Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

8 Samstag, 24. Juni 2000 
IN LAN D 
Liechtensteiner Volksblatt 
«Was 
• • • 
!» 
Liechtenstein und der Finanzskandal: Ein Gespräch mit Gabriel Marxer-Verteidiger Dr. Clement Achammer 
Liechtenstein ist arg ins Gerede 
gekommen. Die Treuhandbran- 
che wird von vermeintlichen 
Skandalen gebeutelt, und die in 
ternationale Presse stürzt sich wie 
ein hungriges Raubtier auf das 
kleine Land mitten in Europa, es 
wird scharf geschossen. Ein gefun 
denes fressen für die Medien of 
fensichtlich - und hierzulande be 
fürchten nicht nur Insider, dass 
Liechtensteins Ruf als seriöser Fi 
nanzplatz vielleicht bald dahin ist. 
Die Sache ist offensichtlich nicht 
mehr abzuwenden - das offizielle 
Liechtenstein bemüht sich um 
Schadensbegrenzung. Wie das ge 
schieht, darüber gehen die Mei 
nungen auseinander. 
Erich Waller de Meijer 
Dr. Clement Achammer, Rechtsanwalt 
in Feldkirch und Verteidiger einer der 
Verdächtigen, übt jedenfalls harsche 
Kritik und wundert sich darüber, wie 
die Dinge bisher «gelaufen» sind. Mit 
dem Volksblatt sprach der streitbare 
Mann Klartext. 
Mangelnde Zusammenarbeit? 
Der Skandal hat Folgen und zieht 
weite Kreise: Nicht nur Einzelperso 
nen, die in vermeintliche Geldwäsche 
reien verwickelt sind, werden Konse 
quenzen fürchten müssen - inzwischen 
ist das ganze Land in Mitleidenschaft 
gezogen. Amtlich ist inzwischen auch, 
dass die Financial Action Task Force on 
Money Landering (FATF) uns mit 14 
anderen Staaten auf die «Schwarze Lis 
te» gesetzt hat. Als Grund wird man 
gelnde Zusammenarbeit im Kampf ge 
gen die Geldwäsche angegeben. Das 
gab die OECD), die Organisation für 
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und 
Entwicklung, am Donnerstag in Paris 
bekannt - eine unmittelbare Folge des 
laufenden Skandals. Das Land steht 
enorm unter Druck ... 
«Midi wundert vieles!» 
Nachdem der folgenschwere Inhalt 
des BND-Berichts ruchbar wurde, hat 
das offizielle Liechtenstein reagiert und 
einen Sonderermittler damit beauf 
tragt, die darin aufgelisteten Vorwürfe 
zu prüfen und in einem Rapport zu 
kommentieren. Der Ermittler ist aber 
nicht etwa ein Liechtensteiner, sondern 
REKLAME 
Dr. Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch und Verteidiger, von Gabriel Marxer, fährt mit Liechtensteins Regierung hart ins Gericht. Er versteht nicht, wie ein sou- 
veränder Staat einen ausländischen Staatsanwalt mit der'Sache beauftragen und gleichzeitig auch noch Dutzende Wirtschaftspolizisten ins Land kommen lassen kann. 
ein österreichischer Staatsanwalt: Dr. 
Kurt Spitzer. «Alleine schon diese Tat 
sache wundert mich. Ich verstehe 
Liechtenstein nicht - wie kann man in 
so einer hochsensiblen Angelegenheit 
nur einen ausländischen Sonderermitt 
ler beauftragen? Niemand weiss, nach 
welchen Kriterien gerade Dr. Kurt Spit 
zer ausgewählt wurde - und ich muss 
mich fragen: Wie souverän ist Liechten 
stein eigentlich, dass man solche Ange- 
Buchpräsentation 
am Sonntag, den 25. Juni 2000 um 11.00 Uhr in 
der Aula der Schule Mauren 
NATUR-UND 
LANDSCHAFTS- 
der Gemeinde Mauren 
. .. 
aus der Schriftenreihe Spuren y 
Alle, die Freude am Buch, am Gespräch mit 
den Autoren bei einem Gläschen Wein haben, sind 
herzlich eingeladen. 
Johannes Kaiser 
Vorsteher 
legenheiten nicht selbst anpacken 
kann?», meint Dr.'Clement Achammer. 
