Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

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4 Donnerstag, 15. Juni 2000 
Landtag 
Liechtensteiner Volksblatt 
Landtag 
«Kohle» für die 
Eisenbahn 
~L 
«Kohle» für den neuen «Liechtenstein Takt»: 
Der Landtag stimmte einhellig einer finanzi 
ellen Unterstützung der Eisenbahnverbindung 
von Vorarlberg nach Liechtenstein zu. Bis zum 
Jahre 2003 sollen im Sinne eines Pilotprojektes 
532 000 Franken an die Kosten der österreichi 
schen Bundesbahnen vom Land Liechtenstein 
ausgerichtet werden.Tagtäglich pendeln mehre 
re Tausend Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh 
mer aus Vorarlberg nach Liechtenstein, um hier 
ihrer Arbeit nachzugehen. Zur Zeit werden die 
Arbeitswege durch Individualverkehr abge 
wickelt. Durch die Einführung des «Liechten 
stein Takt» soll nun der Berufsverkehr auf die 
bestehenden Strukturen der Schiene verlegt 
werden. Egon Matt (Freie Liste) betonte, dass 
es ein Glücksfall sei, dass die Schienenverbin 
dung schon gegeben sei. «Das Potenzial zum 
Umsteigen ist gegeben». Auch Ingrid Hassler 
unterstützte die wohlwollenden Worte Egon 
Matts und unterstrich, dass die Ausrichtung die 
ser finanziellen Unterstützung ein geschickter 
beitrag sei, «dass der Verkehr nicht ganz ausser 
Kontrolle gerät». 
Die FBPL-Abgeordneten Rudolf Lampert 
und Helmut Konrad unterstützten die Forde 
rung des FL-Abgeordneten Egon Matt, dass die 
Regierung flankierende Massnahmen im be- 
reich des Verkehrs ins Auge fassen muss. Ge 
dacht wurde vor allem an eine vernünftige 
Parkplatzbewirtschaftung. «Die Regierung soll 
in diesem bereich Akzente setzen», forderte 
Helmut Konrad. Positiv bewertet wurde, dass 
mit den ÖBB eine grenzüberschreitende Zu 
sammenarbeit gefunden werden konnte, (pk) 
Grosse Versprechen, 
aber noch keine Taten 
In Liechtenstein könnten aufgrund bestehender 
gesetzlicher Grundlagen eigentlich schon seit 
langem billigere EWR-Medikamente einge 
führt werden. Das Sparpotenzial, von Regie 
rungschef-Stellvertreter Michael Ritter einmal 
mit bis zu 1 Mio. Franken beziffert, sei aber noch 
mit keinem Franken genutzt worden, kritisierte 
der FL-Abgeordnete Dr. Egon Matt im Land 
tag, denn bis heute sei in Liechtenstein noch 
kein einziges Medikament aus dem EWR ver 
fügbar. Zur Diskussion stand gestern der Be 
richt der Regierung zu einer Interpellation der 
Freien Liste, der nach den Worten von Egon 
Matt verdeutlicht, dass die damaligen grossen 
Versprechungen des Gesundheitsministers bis 
her in keiner Weise erfüllt werden konnten. Es 
sei wohl tatsächlich so, dass Michael Ritter im 
Herbst 1998 im «Vaterland» den Mund zu voll 
genommen habe, bemerkte der FL-Abgeordne- 
te, für den im Übrigen die von der Regierung 
angeführten Gründe «teilweise an der Haaren 
herbeigezogen sind». Wenn die Regierung bei 
spielsweise festhalte, dass sich in der Schweiz 
ein SystemweQhsel von der margenabhängigen 
zur leistungsorientierten Abgeltung der Apo 
theker bei der Arzneimittelabgabe abzeichne, 
so habe dies mit uns überhaupt nichts zu tun. 
Tatsache sei, so Egon Matt, dass nach wie vor 
grundsätzliche Voraussetzungen zur Ein 
führung billigerer EWR-Medikamente fehlten. 
So erwähnte er insbesondere die nicht existie 
rende Arzneimittelstatistik, die vom Kranken- 
kassen-Verband trotz Verordnungsauftrag bis 
anhin nicht erstellt worden sei. 
