Liechtensteiner Volksblatt ■
Landtag
Freitag, 16. Juni 2000 5
Keine spürbare und angemessene
steuerliche Entlastung der Bevölkerung
Gebhard Hoch, finanzpolitischer Sprecher der FBPL-Landtagsfraktion, zur Landesrechnung für das Jahr 1999
Trotz öberschiessender Staatsein
nahmen erfolgte bisher keine
spürbare und angemessene steu
erliche Entlastung der Bevölke
rung, stellte der finanzpolitische
Sprecher der FBPL-Landtags-
fraktion, Gebhard Hoch r i» seinen
Anmerkungen zur Landesrech
nung 1999 fest. Aus seinen nach*
stehenden Ausführungen geht
auch hervor, warum die Oppositi*
on der beantragten Verwendung
des Ertragsüberschusses nicht zu
stimmte.
Wie immer in den letzten Jahren bei der
Behandlung der Jahresrechnung gilt es
auch heute festzustellen, dass die Fi
nanzlage des Staates hervorragend ist
und sich der Staatshaushalt in bester
Verfassung präsentiert. Die gute Fi
nanzlage des Staates ist derzeit der ein
zige Lichtblick im gesamtpolitischen
Umfeld. Sowohl innen- wie aussenpoli-
tisch befinden wir uns in einem trostlo
sen Zustand, wie man ihn in diesem
Land seit langer Zeit nicht mehr gese
hen hat. Die exzellenten Rahmenbedin
gungen, die wir uns Uber Jahrzehnte ge
schaffen haben und die hauptverant
wortlich sind für die finanzielle Stärke
unseres Staates, sind zur Zeit in erheb
licher Gefahr. Die aufziehenden Gewit
terwolken sind letztlich auch eine Be
drohung für die Staatsfinanzen. Für die
Bewältigung der Krise ist ein geschlos
senes und abgestimmtes Auftreten nach
aussen von allen Beteiligtem gefordert.
*
Regierung und Opposition
Die Aufgabe der Opposition ist es,
kritisch zu überwachen, zu mahnen und
aufzudecken, wo es Defizite der Regie
rung gibt. Das haben wir in den letzten
Jahren bei der Behandlung der Jahres
rechnung immer wieder gemacht. Peri
odisch ist zu überprüfen, ob und wie die
Regierung solche Forderungen der Op
position aufgenommen und umgesetzt
hat. Es ist der Regierung natürlich un
benommen, wie weit sie auf die Oppo
sition eingehen will. Die heutige Regie
rung zeigt bekanntermassen keine gros
se Neigung, Vorschläge der Opposition
entgegenzunehmen und umzusetzen.
Sie riskiert dann aber, dass gewisse For
derungen von der Opposition erneut
gestellt werden, und wenn es nur darum
geht, dass solche nicht in Vergessenheit
geraten. Sie werden daher den einen
oder anderen meiner Kritikpunkte
oder auch Forderungen schon bei
früherer Gelegenheit gehört haben.
Sehr konservativ budgetiert
Vor einem Jahr habe ich hier im
Landtag vorausgesagt, dass auch im
Jahr 1999 die Einnahmen wiederum be
trächtlich Uber den Budgetzahlen lie
gen werden. Ich habe der Regierung
den Vorwurf gemacht, sie habe im Hin
blick auf unsere seinerzeitige Kranken
kassen-Initiative die Einnahmensseite
bewusst zu tief budgetiert. Meine Er
wartungen sind in Wirklichkeit massiv
übertroffen worden: die Einnahmen
der laufenden Rechnung sind gesamt
haft um 83,4 Mio. Franken oder 13,7 %
höher als das Budget ausgefallen, viel
mehr als unsere beantragten und abge
lehnten Budgetkorrekturen. Es zeigt
sich also im Nachhinein, dass die Regie
rung bei den Einnahmen für 1999 mehr
als nur konservativ budgetiert hat, um
es ganz vorsichtig auszudrücken.
