Liechtensteiner Volksblatt
Landtag
Samstag, 17. Juni 2000 5
FBPL: Beitrag zur Sauberhaltung des
Finanzplatzes - akute Probleme bewältigen
FBPLFraktionserklärung zu Sorgfaltspflichtgesetz, Strafgesetzbuch, Strafprozessordnung und Rechtshilfegesetz
Die Bürgerpartei setzte sich
während der Landtagsdebatte für
eine Sauberhaltung des Finanz-
platzes Liechtenstein ein. Nach
folgend die Fraktionserklärung im
Wortlaut, welche Fraktionsspre
cher gebhard Hoch zu Beginn der
Debatte abgab.
Die Bürgerpartei,TBPL, setzt sich für
einen sauberen Finanzplatz ein. Sie hat
sich auch in der Vergangenheit immer
dafür stark gemacht.
So wurde in den sechziger Jahren un
ter der damaligen FBP-Regierung das
Erfordernis des inländischen Verwal
tungsrates eingeführt, in den siebziger
Jahren die grosse Revision des Gesell
schaftsrechts, welche weitergehende
Pflichten für den inländischen Verwal
tungsrat und die Buchführungs- und
Kontrollstellenpflicht für kommerziell
tätige Gesellschaften verlangte. Im De
zember 1992 reichten die Abgeordne
ten der BUrgerpartei eine Motion be
treffend die Abänderung des Strafge
setzbuches ein, aufgrund welcher der
Straftatbestand der Geldwäscherei ein
geführt wurde. Ferner reichten Abge
ordnete der Bürgerpartei im November
1993 ein Postulat betreffend die Revi
sion des Gerichtsorganisationsgesetzes
ein mit dem Ziel, die schon damals wie
derholt zur Kenntnis gelangten struktu
rellen und organisatorischen Probleme
beim Landgericht zu beheben. Leider
ist dieses Postulat bis heute nicht umge
setzt worden. Mit dem Postulat der
FBPL vom Oktober 1999 wurde die Re
gierung eingeladen, in Bezug auf den
Banken- und Finanzplatz Liechtenstein
zukunftsgerichtete Konzepte auszuar
beiten und Massnahmen vorzuschla
gen, die den durch die Öffnung verän
derten Marktstrukturen gerecht wer
den, eine nachhaltige Entwicklung des
Finanzplatzes ermöglichen und die dar
auf abzielen, den bestehenden Qua
litätsstandard zu erhalten bzw. zu ver
bessern.
Umsicht und Bedacht bei der Rechts
setzung sind für den Finanzplatz Liech
tenstein oberstes Gebot. Die Rechts
schöpfung auf diesem Gebiet ist eine an
spruchsvolle Arbeit, welche nationalen
Fraktionserklürung der FBPL zum Finanzplatz Liechtenstein: Gebhard Hoch bot
der Regierung Zusammenarbeit an, kritisierte aber auch die Vorgehensweise.
Bedürfhissen und den internationalen
Kontext zu beachten hat. Positive Zei
chensetzung an die internationale Staa
tengemeinschaft ist gerade in der heuti
gen Situation richtig und notwendig.
Nicht Grundsätze über Bord
werfen
Wie eingangs erklärt, unterstützt die
FBPL alle Massnahmen, die zur Sauber
haltung Liechtensteins als Finanzplatz
beitragen. Dies ist auch heute der Fall.
Die Ausgewogenheit der gesetzgebe
rischen Massnahmen ist für Liechten
stein von grundlegender .Bedeutung.
Die Gesetze müssen klar, eindeutig und
in der Praxis vollziehbar sein. Liechten
stein hat einen hohen Standard der Ge
setzgebung und der Sorgfaltspflicht im
Finanzdienstleistungssektor. Unsere
Gesetzgebung weist europäischen Stan
dard auf, wie die Regierung seit letzten
Herbst immer wieder betont hat.