In ihrer Stellungnahme hält die Regierung in 
zwischen fest, dass es zwar noch immer ein Ge 
fälle der Arzneimittel-Preise (im Einzelfall bis 
zu 30 Prozent) gebe, das Sparpotenzial des Ein 
satzes von EWR-Medikamenten sich aufgrund 
der Entwicklungen in der Schweiz aber verrin 
gert habe. Dennoch bekräftigt sie ein weiteres 
Mal ihren Willen, die nach wie vor bestehenden 
Möglichkeiten und Vorteile von EWR-Arznei- 
mitteln nutzen zu wollen. Der FL-Abgeordnete 
Egon Matt begrüsste dies einerseits, warnte 
aber gleichzeitig davor, erneut falsche Erwar 
tungen zu wecken. Die Regierung müsse nöti 
genfalls auch den Mut haben, einen Fehler ein 
zugestehen und zu erklären, dass das Vorhaben 
gescheitert sei. (mö) 
VU: Parteipolitik auf 
Biegen und Brechen! 
Mehrheitspartei: Machtgelüste bei personellen Besetzungen von Kommissionen und Verwaltungsratsposten 
Gewohntes Bild bei der VU: 
Anlässlich der Wahlgeschäfte, 
bei denen es um die Bestellung 
von Landeskommissionsmit- 
gliedern und Verwaltungsrats« 
posten ging, griffen die Zahn 
räder der VU-Machtmaschine- 
rie mit voller Kraft ineinander. 
Die Wahl des Verwaltungsrates 
der AHV/IV/FAK verdeutlich 
te die Ansprüche: Die VU stellt 
nun den Präsidenten sowie die 
Mehrheit im Verwaltungsrat 
und in den Aufsichtsorganen. 
Peter Kindle 
«Die FBPL verzichtet auf die No- 
mination eines Verwaltungsratsprä 
sidenten für die AHV/IV/FAK, weil 
die VU aus unmotivierten Gründen 
die Wahl dieses Präsidenten bean 
sprucht», unterstrich FBPL-Frakti- 
onssprecher Gebhard Hoch, als die 
Nominationen bekannt gegeben 
wurden. Bereits zuvor hatte VU- 
Fraktionssprecher Peter Sprenger 
verdeutlicht, dass die VU mit Horst 
Büchel einen eigenen Kandidaten 
vorschlage. 
Praxisänderung 
Landtagspräsident Peter Wolff 
hatte im Vorfeld zu diesen personel 
len Wahlen bereits mit «berechtig 
ten Wirtschaftsverbänden» Kontakt 
aufgenommen und um die Einrei 
chung von Wahivorschlägen gebe 
ten. Die Industrie- und Handels 
kammer schlug Markus Büchel vor, 
der Liechtensteinische Arbeitneh 
merverband hätte Alice Fehr gerne 
als Verwaltungsratspräsidentin der 
AHV gesehen. FBPL-Fraktions- 
Personelle Besetzungen in Verwaltungsräten und Landeskommissionen: Die 
VU-Mehrheit zeigte bei den Wahlen ihre Machtgelüste. (Bild: bak) 
Sprecher Gebhard Hoch wollte das 
Vorgehen des Landtagspräsidenten 
nicht kritisieren. Er regte nur an, 
dass er es für sinnvoll gehalten hät 
te, wenn der Landtagspräsident mit 
dem Landtagsbüro Rücksprache 
gehalten hätte: «So hätten viele Ge 
spräche vermieden werden können, 
denn es ist nicht jedermanns Sache, 
im Landtag vorgeschlagen zu wer 
den und dann nicht gewählt zu wer 
den», führte Gebhard Hoch an. 
Machtgelüste... 
Bei den Nominationen für die Ver 
waltungsratssessel der AHV ver 
deutlichte die VU ihre uferlosen 
Machtansprüche: Sowohl der Präsi 
dent, als auch die Mehrheit in Ver 
waltungsrat und Aufsichtsorganen 
wurde ,angestrebt und dann bei den 
Wahlen selbst manifestiert. Präsi 
dent des VR wurde der jetzige Stell 
vertreter Horst Büchel mit 14 Stim 
men. Des Weiteren wurden die VU- 
Kandidaten Angelika Nipp (20 Stim 
men), Dieter Meier (17 Stimmen) 
und Alice Fehr (16 Stimmen) ge 
wählt. Von Seiten der FBPL schaff 
ten Walburga Matt (22 Stimmen) 
und Markus Büchel (20 Stimmen) 
den Einzug in den Verwaltungsrat. 
