Liechtensteiner Volksblatt
Landtag
Dienstag, 27. Juni 2000 S
Neufassung des Gesetzes über die Förderung von Investitionen in der Landwirtschaft - erste Lesung vorgenommen
Mit der Neuauflage des Gesetzes
über die Förderung von Investi
tionen in der Landwirtschaft will
die Regierung die Wettbewerbs
fähigkeit in der Landwirtschaft
verbessern. Alle Betriebe, nicht
nur die Rindviehhalter, sollen
Subventionen erhalten. Zudem
soll die Begrenzung der Betriebs-
grösse aufgehoben werden. Ge
stern wurde im Landtag die erste
Lesung des Gesetzes vorgenom
men. Die Landtagsabgeordneten
Alois Beck und Elmar Kindle
(beide FBPL) kritisierten die vor
gesehene Reduktion der Förde
rungshöhe von'rund 17 Prozent.
Adi Lippuner
Was im Bericht und Antrag zur Neufas
sung des Gesetzes sehr positiv tönt, die
Verbesserung der Wettbewerbsfähig
keit der Landwirtschaft, indem alle Be
reiche dieselbe Förderung beanspru
chen können, erweist sich auf den zwei
ten Blick als Sparmassnahme. So er
klärte sich der Abgeordnete Alois Beck
(FBPL) in seinem Eintretensreferat mit
den GrundzUgen des Gesetzesentwurfs
mehrheitlich einverstanden.
«Völlig unverständlich ist für mich
jedoch der Vorschlag der Regierung,
dass die Förderungshöhe reduziert
werden soll. Konkret ist eine Redukti
on des finanziellen Engagements von
rund 17 Prozent vorgesehen.» Bei ei
nem Bauvorhaben mit Kosten von
500000 Franken bedeute dies, dass sich
der Barwert der staatlichen Unterstüt
zung im neuen Gesetz von 308000
Franken auf 256000 Franken, also um
mehr als 50000 Franken, reduzieren
würde, wobei hier noch nicht einmal
die Inflation berücksichtigt sei. «Diese
finanzielle Mehrbelastung ist fUr unse
re Landwirtschaftsbetriebe in einem
immer härter werdenden Konkurrenz
kampf auf den Agrarmärkten nicht zu
verkraften.»
Kampf gegen schwierige
Rahmenbedingungen
Der gleiche Punkt wurde auch von
Elmar Kindle (FBPL) vehement kriti
siert. Er sei mit dem Vorschlag der Re
gierung, dass der Staat sein finanzielles
Engagement reduziere, nicht einver
standen. «Die liechtensteinische Land
wirtschaft kämpft heute mit verschiede
nen schwierigen Rahmenbedingungen
wie der starken Parzellierung und dem
fehlenden Pachtgesetz. Es ist deshalb
nicht einsichtig, wieso sich der Staat in
jenen Bereichen zurückziehen will, die
keine marktverzerrenden Einflüsse ha
ben.» Im Interesse einer gesunden und
wettbewerbsfähigen Landwirtschaft sei
deshalb eine Beibehaltung der bisheri
gen Förderungshöhe unbedingt not
wendig.
Ziel der Regierung ist es, von einer
einseitigen Förderung der Milchwirt
schaft abzukommen. «Das neue Gesetz
wird flexibler und wird nicht nur auf die
Rindviehhaltung beschränkt sein», ist
im Bericht und Antrag zu lesen. So wird
die Begrenzung der Betriebsgrösse auf
65 Grossvieheinheiten aufgehoben. Die
Förderung wird von der Betriebsgrösse,
das heisst den dafür notwendigen Ar
beitskräften, abhängig gemacht. Ge
genüber der bisherigen Regelung wer
de es den Betrieben ermöglicht, zu ei
nem späteren Zeitpunkt auch eine Er
weiterung vorzunehmen. Es werden al
le Landwirtschaftsbereiche und nicht
nur die Rindviehhaltung förderungsbe-
Alois Beck (FBPL) wünscht sich ßr das Gesetz über die Förderung von Investitio
nen in der Landwirtschaft handfestere Kriterien, und ersuchte die Regierung, diese
bis zur zweiten Lesung vorzulegen. (Bild: bak)
rechtigt», ist im Bericht und Antrag der
Regierung nachzuleben. • i
Weitere Mängel.
Für Alois Beck hat das Gesetz noch
weitere Mängel. So weise jlie Regierung
darauf hin, dass verschiedene Punkte in
der Verordnung geregelt werden sollen.
