Liechtensteiner Volksblatt
Extra
Samstag, 22. Januar 25
Umwelt s
Grenze für Schneesicherheit steigt
WWF veröffentlicht neue Wald
rangliste ■ Hilfsaktion für Amphibien
Nachrichten
Schmetterlingsart hat
Ohren auf den Flügeln
Kanadische Forscher haben eine Schmetter
lingsart entdeckt, die Ohren auf den Flügeln hat.
Damit können die Insekten Ultraschallwellen
von Fledermäusen auffangen und so ihren Jä
gern entkommen, wie die britische Zeitschrift
«Nature» berichtet. Die nachtaktiven tropischen
Schmetterlinge mit dem Namen «Hedylids» sind
mit mikroskopisch dünnen Trommelfellen aus
gerüstet, die eine luftgefüllte Kammer auf dem
vorderen Teil ihrer Flügel bedeckt. Die TVom-
melfelle vibrieren, wenn sie von den Ultraschall
wellen der Fledermäuse getroffen werden. Da
raufhin ändern die Schmetterlinge blitzschnell
ihre Flughöhe und entgehen so ihren Verfolgern.
Dem Bericht zufolge handelt es sich um die
erste bisher entdeckte derartige Schmetterlings
art. Ähnliche Fluchtmechanismen waren bisher
nur von den nachtaktiven Motten bekannt.
Wieder Rettungsaktion
für Stadt-Amphibien
Hunderte von Fröschen, Kröten und Molchen
sterben jedes Jahr auf den Strassen der Stadt St.
Gallen. Der Naturschutzverein führt deshalb
von Ende Februar an wieder eine Rettungsakti
on durch - und sucht dafür Helferinnen und
Helfer. Frösche, Kröten und Molche seien in ih
rer Existenz zum Teil ernsthaft bedroht, erklär
te Arthur Stehrenberger, Vizepräsident des Na
turschutzvereins (NVS) an einer Pressekonfe
renz. Hauptgründe seien die Ausdehnung der
Siedlungsgebiete in Grünlandschaften, der
Strassenbau und der zunehmende Verkehr. Al
lein im Gebiet des St. Galler Ostfriedhofs sam
melten Helferinnen und Helfer im vergangenen
'Jahr gegen 2000 Erdkröten, Grasfrösche und
Bergmolche auf Strassen ein und brachten sie
zu den Laichweihern. Die Tiere sind jeweils je
nach Wetter zwischen Ende Februar und An
fang April unterwegs. Die Arbeiten seien «sehr
aufwendig und personalintensiv», sagte Steh-
,wv
renberger. In diesem Jahr sollen Amphibien neu
auch beim Bildweiher (St. Gallen-Winkeln) ge
rettet werden. Der NVS führt für Interessierte,
die erstmals an der Aktion teilnehmen möch
ten, Informationsabende durch.
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Wenn der Schnee schmilzt
Klimaänderung als langfristige Herausforderung für den Wintertourismus
Das Klima wird sich in den
nächsten Jahren weiter erwär
men. Das hat Auswirkungen
für den Wintertourismus: We
niger Schnee, weniger Einnah
men. Der Wirtschaftsgeograf
Hans Elsasser von der Univer
sität Zürich rät den Touristi
kern, auf nachhaltige Alterna
tiven zu setzen.
Michael Breu
Die Alpen haben Fieber. Keine
schwerwiegende Krankheit. Noch
nicht. Doch die Temperatur steigt.
«Bis zum Jahr 2050 wird die Grenze
für die Schneesicherheit von heute
1200 Meter auf 1500 Meter anstei
gen», vermutet Hans Elsasser, Pro
fessor für Wirtschaftsgeografic an
der Universität Zürich. Konkret:
Nur noch auf dieser Höhe wird in
der Zeitspanne vom 16. Dezember
bis zum 15. April an 100 Tagen und
mehr eine für den Skisport ausrei
chende Schneedecke von .minde
stens 30 Zentimetern vorhanden
sein.
Vom Wetter abhängig
Das hat Konsequenzen: «Der
Tourismus zählt in der Schweiz zu
denjenigen Wirtschaftszweigen, die
in starkem Masse von Wetter und
Klima abhängig sind», sagt Elsasser.
