Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

4 Mittwoch, 14. Juni 2000 
IN LA N D 
Liechtensteiner Voiksblatt 
«Wir dürfen und wollen kein 
Transitmekka sein» 
Volksblatt-Streitgespräch zwischen Verkehrsminister Norbert Marxer und Johannes Kaiser, Vorsteher von Mauren 
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Norbert Marxen «Wir haben immer gesagt, dass wir de» Lvtzetunnel nkht imter- 
sfützttt, da er mehr Verkehr vcrursucht. Iii der Posiulatsheaiuwormig halten wir 
auch ganz klar gesagt, dass es keine Spunde wischen den beiden Autobahnen AI 3 
und A14 durch unser l .und geben dürfe. Ich weiss nicht. Ich habe das Gefühl, dass 
Sit' die Postiilatsbeantwortuiig nicht gründlich gelesen haben.» 
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Johannes Kaiser: «M ir inii\\(^i doch 
ausschöpfen, hy/s wir in J.ieelit^nstein 
machen können. Sie haben heispicls- * 
weise im Juni V7 gesagt: <l)ic idcfyjnil 
neuen Strassen das l'roblein zu löserSte*. 
ist ein falscher A nsalz. >. Heute sagen ^ 
Sie: <Vmfabrungsstrassen sind , 
grundsätzlich tauglich.* » w " 
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Die Verkehrspolitik unseres Lan 
des erhitzt immer noch die Gemü 
ter unserer Bürger. Während die 
einen für den Bau einer Ersatz 
strasse durch das Liechtensteiner 
Unterland votieren, sprechen sich 
andere deutlich dagegen aus und 
warnen vor erheblichem Mehrver 
kehr. Das Volksblatt brachte zwei 
Exponenten der Verkehrspolitik 
unseres Landes an einen Tisch: 
Verkehrsminister Norbert Marxer 
und der Maurer Vorsteher Johan 
nes Kaiser diskutierten heftig über 
die Lösungsmöglichkeiten. 
Das Streitgespräch leitete 
Alexander Batliner 
VOLKSBLATT: Herr Kaiser, wie beur 
teilen Sie das Vorgehen der Regierung 
in Sachen Verkehrspolitik? 
Johannes Kaiser: Bis anhin hat die 
Vorarlberger Landesregierung im Zu 
sammenhang mit der Verkehrspolitik 
gegenüber Liechtenstein alles erreicht. 
Sie hat erreicht, dass dort, wo die Auto- 
bahnverbindungen am engsten vonein 
ander getrennt sind, keine Verbindung 
gebaut wird. 
Die Vorarlberger 
Landesregierung hat 
gegenüber 
Liechtenstein alles 
erreicht 
Sie hat zudem erreicht, dass zwischen 
Schaanwald und Au, sämtliche Zolläm 
ter beschränkt wurden, so dass es dort 
keine LKW-Traverse geben kann. 
Gleichzeitig hat man das Zollamt Scha 
anwald massiv ausgebaut. Seit dem letz 
ten Ausbau von 1993 zum Gemein 
schaftszollamt hat sich eine Verkehrs 
steigerung von 22 Prozent ergeben. 
Dies bedeutet: Es steuert alles auf diese 
Achse zu. Derjenige, der diese Achse 
«anzubohren» beginnt, sei es mit der 
Umfahrungsstrasse von der A13 oder 
mit dem Letzetunnel von der A14 her, 
beginnt diese Transit-Achse zu legen. 