Das heisst für uns nicht, dass wir Ge
setzesänderungen, z.B. im Bereich der
Sorgfaltspflicht oder der Rechtshilfe,
nicht unterstützen würden. Mit diesen
Massnahmen soll das Finanzdienstlei
stungsgeschäft und das Bemühen um ei
nen sauberen Finanzplatz gestutzt und
weitergeführt werden. Es ist darauf zu
achten, dass unter dem zeitlichen Druck
dieser Gesetzesänderungen nicht
Grundsätze - wie z.B. der Schutz unbe
teiligter Dritter im Rechtshilfeverfahren
- über Bord geworfen werden,
Grundsätze, die Liechtenstein über Jahr
zehnte hochgehalten hat und die we
sentliche Grundlage bilden für die gute
Entwicklung unseres Finanzdienstlei
stungssektors und für das in unser Land
gesetzte Vertraueni Die Umsetzung der
rechtlichen Kontr^Lnund Sanktionie
rungsmöglichkeiten sowie der zum Teil
mangelhafte Vollzug durch die staatli
chen Organe ist der hauptsächliche Kri
tikpunkt aus dem Ausland. Eine qualita
tiv hochstehende Rechtshilfe, die auf un
sere spezifische Situation Rücksicht
nimmt, ist im Interesse unseres Gesell
schaftswesens uneriässlich.
Das Rechtshilfegesetz ist schon seit
längerer Zeit in Überarbeitung. Un
zulänglichkeiten ; wurden erkannt.
Landrichter Dr. Benedikt Marxer, der
sich mit grossem persönlichen Einsatz
und Kompetenz immer wieder für die
Belange der Rechtspflege eingesetzt
Revisionen allseits begrüsst...
Zusammenfassung der Fraktionserklärungen von VU und Freier Iüste
Während die Raktionserklärung der
Bttrgerpartei auch kritische Elemente
zum bisherigen Vorgehen der Regie
rung beinhaltete, betonte VU-FVak-
tionssprecher Peter Sprenger in der Er
klärung seiner Parteikollegen, dass es
nicht übertrieben sei, «von der schwer
sten Krise unseres Finanzplatzes seit
dem Zweiten Weltkrieg 2u sprechen».
Dennoch betonte er, dass die Regierang
schon seit geraunter Zeit beschäftigt sei,
entsprechende Gesetzesänderungen für
den Finanzplatz auszuarbeiten.
Peter Kindle
«Wir,die Landtagsfraktion der Vaterlän
dischen Union, stehen zu einem libera
len und qualitativ hochstehenden Fi
nanzdienstleistungssektor in unserem
Land. Die anstehenden Gesetzesände
rungen nehmen wir vor, weil wir in
Liechtenstein dies als richtig erachten»,
stellte Peter Sprenger in der VU-Frak-
tionserklärung fest. Jedoch müsste die
Ausgestaltung der Gesetze auf einer au
tonomen Entscheidung unseres Landes
beruhen, um gerade Seriösität und Ehr
lichkeit für den Finanzplatz zu manife
stieren. In der VU-Fraktionserklärung
wurde darauf Wert gelegt, die Liberalität
des Finanzplatzes aufrecht zu erhalten, ,
jedoch aber die Gefahr von Missbräuö*'
chen mit geeigneten Mitteln zu bekämp
fen. Peter Sprenger wollte zudem klar*
stellen, dass die Bemühungen der Geset
zesänderungen bereits vor zwei Jahren
begonnen hätten. Die jetzige Behand
lung im Landtag sei nicht nur aufgrund
des enormen Druckes von Seiten des
Auslandes zustandegekommen, sondern
sei «durch die Ereignisse seit dem Spie
gelbericht und dem so genannten BND-
Dossier des Herbstes 1999 lediglich be
schleunigt worden».
Standard ausbauen
«Kurz zusammengefasst geht es bei
diesen Massnahmen um die Schaffung
eines neuen griffigeren Rechtshilfege
setzes, Verbesserungen der Geldwä
schereibestimmungen im Strafgesetz
buch und um eine Verschärfung des
Sorgfaltspflichtgesetzes, indem die
Sorgfaltspflichten der in diesem Berei
che tätigen Personen noch einmal aus
geweitet werden, und zwar auf einen
Standard, der sich mit demjenigen ande
rer grösserer Länder durchaus messen
kann. Namhafte Experten sind der An
sicht, dass bei einer Realisierung und
Umsetzung der vorgeschlagenen Mass
nahmen der liechtensteinischen Lösung
sogar Vorbildcharakter zukäme. Als
zweite ebenso wichtige Massnahme sind
Verbesserungen im Vollzug zu realisie
ren. Dies bedingt personelle Auf
stockungen bei der Landespolizei, dem
Amt für Finanzdienstleistungen, bei der
Justiz und bei der Staatsanwaltschaft»,
hat, machte schon vor Jahren auf Män
gel in der Rechtspflege aufmerksam.
Speziell hingewiesen sei auf seinen Bei
trag in der Liechtensteinischen Juri
stenzeitung unter dem Titel «Quo Vadis
Rechtshilfe?»
