Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Freitag, 23. Juni 2000 31
Nachrichten
EU will Drittstaaten
Zinsen aufzwingen
BRÜSSEL: Die EU-Kommission hat den auf
dem Gipfel in Feira ausgehandelten Zinssteuer-
Kompromiss verteidigt. Die vereinbarte Einbe
ziehung von Nicht-EU-Staaten sei «nichts Er
schreckendes», sagte ein Sprecher am Donners
tag in Brüssel. «Es ist normal, dass man die in
ternationale Dimension beachtet», sagte er wei
ter. Frankreich hatte sich daran gestossen, dass
das Inkrafttreten der angestrebten Richtlinie
zur Besteuerung von Kapitalerträgen praktisch
von der Einführung vergleichbarer Massnah
men in Drittstaaten wie der Schweiz und den
USA abhängt. Vor allem Luxemburg hatte be
tont, es wolle dem angestrebten EU-weiten
Austausch von Informationen über Kapitalan
lagen nur zustimmen, wenn das Prinzip auch in
der Schweiz angewendet werde. Die vereinbar
ten Verhandlungen mit Drittstaaten können
frühestens im kommenden Jahr beginnen, sagte
der Kommissions-Sprecher weiter. Zunächst
müssten sich die Mitgliedstaaten auf Details der
angestrebten Richtline einigen. Die EU-Staa
ten hatten die Kommission in Feira beauftragt,
sich für gleichwertige Besteuerungsmassnah-
men in diesen Ländern einzusetzen.
Auseinandersetzungen
bei Streik in Paraguay
ASUNCION: Bei gewalttätigen Auseinanderset
zungen zwischen der Polizei und streikenden Ar
beitern sind am Donnerstag in Paraguay minde
stens neun Menschen verletzt worden. Vier wei
tere wurden festgenommen. Unter den Verletz
ten seien sieben Arbeiter, die mit Schädel
brüchen und Prellungen in Spitäler gebracht
worden seien, sagte der Präsident des Gewerk
schaftsverbandes CUT, Alan Flores. Die Polizei
berichtete von zwei verletzten Beamten. Zu den
Zusammenstössen sei es gekommen, als die Poli
zei gegen Streikende vorging, die die wichtigsten
Strassen in die Hauptstadt Asuncion blockierten.
Der Proteststreik gegen geplante Privatisierun
gen sollte bis heute Freitag andauern.
Ja zur zweiten Röhre
am Gotthard
BERN: Der Nationalrat will eine zweite Stras-
sentunnelröhre am Gotthard. Mit 93 zu 86 Stim
men hiess er am Donnerstag eine Initiative gut,
welche die sofortige Aufnahme der Planungsar
beiten verlangt. Vor allem im Kanton Uri wird
der Entscheid bedauert. Die bürgerliche Rats
seite unterstützte die Initiative von Ulrich Gie-
zendanner (SVP/AG) gegen den Willen der
Kommission, die mit 13 zu 12 Stimmen Ableh
nung empfohlen hatte. Der Bau käme laut Gie-
zendanner 700 Millionen Franken zu stehen.
Der Entscheid wurde jedoch bei weitem nicht
von allen gutgeheissen. Vor allem für die Um
welt wurden zahlreiche Stimmen laut.
Bedrohung durch Krimi
nalität in Osteuropa
BUKAREST: Steigende Kriminalität im Osten
Europas bedroht nach Erkenntnissen von In
terpol auch die EU-Mitgliedstaaten und die
Schweiz. Kriminelle Gruppen auf dem Balkan
hätten aus dem Chaos nach dem Zusammen
bruch des Kommunismus Kapital geschlagen
und blühten nun aut Dies sagte die technische
Interpol-Beraterin Isabelle Ärnal am Donners-
, tag in Bukarest. Voraussichtlich entwickle sich
der Balkan in den nächsten Jahren zum bevor
zugten Standort für das internationale Verbre
chen.