Äusgabenpolitik wird von den
Einnahmen bestimmt
Die laufenden Ausgaben sind auch
1999 wiederum massiv angewachsen,
und zwar um 50,3 Mio, Franken oder
10,4%, was bei einer minimalen Jahres-
feuerung entschieden zu viel ist. Fai
rerweise muss ich sagen, dass darin
auch die stark erhöhten Finanzzuwei-
sungen an die Gemeinden enthalten
sind. Immerhin ist aber der Personal
«Die gute Finanzlage des Staates ist derzeit der einzige Lichtblick int gesamtpolitischen Umfeld» - Gebhard Hoch (links), finanz
politischer Sprecher der FBPL-Landtagsfraktion, hier im Gespräch mit Landtagsvizepräsident Otmar Hasler. (Bild: bak)
aufwand um netto 7,3 % und der Sach
aufwand um 12,2 % angestiegen, was
verdeutlicht, dass mit den reichlich
fliessenden Einnahmen auch die Aus
gaben parallel ansteigen. Es besteht sei
tens der Regierung nicht der geringste
Druck oder Ansporn zum Sparen - und
Sparpotentiale gäbe es in der Tat - so
lange die Einnahmensteigerungen an
halten, und zwar im Berichtsjahr um
71,2 Mio. Franken oder 11,5 % im Ver
gleich zum Voijahr. Die derzeitige Aus
gabenpolitik wird von den Einnahmen
und nicht strikte von den Bedürfnissen
bestimmt.
Hohe Gutachterhonorare
Immer wieder müssen die unverhält
nismässig hohen Experten- und Gut
achterhonorare kritisiert werden. Es ist
eine Tatsache, dass diese Regierung mit
leichter Hand Gutachteraufträge in
Millionenhöhe vergibt. Ich befürchte,
viele dieser teuren Gutachten und Ex
pertisen verschwinden in Schubladen,
ohne dass daraus praktischer Nutzen
gezogen wird und eine Umsetzung der
Empfehlungen erfolgt. Das Präsidium
der FBPL hat vor kurzem die Einset
zung eines hochkarätigen Expertenra
tes im Zusammenhang mit den Proble
men um den Finanzplatz Liechtenstein
angeregt und die Mitarbeit unserer Par
tei angeboten. Es wäre unverantwort
lich und engstirnig, wenn tiie Regierung
ein solches Angebot nicht annähme.
Die von der Regierung in Auftrag gege
benen Gutachten und Expertisen könn
ten in den zu bildenden Expertenrat
einfliessen. Die Mitglieder des Exper
tenrates wären angemessen zu honorie
ren, denn was nichts kostet, ist auch
nichts wert.
Die Vermögensverwaltung
In knappster Form berichtet die Re
gierung über die Verwaltung des zur
Anlage verfügbaren Finanzvermögens,
Für den FBPL-Abgeördneten Johannes Matt stellten sich aufgrund der jüngsten Ent-
■ Wicklungen im Finanzdienstleistungssektor vor allem grundsätzliche Fragen zur künf
tigen Finanz-und Haushaltspolitik. i K (Bild: bak)
der so genannten Poolanlagen. Nach
dem neuerlichen Verkauf vpn Landes
bank-Aktien beträgt das Pool-Vermö-
gen zur Zeit Uber 1,2 Mia. Franken, ei
ne für unser Land gewaltige Summe,
die ein in jeder Hinsicht professionel
les Investment und Controlling erfor
dert. Aus den dem Landtag spärlich zur
Verfügung stehenden Unterlagen
kann nicht abschliessend beurteilt
werden, ob diese Professionalität um
fassend gewährleistet ist. Sonderbar
erscheint jedenfalls, dass offiziell - auf
Grund einer angeblichen Systemum
stellung - keine Performance-Zahlen
der Portfoliomanager für das vergan
gene Jahr bekannt gegeben wurden.
Dem Steuerungsausschuss kommt bei
einem Vermögen dieser Grössenord-
nung überragende Bedeutung zu. Im
jetzigen Steuerungsausschuss ist die
Verwaltung übervertreten. In diesen
Steuerungsausschuss gehören mindes
tens drei externe, unabhängige Fach
leute, die in keinem Interessenkönflikt
stehen mit bestellten Vermögensver
waltern oder dem Controller. Diese
externen Mitglieder des Steuerungs
ausschusses gehören auch angemessen
bezahlt. Es gibt genügend solcher Ex
perten im In- und Ausland.
Mehr Transparenz gefordert
Aus den Richtlinien für die Vermö
gensverwaltung geht nicht hervor, nach
welchen Kriterien die Regierung die
Vermögensverwalter, seien es Banken
oder Private, auswählt, was für Anfor
derungen an solche gestellt werden und
so weiter. Man kann so leicht auf die
Vermutung kommen, dass die Regie
rung diese willkürlich auswählt. Die
Anforderungskriterien sollten selbst
verständlich allgemein bekannt sein,
um Spekulationen gar nicht erst auf
kommen zu lassen. Im letzten Landtag
bei der Behandlung der Abänderung
des Finanzhaushaltgesetzes habe ich
ein gewisses Mitspracherecht und ins
besondere Transparenz für den Land
tag bei der Vermögensverwaltung ge
fordert. Ich bin gespannt darauf, welche
Verbesserungsvorschläge die Regie
rung bis zur zweiten Lesung des Fi
nanzhaushaltgesetzes dem Landtag un
terbreiten wird. Jede Geheimniskräme
rei um die Vermögensverwaltung des
Landes ist fehl am Platze, handelt es
sich doch um öffentliche Gelder, bei de
nen es nichts zu verbergen gibt.
