Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
mm .4'. 
Kultur 
Freitag, 23. Juni 2000 11 
Nachrichten 
Fortsetzung desVadu- 
zer Städtlesommers 
. VADUZ: Diesen Samstag, den 24. Juni wird der 
Vaduzer Städtlesommer mit der Übertragung 
des EM-Viertelfinalspiels Italien - Rumänien 
auf eine Grossleinwand auf dem Rathausplatz 
fortgesetzt. Ab 19.30 Uhr präsentieren die Va 
duzer ^Virte ein reichhaltiges Angebot an Spei 
sen und Getränken, bevor ab 20.45 Uhr die 
Spannung mit dem zweiten Viertelfinals steigen 
wird. Als weitere Attraktiön kann sich das Pub 
likum beim VPBank-EM-Tip beteiligen. Den 
Gewinner erwartet ein EM-Paket mit dem Sie 
gertrikot und dem Original-EM-Fussbali. Der 
Städtlesommer unter dem Patronat von Vaduz 
Events (Gemeinde Vaduz, Hoi Vadoz, Ver 
kehrsverein Vaduz und die Vaduzer Gastrono 
mie) wird auch an den folgenden Wochenenden 
mit weiteren Fussballübertragungen sowie Mu- 
sik-Veranstaltungen fortgesetzt. 
TaKino 
«Dogma» - wie einst 
Monthy Python 
Tausende Jahre sassen die aus dem Himmel ver 
bannten Engel Loki und Bartleby in Wisconsin 
fest. Jetzt ist endlich ihre Chance gekommen, 
wieder in himmlische Sphären zurückzukehren. 
Dazu brauchen sie nur noch durch die Pforten 
einer neu geweihten Kathedrale in New Jersey 
zu schreiten. Das würde aber das Ende der Welt 
bedeuten, wäre mit diesem Schritt doch auch 
die Fehlbarkeit Gottes bewiesen. Ausgerechnet 
Bethany Sloane, die nicht mehr so recht an Gott 
glaubt und in einer Abtreibungsklinik arbeitet, 
wird auserkoren, den Plan der gefallenen Engel 
zu verhindern. Unterstützt von dem schwarzen 
Apostel Rufus,der aufreizenden Muse Serendi- 
pity und den beiden ungehobelten Propheten 
Jay und Silent Bob zieht Bethany in einen aber 
witzigen Kreuzzug, in dem der Glaube aller Be 
teiligten auf eine schwere Probe gestellt wird. 
«Dogma» gehört in die gleiche ehrwürdige 
Tradition wie «Life of Brian» von den Monty 
Pythons und «La Voie lactle» von Luis BuAuel, 
: Filme, die das Thema Religion ernst nehmen 
und sich Uber gewisse Aspekte davon lustig ma 
chen. Wie bei Bufiuel wird bei Smith sehr viel 
geredet, und wie bei den Pythons gibt es diese 
brisante Verquickung von intellektuell hoch ste 
henden Themen und gezielt eingesetztem 
schlechtem Geschmack. Da sind Fragen zu 
klären wie «Was genau hat Jesus gemacht, als er 
18 war?», «Hatte Maria Sex?», «Gab es 
schwarze Apostel?», «Ist Gott eine Frau?» 
Smith beantwortet auf gewohnt respektlose, 
aber immer königlich unterhaltsame Weise die 
se brisante Glaubensfragen. Für die übernatür 
lichen Wesen wurden natürlich Stars aufgebo 
ten: Alan Rickman ist ganz wunderbar als Me- 
tatron, der sichtlich Mühe hat mit seinem Job. 
Matt Dämon spielt den Engel, der, da Engel ja 
keinen Sex haben dürfen, sich mit der zweit 
besten Vergnttgungsmöglichkeit behilft: dem 
Töten. Ein göttliches Vergnügen von Freitag bis 
Sonntag um 20.30 Uhr im TaKino. 
«Sweet and Lowdown» 
Kunst und Leben, Jazz und Liebe, die Liebe 
zum Jazz: Woody Allen umspielt seine grossen 
Themen diesmal mit der Figur eines Jazzgitar 
risten aus den dreissiger Jahren, dem er ge- 
konnt-ironisch eine Biographie erfindet. Sean 
Penn erweist sich als Idealbesetzung, auch wenn 
sein Gitarrenspiel nicht ganz dem tatsächlichen 
von Howard Alden entsprechen dürfte; hinreis 
send ist die Engländerin Samantha Morton als 
stumm essende Begleiterin ihres schnöden 
Liebhabers. «Sweet and Lowdown» ist am 
Sonntag um 18.30 Uhr zu sehen. 
«Sleepy Hollow» - Um Burtons 
meisterliches Schauermärchen 
Der Polizist Ichabod Crane soll Ende des 18. 