Dann führt kein Weg mehr daran vor 
bei. Deshalb ist es wichtig, dass wir von 
Liechtensteiner Seite her sämtliche Sig 
nale so ausrichten, dass es keinen Let 
zetunnel geben darf und dass wir keine 
Begünstigungsprojekte, wie zum Bei 
spiel die Umfahrungsstrasse, propagie 
ren. Für die Liechtensteiner Regierung 
sollte die Landesregierung Vorarlberg 
ein gleichwertiger Partner sein. Meines 
Erachtens hat Liechtenstein das Recht, 
seine Argumente und Befürchtungen 
zu äussern und diese gemeinschaftlich 
bzw. partnerschaftlich grenzüberschrei 
tend zu lösen. Landesstatthalter Hubert 
Gorbach hat schon des Öfteren Ultima 
ten gestellt. So beispielsweise, dass man 
Frastanz,Tisis und Liechtenstein in die 
ses T\innel-Projekt einbinden werde. Er 
äusserte zum Beispiel, ich zitiere: 
«Liechtenstein werden wir zwar nicht 
fragen, ob wir bauen dürfen, aber darü 
ber informieren.» Des Weiteren stellte 
er, kurz nachdem die Gemeinden Mau 
ren und Frastanz ihre gemeinsame Er 
klärung vom 23. März 2000 veröffent 
lichten, das Ultimatum: «Wir werden 
über Frastanz nicht einfach darüberfah 
ren. An der tatsächlichen Umsetzung 
des Letzetunnels werde dies aber nichts 
ändern.» Also: Alle Signale des Vizere 
gierungschefs Vorarlberg Hubert Gor 
bach sind ultimativ, sind ohne Rück 
sicht und sind auch sehr egoistisch. Das 
nehme ich ihm nicht übel. Er ist nämlich 
ein Politiker von Vorarlberg und hat 
dementsprechend diese Interessen zu 
vertreten. Unsere Regierung muss die 
Interessen des Liechtensteiner Unter- 

landes vertreten und nicht jene von 
Vorarlberg. Die Interessen des Unter 
landes werden von unserer Regierung, 
das muss ich ganz deutlich betonen, 
werden von unserer Regierung in der 
Verkehrsthematik nicht vertreten. 
Norbert Marxen Da muss ich Ein 
spruch erheben. Herr Kaiser, Sie haben 
sicher auch die entsprechenden Berich 
te der Regierung gelesen. Die Regie 
rung hat die deutliche Aussage getätigt, 
dass sie alles Unternehmen werde, da 
mit der Letzetunnel nicht gebaut wird, 
da er Mehrverkehr generiert. Zudem 
haben wir klar gesagt, dass wir keine 
Autobahnverbindung bzw. eine Spange 
zwischen der A13 und A14 wollen. Dies 
können Sie sowohl im Vefkehrsbericht 
der Regierungen der Iatetfpellationsbe- 
antwortung als auch in der Postulatsbe 
antwortung nachlesen. Dies haben wir 
also in den letzten Jahren gegenüber 
der Bevölkerung, gegenüber dem 
Landtag und gegenüber der Vorarlber 
ger Regierung immer wieder kommuni 
ziert und haben das auch in Wien klar 
deponiert. An dieser klären Haltung 
gibt es nichts zu deuteln. Es ist aber 
auch klar, dass es unterschiedliche Posi 
tionen gibt. 