«Bringt ein Winter wenig Schnee, so
sinken die Einnahmen der Touris
musindustrie.» Und das rapide:
«Die Schneearmut Ende der achtzi
ger Jahre hinterliess deutliche Spu
ren: Im Vergleich zu einem norma
len Winter sanken die Umsätze der
Seilbahnunternehmen um 20 Pro
zent», sagt Elsasser. Weniger ausge
prägt seien die Einbrüche im Be
herbergungsgewerbe, doch stelle
sich die Frage, «wie lange Touristen
einem Ort die Treue halten, wenn
sie wiederholt mit ungenügenden
Steigt die Schneesicherheit bis zum Jahr 2050 von heute 1200 auf 1500 Meter an?
(Archivbild)
Schneeverhältnissen konfrontiert
werden.»
Das Klima wird sich bei uns als
Folge der globalen Klimaänderung
weiter erwärmen. Das steht für El
sasser fest. Und nicht nur für ihn:
«Die Touristiker schauen den Fol
gen einer Klimaänderung nicht ta
tenlos zu», sagt er. «Sie reagieren
bereits heute auf die Erwartungen
eines Klimawandels.» Allerdings
sehr unterschiedlich: «Einerseits
sind sie sehr misstrauisch gegenüber
Informationen zur Klimaänderung
und verharmlosen zum Teil deren
möglichen Folgen. Andererseits be
nutzen sie die Klimaänderung zur
Legitimation von Vorwärtsstrategi
en.» Darunter versteht Elsasser die
Einrichtung und den Einsatz von
Beschneiungsanlagen und die Er
weiterung und Neuerschliessung
von hochalpinen Skigebieten. Aller
dings haben beide einen Haken:
«Sie sind kurzfristig gedacht. Und:
Sie kommen nur für Tourismusorte
in Frage, die Skigebiete in höheren
Lagen anbieten.» Doch was tun?
Der St.Galler Rolf Bürki. Oberassi
stent am Geographischen Institut
der Universität Zürich, hat in fünf
Skigebieten der Zentralschweiz 950
Personen befragt. 46 Prozent der
Befragten erachten die künstliche
Beschneiung als wichtig und 47 Pro
zent den Ausbau des Skigebietes in
höhergelegene Regionen. Demge
genüber erachten 35 Prozent der
befragten Touristen schneeunab
hängige Angebote bei zunehmen
der Schneearmut als wichtig. Und
31 Prozent wünschen zusätzliche
Attraktionen wie Konzerte. «Alter
native Angebote werden immer
wichtiger», kommentiert Hans El
sasser.
Das Beispiel Obertoggenburg
Studierende des Nachdiplomkur-
ses Umweltwissenschaften der Uni
versität Zürich haben vor einem
Jahr - begleitet von Rolf Bürki - die
Region Obertoggenburg untersucht
und «Lösungsansätze für einen
nachhaltigen Tourismus» ent
wickelt. Sie schlagen unter anderem
vor, Themenprogramme (z.B. einen
Wanderweg durch die Geschichte)
anzubieten und die Langlauf-Loi
pen auf der Alp Selamatt auszu
bauen. Zudem soll abgeklärt wer
den, wie weit ein Potenzial für Klet
tertourismus vorhanden ist. Die
Idee: Das Obertoggenburg soll nicht
mehr nur den Schnee-, sondern in
Zukunft den Vieijahreszeiten-Tou-
rismus pflegen. Ähnliche Ideen
schlägt auch Bürki vor, der das Ge
biet in Zusammenarbeit mit der
Universität St.Gallen untersuchte.
«Die Klimaänderung stellt eine
langfristige Herausforderung für
den Wintertourismus im Alpenraum
dar», sagt Elsasser. «Neue Projekte
müssen heute nicht nur auf ihre So
zial* und Umweltverträglichkeit un
tersucht werden, sondern auch auf
ihre Klimaverträglichkeit.»
Liegt zwischen dem 16. Dezember
und dem 15. April an 100 Tagen
und mehr eine Schneedecke von
mindestens 30 Zentimetern (Ski al
pin) bzw. von 15 Zentimetern (Ski
nordisch), dann wird ein Gebiet als
«schneesicher» bezeichnet. So defi
niert das abgeschlossene Nationale
Forschungsprogramm 31 die «100-
Tage-Regel.» Angenommen, die
globale Temperatur würde sich bis
zum Jahr 2050 um zwei Grad Cel
sius erwärmen, würde sich die
Höhengrenze für die Schneesicher-
«Hundert-Tage-Regel
heit um rund 300 Meter nach oben
verschieben. Heute sind von den
230 Schweizer Skigebieten 85 Pro
zent und von den 122 Einzelanla
gen 40 Prozent schneesicher.