Jahrhunderts eine bizarre Reihe von Enthaup 
tungen aufklären, die das Dorf Sleepy Hollow 
heimsucht. Begehrt von der Gutsherrentochter 
Katrina, misstrauisch beäugt von den Bürgern, 
die alle Untaten einem kopflosen Geist anlas 
ten, ermittelt Crane mit modernsten Methoden. 
Doch erst seine Erkenntnis des real existieren 
den Übernatürlichen führt ihn zum Ziel. Um 
Burton hat Washington Irvings Gruselfabel für 
unsere Zeit der Spezialeffekte und der psycho 
analytischen Theorien aufbereitet. Johnny 
Depp, Christina Ricci und andere exzellente 
Darsteller machen daraus ein makabres Ver 
gnügen für Erwachsene. Tim Burtons ausseror 
dentlich unterhaltsames Schauermärchen ist am 
Freitag und Samstag um 22.30 Uhr zu sehen. 
Filmclub Frohsinn 
Klavierrecital von Sandra ündjürg Hanselmann auf neuem Bösendorfer-Flügel in Eschen 
Die Liechtensteinische Musik 
schule Unterland, die im neuen 
Mehrzweckgebäude in Eschen 
eine wirklich mustergültige 
Heimstatt gefunden hat, hatte 
über die PeteF-Kaiser-Stiftung 
einen neuen Bösendorfer-Flü- 
gel erhalten und diesen im «Pe- 
ter-Kaiser-Saal» aufgestellt. 
Friedrich Nestler 
Um diesen Konzertflügel würdig 
vorzustellen und gültig einzuwei 
hen, gaben Sandra und Jürg Han 
selmann einen Klavierabend mit 
Kompositionen für vier Hände von 
Edvard. Grieg und Johannes 
Brahms. Die Sicherheit der rhyth 
mischen Erfordernisse und feinst 
abgestufte Phrasierungen sind we 
sentliche Erkennungszeichen dieses 
Zusammenspieles. Die beiden 
Künstler verdienen es, diese beiden 
Begriffe in ihrer feinsten Bedeu 
tung zu verstehen, insofern nämlich, 
als beide Musiker mit ihrem Spiel 
mit dem inneren Ohr voraus sind 
und es daher keine formalästheti- 
schen Bedenken und Interpreta 
tionsprobleme gibt. Dass hier ein 
Instrument zur Verfügung stand, 
das von seinen Klangdispositionen 
her einfach umwerfend gut ist, kann 
solche Hörerlebnisse nur noch ver 
tiefen. 
Die Tastatur erlaubt eine Diffe 
renzierung des Anschlages, wie es 
nur wenigen Instrumenten gegeben 
ist. Und doch konnte man noch eine 
Steigerung dieses Klangwunders 
in den Solovorträgen von Jürg Han- 
Sandra und Jürg Hanselmann weihten am Dienstag mit Konzertstücken ßr vier Hände den neuen Bösendorfer-Kon- 
zertflttgel in der Musikschule in Eschen ein. (Bild:bak) 
seimann erleben. Bei seiner Art zu 
interpretieren lässt sich ohne Ein 
schränkung feststellen, dass sein 
Spiel zum Ausdruck des Geistigen 
wird. Natürlich muss man das enor 
me technische Potential des Inter 
preten bewundern. Nur kann das 
nicht alleine der Zweck einer Inter 
pretation sein. Denn wenn wir an 
die Schnelligkeit der Finger und die 
Sicherheit des Ortssinnes denken, 
ereignet sich ganz automatisch auch 
das Künstlerische. Im Anschlag liegt 
die Eeinheit der Seele, und ein so 
ieinnej 
dem Künstler die Wege zur Darstel 
lung seiner Gedanken zu öffnen. 
Als Künstler kann er nur das dar 
stellen, was er mit seinem inneren 
. Ohr hört, und man ist in der Lage, 
das, was der Künstler ausdrücken 
will, zu begreifen, weil er gestalteri 
sche Kraft hat, sein inneres Hören 
dem Hörer mitzuteilen. Sehr we 
sentlich. bei der Bewältigung der 
Rheinbergerschen Klavierstücke ist 
das Wissen, dass erst die Bewälti 
gung des Technischen den. komposi 
torischen Schatz freigibt. Hansei 
daher bereitet er seinen Hörern im 
mer wieder grosses Vergnügen und 
ausserordentliche musikalische Be 
gegnungen. Was für ein seltsamer 
Abend! Ein ganz gewöhnlicher 
Dienstag! Ein heisser Sommer 
abend. Im gut besuchten Saal viel zu 
wenig Hörer, um das Besondere er 
leben zu können. Aber eine Hörer 
schaft mit einem über das Sachwis 
sen hinausgehenden Empfinden. 
Der überaus intensive Applaus er 
brachte eine Zugabe, die in ihrer 
Anspruchslosigkeit an das Gehörte 
feinnefViges Instrument vermag mann ist so ein Schatzsucher,' und 1 nicht anschlieSsen'konnte. 