Lkw-Fahrer des
Totschlags beschuldigt
LONDON: Nach dem Erstickungstod von 58
chinesischen Flüchtlingen in einem Lastwagen
haben britische und niederländische Polizisten
insgesamt fünf Personen festgenommen. Der
Lkw-Fahrer ist des 58-fachen Totschlags be
schuldigt worden. Dem Fahrer wurde ferner
Mithilfe zur illegalen Einreise vorgeworfen, wie
die britische Polizei weiter mitteilte.
Geldwäscherei: Liechtenstein und Israel am Pranger - Schweiz nicht geprüft
PARIS: Liechtenstein, Israel,
Russland und Libanon befin
den sich auf einer Schwarzen
Liste von 15 Staaten, die die
Geldwäscherei mangelhaft
bekämpfen. Die Schweiz
gehörte nicht zu den vom
Geldwäscherei-Ausschuss
(FATF) der 26 reichsten Indus
triestaaten untersuchten Län
dern.
In dem Bericht tauchen auch die
Bahamas-, die Cook-, die Cayman
oder die Marshall-Inseln auf. Als
weitere potenzielle Finanzparadie
se für illegale Gelder aus kriminel
len Machenschaften zählt der Aus-
schuss auf: Panama, Dominikani
sche Republik, die Philippinen, das
Pazifik-Eiland Nauru, die Neusee
land angeschlossene autonome po-
lynesische Insel Niue sowie die kari-
bische Inselstaaten St. Kitts und Ne-
vis (früher: Christopher und Nevis),
St. Vincent und die Grenadinen.
Die Arbeitsgruppe Financial Ac-
tionTask Force on Money Launde-
ring (FATF) hatte die Veröffentli
chung der Liste seit Monaten an
gekündigt, um Druck auf diese
Staaten auszuüben.
Die «Task Force» hatte auf der
Basis von 25 verschiedenen Kriteri
en 26 Länder geprüft, darunter auch
Monaco. Obwohl es gerade in ei
nem französischen Bericht als «die
Geldwäsche begünstigend» einge-
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Monaco wird als «die Geldwäsche begünstigend» eingestuft, erscheint jedoch nicht auf der Schwarzen Liste. Ein Be
richt über die Rolle Monacos wurde gestern angeordnet. (Bild: Keystone)
stuft worden war, wird das Fürsten
tum nicht in der Liste aufgeführt.
Der französische Wirtschafts- und
Finanzminister Laurent Fabius kün
digte unterdessen Sanktionen ge
gen die genannten Staaten an, die
bis zum Abbruch aller Finanzbezie
hungen reichen könnten. Fabius
ordnete in seinem Ministerium
ebenfalls einen Bericht über die an
gebliche Rolle Monacos als Dreh
scheibe für Geldwäsche an. Fabius
forderte die Abteilung für den
Staatshaushalt nach Angaben vom
Donnerstag femer auf, zu einem
Parlamentsbericht Stellung zu neh
men, der im Zusammenhang mit
dem Vorwurf die Prüfung von Ver
einbarungen zwischen Frankreich
und Monaco verlangt. Der Leiter
der Schweizer Delegation bei der
Task Force, Giovanni Colombo vom
Regierungskrise
beigelegt
JERUSALEM: Die israelische
Regierungskrise ist am Don
nerstag beigelegt worden. Die
jüdisch-orthodoxe Schas-Partei
zog 20 Minuten vor Ablauf der
Frist die Rücktrittserklärungen
ihrer vier Minister zurück, nach
dem der linke Bildungsminister
Jossi Sarid sein Amt niederge
legt hatte. Die Schas-Partei
macht ihn dafür verantwortlich,
dass ihre Privatschulen keine
neuen staatlichen Beihilfen
mehr bekommen. Ein Austritt
der Schas aus der Koalition hät
te Ministerpräsident Ehud Ba
rak die Mehrheit im Parlament
gekostet. Mit Sarid verliess zwar
auch dessen Meretz-Partei die
Koalition, doch will sie die Ko
alition im Parlament unterstüt
zen, um die Friedensverhand
lungen mit den Palästinensern
nicht zu gefährden.
Arafat beschwert sich
UNO-Generalsekretär Annan im Nahen Osten
RAMALLAH: PalästinenseoPräsi-
dent Jassir Arafat hat sich am Don
nerstag bei UNO-Generalsekretär
Kofi Annan über israelische Pläne
beschwert, die Besatzungstruppen
im Westjordanland zu verstärken.