Die Regierung hat die 
deutliche Aussage 
getätigt, dass sie dies 
unternehmen werde, 
damit der Letzetunnel 
nicht gebaut wird 
In Österreich und insbesondere von 
Hubert Gorbach wird eine andere 
Sichtweise vertreten. Diese Sichtweise 
kann ich nicht teilen und ich würde sie 
auch aus der Sichtweise' Österreichs 
nicht teilen. Dies deshalb! da eine ge 
naue Analyse der Situation ergibt, dass 
ein Bau des Letzetunnels negative Aus 
wirkungen auch auf die 1 Vferkehrssitua- 
tion in Feldkirch, in Tisis und in Fra 
stanz hätte. Ich habe von Anfang an - 
auch im Landtag - betont, dass die Un 
tersuchungen, die es bisher gibt, seien es 
die ETH-Studie oder andere, nur die lo 
kale Sichtweise betrachten. Man hat 
den Verkehr nur innerhalb der Stadt 
Feldkirch herumgeschoben. Die über 
geordnete Uberregionale 1 Sichtweise 
fehlt in diesen Studien. Dies betrifft 
nicht nur die weitere Umgebung wie die 
Region um Feldkirch und das Rheintal 
sondern auch die internationalen Strö 
me über die Alpen - sei es über den 
Gotthard oder über den Brenner. Ich 
habe von Beginn an die Ansicht vertre 
ten und habe dies auch gegenüber Gor 
bach vertreten, dass die Untersuchun 
gen, die bis jetzt vorliegen schon einen 
massiven Mehrverkehr prognostizier 
ten und dass wir dies nicht hinnehmen 
könnten. Die überregionale Sichtweise 
beweist aufgrund der Untersuchungen, 
Tönner LKW's fahren dann durch un 
ser Land. Dies deshalb, weil sie dann 
rund eine Stunde weniger lang von 
Deutschland nach Norditalien brau 
chen und dementsprechend weniger 
Kilometer fahren müssen. Das gibt 
gemäss Infra-Studie eine Verlagerung 
von einer Verdreifachung beim LKW- 
Verkehr. Das heisst: Bis 2005 wird mit 
rund 1000 LKW's gerechnet. Wenn die 
Umfahrungsstrasse im Unterland ge 
baut wird, werden wir pro Tag mit 16 000 
bis 20 000 Autos und rund 1000 LKW's 
konfrontiert sein. Wollen wir das? Da 
muss ich entschieden Nein sagen. Wir 
dürfen und wollen kein Ttansitmekka 
sein. Das müssen wir auch signalisieren. 
Die Regierung steht zur Umfahrungs 
strasse, wie sie dies in der Postulatsbe 
antwortung betont hat, wobei sie zu 
dem, wie Sie, Herr Verkehrsminister, 
gerade ausgeführt haben, die interna 
tionalen LKW-Ströme nicht berück 
sichtigt haben. Für diese Transitstrasse 
wird auch während der LIGHA Wer 
bung gemacht. Wenn sich die Regierung 
mit dieser Umfahrungsstrasse identifi 
ziert, und diese mit Begeisterung kom 
muniziert, dann wird der Druck auf den 
Letzetunnel sehr gross. Das heisst: Die 
Regierung macht nichts anderes, als 
Signale pro Letzetunnel und pro eu 
ropäische Transitachse von der A14 zur 
A13 durch das Liechtensteiner Unter 
land ohne Rücksicht auf deren Bevöl 
kerung auszusenden. 
Norbert Marxen Das stimmt natür 
lich ganz sicher nicht. Wenn Sie die Pos 
tulatsbeantwortung gründlich gelesen 
hätten, dann würden Sie sehen, dass 
aufgrund der Kriterien, die man ange 
wendet hatte, die Bevölkerung einen 
sehr hohen Stellenwert besitzt und 
dementsprechend die Projekte auch be- 
TREITG ESCH PRAGH 
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dass sogar noch mehr Verkehr generiert 
wird. 
Johannes Kaisen Man weiss, dass ab 
dem Jahre 2003 in der Schweiz die 28 
Tonnen Limite fallen wird, und ansch 
liessend die 40 Tonnen LKW's zugelas 
sen sind. Man weiss, dass zum Beispiel 
die schweren LKW's, die jetzt über den 
Brenner fahren, dann über das Rheintal 
fahren werden. Wenn die Umfahrungs 
strasse und der Letzetunnel gebaut 
werden, dann wird hier die Schleuse 
geöffnet. Das heisst: Diese schweren 40 
wertet wurden. Die Infras-Studie, die 
Sie erwähnt haben ist mir auch sehr gut 
bekannt. Dementsprechend habe ich 
diese Horrorszenarien auch schon im 
Landtag vertreten. Ich muss aber auch 
sagen, das ist eine Studie, die schon 1997 
oder 1998 präsentiert worden ist. Sie 
geht von verschiedenen Voraussetzun 
gen aus. Szenario 1: Das haben Sie dar 
gelegt. Es gibt aber auch ein Szenario 2 
und ein Szenario 3, die ganz anders aus 
sehen. Wir gehen davon aus, dass Uber 
die San Bernardino Route rund 90 000
	        

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