6 Mittwoch, 28. Juni 2000
Landtag
Liechtensteiner Volksblatt
Landtag
Noch kein formelles
Rechtshilfeersuchen
«Bis zum heutigen Tag ist kein formelles
Rechtshilfeersuchen seitens Nigeria an Liech
tenstein gestellt worden», teilte Justizminister
Heinz Frömmelt am Montag im Landtag zu ei
ner entsprechenden kleinen Anfrage des FL-
Abgeordneten Egon Matt mit. Weiter führte
der Regierungsrat dazu aus: «Letzte Woche
fand aber zwischen den Anwälten, die das Land
Nigeria vertreten, und Norbert Marxer, Leiter
des Rechtsdienstes, ein Arbeitsgespräch statt.
Das Arbeitsgespräch diente der Vorbespre
chung des anstellenden Rechtshilfeersuchens in
Sachen Gelder der nigerianischen Diktatoren
familie Abacha. Ein konkretes Rechtshilfeersu
chen seitens des Staates Nigeria wird auf der
Grundlage dieser Vorbesprechung gestellt wer
den. Die zuständigen Stellen in Liechtenstein
werden anlässlich und im Rahmen des konkre
ten, formellen Rechtshilfeersuchens tätig wer
den.»
Behauptungen Im
Sonntagsblick falsch
«Seit Oktober 1998
sind», so Justizminis
ter Heinz Frommelt
(Bild) zu einer ent
sprechenden Anfra
ge des FL-Abgeord-
neten Paul Vogt, «55
Rechtshilfeersuchen
aus Italien an Liech
tenstein gestellt wor
den, wovon 31 ab
schliessend erledigt
und die Ergebnisse
an die ersuchenden Behörden Ubermittelt wor
den sind. Derzeit sind beim Rechtsdienst der
Regierung noch 10 Fälle pendent, da vor allem
Rückfragen zur Ergänzung der Rechtshilfeer
suchen erforderlich waren. Solche Rückfragen
werden von den ausländischen ersuchenden
Behörden vielfach nicht, nicht vollständig oder
erst nach sehr langer Zeit beantwortet, was zu
Verzögerungen der Rechtshilfeverfahren führt.
Die restlichen Fälle sind noch bei Gericht zur
Durchführung der materiellen Rechtshilfe an
hängig. Es ist richtig, dass eine Delegation des
italienischen Justizministeriums am 2. Novem
ber 1999 in Vaduz vorgesprochen und sich nach
diversen Rechtshilfefällen erkundigt hat. Ent
gegen den Behauptungen im Sonntagsblick hat
dieser Besuch zu positiven und einvernehmli
chen Ergebnissen geführt. Der Vorwurf, dass
von 33 gestellten italienischen Rechtshilfeersu
chen nur gerade 10 beantwortet worden seien,
entspricht keineswegs den Tatsachen. Richtig
ist, dass die italienische Delegation von einer Li
ste unerledigter Rechtshilfeersuchen Italiens
seit 1993 gesprochen hat. Um sich der aus itali
enischer Sicht pendenten Fälle annehmen zu
können, wurde die italienische Delegation ge
beten, diese Liste dem Rechtsdienst zu über
mitteln, was bis zum heutigenTag noch nicht ge
schehen ist.»
Diverse Mängel bei der
Veterinärkontrollstelle
Die Veterinärkontrollstelle am Grenzübergang
in Schaanwald ist einer Inspektion unterzogen
worden, die laut Egon Matt offenbar einige
Mängel zu Tage förderte. Zur kleinen Anfrage
des FL-Abgeordneten, ob Liechtenstein in die
Abklärungen einbezogen worden sei, liess der
zuständige Regierungschef-Stellvertreter Mi
chael Ritter Folgendes verlauten: «Im Mai die
ses Jahres wurde von Vertretern der EU-Kommis
sion eine Inspektion der österreichischen Vete
rinärkontrollstelle inTisis (und nicht in Schaan
wald) durchgeführt. Die Visite der Grenzkon
trollstelle Tisis bildete den Abschluss einer In
spektionstour dieser Vertreter der EU-Kom-
mission zu mehreren österreichischen Abferti
gungsstellen für tierische Erzeugnisse und le
bende Tiere. Liechtenstein war in diese Inspek
tionen offiziell nicht miteinbezogen, allerdings
hat der Landestierarzt in seiner Funktion als
Grenztierarzt des Bundesamtes für Veterinär
wesen an dieser Überprüfung teilgenommen.
