Liechtensteiner Volksblatt
Landtag
Samstag, 17. Juni 2000 3
Die LSVA auf der Zielgeraden
Landtag trat mehrheitlich auf Schwerverkehrsabgabe-Gesetz ein - Stoppt Referendum den LSVA-Zug?
Für den VU-Abgeordneten Hansjörg Goop (links) ist die LSVA ein «volkswirtschaftlicher Blödsinn», der FBPL-Abgeordnete
Rudolf Lantpert (rechts) akzeptiert die Abgabenverwendung in der vorgeschlagenen Form nicht. (Bilder: bak)
Die liechtensteinische LSVA ist
auf die Zielgerade eingebogen.
Der Landtag behandelte gestern
eine Gesetzesvorlage, die eine
parallele Einführung und einen
einheitlichen Vollzug der lei
stungsabhängigen Schwerver
kehrsabgabe mit der Schweiz er
möglichen soll. Allerdings könnte
der LSVA-Zug noch durch ein
Referendum gestoppt werden.
Die Unterschriftensammlung
läuft bis zum 23. Juni.
Manfred öhri
Zur Durchführung der LSVA in Liech
tenstein wurden mit der Schweiz bereits
ein Vertrag und eine Vereinbarung ab
geschlossen, die der Landtag in der
Mai-Sitzung mit 20 Stimmen befürwor
tet hatte. Die materiellen Bestimmun
gen für den Vollzug der LSVA sind Ge
genstand eines eigenen liechtensteini
schen Schwerverkehrsabgabe-Geset
zes, das gestern nun zur Diskussion
stand. Für ein Eintreten auf die Vorlage
votierten schliesslich 22 Abgeordnete.
Das Hauptargument: Das gute Verhält
nis zur Schweiz soll nicht unnötig stra
paziert werden.
Verwendungszweck umstritten
Zu reden gab vor allem der vorge
schlagene Verwendungszweck für diese
neue Lenkungsabgabe. Nach den Vor
stellungen der Regierung sollen die
Einnahmen aus der LSVA zu einem
Drittel für umweit- und verkehrspoliti
sche Massnahmen eingesetzt werden
und zu zwei Dritteln ein neues Früh-
pensionierungsmodell ohne Erhöhung
der AHV-Beiträge ermöglichen. Damit
verbunden ist eine Abänderung des
AHV-Gesetzes, mit der sich gestern
grundsätzlich 17 Abgeordnete einver
standen erklärten.
«Die echten, die wichtigen Argumen
te für eine Einführung der LSVA schei
nen hierzulande niemanden zu interes
sieren», bedauerte Dr. Egon Matt in der
Grundsatzdebatte. Die LSVA könne ih
re Funktion nur befriedigend erfüllen,
erklärte der FL-Abgeordnete, wenn die
Erträge dazu verwendet würden, «die
Schäden, die der Güterverkehr auf der
Strasse in den Bereichen Gesundheit,
Unfälle, Gebäudeschäden, Strassenab-
nutzung, Lärm und Klimaveränderung
verursacht, zu beheben und soweit
möglich zu verhindern». Benutze man
die LSVA aber zur Finanzierung der
Frührente, verkrüpple man zum vorn
herein eine erste und wichtige umwelt
politische Lenkungsabgabe. Das werde
sich rächen, mahnte Egon Matt, denn
die LSVA sei nur ein erster Teilschritt
einer ökologischen Steuerreform, um
die wir über kurz oder lang nicht her
umkommen würden.
Überarbeitung notwendig
Namens der Freien Liste forderte
Egon Matt schliesslich, dass das ganz
Aufkommen aus der LSVA zweckge
bunden im Sinne der Kostenwahrheit
für die Finanzierung der vom Güterver
kehr auf (der Strasse verursachten Ko
sten, für die Verlagerung auf die Schie
ne und damit zur finanziellen und öko
logischen Entlastung der Allgemeinheit
im Verkehrsbereich eingesetzt werden
solle. Die geplante FrUhpensionierung
könne man auch durch die Mehrwert
steuer finanzieren.
Eine Mehrheit im Landtag entschied
sich aber im Grundsatz für den vorge
schlagenen Weg. Die Detailberatung
der Gesetzesvorlage zeigte allerdings,
dass insbesondere die Bestimmungen
über die Abgabeverwendung noch ei
ner dringenden Überarbeitung bedür
fen, die der zuständige Regierungschef-
Stellvertreter Michael Ritter auch zusi
cherte. Gegen eine Abgabenverwen
dung in dieser Form sprach sich der
FBPL-Abgeordnete Rudolf Lampert
aus. Seine Zustimmung zum LSVA-Ge-
setz begründete er einzig mit dem Ver
hältnis zur Schweiz.
Das «Giesskannenprinzip»
Als Vorsitzender des LSVA-Komi-
tees, das am 6. Juni die Unterschriften
aktion lancierte, hatte Hansjörg Goop
am Mittwoch noch vergeblich eine Ver
schiebung des Traktandums beantragt.
Gestern brachte der VU-Abgeordnete
seine Meinung nun unverhohlen zum
Ausdruck. Wenn die Regierung festhal
te, dass die Erhöhung der Transportko
sten (Abgabe) wieder an die Haushalte
und Unternehmen weitergegeben wer
de, so zeige dies den «Unsinn in seiner
ganzen Grösse». Man müsse sich wirk
lich fragen, so Hänsjörg Goop, was das
Ganze überhaupt soll. Zuerst werde ei
ne für die Betroffenen mit grossem Auf
wand verbundene Abgabe eingezogen,
um sie dann wieder - da sie nicht
Egon Matt (FL):«Die echten, wichtigen
Argumente für eine Einßhrung der
LSVA scheinen hierzulande niemanden
zu interessieren.»
benötigt werde - im Giesskannenprin
zip zu verteilen. Selbst der Regierung
schef-Stellvertreter werde Mühe ha
ben, eine plausible Erklärung für diesen
Unsinn zu finden. Das einzige Argu
ment, das die Regierung glaubhaft ins
Feld führen könne, könne in einem ein
zigen Satz zusammengefasst werden:
«Wir haben es versäumt, rechtzeitig ein
Nein für die Einführung der LSVA ge
genüber der Schweiz zu deponieren,
weshalb wir für deren Einführung zu
stimmen haben.»
