14 Mittwoch, 14. Juni 2000
FUSSB ALL-EUROPAMEISTERSCHAFT 2000
Liechtensteiner Volksblatt
EM-Splitter
EURO
2000
MghncIlM NtthttUndt
der Crash glimpflich.
Fahrbahn abkam, ist
Rolle gespielt haben
TOTER BEI UN
FALL. Drei englische
Supporter verunfall
ten nach der Partie
England - Portugal
auf der Autobahn von
Eindhoven nach Maa
stricht schwer. Der
Lenker des Fahrzeugs
wurde dabei getötet,
ein weiterer Insasse
erlitt erhebliche Ver
letzungen. Nur für ei
nen Engländer verlief
Weshalb das Auto von der
unklar, Alkohol soll keine
♦ * *
PIZZA GEGEN FRUST. In einigen Haushal
ten Englands reagierten die Bewohner, zumin
dest die Fussballinteressierten unter ihnen, auf
den Verlauf der Partie gegen Portugal (2:3)
ziemlich eigen. Ein Pizza-Lieferant stellte fest,
dass die Anzahl der Bestellungen unmittelbar
nach Treffern der Sttdeuropäer deutlich
zunahm - Frustabbau durch Nahrungsmittel
aufnahme sozusagen.
» * ♦
SILENZIO STAMPA. Obschon Weltmeister
Frankreich der Start zur EM mit einem 3:0 ge
gen Dänemark bestens glückte, kühlte das
schon vorher problembeladene Verhältnis zwi
schen Teilen des Teams und der französischen
Journaille noch mehr ab. Coach Roger Lemerre
erschien am Montag nicht an der Medienkonfe
renz und reagierte damit auf das Verhalten der
Journalisten, die am Samstag einen Presseter
min Lemerres boykottierten. Sie hatten ihm
vorgehalten, die Spieler von der Presse fernzu
halten. Lemerre bestritt diese Vorwürfe in ei
nem Verbands-Communiquä.
* * *
RUMÄNISCHER
ÄRGER. Die rumä
nischen Berichterstat
ter fokussierten ihre
harsche Kritik nach
dem 1:1 ihres Teams
gegen Deutschland
auf Schiedsrichter Kim Milton Nielsen. Der Dä
ne, der ein Foul Nowotnys am Rumänen Ilie
übersah, habe ihnen den Penalty und so den
Sieg gestohlen. «Wagst Du uns noch in die Au
gen zu schauen?» lautete die plakative Frage
der Sportzeitung ProSport. Die kleinen Natio
nen würden in strittigen Situationen immer be
nachteiligt, war der Tenor in der rumänischen
Presselandschaft.
* * ♦
ANTON IN LÜTTICH. Wenige Stunden vor
dem Anpfiff des Duells zwischen Deutschland
und Rumänien dröhnte aus den Stadionlaut
sprechern der Kneipenhit «Ich bin der Anton
aus Tirol». Obschon die Alpen-Nation selber
nicht an der EM teilnimmt, war derart in LUttich
ein Hauch österreichischer Fan-Kultur zu
spüren.
RUHE VOR HOOLIGANS. Zu den allseits
befürchteten Ausschreitungen kam es im An-
schluss an den ersten Auftritt des englischen
Teams nicht. In der Innenstadt Eindhovens
blieb es weitgehend ruhig. Bei den meisten der
rund 30 Festgenommenen habe es sich um
Schwarzhändler gehandelt, teilte ein holländi
scher Polizeisprecher mit.
* * *
EINE EPISODE. Dr. Hans-Wilhelm Müller-
Wohlfahrt hat sich erstmals öffentlich zur Liai
son seiner Tochter Maren (20) mit Lothar Mat
thäus (39) geäussert. Er hoffe, die Beziehung
der beiden sei nur eine Episode. «Ich weiss,
was wir unserer Tochter mit auf den Weg
gegeben haben - und ich kenne den Lothar ge
nau», wurde der deutsche Mannschaftsarzt in
einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung
weiter zitiert. Müller- Wohlfahrts Aussagen wer
den bei Patient Matthäus kaum Begeisterung
auslösen.
TRAINER KLAGT. Dem belgischen National
coach Robert Waseige platzte der Kragen, als
eine bekannte Whisky-Marke ohne sein Wissen
in ganzseitigen Anzeigen mit seinem Konterfei
warb. Er mache für Alkohol keine Werbung, är
gerte sich der 60-Jährige, und verklagte die fehl-
bare Firma. Eigenen Aussagen zufolge hat er
seit Jahren keinen Whisky mehr angerührt.
