Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

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3L6 Samstag, 17. Juni 2000 
Jubiläum HPZ 
Liechtensteiner Volksblatt 
«Wir 
Porträts der HPZ-Werkstätten: Die Webwerkstätte i hä i kINA 
Aus der Webstube gewachsen, zü- 
gelte die Webwerkstätte TEX- 
TRINA vor elf Jahren an den Lin 
denplatz nach Schaan. Rund drei 
Jahre später fanden die Webstüh 
le und die acht Weberinnen ihre 
neue Heimat an der Schaaner 
Landstrasse. Anlässlich des 25- 
Jahr-Jubiläums stellen wir heute 
die Webwerkstätte TEXTRINA 
vor. 
L-Press 
Bereits früh mor 
gens, kurz vor acht, 
erwachen die Web 
stühle in der TEX 
TRINA, eifrig wird 
mit Schiffchen, 
buntem Leinen und 
Wolle gearbeitet. Die «Frauenwerk 
statt», betreut von Josy Biedermann 
und Christine Jaun, stellt Schürzen, 
Tischwäsche, Kinderkleider, Teppiche, 
Handtücher, Gilets, Kissenbezüge und 
vieles mehr her. Die bunten Erzeugnis 
se können allesamt direkt in der TEX 
TRINA, im ATELIER Sonnenblume 
oder an verschiedenen Märkten ge 
kauft werden. «Wir arbeiten aber prak 
tisch ausschliesslich auf Bestellung», er 
klärt Josy Biedermann. Die Produkte 
werden nach Färb- und Formwünschen 
der Kundschaft hergestellt. Einige Er 
zeugnisse hat die Webwerkstätte TEX 
TRINA sozusagen auf Vorrat. Und da 
bei sind dieTEXTRINA-Frauen auf ihr 
neu gestaltetes Schaufenster besonders 
stolz, weil sich darin die Vielfalt an 
TEXTRINA-Artikeln besser zeigen 
lässt. In der Schreinerei der Werkstätte 
PROTEKTA (Mauren) wurde eigens 
ein Spezialgesteil für das grosse Fenster 
hergestellt und damit genügend Platz 
geschaffen, so dass sich die Passanten 
ein Bild über die TEXTRINA-Erzeug- 
nisse machen können. 
Frauenbetrieb 
«Dass in der TEXTRINA ausnahms 
los Frauen beschäftigt sind, ist eher zu 
fällig und hat wohl mit der Art der Be 
schäftigung zu tun», sagt Josy Bieder 
mann. Sie selbst webt seit ihrem zwölf 
ten Lebensjahr, ist ausgebildete Haus 
halt-Lehrmeisterin und arbeitet seit 24 
Das aufgestellte «TEXTR1NA»-Team: Die Frauen arbeiten sehr gerne und mögen Wochenenden und Ferien nicht besonders. 
Stolz präsentiert uns Margrith Rohner eines der TEXTRINA-Werke. Obwohl sie 
gerne auf das Foto möchte, ist sie bei den Aufnahmen sichtlich nervös. 
Jahren im Heilpädagogischen Zent 
rum. Bevor die Webwerkstätte aller 
dings den HPZ-Werkstätten angeglie 
dert wurde, war sie unter dem Namen 
«Webstube» in Gams und danach im 
Hause Biedermann in Planken behei 
matet. Als im Heilpädagogischen Zent 
rum in Schaan der erste Webstuhl Ein 
zug hielt, fand sich in Josy Biedermann 
die geeignete Lehrerin für die Schüle 
rinnen und Schüler im Bereich der Tex- 
tilarbeiten. 
Das Betreuungsteam der Webwerk 
stätte TEXTRINA setzt sich aus drei 
Frauen zusammen) Josy Biedermann 
und Christine Jeiunteilen sich die Ar 
beit zu je 60 Prozent und Ursula Batli- 
ner ist die Frau «für alle Fälle» - mit ih 
rer Zehn-Prozent-Anstellung macht sie 
Ferienvertretungen, hilft aus, wenn ge 
rade mal besonders viel Arbeit anfällt 
und unterrichtet vier TEXTRINA- 
Frauen im Flötenspiel. Momentan steht 
es um die Auftragslage nicht zum Bes 
ten: «Meine Arbeit hier macht mir 
grosse Freude und ich webe sehr, sehr 
gerne. Doch die Suche nach Aufträgen, 
das Akquirieren ist nicht mein Ding. Ich 
habe lieber, wenn die Leute auf uns zu 
kommen», erklärte i Josy Biedermann. 