Steuersenkung genügt nicht
Wir haben in Anbetracht der chroni
schen Überschüsse die Abschaffung
bzw. Herabsetzung gewisser Steuern
immer wieder gefordert, um auch die
Bevölkerung am Geldsegen des Staates
teilhaben zu lassen. Die für das Steuer
jahr 1999 in Kraft getretene 10-prozen
tige Senkung der Steuersätze für die
Bemessung der Vermögens- und Er
werbssteuer genügt bei weitem nicht.
Das für den Herbst dieses Jahres von
der Regierung angekündigte Steuerpa
ket, das unter anderem die Abschaffung
der Couponsteuer und die Entlastung
von Klein- und Mittelbetrieben vor
sieht, kommt der Wirtschaft zugute,
nicht aber dem einzelnen Bürger und
Steuerzahler. Für diese ist weiterhin
Handlungsbedarf dringend geboten.
Der «Zukunftsfonds»
Unter Berücksichtigung der letzten
Transaktion vom Mai dieses Jahres hat
der Staat aus dem bisherigen Verkauf
von total 1 Mio. Landesbank-Aktien ei
nen Reingewinn von 715,4 Mio. Fran
ken erzielt. Unsere Fraktion hat im Ju
ni 1999 eine Motion im Landtag einge
reicht, wonach der Erlös aus dem Ver
kauf von Landesbank-Aktien in einen
so genannten «Zukunftsfonds» einge
bracht werden sollte. Wir haben damals
darauf hingewiesen, dass absolut keine
Notsituation des Staates bestand, die ei
nen Verkauf von Landesbank-Aktien
erforderlich gemacht hätte. Effektiv
sind durch diese Verkäufe stille Reser
ven des Landes aufgelöst worden. Dem
könnten wir zustimmen, wenn die Ver
fügbarkeit aufgelöster stiller Reserven
beschränkt und zweckgebunden wäre.
Darum die Forderung nach einem spe
ziellen Fonds, über den man nicht nach
Belieben verfügen kann. Unsere Vor
stellung ist die, dass der «Zukunfts
fonds» langfristig für kommende Gene
rationen eingerichtet und bestimmt
würde. Die Motion sah vor, dass per Ge
setz zu regeln wäre, wann und unter
welchen Voraussetzungen dieser Fonds
angetastet werden darf Sollten die So
zialwerke je gefährdet sein oder wür
den wir mit einem massiven Wirt
schaftseinbruch konfrontiert oder wür
de die Erstellung ausserordentlicher In
frastrukturen notwendig, könnten aus
dem Zukunftsfonds Entnahmen ge
macht werden.
Opposition als Vordenkerin
Der Landtag hat bekanntlich unsere
Motion abgelehnt und dagegen dem
Vorschlag der Regierung folgend auf
ein jederzeit frei verfügbares Reserve
konto 130 Mio. Franken übertragen und
dieses Reservekonto sinnigerweise mit
dem von uns entlehnten Begriff «Zu
kunftsfonds» betitelt. Im Moment se
hen wir politisch keine Chance, den ge
forderten «Zukunftsfonds» unserer
Prägung durchzusetzen, obwohl nach
dem neuerlichen Verkauf von LLB-Ak-
tien unsere Forderung aktueller denn je
wäre. Immerhin hat sich die Regierung
wenigstens unsere Argumentation zu
eigen gemacht, wenn sie schreibt:
«Wichtig scheint aus heutiger Sicht,
dass die Sondererlöse aus dem Verkauf
von Aktien der Landesbank separiert
und zur Erhöhung der Staatsreserven
verwendet werden». Die Opposition als
Vordenkerin der Regierung, kann man
da nur sagen! Unser Projekt «Zu
kunftsfonds» ruht, aber nur so lange, bis
die politische Realisierbarkeit gegeben
ist.
Zusammenfassend ist festzustellen,
dass
• der Staat finanziell aus allen Nähten
platzt;
• die Belastungen der Bevölkerung
dauernd zunehmen durch steigende
Preise bei Mieten, Krankenkassen
prämien, Hypothekarzinsen usw.;
• trotz der überschiessenden Staats
einnahmen keine spürbare und ange
messene steuerliche Entlastung der
Bevölkerung erfolgt;
• unser Land sicthderzeit innen- und
aussenpolitisch in\ einem desolaten
Zustand befindet, über den auch die
hervorragende Finanzlage des Staa
tes nicht hinwegzutäuschen vermag.