Sechs Tore beim «Bruder-Duell »
Jugoslawien und Slowenien trennen sich in einem dramatischen Spiel 3:3 (0:1)
EM-Debütant Slowenien stand
bei seinem Auftaktspiel in der
Gruppe C in Charleroi über ei
ne Stunde vor der grossen Sen
sation: Der Aussenseiter führte
dank Toren von Superstar Zlat-
ko Zahovic (23757.) und Miran
Pavin (52.) mit 3:0, ehe Jugosla
wien innerhalb von sieben Mi
nuten durch den eingewechsel
ten Savo Milosevic (67/73.)
und Drulovic (70.) noch der
Ausgleich gelang.
Die Jugoslawen fanden erst mit dem
Ausschluss ihres überheblichen
Freistoss-Spezialisten Sinisa Miha-
jlovic (60.) wegen zweier Gelben
Karten zu ihrer wahren Stärke. Zu
vor schienen sie ihren «kleinen Bru
der» aus dem Norden des Landes,
der erst seit 1991 ein unabhängiger
Staat ist, auf die leichte Schulter ge
nommen zu haben. Die Slowenen
waren bis in die Haarspitzen moti
viert und legten von Beginn weg los
wie die Feuerwehr.
Schon nach 23 Minuten wurde
ihre freche Spielweise belohnt: Su
perstar Zahovic köpfeite einen
Flankenball von Karic herrlich mit-
der Kopfseite" in die entfernte
Torecke. Die Jugoslawen - wie die
Slowenen in der nächsten WM-
Ausscheidung Gegner der Schwei
zer Nationalmannschaft - zeigten
trotz dieses Gegentores aber wei
terhin wenig Respekt. Und gerie
ten prompt kurz nach der Pause
mit 0:2 in Rückstand: Diesmal ver
längerte der starke Karlsruher Pa-
vlin eine Freistossflanke des star
ken Zahovic mit dem Kopf ins
Netz.
Desolate Jugoslawen
Die desolaten Jugoslawen waren
zu keiner Reaktion fähig und schie
nen mit den Nerven am Ende: Mi-
hajlovic, der zwei Minuten zuvor
wegen einem Ellbogenschlag ver
warnt worden war, spielte vor dem
eigenen Strafraum einen katastro
phalen Fehlpass zu Zahovic, der
überlegt zum 3:0 einschoss. Nur drei
Minuten später musste Mihajlovic
nach einem Rempler an Udovic
vom Platz.
Erst durch diese Dezimierung
wurden die Jugoslawen endlich ge
weckt. Innerhalb von sieben Minu
ten machten sie den Dreitore-
Rückstand in einer dramatischen
Schlussphase weg: Der eingewech
selte Milosevic profitierte von Zu-
Der krasse Aussenseiter Slowenien ßhrte in Charleroi nach einer knappen Stunde durch zwei Tore von Zahovic und
eines von Pavlin gegen Jugoslawien mit 3:0 - Schlussstand: 3:3.
spielen von Djukic und Drulovic
und brauchte nur noch einzuschie
ben. Das 2:3 erzielte der starke Dru
lovic nach Zuspiel von Mijatovic
gleich selber.
In der hektischen Schlussphase
besassen dann beide Teams gar noch
die Chance zum Siegestreffer: Erst
ging ein Kopfball von Jokanovic
(84.) nur knapp über die Latte, dann
wischte Dudic (93.) einen Kopfball
von Milinovic von der Torlinie.
Top-motivierte Slowenen
Technisch wie fast alle Fussballer
vom Balkan sehr versiert, defensiv
hervorragend organisiert und dazu
mit e'iiter Motivation versehen, die
gegen keinen anderen Gegner hätte
besser sein können. Slowenien
überzeugte bei seinem ersten Auf
tritt an einer EM- Endrunde nicht
nur mit seiner Laufstärke und
Kampfkraft, sondern und vor allem
mit seinem hervorragenden Kollek
tiv.
Diesbezüglich traf das Team von
Srecko Katanec auf eine Mann
schaft, die überheblich wirkte, lange
nur ideenlos weite Bälle nach vorne
dreschte und erst in der verrückten
Schlussphase zu einer Einheit fand.
Keine Spur zuvor von der spieleri
schen Klasse dieser Ansammlung
von Weltklasse-Fussballern, die mit
Ausnahme von Verteidiger Ivan
Dudic (Roter Stern Belgrad) alle in
europäischen Topligen tätig sind.
Das Team des früheren Servette-
Trainers Vujadin Boskov war über
eine Stunde lang eine einzige Ent
täuschung.
