Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

22 Mittwoch, 28. Juni 2000 
Ausland 
Liechtensteiner Volksblatt 
Nachrichten 
Baschar el Assad bald 
Präsident? 
DAMASKUS: Das syrische Parlament hat am 
Dienstag Baschar el Assad zum Präsident 
schaftskandidaten bestimmt. Der 34-Jährige 
war gleich nach dem Tod seines Vaters Hafis el 
Assad als dessen Nachfolger als Staatschef no 
miniert worden. Das Parlament musste seiner 
Kandidatur noch zustimmen, bevor dann die 
Bevölkerung in einem Referendum über den 
neuen Staatschef abstimmt. Der Sieg Assads bei 
der Volksbefragung gilt als sicher. Die Abstim 
mung im Parlament war um einen Tag verschö 
ben worden, da sich am Montag unerwartet vie 
le Abgeordnete auf die Rednerliste eingetragen 
hatten. 
WK II: Alliierte im 
Kreuzfeuer der Kritik 
NEW YORK: Der britische und der US- 
Geheimdienst haben von Plänen der Nazis ge- 
wusst, italienische Juden in Konzentrationslager 
zu deportieren. Sie versäumten es aber, die Be 
troffenen rechtzeitig zu warnen. Historikern 
wurden am Montag im US-Nationalarchiv in 
Washington entsprechende Dokumente des 
US-Geheimdienstes zugänglich gemacht. 
Danach hörte der britische Geheimdienst 1943 
den Funkverkehr der SS zwischen Rom und 
Berlin ab. Die Nachrichten wurden dechiffriert 
und die Amerikaner über den Inhalt informiert. 
Sowohl die britische als auch die US- 
Regierung hätten genügend Zeit gehabt, etwas 
zur Rettung der Juden zu unternehmen, sagte 
der Historiker Timothy Naftali von der Univer- 
sity of Virginia der Nachrichtenagentur Reu 
ters. 
Die Alliierten hätten etwa Uber den britischen 
Rundfunksender BBC eine allgemeine Warnung 
verbreiten können, ohne offenlegen zu müssen, 
dass ihnen die Entzifferung des deutschen 
Codes gelungen sei. 
Dies geschah aber nicht. Die Dokumente be 
legen laut Naftali, dass sich die alliierten 
Geheimdienste vor allem auf das Sammeln und 
Katalogisieren der Funksprüche konzentrier 
ten, anstatt die Informationen zur Hilfe für die 
Juden zu nutzen. 
UNHCR suspendiert 
Operationen in Angola 
GENF: Das UNO-Flüchtlingshilfswerk S(UN- 
HCR) hat seine Hilfsprogramme im Norden 
Angolas praktisch eingestellt. Die Sicherheits 
lage habe sich verschlechtert, sagte UNHCR- 
Sprecher Kris Janowski am Dienstag in Genf. 
Das UNHCR hatte erst vor wenigen Wochen 
Hilfsprogramme in der Provinz Uige im Nord 
westen Angolas begonnen. Nach Angriffen von 
UNITA-Rebellen auf zwei Städte in der Nähe 
von Uige am 20. Juni seien die UNHCR-Mitar- 
beiter in einem zwei Kilometer grossen Radius 
der Stadt blockiert, sagte Janowski. 
Strassburger 
Bürgermeister tot 
STRASSBURG: Der frühere Präsident des 
Europaparlaments und langjährige Ober 
bürgermeister von Strassburg, Pierre Pflimlin, 
ist am Dienstag im Alter von 93 Jahren ge 
storben. Dies gab seine Familie in Strassburg 
bekannt. Der christdemokratische Politiker aus 
dem nordfranzösischen Roubaix war 24 Jahre 
Oberbürgermeister der Stadt Strassburg (1959 
bis 1983). Nach 1946 war Pflimlin als Minister 
mit verschiedenen Ressorts betraut. Unter 
Staatspräsident Rene Coty amtierte er 19S8 
zwei Monate lang als Premierminister. Pflimlin 
war ein überzeugter Europäer, der bis ins hohe 
Alter Witz und Schlagfertigkeit behielt. 
Präsident Schuster in 
kritischem Zustand 
BRATISLAVA: Der slowakische Staatspräsi 
dent Rudolf Schuster ist weiter in kritischem 
Zustand. Das berichtete die staatliche Nach 
richtenagentur Slovakia am Dienstag in Bratis 
lava unter Berufung auf die behandelnden 
Ärzte in einem aktuellen Bericht. 
Vorhersagen über den Krankheitsverlauf in 
den nächsten Stunden seien schwierig, sagten 
die Mediziner am Morgen. 