Vom abschliessenden Beurteilungsgespräch,
welches in Wien stattgefunden hat, hat Liech
tenstein keine Kenntnis. Grundsätzlich kann je
doch festgehalten werden, dass verschiedene
Mängel , festgestellt worden sind, wie beispiels
weise die fehlende Infrastruktur für die Abfer
tigung von Pferden. Die Inspektoren vor Ort
wurden jedoch nicht so verstanden, dass die
Kontrollstelle in der derzeitigen Form gar nicht
geeignet wäre. Es ist der entsprechende Ent
scheid der EU-Kommission abzuwarten.»
• •
zur Strahlenbelastung?
Strahlenbelastung durch Mobilfunkanlagen auch im Landtag weiter ein Thema
Die Problematik der Mobil»
funkanlagen bleibt auch im
Landtag ein Thema. In einer
kleinen Anfrage des FBPL-
Abgeordneten Marco Ospelt
ging es insbesondere um die
Messungen zur aktuellen
Strahlenbelastung, eine Er
klärung zur gesundheitlichen
Unbedenklichkeit sowie um
Details zu den Strahlenschutz-
Grenzwerten.
Die Regierung habe verschiedent
lich dargetan, so der FBPL-Abge-
ordnete Marco Ospelt, dass durch
die Einhaltung der Strahlengrenz
werte der Mobilfunkanlagen im
Rahmen der schweizerischen Ver
ordnung die Gesundheit der Bevöl
kerung nicht gefährdet werde. In
verschiedenen Äusserungen sei
dargetan worden, dass die Strahlen
belastung aufgrund der festgesetz
ten Grenzwerte gegenüber der heu
tigen Situation sogar gesenkt werde.
Marco Ospelt fragte nun die Re
gierung, ob gesicherte Erkenntnisse
über die Belastung der Bevölke
rung durch nichtionisierende Strah
len vorliegen würden. Und weiter:
Wurden vor der Liberalisierung
im Mobilfunkbereich Messungen
durchgeführt, welche die Strahlen
belastung der Bevölkerung durch
den Mobilfunkverkehr dokumen
tieren? Wie ist das Resultat dieser
Messungen ausgefallen? Wo wird
das Resultat dieser Messungen ver
öffentlicht? Hat die Regierung die
Absicht, Vergleiche anzustellen im
Verhältnis der heutigen Belastung
durch nichtionisierende Strahlen
mit der Situation nach Realisierung
des Gesamtkonzeptes der Regie
rung im Bereich der Mobiltelefo-'
nie?
Vergleich nicht möglich
Zu diesen Fragen nahm Regie
rungschef Mario Frick wie folgt
Stellung: «Unter dem am 31. März
1999 beendeten PTT-Vertrag mit
der Schweiz betrieb die Swisscom
AG zur Versorgung mit Mobilfunk
diensten vier Basisstationen auf
liechtensteinischem Gebiet. Des
Weiteren wurden fünf Standorte
auf schweizerischer Seite mit
benutzt. Während dieser Zeit be
standen in Liechtenstein weder
Grenzwerte für den Schutz vor
nichtionisierenden elektromagneti
schen Wellen, noch lag die Aufsicht
über die Ausübung der Tätigkeit bei
liechtensteinischen Behörden. Die
nunmehr geltenden strengen
Grenzwerte stehen erst seit dem In-
Kraft-TVeten der sogenannten NIS-
Verordnung am 1. Februar 2000 in
der Schweiz sowie aufgrund der er
teilten Konzessionen in Liechten
stein seit Mitte Februar 2000 in
Kraft. Aufgrund der vorstehenden
Sach- und Kompetertzlage bzw. dem
Mangel an rechtlich verbindlichen
und durchsetzbaren Grenzwerten
wurden vor der Liberalisierung des
Mobilfunkbereiches keine Messun
gen durchgeführt. Die Swisscom
AG war ebenfalls nicht verpflichtet
Messungen bzw. Berechnungen
selbst anzustellen. Es liegen daher
keinerlei Messungen aus dieser Zeif
vor. Allenfalls wurden seit diesem
Zeitpunkt teilweise technische Än
derungen wie z.B.Trägerfrequenzen
oder Abschaltung der Natel-C-Sen-
der vorgenommen. Ein aussage
kräftiger zeitlicher Vergleich ist
mangels verfüg- bzw. vergleichba
rem Messdaten daher nicht mög
lich.