Und Dr. KurtSpitzer sei ja nicht alleine 
gekommen 4 mit ihm hat man auch 
Dutzende österreichische Wirtschafts 
polizisten ins Land gelassen, die in Ber 
gen von Dokumenten mit vertrauli 
chem Inhalt vfühldsn dürfen. Dabei han 
delt es sich natürlich nicht nur um Ak 
ten, die Auskunft über ungesetzliche 
Geschäfte geben, sondern um Unterla 
gen Uber ganz normale Geschäfte von 
liechtensteinischen Treuhandunterneh 
men, von Rechtsanwälten und Steuer 
beratern. 
Wirtschaftspolizisten wühlen 
«Gut», erklärt Dr. Clement Acham 
mer, «die Ermittler unterliegen selbst 
verständlich der' Verschwiegenheits 
pflicht, und so müssen alle Informatio 
nen vertraulich behandelt werden - 
aber dennoch würde ich nicht hundert 
prozentig darauf bauen, dass diese 
Pflicht auch imitier wahrgenommen 
wird. Die Wirtschaftspolizisten erfah 
ren eine Unmenge vertraulicher. Fak 
ten, die beispielsweise auch österreichi 
sche Kunden betreffen. Es ist meiner 
Meinung nach wirklich schlimm, was da 
passiert. Wie Liechtenstein sein Selbst 
verständnis als souveräner Staat hier 
verwirklichen will, das ist mir unklar.« 
Clement Achamnier befürchtet - oder 
besser: Er ist sich sicher - dass der Fi 
nanzplatz Schaden nimmt, denn auch 
die Kunden würden sich sicher fragen: 
«Warum erledigen die das nicht 
selbst?» 
Nur, um unbefangen zu sein? 
Dr. Clement Achammer übt auch 
Kritik an den Methoden - und daran, 
wie bisherige Ergebnisse der Ermitt 
lungen zustande gekommen sind. «Dr. 
Kurt Spitzer hatte von der Regierung 
Liechtensteins dert Auftrag bekommen, 
zu untersuchen, inwieweit der BND- 
Bericht - davon dürfte es nicht nur ei 
nen geben - und die ddrin aufgelisteten 
Vorwürfe gegen Regierung, Politik und 
Treuhänder auch stimmen. Ich vermute, 
dass Liechtenstein einen ausländischen 
Sonderermittler beauftragt hat, um sich 
nicht dem Vorwurf ausgesetzt zu wis 
sen, dass hier nicht ein Unbefangener 
ans Werk geht. Man wollte damit sicher 
Distanz und Unbefangenheit demonst 
rieren. Diese Vorgangsweise ist einma 
lig auf der Welt. Mir ist kein anderer Fall 
bekannt, wo ein Staat einen solchen 
Weg einschlägt.« Was Dr. Kurt Spitzer 
allerdings genau untersuchen sollte, das 
bleibt Dr. Clement Achammer unklar, 
denn er vermutet, dass Spitzer nicht viel 
Einblick in aktuelle Unterlagen gehabt 
hat. 
Die Indiskretion 
Als skandalös stuft Dr. Clement Ach- 
ammer die Tatsache ein, dass der Be 
richt öffentlich wurde, noch bevor er 
der liechtensteinischen Regierung vor 
gelegt wurde. «Wer für diese Indiskreti 
on verantwortlich ist, kann ich nicht sa 
gen. Spekulationen darüber gibt es je 
denfalls.» 
Kurt Spitzer arbeitet weiter 
Mit der Vorlage des Berichts wäre die 
Aufgabe Kurt Spitzers im Prinzip erle 
digt gewesen - aber Dr. Kurt Spitzer 
darf weiterarbeiten und hat offensicht 
lich die Oberleitung über die gesamten 
Untersuchungen bekommen - auch 
über die liechtensteinische Staatsan 
waltschaft: «Dr. Kurt Spitzer scheint der 
Übervater aller Ermittlung zu sein. Und 
SD Fürst Hans-Adam II. soll erklärt ha 
ben, Dr. Spitzer erstatte ihm regelmäs 
sig Bericht.» 
Wer ist rechenschaftspflichtig? 
«Wenn das stimmt, dann frage ich 
« Wie Liechtenstein da vorgeht, ist einmalig in der Wehl» (Bilder: de Meijer)'
	        

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