«Bis zur zweiten Lesung sollte deshalb
ein Verordnungsentwurf vorliegen, da
mit sich die Abgeordneten ein besseres
Bild von der Sinnhaftigkeit einzelner
Liechtenstein auch in Washington präsent
Landtag befürwortet Errichtung einer diplomatischen Vertretung in den USA
Der Landtag hat gestern die Errichtung
einer diplomatischen Vertretung Liech
tensteins in den USA mehrheitlich be
fürwortet. Die Funktion einer nicht re
sidierenden Botschafterin in Washing
ton soll - zumindest vorläufig - UNO-
Botschafterin Claudia Fritsche in Per
sonalunion wahrnehmen.
Manfred öhri
Die politischen Kontakte zwischen
Liechtenstein und den USA erfolgten
bisher zur Hauptsache über das US-Ge
neralkonsulat in Zürich und nach des
sen Auflösung Uber die Botschaften der
USA und Liechtensteins in Bern bzw.
über das Amt für Auswärtige Angele
genheiten. Inskünftig können die diplo
matischen Beziehungen nun auf der
Basis nicht residierender Botschafter
direkt «vor Ort» in Washington gepflegt
werden. Liechtensteinische Staatsan
gehörige sollen in den USA aber wei
terhin von den konsularischen Vertre
tungen der Schweiz betreut werden.
Wichtige Kontaktstelle
Die Errichtung einer diplomatischen
Vertretung in Washington, die gestern
von 20 Abgeordneten begrüsst wurde,
ist nach Auffassung der Regierung vor
allem aus aussenpolitischer Sicht be
gründet - speziell im Hinblick auf die
Entwicklung der Zusammenarbeit in
internationalen Organisationen (UNO,
OSZE usw.), bei denen sowohl Liech
tenstein wie auch die USA Mitglieder
sind bzw. mitarbeiten. Aufgrund der
jüngsten Entwicklungen komme aus
serdem ein verstärkter Bedarf an Kon-
taktnahme und Informationsbeschaf
fung im Zusammenhang mit Massnah
men zur Bekämpfung der Geldwäsche
rei und damit in Verbindung stehenden
Themen hinzu.
Nach erfolgter Zustimmung des
Landtages beabsichtigt die Regierung
nun, die bei der UNO in New York ak
kreditierte und dort residierende Bot
schafterin Claudia Fritsche auch mit der
Aufgabe einer nicht residierenden Bot
schafterin in Washington zu betrauen
und dem Landesfürsten vorzuschlagen.
Die finanziellen Aufwendungen für
Dienstreisen, Repräsentationspflichten
und Kanzleiausgaben werden mit rund
30 000 Franken pro Jahr beziffert.
Informationsoffensive
Ausdrücklich gegen die Errichtung
einer Botschaft in den USA sprach sich
der VU-Abgeordnete Walter Hart
mann aus. Angesichts des jüngsten
«Vernichtungsfeldzuges» gegen unser
Land hätte er von der Regierung ei
gentlich einen Rückzug des Antrages
erwartet, hielt er in der kurzen Debatte
fest. Nach Meinung der stv. FBPL-Ab-
geordneten Renate Wohlwend zeigten
indes gerade die Diskussionen zu den
finanzplatz-relevanten Gesetzesvorla
gen, wie wichtig es sei, (m \usland kom
petent vertreten ^u s$in Auch Land
tagspräsident Petpr Wölf sieht die Ur
sache der aktuellen Entw cklungen ins
besondere in der tnangpladen Informa
tion. In den USA sei geradezu eine In
formationsoffensive notwendig, beton
te er, um eine ricfrtige Biurteilung un
seres Landes zu erreichen und zu ge-
währleisten. Diesp Infj)rpiationsoffen-
Gesetzesartikel machen können»,
wünscht sich Beck. So werde beispiels
weise im Gesetzesentwurf verlangt,
dass ein Bauvorhaben der Wirtschaft
lichkeit und Zweckmässigkeit zu ent
sprechen habe. «Ich bin damit völlig
einverstanden, vermisse jedoch im Vor
schlag der Regierung eine entsprechen
de Definition von Kriterien zur Beur
teilung der Wirtschaftlichkeit.»
Auf Widerspruch hingewiesen
Kritisiert wurde die nicht näher defi
nierte «Wirtschaftlichkeit» auch von El
mar Kindle. Zudem wies er auf einen
Widerspruch in Artikel 7, Absatz 3 hin,
dort muss ein Landwirtschaftsbetrieb
mindestens 0,5 Standardarbeitskräften
entsprechen, um in den Genuss von För-
derungbeiträgen zu gelangen. In Artikel
4 Absatz d müsse dagegen ein Jungland
wirt über mindestens 0,8 Standardar
beitskräfte verfügen, um Starthilfen be
anspruchen zu können. Ich spreche
mich klar und deutlich für eine einheit
liche Regelung aus.» Nach Ansicht von
Elmar Kindle sollte jeder Antragssteiler
über mindestens 0,8 Standardarbeits
kräfte verfügen. «Denn es sollen in er
ster Linie konkurrenzfähige Haupter
werbsbetriebe und nicht sogenannte
Hobbybetriebe gefördert werden.»