Messergebnisse öffentlich
Durch die von der Regierung im
Februar d.J. erteilten Konzessionen
wurden die Mobilfunkbetreiber,
einschliesslich der Telecom FL AG
als Tochterunternehmung der Swiss
com AG, erstmals Vir Einhaltung
strenger und durchsetzbarer Grenz
werte verpflichtet. Für die vorbeste
henden vier Swisscom-Standorte in
Liechtenstein wurden die erforder
lichen Datenblätter zum Nachweis
der Einhaltung der Grenzwerte ein
gereicht und vom Amt für Kommu
nikation geprüft. Sämtliche derzeit
in Liechtenstein bestehenden, be
reits unter dem PTT-Vertragsregi
me errichteten Standorte erfüllen
somit derzeit die von der Regierung
biet von Balzers abgelehnt. Eine
wichtige Grundlage für die damali
ge Entscheidung bildete laut Marco
Ospelt die Äusserung des Landes
physikus, wonach eine gesundheitli
che Gefährdung der nächsten An
wohner nicht mit letzter Sicherheit
ausgeschlossen werden könne. Der
FBPL^Abgeordnete fragte daher:
Hat die Regierung im Zusammen
hang mit den geplanten Mobilfunk
anlagen die Meinung des Landes-
physikus in Bezug auf die gesund
heitliche Unbedenklichkeit einge
holt? Existiert ein offizielles State-
Mobilfunk:Weiterhin auch im Landtag ein Thema.
(Archivbild)
festgelegten strengen Grenzwerte.
Das Gleiche gilt für die als koordi
niert bewilligten, geplanten oder be
reits realisierten weiteren Standor
te. Auch diese halten gemäss der in
diesem ■ (Planungs-)Stadium durch
zuführenden rechnerischen Über
prüfung die Grenzwerte ein. Nach
der Errichtung bzw. Inbetriebnah
me deriiStandorte wird das Amt für
Kommunikation unter Beizug ex
terner Experten die Einhaltung der
Grenzwerte durch Messungen vor
Ort kontrollieren. Die Messergeb
nisse werden öffentlich zugänglich
gemacht.»
Unbedenklichkeitserklärung?
Wie Marco Ospelt weiter aus
führte, hat die Regierung vor eini
ger Zeit die Errichtung einer Stark
stromleitung auf dem Gemeindege
ment des Physikats,das sich zur Be
lastung der Bevölkerung durch
nichtionisierende Strahlen - heute
und nach Inbetriebnahme der ge
planten Mobilfunkantennen - äus
sert? Hat die Regierung im Zusam
menhang mit der gesundheitlichen
Gefährdung durch die geplanten
'Mobilfunkantennen zu irgendei
nem Zeitpunkt die Meinung der Sa
nitätskommission, des Ärztevereins
oder des Dachverbandes der Beru
fe im Gesundheitswesen eingeholt?
Was war das Resultat dieser Anfra
gen und welche Schlüsse hat die Re
gierung daraus gezogen?