Zeichen der Zeit zu spät erkannt
Wir müssen uns nun gemeinsam für
eine Verbesserung der Situation einset
zen. Trotzdem dürfen wir als Opposi
tion berechtigte Kritik nicht verschwei
gen.
Die Regierung hat die Zeichen der
zeit zu spät erkannt! Sie ist jetzt zu un
serem grossen Schaden von den Ereig
nissen überrollt worden.
Liechtenstein droht heute als einzi
gem europäischen Land, auf die
schwarze Liste der FATF (Financial
ActionTaskforce) gesetzt zu werden.
Obwohl der Finanzdienstleistungs
platz in den letzten Jahren enorm ge
wachsen ist, hat die Regierung es ver
säumt, den Bereich Wirtschaftskrimina
lität der Polizei aufzubauen. Daraus re
sultiert, dass ausländische Polizeikräfte
und Staatsanwälte panikartig herbeige
rufen wurden. Das hat im Ausland eben
so grosses Aufsehen und Beunruhigung
erweckt und Fragen nach unserer Sou
veränität und unserer Fähigkeit, diesen
Finanzplatz umsichtig tu verwalten und
mit qualifizierten Leuten zu besetzen,
hervorgerufen. Das Funktionieren des
Rechtsstaates wird in Frage gestellt, und
auch die Bevölkerung sieht sich durch
die Ereignisse verunsichert. Dafür trägt
die Regierung die Verantwortung.
Wir haben uns immer für eine starke,
unabhängige Justiz, die Gesetze lücken
los vollzieht, eingesetzt. Wenn Entwick
lungen eintreten, welche die Gerichte
überfordern, ist es in erster Linie Auf
gabe der Regierung, entsprechende
Massnahmen rechtzeitig einzuleiten.
Die Regierung hat auch hier die Zei
chen der Zeit zu spät erkannt.
Ich möchte es nicht versäumen, an
dieser Stelle ausdrücklich denjenigen
Vertretern unserer dritten Gewalt, der
Justiz, Dank und Anerkennung auszu
sprechen, die ihre Aufgaben mit gros
sem Einsatz, fachlich einwandfrei und
mit persönlicher Integrität erfüllt ha
ben, den Inländern, wie den zahlreichen
Ausländern, welche Richteraufgaben in
allen Instanzen erfüllen und die Inte
grität und Unabhängigkeit unserer Ju
stiz garantieren.
In diesen schwierigen Zeiten hat
auch unsere Aussenpolitik versagt. Man
kann sich des Eindrucks nicht erweh
ren, dass bis vor kurzem die Gefahren
nicht erkannt wurden und jetzt in pani
scher Hast versucht wird, alles auf ein
mal zu tun. Es wird nicht mehr mit Be
sonnenheit agiert. Wo sind unsere Ver
bindungen und unsere Freunde? Die
Koordination, Transparenz und langfri
stige Planung der Aussenpolitik sind
nicht erkennbar.
Ein weitere? Beispiel an unkoordi-
niertem und wenig kompetentem Han
deln ist die Medienpolitik unseres Lan
des, von Seiten unserer Regierung und
allen, die sich daran beteiligen. In ihrer
Qualität fragwürdige Medien wurden
mit Interviews gefüttert. Prozesse von
staatswegen gegen einflussreiche Medi
en grösster und wichtigster Nachbarn,
die nur zu verlieren waren, sind Kapi
talfehler staatlicher Medienpolitik. Es
ist ein Trugschluss, zu glauben, man
könne Medien instrumentalisieren. Da
zu kommen die Indiskretionen und
Lecks für vertraulichste Berichte, die
im Handumdrehen bei den Medien wa
ren, bi^ heute nur offiziell bedauert,
aber nicht aufgeklärt.
Angebot zur Mitarbeit
Die FBPL und deren Landtagsfrakti
on werden trotz der vorgebrachten, be
rechtigten Kritik ihren grösstmöglichen
Beitrag leisten, um die akuten Probleme
zu bewältigen. Ich erinnere bei dieser
Gelegenheit an die Idee unserer Partei,
einen hochkarätigen Expertenrat einzu
setzen und erneuere unser Angebot zur
Mitarbeit. Es widerspricht den Interes
sen unseres Landes, wenn in einer so
schwierigen Situation, wie wir sie heute
haben, die Opposition nicht frühzeitig
und in gebührender Weise einbezogen
wird. Wir geben unserer Hoffnung Aus
druck, dass die höchsten Repräsentan
ten unseres Staates im übergeordneten
Interesse diese Krise gemeinsam bewäl
tigen. Zusammen sollten wir es schaffen.