Weitere Infos: www.euro2000.org
Jugoslawien - Slowenien 3:3 (0:1): Stade du Pays de Charleroi. -12 000 Zu
schauer. - SR Meto Pereira (Por). - Tore: 23. Zahovic 0:1.52. Pavlin 0:2.57.
Zahovic 0:3.67. Milosevic 1:3.70. Drulovic 2:3. 73. Milosevic 3:3. Bemerkun
gen: Jugoslawien komplett; Slowenien ohne Knavs (verletzt). 60. Gelb-Rot
Mihajlovic nach Unsportlichkeit an Udovic. Verwarnungen: 14. Milanic (Un
sportlichkeit), 55. Mihajlovic (Foul).
Italien - Belgien: das Duell der Profiteure
Captain Maldini: «Wir sind besser als die Belgier»
Mit Italien und Belgien begegnen
sich heute Mittwoch in Brüssel
(Spielbeginn 20.45 Uhr) in der
Gruppe B die beiden Sieger der
Startrunde. Die Ausgangslage ist
Man Wer ein zweites Mal gewinnt,
ist den Viertelßnals sehr nahe. DeG-
nitiv qualifizieren kann sich indes
noch keines der beiden Teams.
2:1 gewannen Italien und auch Bel
gien ihr Startspiel, und beide hatten
dabei die Mithilfe des Schiedsrich
ters beansprucht. Dem 2:0 der Bel
gier am letzten Samstag gegen
Schweden ging ein nicht geahndetes
Hands von Emile Mpenza voraus,
das der deutsche Unparteiische
Markus Merk Ubersah. Und die Ita
liener profitierten ihrerseits am
Sonntag im Match gegen die Türkei
von einem dubiosen Penaltypfiff
des schottischen Schiedsrichters
Hugh Dallas: Italiens Filippo Inzag-
hi hatte sich in einem Laufduell fal
len lassen und danach den Strafstoss
gleich selbst zum 2:1 verwertet.
Sowohl die Italiener als auch die
Belgier könnten wohl auch mit ei
nem Unentschieden gut leben. Das
liesse ihnen alle Optionen für das
letzte Vorrundenspiel. Aber die Bel
gier möchten möglichst Gruppen
sieger werden, um auch die Viertel-
Inzhagi (obän) und Mark Iuliano
(unten) bejubeln den Italienischen
EM-Auftaktsieg gegen die Türkei.
finals in Brüssel bestreiten zu kön
nen. Als Gruppen-Zweiter müssten
sie nach Amsterdam. Italiens Cap
tain Paolo Maldini warnt ebenfalls
vor einem Remis: «Besser wäre es
zu gewinnen. Wir sind schon das
letzte Mal mit vier Punkten ausge
schieden.» 1996 an der WM-End
runde in England hatten die Italie
ner ihr Startspiel ebenfalls 2:1 ge
wonnen (gegen RUssland), danach
aber verbuchten sie nur noch einen
Zähler und schieden nach der Vor
runde aus. Aber Maldini ist trotz
dem optimistisch. Der Grund ist ein
einfacher: «Wir sind besser als die
Belgier.»
Statistik spricht für Belgien
Im letzten Vergleich der beiden
Teams war dies allerdings nicht der
Fall: Im November 1999 verloren
die Italiener in Lecce in einem Test
spiel 1:3. Das war damals die erst
dritte Niederlage im 18. Länderspiel
gegen Belgien. 11 Mal hiess bisher
der Sieger Italien. Aber alle diese
Erfolge liegen schon lange zurück.
Letztmals gewannen die Italiener
1977 gegen Belgien. Und auf Stufe
EM zogen die Azzurri bisher immer
den Kürzeren. 1972 scheiterten sie
.gegen die «Roten Teufel» in der
Qualifikation, und 1980 an der EM
im eigenen Land verpassten die Ita
liener mit einem 0:0 die Finalteil
nahme. Die Belgier kamen so ins
Endspiel, das sie gegen Deutschland
1:2 verloren.
Italiens Coach Dino Zoff wird
vermutlich mit derselben Elf begin
nen wie im Startspiel. Alessandro
Del Piero, der gegen die Türkei erst
für die letzte Viertelstunde einge
wechselt wurde, müsste so erneut
mit der Jokerrolle Vorlieb nehmen.
Bei den Belgiern hatTYainer Robert
Waseige eine Änderung auf der lin
ken Abwehrseite angekündigt: An
stelle von Monaco-Legionär Philip
pe Leonard beginnt Nico van Kerck-
hoven. Mit ihm, Marc Wilmots und
Emile Mpenza stehen somit gleich
alle drei Belgier von Schalke 04 in
der Anfangsformation.
Weitere Infos: euro2000.org
www.uefa.com