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Liechtensteiner Volksblatt
Inland
Mittwoch, 14. Juni 2000 5
Die Regierung hat immer gesagt, dass
sie den Letzetunnel nicht unterstützt
Volksblatt-Streitgespräch zwischen Verkehrsminister Norbert Marxer und Johannes Kaiser, Vorsteher von Mauren
LKW's pro Jahr fahren. Mit dem Sze
nario 2, das heisst wenn der Alpen
schutzartikel umgesetzt wird, dann wä
re sogar mit einer Reduktion auf 70 000
LKW's zu rechnen.
Unsere Regierung
betreibt eine
Begünstigungspolitik
mit der Offerte
«Umfahrungsstrasse»
und negiert dabei,
dass es um eine
Transitspange geht
Diese ganze Thematik haben wir
auch mit Bundesrat Leuenberger be
sprochen, als er bei uns im Land zu Be
such war. Wir haben auch darauf hinge
wiesen, dass wir Befürchtungen hätten,
dass alles zum San Bernardino verla
gert wird. Bundesrat Leuenberger führ
te aus, dass, falls die Schweizer Ver
kehrspolitik in Sachen NEAT, Bahn
2000, LSVA und anderes Erfolg hat, die
Schweiz in den ersten Jahren mit eine
Zuwachs an LKW-Verkehr rechnen
würde, längerfristig jedoch mit einer
massiven Verringerung des LKW-Ver
kehrs von 1.5 Millionen auf 600000
über die Alpen gerechnet werde. Es ist
also ganz wichtig, dass die Schweizer
Verkehrspolitik ein Erfolg wird.
Johannes Kaisen Wir müssen doch
ausschöpfen, was wir in Liechtenstein
machen können. Sie haben beispiels
weise im Juni 1997 gesagt: «Die Idee,
mit neuen Strassen das Problem lösen
zu wollen, ist ein falscher Ansatz.» Heu
te sagen Sie: «Umfahrungsstrassen sind
grundsätzlich tauglich.» Die Umfah
rungsstrasse ist eine Schleusenöffnung.
Dort wo die Schleuse geöffnet wird, ist
«Österreich gibt zu bedenken, dass eine
zusätzliche Nordumfahrung von Feld
kirch zum Zwecke einer Autobahnver-
bindung ein klares Eingeständnis dafür
wäre, die • Verkehrsprobleme mit dem
Bau von neuen Strassenverbindungen
zu lösen.» Also: Vorarlberg mit 2601,4
km 2 fordert mit seiner Verkehrspolitik,
dass der Transitkorridor über das
Liechtensteiner Unterland mit den win
zigsten Bodenreserven von 34,8 km 2
führt. Da muss doch unsere Regierung
mit einer einzigen Stimme mit klaren
Signalen entgegenwirken. Der öster
reichische Infrastrukturminister
Schmid sägte kürzlich: «Nur die Inte
ressen von Feldkirch sind ausschlagge
bend.» Das sind Aussagen von Politi
kern. Diese stehen für ihre österreichi
sche Bevölkerung ein. Eine solche Aus
sage würde ich gerne einmal von unse
rer Regierung hören. Auch Gorbach
sagte, dass der Letzetunnel gebaut wür
de. Die Regierungspartner von Liech
tenstein machen immer klare Aussagen.
Dies sollte unsere Regierung auch end
lich machen. Liechtenstein müsste sa
gen, dass es keine Umfahrungsstrasse
gibt und sie müsste ein klares Nein zum
Letzetunnel signalisieren. Dann ist der
Letzetunnel gestorben.
Norbert Marxen Wir haben immer
gesagt, dass wir den Letzetunnel nicht
unterstützen, da er Mehrverkehr verur
sacht. In der Postulatsbeantwortung ha
ben wir auch ganz klar gesagt, dass es
keine Spange zwischen den beiden Au
tobahnen A13 und A14 durch unser
Land geben dürfe. Ich weiss nicht. Ich
habe das Gefühl, dass Sie die Postulats
beantwortung nicht gründlich gelesen
haben. In der Postulatsbeantwortung
werden insgesamt vier verschiedene
Varianten untersucht und die entspre
chenden Verkehrsverlagerungen be
trachtet. Wir haben auch eine Kriteri
entabelle, in der man die entsprechen
den Massnahmen nach ihren Auswir-
die Achse gelegt. Vor allem hat Liech
tenstein das Recht, dass die Schleuse
nicht auf der weitesten Strecke über un
ser Staatsgebiet verläuft. Dies betrifft
nicht nur die Gemeinde Mauren, son
dern das ganze Unterland. Die Wohn
gebiete von Eschen-Nendeln, Gam-
prin-Bendern, Mauren-Schaanwald
und Schellenberg sind bei einer Umfah
rungsstrasse durch Lärm und Abgase
betroffen. Das Unterland hat eine
Grösse von 34,8 km 2 mit 10 000 Ein
wohner. Vorarlberg hat 2601,4 km 1 .
