Liechtensteiner Volksblatt
Extra
Samstag, 17. Juni 2000 29
Umwelt
■ Wüstenbildung schreitet voran m
Ausstellung über Mäuse u Hahnen-
fuss verursacht den Rheinfallschaum
Nachrichten
Hahnenfuss: Schaum
im Rheinfallwasser
SCHAFFHAUSEN: Weder Schmutz noch
Waschmittel sind daran schuld, wenn im Som
mer hin und wieder das Wasser im Rheinfall
becken bei Neuhasuen schäumt. Schuld ist der
«flutende Hahnenfuss», wie Untersuchungen
im Rahmen einer Doktorarbeit ergeben haben.
Vor allem im Sommer und in länger andauernden
Wärmeperioden sind unterhalb des Rheinfalls
oft hässliche Schaumteppiche zu sehen, deren
Reste sich oft tagelang halten. In seinem am
Mittwoch veröffentlichten Jahresbericht hält
der Schaffhauser Kantonschemiker klar fest,
dass der Schaum nicht die Folge von Wasserver
schmutzung sei. Ein Doktorand an der Univer
sität Jena (D) hat den Schaum auf dem Rhein
zum Gegenstand seiner Doktorarbeit gemacht.
Seit 1998 ist er an der Arbeit und hat inzwischen
im Rheinwasser mehrere hahnenfusstypische
Verbindungen gefunden - darunter auch bisher
unbekannte. Das Schlussresultat seiner Arbeit
soll bis zum Frühling 2001 vorliegen. Chemische
Laboranalysen hatten zuvor über Jahre hinweg
gezeigt, dass die Wasserqualität auf dieser Rhein
strecke gut ist, so der Schaffhauser Kantons
chemiker. Die Schaffhauser Kläranlage Röti
habe ziemlich schnell als Verursacherin ausge
schieden werden können. Auch für den Ver
dacht, dass Gewerbebetriebe Waschmittel-halti
ge Abwässer in den Rhein leiteten, habe es kei
ne Anhaltspunkte gegeben.
Raupen befallen
Traubenkirsche
OBERSAXEN: Periodisch befallen die rund
zwei Zentimeter langen Gespinnstmotten die in
höheren Lagen wachsenden Traubenkirschen
und überziehen die einzelnen Bäume mit einem
feinen Netz vom Stamm bis in die äussersten
Zweigspitzen. Der Laubbaum wird dabei von
Abertausenden Raupen völlig kahl gefressen.
Dies ist derzeit in Obersaxen in Graubünden zu
beobachten, wo diese Aufnahme gemacht wur
de. Abgesehen von einem kurzzeitigen Zu
wachsverlust erholt sich der Baum jedoch innert
zwei Jahren vollständig wieder. (Bild: Key)
Erderwärmung:
Singvögel verstummen
Mit der Erwärmung der Erde durfte künftig das
Gezwitscher einiger Singvögel verstummen.
Das prophezeien US-Forscher unter Hinweis
auf eine Vogelart, die den Sommer im Nordosten
der USA verbringt und in der Karibik überwin
tert. Eine Studie zeigt, dass die Hitze und
Trockenheit eines El-Niöo-Jahres die Überle
benschance dieser Vogelart, der schwarzhalsi-
gen blauen Grasmücke, schlicht halbiert. Scott
Sillett und Kollegen von derTblane Universität
in New Orleans untersuchten Daten aus dem
US-Staat New Hampshire, einem bevorzugten
Brutplatz des Vogels, und von seinem «Winter
paradies» Jamaika. In den USA und in Jamaika
sank die Zahl der Grasmücken in den wärme
ren und trockeneren Jahren unter El-Niöo-Ein-
fluss, berichtet das Team in «Science» (Band
288, S. 2040). Dies sei bedingt durch ihre ge
drosselte Fruchtbarkeit. Ursache dafür ist das
«Leibgericht» der kleinen Singvögel in der Ka
ribik. Sillett und Kollegen wiesen nach, dass in
besonders heissen Jahren die Biomasse jener
Schmetterlings-Larven schrumpft, deren Ver
zehr im ersten Winter auf Jamaika ihnen Kraft
fUr die Brutzeit im Sommer in New Hampshire
schenkt. Parallel zur mageren Larvenkost sank
die Zahl der nächsten Generation der Gras
mücken. Ein Begleitartikel des norwegischen
Zoologen Bernt-Erik Saether von der Univer
sität Trondheim nennt mehrere ältere Studien
an Zugvögeln mit vergleichbarem Ergebnis.
Immer mehr Wüsten
Keine Entwarnung im Kampf gegen Wüstenbildung und verödende Böden
Wüstenbildung und Bodenver
ödung schreiten weltweit unge
bremst voran und entziehen
immer mehr Menschen die
Existenzgrundlage. Zu wenig
Ackerland und Wassermangel
sorgen für Armut und Entwur
zelung. Abholzungen haben
ökologisch verheerende Aus
wirkungen.