Unterschiedliche Sachlage
Zu diesem Fragenkomplex teilte
der Regierungschef Folgendes mit:
«In Bezug auf die vom Abgeordnet
ten zitierten Starkstromleitungen
I
ist bei den Mobilfunkantennen die
Sachlage anders. Zum ersten sollten
bei den Starkstromleitungen die
Leistungen verdreifacht werden; im
Mobilbereich wurden die Grenz
werte um das 10-fache reduziert!
Für die Mobiltelefonie wurden -
zum zweiten - in den Konzessionen
verbindliche Grenzwerte für den
Schutz vor nichtionisierenden elek
tromagnetischen Wellen festgelegt.
Im Bereich des Mobilfunks existie
ren somit eindeutige und durchsetz
bare Grenzwerte auf einer soliden
gesetzlichen Grundlage. Da für (
Starkstromleitungen derzeit in
Liechtenstein keine verbindlichen
Grenzwerte festgelegt sind, wurde
bei der damaligen Entscheidung be
treffend höheren Belastungen bei
den Starkstromleitungen auf den
Gemeindegebiet von Balzers eben
falls eine zusätzliche Meinung des
Landesphysikus in dieser Sache ein
geholt. In der Sache selbst hätte der
Ausbau der Starkstromleitung im
konkreten Fall zu einer Erhöhung
der Strahlung geführt. Im Fall der
Mobilfunkantennen werden aber
um den im Vergleich zu den Emp
fehlungen der WHO 10-mal gerin
gere Grenzwerte eingehalten.
Keine Zusatzbefragung
Aufgrund der aus der Schweiz re
zipierten und dort im Rahmen einer
einjährigen Vernehmlassung auf
breitester Front kontrovers disku
tierten 10-mal niedrigeren Grenz
werte für Mobilfunkantennen wur-'
de der Landesphysikus im Falle der
Mobilfunkantennen im Rahmen
der Experteninformationsveran
staltung vom 11. Mai 2000 als Panel-'
Diskussionsteilnehmer miteinbezo
gen. Weitere Meinungen von Orga
nisationen des beruflichen Gesund
heitswesens in Liechtenstein wur
den nicht eingeholt, zumal bei der
Festlegung der NIS-Grenzwerte in
der Schweiz im Rahmen der einge
gangenen über 400 Stellungnahmen
unterschiedlichster Kreise auch die
Bedenken bzw. die Expertise der
Vertreter des Gesundheitswesens
berücksichtigt worden sind. Auf
grund des internationalen Standes
der Forschung sowie der kontrover
sen und fundierten Diskussion in
der Schweiz konnten aufgrund der
Nahebeziehung zwischen Liechten
stein und der Schweiz im Gesund
heitsbereich keine weiteren zusätz
lichen Informationen oder Schlüsse
aus einer zusätzlichen Befragung in
Liechtenstein erwartet werden.»
Zu den Grenzwerten
Im Zusammenhang mit den
Strahlenschutz-Grenzwerten er
kundigte sich Marco Ospelt schliess
lich danach, ob damit nun die Im
missionsgrenzwerte oder aber die
Anlagegrenzwerte gemeint sind.
Dazu Regierungschef Msrio Frick:
«Die in Liechtenstein gestützt auf
eine explizite gesetzliche Kompe
tenz in den Konzessionen verbind
lich festgelegten Grenzwerte zum
Schutz vor nichtionisierenden elek
tromagnetischen Wellen wurden, im
Einklang mit der Schweiz, im Sinne
des Vorsorgegedankens auf einen
Wert von 90 % unter den von der
Weltgesundheitsorganisation
(WHO) empfohlenen Grenzwerten
festgelegt. Bereits die von der WHO
festgelegten Grenzwerte beinhalten
einen Schutzfaktor 50 basierend auf
den gesicherten wissenschaftlichen
Erkenntnissen in diesem Bereich.
Wenn hierbei die Rede ist von ei
nem Wert von 90 % bzw. einem Fak
tor 10 unter den WHO-Grenzwer-
ten, so sind damit jene in der Inter
pellationsbeantwortung genannten
Anlagegrenzwerte von 4 V/m für
den Bereich 900 MHz und 6 V/m für
den Bereich 1800 MHz gemeint.»