Wanderer zwischen den Welten 
Der Schauspieler und Regisseur Maximilian Schell im Theater am Kirchplatz 
Ttotz hochsommerlichen Wetters 
und Fussball-Europameisterschaft 
fanden viele Interessierte am 
Dienstagabend den Weg ins TaK, 
um an dem Gespräch zwischen dem 
Weltstar Maximilian Schell und Fe 
llzitas von Schönbora teilzuneh 
men. 
Gerolf Hauser 
Maximilian Schell emigri£rte mit 
sieben Jahren in die Schweiz und 
bereits im Alter von 11 Jähren stand 
er auf der Bühne des Zürcher 
Schauspielhauses. Als Filmschau 
spieler erlangte er Weltruf und für 
«Das Urteil von Nürnberg» (1961, 
mit Marlene Dietrich und Spencer 
TVacy) erhielt er einen «Oscar». Seit 
1969 arbeitet. Maximilian Schell 
auch als Filmregisseur. Im Gespräch 
mit Felizitas von Schönborn zeigte 
der Dramaturg, Autor, Übersetzer, 
Musiker, Schauspieler und Regis 
seur Stationen seines Lebensweges, 
der den gebürtigen Wiener über die 
Schweiz bis nach Hollywood brach 
te. 
Todernste fragen 
War es die grosse Hitze, dass Mo 
deratorin Felizitas von Schönborn 
ein wenig müde und streng sich fast 
krampfhaft an ihre vorbereiteten 
Fragen klammerte und immer sehr 
ernst das Gespräch leitete? Tatsäch 
lich leitete sie es, zum Leidwesen 
wohl vieler Zuhörerlnnen und, so 
ist zu vermuten, auch von Maximili 
an Schell. Immer, wenn er ironisch 
oder fröhlich werden wollte, dämpf 
te sie ihn mit todernsten Fragen. Zu 
Beginn versuchte Maximilian Schell 
noch, dies aufzulockern, spöttelte 
auch ein wenig Uber von Schön 
born, die sich aber in ihrem Gegen 
teil .von Spontan-Sein in keinster 
Weise beirren Hess. So bewegte sich 
das Gesprägi leider auf einem nicht 
sehr hohen Niveau. 
a. 
Die Highlights 
Picken wir aus dem Gespräch die 
wenigen Highlights heraus: Maximi 
lian Schell erinnerte sich selbst (und 
vielleicht manche/n der Besuche 
rinnen) an den von Eduard von 
Falz-Fein organisierten Film «Kin 
der der Berge», in dem er vor 42 
Jahren, zusammen mit Barbara Rüt- 
ting, hier in Liechtenstein spielte. 
«Ludmila,die die Hauptrolle in die- 
Im Gesqräcfi mit Felizitas von Schönbom zeigte Maximilian Stationen sei 
nes Lebensweges: (Bild: Ingrid) 
sem Film hatte», so Maximilian 
Schell, «war eine meiner liebsten 
Gespielinnen. Es war eine Kuh.» Er 
sei damals sehr gerne in Liechten 
stein gewesen, man habe ihn mit of 
fenen Armen empfangen, mit Aus 
nahme des Prinzen «Niki», wie er 
ihn nannte. «Er hat damals im Kin 
derzimmer mit Zinnsoldaten ge 
spielt. Als ich ihn fragte, was er ma 
che, antwortete er, er bereite eine 
Invasion gegen die Schweiz vor. Er 
war damals neun Jahre alt.» Auf 
dem Schloss habe immer eine ange 
nehme Atmosphäre geherrscht, 
«ausser dass da halt ein paar Rem- 
brandts herumhingen.» «Sind Sie 
Schauspieler geworden, um die 
grossen Figuren der Weltliteratur zu 
spielen?», fragte von Schönborn. 
Antwort: «Da muss ich Sie enttäu 
schen - um Geld zu verdienen. Das 
ist so ähnlich, wie Chagall mir sagte, 
er fliege so gerne. Ich bemerkte, 
wohl wegen der schönen Wolken- 
formen. Chagall antwortete: Nein, 
wegen der schönen Stewardessen.» 
Auf die Frage, als was er sich fühle, 
antwortete Schell: «Wenn Deutsch 
land gegen die Schweiz spielt, fühle 
ich mich als Schweizer. Wenn Sie 
mich fragen, wo ich am liebsten le- 
' be, gebe ich eine wienerische Ant 
wort: Überall a bisserl ungern. Be 
züglich Amerika kann ich sagen, die 
leiden immer, wenn sie auf die 
europäische Kultur schauen - zu 
Recht. Ich kann mir das Leben ohne 
Mozart nicht vorstellen, die Ameri 
kaner können sich ein Leben ohne 
Geld riicht vorstellen.» Und manche 
wohl nicht ohne Fussball: «Da 
kommt ein Resultat rein!», rief Ma 
ximilian Schell jedes Mal, wenn die 
ibchniker die neuesten Fussballer 
gebnisse, auf Blätter geschrieben, 
dem Publikum und Maximilian 
Schell zeigten. 
(i
	        

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