Ein Alternatiworschlag
Der vorgeschlagenen Mittelrück-
führung erteilte Hansjörg Goop eine
klare Absage, weil sie im Giesskannen
prinzip erfolge und ein nicht unerhebli
cher Teil ins Ausland exportiert werde.
Hingegen begrüsste er einen gemeinsa
men Vorschlag der Industrie- und Han
delskammer sowie der Gewerbe- und
Wirtschaftskammer, der auf eine
Rückerstattung des exakten LSVA-
Beitrags an die unmittelbar Betroffe
nen abzielt und den er wie folgt umriss:
«Der LSVA-Anteil für Liechtenstein
wird durch das im Lastwagen einge
baute Messgerät exakt erhoben. Die
vom Transporteur ebenfalls genau
erhobenen Kilometer sind dann auf
seiner Transportrechnung separat aus
zuweisen. Dieser ausgewiesene LSVA-
Beitrag wird vom Rechnungsempfän
ger in der Buchhaltung in einem Ver
rechnungskonto «LSVA-Liechten-
stein» deklariert. Diese Kosten werden
periodisch durch eine Verrechnungs
stelle der Landesverwaltung abgegol
ten.»
«Schildbürgerstreich»
Während Hansjörg Goop von einer
«einfach administrierbaren und auf
kommensneutralen Lösung» sprach,
bezeichnete Michael Ritter den Vor
schlag als «Schildbürgerstreich erster
Qualität», der ausserdem mit einem gi
gantischen Aufwand verbunden wäre.
Die Lenkungswirkung ginge dabei ver
loren. Und mit Blick auf eine mögliche
Volksabstimmung bemerkte der Regie
rungschef-Stellvertreter: «Klar ist, dass
die Schweiz ein Nein zwar akzeptieren,
es aber nicht verstehen würde. Klar ist
auch, dass wir erhebliche Nachteile in
Kauf nehmen müssten.»
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Liechtenstein zieht gleich
Das neue Gesetz für die Mehrwertsteuer ist durch
Bericht und Antrag ergeben zwar 127
Seiten, bis zur Abstimmung über die
Schaffung eines neuen Gesetzes in Sa
chen Mehrwertsteuer vergingen aber
gerade mal 45 Minuteri. Lediglich die
Absätze, bei denen es in der vergange
nen Sitzung zu Diskussionen und Ge
sprächen kam, wurden Nochmals verle
sen - über den Rest wurde kurz und
bündig abgestimmt, j
Erich Walter de Meijer
r ' • r
Alle Fraktionen gaben'einheilig grünes
Licht für das Gesetz! Bezüglich der
Ahndung von Verstössen gegen das Ge
setz erklärte Regierungschef Mario
Frick, dass da wohl kein zusätzlicher
Artikel vonnöten sei, denn die in Liech
tenstein bestehenden Gesetze würden
voll und ganz ausreichen, um mit Ver
stössen fertig zp werden.
Anpassungen kostep rund zwei
Millionen Ftynken
Das neue Gesetz war nötig, da das
schweizerische Mehrwertsteuergesetz
in systematischer wie auch teilweise in
inhaltlicher Hinsicht vom bisherigen
Recht abweicht.jbie Fachleute sind sich
sicher, dass siclj das neue Mehrwert-
steuergesetz grösstenteils ertragsneu
tral auswirken wird. Die abgeänderten
und angepassjejn Bestimmungen wür
den zu Steuerausfällen in der Grössen-
Ordnung von Qt^a 2 Millionen Franken
führen, heisst es im Bericht der Regie;
Regierungschef Mario Frick
rung. Der Mehrwertsteuer-Vertrag wie
auch die Mehrwertsteuer-Vereinba
rung sind von einem partnerschaftli
chen Geist getragen. Während der Ver
trag einen Rahmenvertrag darstellt, re
gelt die Mehrwertsteuer-Vereinbarung
verschiedene Detailfragen, um die Er
hebung der Mehrwertsteuer im Für
stentum Liechtenstein mit derjenigen
in der Schweiz zu koordinieren.
Die Verhandlungen
Im Vertrag sind die beiden Parteien
übereingekommen, dass Liechtenstein
die materiellen Vorschriften des
schweizerischen Mehrwertsteuerrechts
in sein Landesrecht übernimmt. Wie
dies zu geschehen hat wird in der Ver
einbarung geregelt. Die massgeblichen
materiellen schweizerischen Vorschrif
ten über die Mehrwertsteuer, die von
Liechtenstein übernommen werden
müssen, sind in der Anlage I zur Mehr
wertsteuer-Vereinbarung festgelegt.
Die Verhandlungen mit der Schweiz ge
hen ins Jahr 1994 zurück - man disku
tierte Uber die parallele Einführung der
erwarteten Mehrwertsteuer im Für
stentum Liechtenstein. Die Regierung
setzte sich dabei von Anfang an für eine
selbständige Erhebung der Mehrwert
steuer ein - mit Erfolg: Bedenken
konnten sehr schnell ausgeräumt wer
den. Das neue Gesetz stellt den zweiten
und vorläufig letzten Schritt der Anpas
sung mit der Schweiz dar.
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