Für die gültige Wahl eines sechs 
ten Verwaltungsratsmitgliedes wur 
de ein zweiter Urnengang im Parla 
ment nötig: Während der FL-Nomi- 
nierte Wolfgang Marxer mit 14 Stim 
men gewählt wurde, musste der ehe 
malige Geschäftsführer der Gewer 
be- und Wirtschaftskammer und 
FBPL-Vorschlag Manfred Batliner 
mit 10 erhaltenen Stimmen über die 
parteipolitische VU-Klinge sprin 
gen. Als Ersatzmitglieder wurden 
David Falk (einstimmig) und Wer- 
nerThöni (18 Stimmen) gewählt. 
VU steht nicht zu eigenen 
Aussagen 
Bei den Verwaltungsratswahlen 
der Liechtensteinischen Kraftwer 
ke bewies die VU, dass sie nicht ein 
mal zu ihrem eigenen Wort steht. 
Verkündete Fraktionssprecher Pe 
ter Sprenger bei den Wahlen zum 
AHV-Verwaltungsrat noch, dass 
man aus Gründen von «Kompetenz 
und Kontinuität» den bisherigen 
Stellvertreter als Präsidenten 
wählen solle, folgte bei den VR- 
Wahlen der LKW die Trendwende: 
der bisherige Stellvertreter Hanno 
Konrad wurde aufgrund der Nomi- 
nation und Wahl der VU-Kandida- 
tin Violanda Lanter-Koller ver 
drängt. Die VU-Maschinerie ver 
leugnete mit dieser Präsidenten 
wahl ihre eigenen Aussagen. 
Als reguläre Mitglieder wurden 
Hanno Konrad (Vizepräsident), Al 
bert Kindle, Hans Quaderer, Franz- 
Josef Beck und Heribert Vogt ge 
wählt. Stellvertretende Mitglieder 
sind Kurt Beck und Hubert Müssner. 
In der Landesgrundverkehrskom- 
mission wurden Benedikt Marxer 
(Präsident) und Rudolf Fehr (Stell 
vertreter) bestätigt. Als Kommissi 
onsmitglieder wurden Oswald Mar 
xer, Inge Breitenbaumer, Werner 
Büchel und Luzia Walch gewählt. 
Stellvertretende Mitglieder wurden 
Rainer Gassner und Markus Wille. 
Neubesetzungen gab es auch in 
der Landessteuerkommission: Zum 
Präsidenten wurde Christian Gstöhl 
gewählt. Vizepräsidentin ist neu 
Martha Spiegel. Ordentliche Mit 
glieder: Vroni Walser, Wolfgang 
Risch und Doris Frick. Ersatzmit 
glieder: Hubert Müssner, Xaver 
Biedermann und Elisabeth Stock. 
Fleissaufgaben für die Regierung? 
Postulat und Motion für Komplementärmedizin und Naturheilkunde an Regierung überwiesen 
Die gesetzliche Regelung der Na 
turheilkunde und Versicherung für 
komplementärmedizinische Leis 
tungen und Heilmittel waren zwei 
der tragenden Themen im Landtag 
gestern Vormittag. Ein Vorstoss der 
Freien Liste war auf der ganzen Li 
nie ein Erfolg: Beide Anträge - eine 
Motion und ein Postulat - wurden 
an die Regierung überwiesen. 
Erich Walter de Meijer 
Die Menschen befinden sich in ei 
nem Dilemma: Mehr und mehr 
Menschen möchten die Künste der 
Komplementärmedizin und der Na 
turheilkunde in Anspruch nehmen - 
entsprechende Regelungen, Ge 
setzte und Versicherungsanspruch, 
gibt es aber noch nicht. 
Diskriminierungen 
In einer Motion der Freien Liste 
erörterte der Abgeordnete Egon 
Matt den Status Quo betreffend die 
gesetzliche Regelung der Natur 
heilkunde. Nach wie vor würde die 
Schulmedizin der Naturheilkunde 
mit grossem Misstrauen oder mit of 
fener Ablehnung begegnen. «Tatsa 
che ist aber, dass viele kranke Men 
schen den Methoden vertrauen und 
damit auch oft gute Erfahrungen 
machen. In Liechtenstein werden 
Naturheilpraktiker durch das Sa 
nitätsgesetz diskriminiert. Eine ge 
werbsmässige Ausübung ihres Be 
rufs wird ihnen faktisch verunmög- 
licht, auch wenn sie im Besitz einer 
entsprechenden Gewerbekonzes 
sion sind. Heilpraktiker dürfen 
keine Diagnosen stellen», referierte 
Egon Matt. Es fehle eine gesetzliche 
Grundlage für die Arbeit der Heil 
praktiker. Ein Gesetzesentwurf 
Marco Ospelt: «Motion und Postulat 
sind meiner Meinung nach überflüs 
sig.» 