Dies erhöhe das Risiko neuer Kon
frontationen.
Nach einem einstündigen Gespräch
mit Annan sagte Arafat, er habe die
EU, die Vereinten Nationen und die
USA vor der Gefahr gewarnt, die
dieser Schritt mit sich brächte. An
nan sagte zu, die Vereinten Nationen
würden «alles tun, den Friedenspro-
zess zu unterstützen, da wir einen ge
rechten und umfassenden Frieden in
der Region brauchen». Bei seinem
Treffen mit Annan meinte Arafat, is
raelische Truppenverstärkungen er
höhten das Risiko neuer Konfronta
tionen. Die Zahl der Soldaten in den
Truppenabzug ausgeschlossen
US-Aussenministerin Albright in Peking
PEKING: Itotz der Annäherung
zwischen den beiden Koreas wer
den die USA ihre Truppen nicht aus
Südkorea abziehen. Dies erklärte
US-Aussenministerin Madeleine
Albright am Donnerstag während
ihres Besuchs in China.
Albright nannte den innerkoreani
schen Gipfel vor den Medien «his
torisch», betonte aber: «Wir wären
naiv anzunehmen, dass damit alles
erledigt ist.» Albright reist an die
sem Freitag nach Südkorea weiter,
wo 37 000 amerikanische Soldaten
stationiert sind.
«Wir sind uns ziemlich einig, dass
unsere Thippen ein stabilisierender
Faktor sind.» Das Thema sei in Pe
king nicht einmal angesprochen
worden. Die US-Aussenministerin
traf nach ihrem Amtskollegen Tätig
Jiaxuan auch Regierungschef Zhu
Rongji und Staats- und Parteichef
Jiang Zemin.
Sie drängte China, mit Taiwan den
Dialog wieder aufzunehmen. Es lie
ge an beiden Seiten, auf welcher
Ebene. «Es ist wichtig für sie, die an
gemessene Ebene und die Kanäle zu
fiqden.» Wichtig sei aber für die
USA, dass es einen friedlichen Dia
log gebe. Peking müsse den neu ge
wählten Präsidenten Taiwans, Chen
Shui-bian, kennenlernen. Meinungs-
Eidg. Finanzdepartement (EFD),
sagte, die Schweiz sei nicht unter
den geprüften Staaten gewesen. Sie
habe die Prüfung jedoch schon zwei
mal gut bestanden. In der Schweiz
verpflichtet das Geldwäschereige
setz Banken und andere im Finanz
bereich tätige Kreise, dass sie ihre
Kunden kennen. Dank dieses Ge
setzes sei auch das Bankgeheimnis
kein Hindernis bei Ermittlungen.
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besetzten Gebieten soll nach Plänen
der Armeeführung in den kommen
den Wochen vergrössert werden,
weil in Jerusalem mit schweren Aus
schreitungen gerechnet wird, falls
die Verhandlungen zwischen Israel
und den Palästinensern über ein
Friedensabkommen scheitern. Am
Morgen war Annan zunächst
nochmals mit dem israelischen Mi
nisterpräsident Ehud Barak zusam
mengetroffen, um - wie es hiess - ei
nige verbliebene Probleme beim
Grenzverlauf zwischen Israel und
Libanon nach dem Abzug der israe
lischen Truppen aus Süd-Libanon zu
besprechen. Barak hatte am Mitt
woch die Ansicht geäussert, die
Streitigkeiten mit Libanon wegen
der neuen Grenze könnten «inner
halb von 24 bis 36 Stunden» beige
legt werden.
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Verschiedenheiten gab es Uber die
Pläne der USA, ein Raketenab
wehrsystem zu entwickeln. Der
Sprecher des Aussenministeriums,
Zhu Bangzao, kritisierte, damit wer
de das weltweite strategische
Gleichgewicht untergraben.
US-Aussenministerin Madeleine Albright traf gestern mit Staats- und Partei?
chef Jiang Zemin zusammen. (Bild; Keystone)
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