Die Fraktion der FBPL ist für Eintreten
auf die Gesetzesvorlagen.
betonte Peter Sprenger. «Wir wollen
keine Gelder ausiB|etrug, Geldwäsche
rei und ähnlichenDelikten».
Glaubwürdigkeit anstreben
Christel Hilti, Ersatzabgeordnete der
Freien Liste stellte fest, dass die Geset
zesänderungen im Ausland mit Argus
augen begutachtet- würden. «Und dies
ist wahrscheinlich die letzte Chance,
wenn wir glaubwürdig sein wollen».
Christel Hilti liess es sich in ihrem Vo
tum nicht nehmen, auch massive Kritik
an die Adresse der Regierung zu rich
ten, als unser Land mit Anschuldigun
gen aus dem Ausland konfrontiert wur
de: «Von Seitemder Regierung wurden
die Anschuldigungen zuerst entschie
den zurückgewiesen <mit Erklärungen,
unsere Gesetze Entsprächen den gestell
ten Anforderungen, deren Vollzug sei
gewährleistet; Diese Töne wurden nach
und nach vorsichtiger, Lücken in der
Gesetzgebung wurden zugegeben und
Verbesserungeil in Aussicht gestellt».
) iv \' :*
Faratreuhäpger eliminieren
Der Freien Liste seien auch die soge
nannten «Paratreuhänder» ein Dorn im
Auge. Dieser Status müsse eliminiert
werden. Es könnenicht angehen, kon
zessionierte Ifcäuhänder hohen Anfor
derungen zu'unterwerfen, während Un
qualifizierte von Gesetzen nicht betrof
fen seien.
-«Technische» Debatte
Gesetzesrevisionen: 1. Lesung - Viele Anregungen
In einer mehrstündigen Debatte wur
den die relevanten Gesetzesänderun
gen, welche von der Regierung vorge
schlagen wurden, Artikel für Artikel
von den Parlamentariern genauestens
unter die Lupe genommen. Die Re
gierung erhielt somit vom Landtag
den Auftrag, entsprechende Ände
rungen im Sinne der Anregungen und
Kritik auf die zweite Lesung hin vor
zubereiten.
Peter Kindle
Mit Ernsthaftigkeit wurden die ent
sprechenden Vorschläge für Gesetzes
änderungen im Bereich des Finanz
dienstleistungsplatzes Liechtenstein
von den Parlamentariern geprüft. Et
liche Vorschläge für Verbesserungen
in den Bereichen der Sorgfaltspflicht,
der. Rechtshilfe in Strafsachen und
des Strafgesetzbuches wurden im Par
lament besprochen.
Einigkeit aller Parteien
Während der Debatte war Einig
keit zwischen allen im Landtag ver
tretenen Parteien zu spüren: Der Fi
nanzplatz Liechtenstein soll erhalten
bleiben, allerdings unter veränderten
Vorzeichen. Gesetzesänderungen sei
en absolut nötig, um im Ausland wie
der an Glaubwürdigkeit zu gewinnen.
Die Regierung musste sich auch Kri
tik gefallen lassen: Obwohl Regie
rungschef Mario Frick und Justizminis
ter Heinz Frommelt immer wieder be
teuerten, dass die Gesetzesänderun
gen nicht aufgrund der ausländischen
Angriffe auf Liechtenstein angestrebt
werden, wurden die Regierungsver
treter immer wieder mit derartigen
Anschuldigungen konfrontiert.
Rechtshilfe: Probleme im
Vollzug und im Gesetz
Regierungsrat Heinz Frommelt er
klärte während der Debatte, dass es
richtig sei, «dass Probleme bestehen».
Im Bereich «Rechtshilfe in Strafsa
chen» sei das Image für Liechtenstein
derzeit zerstörend, vor allem wenn
man den trägen Instanzenzug be
trachte. Schon im Jahre 1998 sei eine
entsprechende Kommission einge
setzt worden, welche sich mit der Aus
arbeitung eines neuen Rechtshilfege
setzes befasste - die neue Ausgestal
tung des Rechtshilfegesetzes sei nicht
unter dem Druck des Auslandes ent
standen. Der FBPL-Abgeordnete
Marco Ospelt meinte zu dieser Aussa
ge, dass «die Kommission in die&m
Fall sehr lange Zeit gebraucht hat, um
die österreichische Vorlage abzu
schreiben».
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