeitete 
drei Jahre an der Realisierung sei 
nes «Centre de ddcouverte des Ra- 
paces et de la Fauconnerie». Das 
welsche Fernsehen hat ihm auch 
schon einen;ersten Preis verliehen. 
Die Anlage auf dem «Balcon du 
Jura», im Gebiet «Chäble», ist nun 
teilweise fertig. Die Installationen 
sind so koiistrüiert, dass sie rasch 
verlegt werden können, ist doch der 
Betrieb vom Kanton bisher nicht 
definitiv bewilligt worden. Das 
Raubvogel-Zentrum will die Tiere 
im Flug zeigen, ihr Leben in der Na 
turerklären und auch ihren Lebens 
raum vorstellen. Besuchende sollen 
die Flug- und Jagdtechniken beob 
achten können und auch einiges 
über ihre Rolle in der Nahrungsket 
te. Delbeauve sieht seine Anlage als 
pädagogisches Objekt speziell auch 
für Schulen. Derzeit beherbergt das 
Zentrum einen Steinadler sowie ei 
nen nordamerikanischen und einen 
anderen Bussard. Ein Steppen-Ad 
ler und ein Geier spllen bis Herbst 
dazustossen. Delbeauves Konzept 
hat allerdings nicht den Segen von 
Umweltschutzorganisationen: Die 
Vogelschutz-Gesellschaft der Ro- 
mandie und der WWF kritisieren 
namentlich die Verwendung wilder 
Tiere für kommerzielle Zwecke. 
Laut den Organisationen wider 
spricht die Haltung und Dressur 
von Raubvögeln zwecks Demonst 
rationen deren natürlicher Le- 
< bensweise. Unterstützung erhält die 
Anlage hingegen vom Verkehrsver 
ein der nördlichen Waadt, der den 
Tourismus* in der Gegend förden 
will.
	        

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