existiere zwar seit vier Jahren, eine 
Weiterverarbeitung blieb bis dato 
aus. Matt mahnte zur Eile, weil die 
Naturheilpraktiker derzeit gezwun 
gen sind, im gesetzlichen Niemands 
land, in einer Grauzone, zu arbeiten. 
«Naturheilpraktiker müssen wissen, 
was ihnen erlaubt ist, und was der 
Schulmedizin vorenthalten ist», 
schliesst die Motion. Der Antrag 
fand bei der VU breite Unterstüt 
zung, Kritik kam aus den Reihen 
der FBPL;Marco Ospelt kritisierte: 
Es brauche weder eine Motion noch 
ein Postulat, beides, sei eigentlich 
überflüssig, man sollte sich lediglich 
um das kümmern, was bereits erar 
beitet und somit ohnehin schon 
ausgearbeitet sei: Der Gesetzesent 
wurf ist rgif zur. Diskussion, meinte 
er - und weiter: «Offensichtlich ist 
die Regierung überfordert, denn 
sonst wäre diesbezüglich schon 
längst etwas vorwärts gegangen.» 
Landtagspräsident Peter Wolff wi 
derspricht und meint, dass die Mo 
tion sehr wohl gerechtfertigt sei, 
denn man habe der Bevölkerung 
gegenüber eine Bringschuld - und 
die Frage, unter welchen Vorausset 
zungen Naturheilpraktiker arbeiten 
dürfen, müsste endlich beantwortet 
werden. Und Regierungschef-Stell 
vertreter Michael Ritter erklärte 
dezidiert: «Die Naturheilpraktiker 
sind beunruhigt und ungeduldig. 
Das kann ich verstehen.» Er ver 
spricht, dass man sich ab Herbst in 
tensiv mit der Materie auseinander 
setzen werde. Der Antrag wurde mit 
13 Stimmen an die Regierung über 
wiesen. 
Das Postulat - eine unnötige 
Fleissaufgabe? 
Der nächste Tagesordnungspunkt 
5 - ein Postulat betreffend die 
Übernahme komplementärmedizi 
nischer Leistungen und Heilmittel 
in die Krankenpflege-Grundversi 
cherung- ist die logische Folge aus 
der vorangegangenen Diskussion. 
«Das Verhalten der Bürger ist kein 
Modetrend», versicherte Egon 
Matt, «Patienten und Ärzte wissen 
oft nicht, wie weit sie gehen dürfen.» 
Überzeugt von der Naturheilkunde 
zeigte sich auch Stv. Abg. Dorothee 
Laternser: «Viele Heilmethoden 
sind erfolgreich. Jeder sollte diese 
Methoden nützen können, auch 
wenn der Betroffene keine Zusatz 
versicherung besitzt.» Marco Ospelt 
kritisiert das Postulat als Versuch 
der weiteren Abkapselung von der 
Schweiz durch die Regierung. Eine 
Qualitätskontrolle sei ja schon vor 
handen. Wenn das Postulat zum "fra 
gen komme, würde das lediglich die 
Kosten steigern. Michael Ritter 
meinte, dass sich Liechtenstein in 
vielen Dingen von der Schweiz un 
terscheiden würde - «und wo es 
Sinn macht, sind solche Änderun 
gen auch legitim.» Eine angenehme 
Nebenwirkung hätte die Sache mit 
dem Postulat auf jeden Fall, meinte 
Egon Matt: «Die ganze Angelegen 
heit wird transparent - und Trans 
parenz sei allemal wünschenswert.» 
Der Antrag der Freien Liste ging 
mit 12 Stimmen durch: Die Regie 
rung wird die Übernahme komple 
mentärmedizinischer Leistungen 
und Heilmittel in die Grundversi 
cherung und deren Vergütung durch 
die obligatorische Krankenversi 
cherung prüfen - sofern sie von 
Ärztinnen oder Ärzten erbracht 
werden. 
REKLAME 
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»Alkohol macht 
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