Für Hubert Sele (VU) ist die gestaf
felte Auszahlung der Subventionen
nicht einleuchtend. Rudolf Lampert
wollte genau wissen, wie das Rein
vermögen von natürlichen und juristi
schen Personen berechnet wird. Es gab
auch Fragen zur Rückerstattung von
Leistungen bei Zweckentfremdung.
Zudem wollte Alois Beck wissen, wie
denn genau die Zweckentfremdung de
finiert wird. Bis zur zweiten Lesung sind
nähere Angaben der Regierung er
wünscht.
Landtagsprüsident Dr. Peter Wolff: «In den USA ist geradezu eine Informations
offensive notwendig.»
(Bild: bak)
sive könne nur an Ort und Stelle und
durch persönliche Kontakte erfolgen.
Die Errichtung einer diplomatischen
Vertretung in den USA wertete der
Landtagspräsident als lebenswichtig,
denn es sei nun einmal so, dass die USA
auf der Welt das Sagen hätten.
Was wäre, wenn...?
Renate Wohlwend und Peter Wolff
fragten sich gestern ausserdem, was
wohl geschehen wäre, wenn Liechten
stein schon vor mehreren Jahren eine
Botschaft in Washington eingerichtet
hätte. Der Landtagspräsident äusserte
sich jedenfalls 100-prozentig überzeugt
davon, dass wir in diesem Fall heute
ganz anders dastehen würden. Die Fra
ge «Was wäre, wenn.. .?» sei müssig,
konterte Regiejungschef Mario Frick
und verteidigte sich mit den Worten:
«Wir alle miteinander haben diese Si
tuation nicht voraussehen können». Die
Regierung habe sich allerdings auch zu
wenig Gedanken Uber die strategischen
Positionen gemacht, kritisierte der
FBPL-Abgeordnete Alois Beck. Unse
re Ressourcen sollten stärker gebündelt
und die Anstrengungen jetzt mehr auf
das Wesentliche konzentriert werden.
Renate Wohlwend, Peter Wolff und
der FL-Abgeordnete Paul Vogt hegten
schliesslich Zweifel daran, dass das Mo
dell der Ernennung einer nicht residie
renden Botschafterin ausreichend sei.
Die Einrichtung einer ständigen Vertre
tung in Washington sei in naher Zu
kunft zwar denkbar, bemerkte der Re
gierungschef; Sie müsse aber Schritt für
Schritt vor sich gehen. Für Landtagsvi
zepräsident Otmar Hasler ist es in die
sem Zusammenhang auch wichtig, im
Inland stärker bewusst zu machen, wie
bedeutsam die Auslandvertretungen
sind.
Nachtragskredit
für Überstunden
Kommentarlos und einhellig hat der
Landtag am Montag weitere Nach
tragskredite in Gesamthöhe von
1,043 Mio. Franken zu Lasten der
Verwaltungsrechnung 2000 geneh
migt. Der Finanzbeschluss wurde nur
mit knapper Mehrheit für dringlich
erklärt. Vom zusätzlichen Ausgaben
volumen entfallen 841000 Franken
auf die Laufende Rechnung und
202000 Franken auf den Investi
tionshaushalt. Betragsmässig am
stärksten ins Gewicht fällt der Kredit
von 350000 Franken für die Abgel
tung von Überstunden der Beamten
und Angestellten in der Landesver
waltung sowie bei der Landespolizei.
Die weiteren Kreditbegehren betref
fen die EDV-Ausrüstung und
Büroeinrichtungen beim Landge
richt, die Subvention der Mittagsver
pflegung von Schülern, den Presse-
Ausschnittdienst (Argus der Presse)
und die Erstellung des Informations
mittels «Fürstentum Liechtenstein -
Eine Dokumentation». Die im Jahr
2000 bereits genehmigten Nachtrags
kredite belaufen sich mit dem gestri
gen Landtagsbeschluss mittlerweile
auf insgesamt 8,5 Mio. Franken.
Ad-hoc-Richter
für vier Fälle
FUr vier Beschwerdefälle am Staats
gerichtshof hat der Landtag gestern
einhellig Rechtsanwalt lic. iur. Sieg
bert Lampert aus Uriesenberg als
Ersatzrichter bestellt. Die Wahl war
erforderlich, weil in diesen Be
schwerdefällen das Richtergremium
aus Gründen der Befangenheit
nicht vollständig mit ordentlichen
Richtern besetzt werden konnte.