Schuster war letzte Woche nach einem 
Darmdurchbruch zwei Mal operiert worden. 
Dabei hatte es schwere Komplikationen durch 
eine Lungenentzündung und ein Blutgerinsel 
gegeben, so dass ein Luftröhrenschnitt not 
wendig wurde. Seitdem liegt Schuster in künst 
lichem Schlaf und wird auch künstlich beat 
met. 
Putschisten bleiben hart 
Fidschi-Inseln: Militär forderte die Aufständischen auf, die Krise binnen 24 Stunden zü beenden 
SUVA: Die Rebellen auf den 
Fidschi-Inseln haben ein Ulti 
matum der Militärregierung 
zurückgewiesen. Das Militär 
hatte die Aufständischen am 
Dienstag aufgefordert, inner 
halb von 24 Stunden ein Ab 
kommen zur Beendigung der 
Krise zu unterzeichnen. 
Andernfalls werde die Armee ohne 
sie über die Bildung einer neuer Re 
gierung entscheiden, sagte Militär 
sprecher Filipo Tarakinikini am 
Dienstag in der Hauptstadt Suva. 
Putschistenführer George Speight 
wies die Forderung umgehend 
zurück. Er weigere sich, innerhalb 
dieser Frist ein Abkommen Uber die 
Bildung einer Zivilregierung zu un 
terzeichnen, sagte Speight. 
Keine gewaltsame Befreiung 
Eine gewaltsame Befreiung der 
27 Regierungmitglieder und Abge 
ordneten, die von den Putschisten 
im Parlament festgehalten wurden, 
schloss Militärsprecher Tarakinikini 
aus. Speight warnte die Armee indi 
rekt vor einer gewaltsamen Lösung. 
Mit einem Militäreinsatz würde die 
Armee «den Hass der Bevölke 
rung» auf sich ziehen, sagte der Put- 
Rebellen bei der Ausbildung: Die Aufständischen haben ein Ultimatum abgelehnt. 
(Bild: Keystone) 
schistenfUhrer. Der Geschäftsmann 
Speight und eine Gruppe von An 
hängern hatten das Parlament am 
19. Mai gestürmt und den indisch 
stämmigen Regierungschef Mahen- 
dra Chaudhry sowie Minister und 
Abgeordnete als Geiseln genom 
men. Wegen des Putschversuchs riss 
das Militär wenige Tage später die 
Macht an sich. Die Putschisten ver 
langen eine neue Verfassung, in der 
den Fidschi-Ureinwohnern die 
Macht zugesichert werden soll. Aus 
serdem ist umstritten, wer über die 
Nachfolge für den im Verlauf des 
Putsches zurückgetretenen Präsi 
denten Ratu Sir Kamisese Mara 
entscheidet. 
Die Avantgarde der EU 
Chirac in Deutschland: Selbstbewusster Auftritt vor Schröder und Fischer 
BERLIN: Frankreichs Präsident 
Jacques Chirac sieht in seinem Land 
und Deutschland die «Avantgarde» 
der Europäischen Union. «Nur sie 
vermögen Europa voranzubrin 
gen», sagte er am Dienstag in einer 
Rede vor dem deutschen Parlament 
(Bundestag) in Berlin. 
Chirac rief weitere EU-Staaten auf, 
sich an dieser vertieften Zusam 
menarbeit zu beteiligen. Diese solle 
durch ein Sekretariat koordiniert 
werden. Chirac plädierte ferner für 
die spätere Ausarbeitung einer eu 
ropäischen Verfassung. Zudem 
schlug er mehrere konkrete Schritte 
zur Vertiefung der deutsch-französi- 
schen Freundschaft vor. 
Chirac sprach als erster ausländi 
scher Staatschef vor dem deutschen 
Parlament seit dessen Umzug nach 
Berlin vor einem Jahr. Der französi 
sche Präsident hält sich seit Montag 
zu einem Staatsbesuch in Deutsch 
land auf 
Parlamentspräsident Wolfgang 
Thierse nannte die Einladung Chi- 
racs einen Beleg für den Wunsch, 
dass die deutsch-französische 
Freundschaft «dauerhaft» sein mö 
ge. Er dankte dem Staatsgast, dass 
sich dieser immer für die deutsche 
Wiedervereinigung eingesetzt habe. 
Thierse hob zugleich hervor, dass 
Deutschland und Frankreich der 
«Motor der europäischen Eini 
gung» seien. 


Jaques Chirac (rechts) und Joschka 
Fischer üben sich in Einigkeit. 