Dies sind einige der Fakten, welche
die UNO im Zusammenhang mit
der Desertifikation nennt. Sie über
schatten auch dieses Jahr den Welt
tag zur Bekämpfung der Wüstenbil
dung vom heutigen Samstag. Exper
ten und UmWeltorganisationen
schlagen Alarm und warnen vor
Untätigkeit vor allem in Afrika.
Keine Entwarnung
Millionen von Menschen müssen
jedes Jahr ihre Heimat verlassen,
weil ihnen der Boden keine Lebens
grundlage mehr bietet. Als Folge
der fortschreitenden Verknappung
der natürlichen Ressourcen wie Bo
den und Wasser steigen Flüchtlings-
und Migrationsbewegungen sowie
politische Instabilität, was auch
Auswirkungen auf die Industrielän
der hat. Im UNO-Wüstensekretari-
at in Bonn, dem Sitz der UN-Kon
vention gegen Wüstenbildung (UN-
CCD), werden die Zahlen und Län
derberichte gesammelt. Anlass für
Jährlich gehen durch Wilstenbildung rund zehn Millionen Hektaren Land
verloren. (Archivbild)
Entwarnung bieten sie nicht. «Dür
re und Wüstenbildung bedrohen
ernsthaft die Lebensgrundlagen
von immer mehr Menschen», resü
miert der Exekutivsekretär der
UNO-Konvention gegen Desertifi
kation, Hama Arba Diallo.
Jährlich gingen durch Wüstenbil-
dung rund zehn Millionen Hektaren
weiteres Land verloren. Das ist et
wa zweieinhalb Mal die Fläche der
Schweiz. Millionen von Menschen
seien in den letzten Jahren schon ge
zwungen gewesen, ihr Land zu ver
lassen/ i
Nacfr v Schätzungen des UNO-
Umweltprogramms (UNEP) sind
durch das Vordringen der Wüsten
derzeit mehr als eine Milliarde
Menschen gefährdet und bereits ein
Drittel der gesamten Landfläche
der Erde betroffen. Mehr als 135
Millionen Menschen liefen Gefahr,
von ihrem Land vertrieben zu wer
den, weil der Boden zu Staub wird.
Bereits heute lebten mehr als eine
halbe Milliarde Menschen in Län
dern, in denen Wasser knapp sei, er
läutert ein Vertreter der deutschen
Arbeitsgemeinschaft Desertifika
tion (Forum Umwelt und Entwick
lung). «In einer bis zwei Generatio
nen wird über ein Viertel der
Menschheit in Gebieten mit chroni
schem oder wiederkehrendem Was
sermangel leben.»
Mühsamer Kampf
Als Auslöser für die Wüstenbil
dung (Desertifikation) gilt die von
Menschen und seinen Aktivitäten
verursachte Zerstörung von Ökosys
temen - vor allem des Bodens, der
Vegetation und des Wasserhaus
halts in lYockenregionen. Hier muss
nach Expertenansicht auch das Ge
gensteuern ansetzen.
Jedoch kommt der Kampf im
Rahmen der UNO-Konvention bei
allen hehren Bekenntnissen nur
mühsam voran. Das Übereinkom
men, ein Ergebnis des UNO-Gipfels
von Rio der Janeiro (1992), ist Ende
1996 in Kraft getreten.
Die Verwirklichung mit Aktions
programmen, insbesondere in den
Trockenzonen, gestaltet sich
schwierig. Besonders betroffene ar
me Länder klagen Uber mangelnde
Unterstützung durch die reichen In
dustrienationen.
Die letzte UNO-Vertragsstaaten
konferenz in Recife (Brasilien) im
November 1999 war mit dürftigen
Ergebnissen und Streitereien über
Finanzen zu Ende gegangen. Nun
richten sich die Blicke und die Hoff
nungen auf Fortschritte auf die
nächste Konferenz im Dezember
dieses Jahres in Bonn.
Botanische Sternstunden in der Orangerie
«Sterne im Pflanzenreich» im Botanischen Garten St. Gallen
ST. GALLEN: Milchstern, Stern-
anis, Morgensternsegge, aber auch
verborgene Sterne im Mark einer
Binse sind in der neuen Sonderaus
stellung in der Orangerie des Bota
nischen Gartens St. Gallen zu ent
decken. Sie wird morgen Sonntag,
den 18. Juni eröffnet.
Bei Arnika und Aster, Silberdistel,
Schmuckkörbchen und Sonnenblu
me ist die Sternform offensichtlich.