Und was sagt Gorbach? Er zementiert:
kungen bewertet. Es gibt insgesamt vier
verschiedene Varianten. Die erste ist
die 0+-Variante. Diese geht vom heuti
gen Verkehrssystem aus. Die zweite Va
riante ist die Ersatzstrasse, die Schaan
wald, Eschen und Nendeln umfährt.
Das heisst: Der Verkehr geht nachher
nicht mehr durch die Dörfer sondern
wird ausserhalb der Dörfer geführt. Die
dritte Variante ist aus meiner Sicht die
zu favorisierende Variante. Dies wäre
die sogenannte Ersatzstrasse durch das
Unterland mit gleichzeitigem RUckbau
und weitestgehender Elimination des
Verkehrs auf der Strasse zwischen Nen
deln und Schaan. Die vierte Variante ist
die sogenannte Schwabbrünnenvarian-
te mit dem Schwabbrünnentunnel. Die
Situation ist im Moment so, dass die Ge
meinde Mauren die 0+-Variante favori
siert. Die Gemeinde Gamprin hat kom
muniziert, dass sie die Schwabbrünnen
variante vertieft weiteruntersucht ha
ben möchte. Dann gibt es die Arbeits
gruppe «Verkehrslösung Liechten
stein», welche die einfache Ersatzstras
se favorisiert. Aus meiner Sicht, und ich
habe das Gefühl, dass dies breiten Zu
spruch findet, wäre die Variante Ersatz
strasse mit Rückbau zu bevorzugen.
Dies deshalb, weil man dadurch die
heute bestehenden Kapazitäten prak
tisch halbiert.
Wir haben uns sehr
stark für die Be
völkerung eingesetzt,
indem wir die
geplante Ausdehnung
der Zollöffnungs
zeiten gegen den
Willen der Industrie
und des Gewerbes
aufgefangen haben
Heute haben wir, wenn man von
Schaanwald auf die Autobahn bei
Schaan fährt, zwei mögliche Strassen.
Die eine ein wenig sphneller dafür ist
die andere ein wenigjcürzer. Wenn man
dies zurückbauen würde, und nur noch
für den öffentlichen Verkehr aufrecht
erhalten würde, dann hätte man die Ka
pazität praktisch um 50 Prozent redu
ziert. Da kann nachher niemand sagen,
dass wir eine Schleuse vis-ä-vis Öster
reich öffnen würden.
Johannes Kaisen Aber Herr Ver
kehrsminister, solange Sie von Varian
ten reden, geberi Sie die Hand für eine
Transitachse. Däs ist ein Hand-Geben
für die Transiteröffnung und somit für
lieh. Hubert Gorbach hat erreicht, dass
alles auf Liechtenstein zugeschoben
wird. Liechtenstein hat gegenüber Vor
arlberg gar nichts erreicht. Im Gegen
teil: Unsere Regierung betreibt eine
Begünstigungspolitik mit der Offerte
«Umfahrungsstrasse» und negiert da
bei, dass es um eine Transitspange geht.
Gegenüber zukünftigen Generationen
ist dies verantwortungslos. Dies hat fa-
Norbert Marxer »Sie
ziehen immer wieder
Horrorszenarten her
vor und Sic wissen
gunz genau* dass die
Regierung der Ansicht
ist, dass es keine
Springe gehen darf.
Wir werden alles tun.
dies zu verhindern.»
San Bernardino oder Über den Brenner
geführt wird. Bis diese Ergebnisse nicht
vorliegen, werden wir unsere Varianten
nicht weiter vertiefen. Jetzt steht zuerst
das Gesamtverkehrskonzept im Vor
dergrund. Bis Ende dieses Jahres wol
len wir einiges vorlegen können. Ich ha
be immer das Gefühl, Herr Kaiser, dass
Sie versuchen in der Verkehrspolitik ei
ne grosse Differenz aufzuzeigen. Bei
tale Folgen. Deshalb sollte die Regie
rung heute mit aller Klarheit votieren,
dass dies für uns nicht in Frage kommt.
Wir wollen den Lebensraum Liechten
steiner Unterland für unsere Zukunft
erhalten. Der Weg der europäischen
Transitspange soll gemeinsam mit
Österreich und der Schweiz erarbeitet
werden. Diese Spange muss dort durch-
TREIT G ESCH PRÄC H
die Schleusenöffnung. Es muss zuerst
ein integrierendes Gesamtverkehrsmo
dell erarbeitet werden. Deshalb haben
die Gemeinden Mauren und Frastanz
gefordert, dass jein sofortiger Ausbau-
und Planungsstop für alle hochrangigen
Strassenbauten a an der Rheintal-San
Bernardino-Route vorgenommen wer
den müsse. Die Gr^dsatzfrage ist: Will
Liechtenstein im Unterland ein Transit
mekka werden oder will es das nicht?