Hungerstreik 
in Ecuador 
QUITO: Über 180 Lehrkräfte 
haben am Montag (Ortszeit) in 
Ecuador mit einem Hunger 
streik gegen die Festnahme des 
Vorsitzenden der nationalen 
Lehrergewerkschaft, Aracelly 
Moreno, protestiert. Moreno 
soll vergangene Woche an einer 
Streikveranstaltung Ecuadors 
Präsident Gustavo Noboa belei 
digt haben. Hintergrund des 
Konflikts ist ein seit zwei Mona 
ten andauernder Streik der Leh 
rer an Ecuadors staatlichen 
Schulen. Die Gewerkschaften 
fordern höhere Löhne. Den ur 
sprünglich 40 Hungerstreiken 
den schlössen sich bis Montag in 
mehreren Städten 140 Lehrer 
und Gewerkschafter an. 
Aids: Die Weltkatastrophe 
UNO stellt düstere Prognose in Genf: Die Immunschwäche grassiert in der Dritten Welt weiter 
GENF: Mehr als ein Drittel aller 
Teenager in den von Aids am meis 
ten betroffenen Ländern werden 
an der Immunschwächekrankheit 
sterben. Diese düstere Prognose 
stellt ein am Dienstag in Genf ver 
öffentlichter Bericht des UNO- 
Aids-Programms (UNAIDS). 
Seit Ausbruch der Epidemie vor 
rund 20 Jahren sind bereits 18,8 Mil 
lionen Menschen an Aids gestor 
ben, darunter 3,8 Millionen Kinder. 
24,5 Millionen der derzeit weltweit 
rund 34,3 Millionen HlV-Infizierten 
leben in Schwarzafrika. Die Zahl 
der Aids-Waisen schätzt die Organi 
sation auf insgesamt 13,2 Millionen 
Kinder. 
Rascher Anstieg in Afrika 
In Afrika steige die Zahl der Neu 
infektionen rapide an, heisst. es in 
dem Bericht. Allein im letzten Jahr 
steckten sich nach UNO-Angaben 
auf dem Kontinent vier Millionen 
Menschen mit dem HI-Virus an. In 
16 Ländern Schwarzafrikas haben 
sich bereits zehn oder mehr Prozent 
aller 15-bis 49-jährigen mit Aids an 
gesteckt. 
Die höchste Aidsrate weist Bots 
wana auf, wo inzwischen jeder drit j 
te Erwachsene infiziert ist. Zwei 
Drittel aller heute 15 Jahre alten 
Knaben würden dort frühzeitig an 
Wie in so vielen Bereichen sind es auch bei AIDS immer die Ärmsten der Ar 
men, die ganz besonders leiden. (Bild: Keystone) 
Aids sterben, warnt die UNO-Or- 
ganisation. Auch in Südafrika und 
Simbabwe, wo ein Fünftel oder ein 
Viertel aller Erwachsenen infiziert 
ist, werde Aids die Hälfte aller 
15-Jährigen dahinraffen. 
Die Massnahmen gegen Aids 
müssten drastisch verstärkt werden, 
forderte UNAIDS-Direktor Peter 
Piot. Sonst sei die heutige Situation 
noch harmlos im Vergleich zur Zu 
kunft. Aids könne Jahrzehnte natio 
naler Entwicklung zunichte ma 
chen. In Sambia etwa starben 1998 
in den ersten zehn Monaten des Jah 
res 1300 Lehrer an Aids. Dies ent 
spreche Zweidrittel aller neu ausge 
bildeten Lehrer pro Jahr in dem 
afrikanischen Land, betont der Be 
richt. 
Uganda gelang es als einzigem 
Land in Schwarzafrika, mit umfang 
reichen Verhütungskampagnen den 
Anteil der HlV-Infizierten von 14 
Prozent zu Beginn der neunziger 
Jahre auf derzeit acht Prozent zu re 
duzieren. Auch in Sambia ging in 
der Hauptstadt Lusaka die Zahl der 
15 bis 19-jährigen Mädchen, die mit 
Aids infiziert sind, in den letzten 
sechs Jahren um fast die Hälfte 
zurück. 
Infizierte Drogensüchtige in 
Osteuropa 
In Westeuropa gab es bis Ende 
1999 nach UNAIDS-Angaben rund 
520 000 Aids-infizierte Menschen. 
Die höchste Zahl weist Frankreich 
mit 130000 Infizierten auf, gefolgt 
von Spanien mit 120 000 Betroffe 
nen. In der Schweiz lebten Ende 
1999 rund 17 000 Menschen mit 
HIV, 150 Infizierte starben an Aids.
	        

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