Die Ausstellung «Sterne im Pflan
zenreich» gewährt aber einen tiefe
ren Einblick in Sternsignaturen bei
Pflanzen, bis zu Mikrostrukturen in
Sternform, und sie lehrt, wie sehr es
sich lohnt, bei Pflanzen genauer hin
zusehen. In früheren Jahrhunderten
stellten sich die Menschen die Ster
ne als silberne und goldene Blumen
der Himmelswiese vor. Manchmal
sah man sie als Sternschnuppen zur
Erde fallen; pflanzen wurden als
Saat gefallener Sterne gedeutet,
dies umso mehr, als viele Blüten un
endlich vielgestaltige Sternformen
zeigen. «Ein grosser Teil unseres
Publikums besucht den Garten, um
schöne Blumen zu sehen, und weni
ger, um botanisch-wissenschaftliche
Höhenflüge zu erleben», sagt der
Leiter des Botanischen Gartens,
Hanspeter Schumacher.
Die pflanzlichen Sterne werden
in 40 beleuchteten Vitrinen gezeigt;
der Bogen spannt sich vom Him
melskörper bis zum Eiskristall. Da
zwischen liegen botanische Stern
stunden mit bewusst knapp gehalte
nen Erklärungen. Es ist eine sinnli
che Ausstellung zum Sehen, zum
sich Freuen, zum Staunen.
Und ganz nebenbei wird als Zu
gabe einiges über das Leben der
Pflanzen mitgeteilt: Ihre Anpassung
an die Umwelt, ihre Tricks, wie sie
Tiere als Bestäuber und Samenver
breiter anlocken oder die Fähigkeit
verwandtschaftlich weit voneinan
der entfernter Sippen, dieselbe Er
findung zu machen. Sternformen
gibt es bei Mohn und in der Nerva
tur von Kapuzinerkresseblättern,
bei «Märzensternen» (Narzissen),
lebenden Steinen, Skabiosen, den
Samenständen von Kerbel, wilder
Möhre und Kälberkopf, der Pracht
winde und dem Igelkolben zu ent
decken. Eigentlicher Initiant der
Ausstellung ist der Wiler Werkleh
rer Walter Arn, er regte Hanspeter
Schumacher zu Beginn der 90er
Jahre zur vertieften Beschäftigung
mit Sternformen bei Pflanzen an.
Arn hat auch ein Buch Uber Stern
formen verfasst.
Eine Wiler Oberstufenklasse hat
unter seiner Leitung viele Modelle
entworfen und gebaut, einen Ster
nenhimmel und einen fantastischen
Bambusstern geschaffen.
Eröffnet wird «Sterne im Pflan
zenreich» mit einem öffentlichen
Gartenfest morgen Sonntag, den 18.
Juni im Botanischen Garten, der
sich im Juni von seiner besten Seite
zeigt. «Sterne im Pflanzenreich» ist
bis 8. Oktober zu sehen. Öffnungs
zeiten: täglich 8 bis 12 und 13.30 bis
17 Uhr.
«Nur eine Maus...»
Neue Ausstellung im Natur-Museum Luzern
LUZERN: «Nur eine Maus...»
heisst die neue Sonderausstellung
im Natur-Museum Luzern. Sie in
formiert über das verborgene Le
ben kleiner Säugetiere. Zu sehen ist
die Ausstellung - mit lebenden Tie
ren - bis zum 22. Oktober 2000.
Unter dem Sammelbegriff Maus
werden im Volksmund die kleinen
flinken Säugetiere zusammenge-
fasst, denen man in Feld, Wald oder
Haus begegnet. Bei genauer Be
trachtung erkennt man aber, dass
sie zwei verschiedenen zoologi
schen Ordnungen angehören: Spitz
mäuse und Maulwürfe den Insek
tenfressern, die andern den Nage
tieren. Die Zwergspitzmaus etwa ist
das kleinste einheimische Säugetier
und bringt nur gerade vier Gramm
auf die Wage. Dafür kann sie sich
besser verstecken und Nahrungs
quellen erschliessen, die sonst kaum
jemandem offen stehen. Kleinsäu
ger sind auch schnelllebiger. Die
Bis zum 22. Oktober ist im Naturmuseum Luzern eine Ausstellung - mit le
benden Tieren-über Mäuse zu sehen. (Archivbild)
wengisten werden älter als zwei Jah
re. Kleine Säugetiere haben im Ver
hältnis zum Körpervolumen eine
grosse Oberfläche. Dadurch geht
mehr Wärme verloren und der Ener
gie* bzw. Nahrungsbedarf ist rela
tiv gross. Sie müssen daher in kur
zen Abständen essen. Spitzmäuse
verbringen zum Beispiel einen gros
sen Teil des Tages mit Futtersuche
und fressen pro Tag oft so viel wie
sie wiegen. Die vom BUndner Na
turmuseum konzipierte Ausstellung
stellt einige einheimische Kleinsäu
ger näher vor: Maulwurf, Wasser
spitzmaus, Waldspitzmaus, Schnee
maus, Feldmaus,' Rötelmaus und
Gartenschläfer. Die Ausstellung
«Nur eine Maus...» im Natur-Mu
seum Luzern dauert bis zum 22. Ok-
tober2000.