Viel lieber widmet sie sich «ihren Frau 
en»,steht ihnen bei, egal, ob bei arbeits 
technischen oder Lebensfragen. «Re 
gelmässige Abläufe sind für unsere Be 
schäftigten sehr wichtig, weil Unbe 
kanntes Ängste auslöst, sie verunsi 
chert», sagt die Abteilungsleiterin wei 
ter und fügt hinzu, dass man sich auch in 
die familiäre Situation der behinderten 
Frauen einfühlen können muss. «Die 
TEXTRINA-Beschäftigten sind zwi 
schen 31 und 48 Jahre alt, das bedeutet, 
dass die meisten von ihnen nicht mehr 
bei den Eltern wohnen können. Für sie 
sind wir hier ihre Familie. Probleme 
werden am Mittagstisch besprochen 
und auch für <Streicheleinheiten> bietet 
der Arbeitstag Platz». 
Die behinderten Frauen freuen sich 
an ihrer Arbeit und vor allem über Be 
such. Da traf es sich gut, dass die Ge 
meinde Schaan, auf Anfrage der TEX 
TRINA, das Verkehrsbüro in die Web 
werkstätte integrierte. So läuft, beson 
ders während der Sommermonate im 
mer was, und Josy Biedermann und 
Christine Jaun können obendrein ihre 
Fremdsprachenkenntnisse regelmässig 
anwenden. 
Konzentriert arbeitet Veronika Spitz an ihrem grossen Webstuhl: Sie freut sich im 
mer, wenn Besuch kommt und sie ein bisschen plaudern kann. 
«Ich bekomme viel mehr, als ich geben kann» 
Abteilungsleiterin der Webwerkstätte TEXTRINA: Josy Biedermann 
Die Abteilungsleiterin der Webwerk 
stätte TEXTRINA lernte schon als 
kleines Mädchen, was es heisst, mit be 
hinderten Menschen zu leben. Bei 
Menschen mit dem Down-Syndrom 
sind die Lemfortschritte nur ganz klein, 
das erlebte Josy Biedermann auch an 
ihrer behinderten Schwester, mit der sie 
in Gams aufwuchs. 
L-Press 
In ihrer Arbeit bezieht die dreifache 
Mutter immer auch das Umfeld des Ge 
genübers mit ein. Josy Biedermann ar 
beitet seit 24 Jahren im Heilpädagogi 
schen Zentrum in Liechtenstein und 
leitet die Webwerkstätte seit deren Ge 
burtsstunde. 
Welches sind die wichtigsten Voraus 
setzungen flir die Arbelt mit behinder 
ten Menschen? 
Josy Biedermann: Ich denke, man 
muss sich gut in andere hinein denken 
und hinein fühlen können. Dazu gehört 
«Man muss sich in die familiäre Situation der Beschäßgten einfühlen und sowohl Trauer als auch Nähe zulassen können», er 
klärt die Abteilungsleiterin Josy Biedermann. (Bilder: Emmi Wohlwend) 
auch das Umfeld der Betreuten und 
dass man sowohl H-auer als auch Nähe 
zulassen kann. 
Was ist bei der Arbeit mit behinderten 
Menschen anders, schwieriger viel 
leicht? 
Manchmal stosse ich an Grenzen. Es 
gibt schon mal persönliche Probleme, 
die mich bis in die Nacht hinein be 
schäftigen. Da geht es oft um die Wün 
sche der behinderten Frauen, die in ih 
rer Lebenssituation nicht umgesetzt 
werden können. 
Welches sind die schönsten Erlebnisse 
in Ihrer Arbeit? 
Wir Betreuerinnen bekommen so 
viel mehr, als dass wir geben können. 
Ab und an hat man einen schlechten 
Tag, doch nach zwei, drei Stunden in der 
Webwerkstätte ist die schlechte Laune 
wie weggeblasen. Die Beschäftigten 
stecken einen mit ihrer Fröhlichkeit 
einfach an. Sie kommen so gerne zur 
Arbeit und verbreiten diese Freude in 
den Räumen der TEXTRINA. 
	        

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