Wenn wir es nicht- wollen, dann muss
man dies signalisieren und zwar mit ei
nem Planungsstop. Es ist zusammen mit
Österreich und' der Schweiz ein Ge
samtverkehrsmodell zii verlangen. Es
kann doch nicht sein, dass das Unter
land mit seinen 34,8 lern 2 und seinen
einzigen zusammenhängenden Riet
flächen noch verbaut wird und diese ei
ner Transitachs? geopfert werden. Von
Triesen bis Schaan ist bereits alles ver
baut. Das ist das, was ich verurteile. Vor
allem fällt auf, dass Sie als Verkehrsmi
nister und auch/der Regierungschef die
gleiche Sprache sprechen wie Hubert
Gorbach. Gorbqch nennt den Letzetun
nel «kleine Umfahrung von Feldkirch».
Im Masterplan, das ist der Hauptver
kehrswegeplan von Österreich, ist der
Letzetunnel als hochrangiges Strassen-
bauprojekt aufgeführt. Unsere Regie
rung sagt, die Umfahrungsstrasse ist ei
ne Ersatzstrasse. Es wird verharmlost
und degradiert^ Es ist»also die genau
gleiche Taktik und Strategie erkennt-
gehen, wo die A14 und A13 am nächs
ten beieinanderliegen und nicht an der
weitesten Strecke von 10,5 km durch in
takte Rietlandschaften.
Norbert Marxen Wenn Sie die Ver
kehrspolitik der Regierung betrachten
und die Differenzen zu Ihrer herausar
beiten würden, würden Sie erkennen,
dass die Differenzen gar nicht so gross
sind. Sie sagten, dass wir einen Pla
nungsstop machen und ein Gesamtver
kehrsmodell mit den beiden benach
barten Ländern erarbeiten sollen. Be
züglich Planungsstop haben Sie sicher
lich Österreich angesprochen. In die
sem Zusammenhang laufen bei uns
überhaupt keine Planungen. Ich habe
auch im Landtag gesagt, dass es in der
Postulatsbeantwortung darum gegan
gen sei, eine Anfrage des Landtags zu
beantworten. Die Frage lautete: Ist es
möglich die Bevölkerung mit verschie
denen Massnahmen von den Auswir
kungen des Verkehrs zu entlasten. Die
Antwort haben wir in der Postulatsbe
antwortung gegeben. Das heisst nicht,
dass wir beschlossen haben, etwas zu
bauen. Ich habe ganz klar im Landtag
gesagt, dass wir bezüglich der verschie
denen Varianten momentan nichts zu
sätzliches machen werden. Dies des
halb, weil wir momentan die internatio
nalen Verkehrsströme noch nicht ab
schätzen können. Wir wissen nicht, ob
der internationale Verkehr in Zukunft
vor allem Uber den Gotthard, über den
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genauer Betrachtung sieht man: Wir
sind gegen den Letzetunnel, wir wollen
keine Spange zwischen den zwei Auto
bahnen durch unser Land. Wir haben
uns sehr stark für die Bevölkerung ein
gesetzt, indem wir die geplante Ausdeh
nung der Zollöffnungszeiten beim Zoll
amt Schaanwald mit verkehrsorganisa
torischen Massnahmen gegen den Wil
len der Industrie und des Gewerbes
aufgefangen haben, dass es auch in Zu
kunft nicht möglich sein soll, dass Lkw's
zwischen fünf und zehn Uhr abends
durch Schaanwald fahren können. In
der Postulatsbeantwortung gibt es ei
nen Kriterienkatalog, durch welchen
die verschiedenen Varianten bewertet
werden. Der Kriterienkatalog wäre ein
Ansatz. Wenn die Gemeinde Mauren
sagt, dass sie gegen die Variante B, C
oder D ist, müsste sie auch eine Aussa
ge treffen, wo sie eine andere Gewich
tung und wo sie eine andere Bewertung
vornimmt, und dass sie deshalb zu ei
nem anderen Ergebnis komme. Die in
der Pöstulatsbeantwortung vorgenom
men Bewertungen wurden von Ver
kehrsexperten gemacht - in Zusam
menarbeit mit den Vorstehern des Un
terlandes und von Schaan. So müsste
man vorgehen und so gehen wir vor, wir
nehmen das Ergebnis nicht vorweg.
Inder
Postulatsbeantwortung
haben wir auch
ganz klar gesagt, dass
es keine Spange
zwischen den beiden
Autobahnen A13 und
Al4 durch unser Land
geben dürfe
Johannes Kaisen Die Regierung hat
doch ein ganzes Archiv voll Abklärun
gen und Studien und dergleichen. Wie
so hat dann die Landesregierung Vorarl-
(Fortsetzung auf Seite 6)