Verschiebt sich die Höhengrenze
für die Schneesicherheit um 300
Meter nach oben, wären noch 63
Prozent der Skigebiete und 9 Pro
zent der Einzelanlagen schnee
»
sicher. Besonders betroffen wären
der Jura, die Ost- und Zentral
schweiz, das Tessin sowie die
Waadtländer, und Freiburger Al
pen. Im St. Galler Obertoggenburg
bekamen die Touristiker die Kli
maänderung bereits deutlich zu
spüren: Vor zwei Jahren musste der
Skilift Girlen (Ebnat-Kappel)
Konkurs anmelden, im Frühling
1999 wurden die Lifte abgerissen.
Kaum grössere Probleme hingegen
würden sich im Wallis und in
Graubünden stellen.
«Allerdings dürfen die Schnee
verhältnisse in den Alpen nur be
dingt mit Mitteltemperaturen kor
reliert werden», sagt Hans Elsas
ser, Professor für Wirtschaftsgeo-
grafie an der Universität Zürich.
«Die Schneehöhenverhältnisse
sind grossen Schwankungen unter
worfen. Und schneearme Winter
sind kein neues Phänomen.» (mib)
Schweizer Wald europaweit an der Spitze
WWF veröffentlicht Waldrangliste - Insgesamt schwache Leistungen
Der Schweizer Wald führt die eu
ropäische Rangliste des WWF an. In
einer Untersuchung in 19 Ländern
schnitt er besser ab als die Wälder in
Finnland, Schweden und Öster
reich, wie der WFF mitteilte. Alle
europäischen Staaten miissten ihre
Leistungen aber, insgesamt noch
stark verbessern. Liechtenstein wird
in der Studie nicht genannt.
Der erste Platz der Schweiz in der
europäischen Waldrangliste 2000 ist
für den WWF kein Grund für Jubel
stürme. Der helvetische Wald habe
sich die Lorbeeren gehplt, weil sei
ne 18 europäischen Mitkonkurren
ten noch schwächer seien, heisst es
in der Mitteilung der Umweltorga-
nisation. Die Studie «European Fo
rest Scorccard 2000» zeigt laut Da
mian Oettli, dem Leiter der Wald
kampagne beim WFF Schweiz, dass
alle europäischen Länder ihre Wäl
der vernachlässigten. Alle 19 unter
suchten Staaten müssten noch viel
zur Verbesserung der Waldqualität
unternehmen.
99 Faktoren untersucht
In der Studie, der die Deklaratio
nen der Konferenz von Rio 1992 zu
grunde liegen, wurden 99 Faktoren
aus den fünf Bereichen Produktion,
Umwelt, soziale und kulturelle
Aspekte, Schutzgebiete und Schad-
stoffbelastung untersucht. Von ma
ximal 1^0 Punkten erzielte die
Schweiz laut WWF 62 Punkte, die
Schlusslichter der Rangliste erhiel
ten um die 40 Punkte. Ausgezeich
net schnitt der Schweizer Wald mit
82 Punkten bei den sozialen und
kulturellen Aspekten ab, welche
den Erholungswert, historische
Überreste und die Sicherheit
einschliessen. Verhältnismässig
hoch waren auch die Werte in den
Bereichen Umwelt und Produktion,
während die Bereiche Schadstoff
belastung und Schutzgebiete 50
oder weniger Punkte erhielten.
Kein einziges Land in Europa be
handelt seine Wälder laut der WFF-
Studie aussergewöhnlich gut. Der
Durchschnitt aller Länder beträgt
51 Punkte, was laut der Umweltor-
ganisation viel zu tief ist. Zwölf der
19 Länder bewegen sich in der
Schlussbewertung in einer Band
breite von zehn Punkten. In allen
untersuchten Bereichen zeigten je
weils einige Länder sehr gute Leis
tungen; kein Staat erzielte aber in
allen Aspekten gute Werte. Unter
den Ländern, die am schlechtesten
abschnitten, befinden sich wohlha
bende und angeblich umweltbewuss-
te wie etwa England. Osteuropäi
sche Staaten wie Polen und die Slo
wakei hingegen erwiesen sich im
Allgemeinen nicht schlechter und in
einigen Punkten sogar auffallend
besser als ihre westeuropäischen
Nachbarn. Mediterrane Länder be
handeln ihre Wälder ebenfalls gleich
gut oder teils sogar besser als die
nordischen Staaten. Der WFF legte
1998 eine erste Bestandesaufnahme
der europäischen Wälder vor.