m
Liechtensteiner Votksblatt
Ausland
Dienstag, 4. Januar 2000 19
Nachrichten
10 000 Häftlinge in
Pakistan freigelassen
ISLAMABAD: In Pakistan sind rund 10 000
Strafgefangene freigelassen worden. Die Häft
linge hätten wegen geringerer Verfehlungen in
verschiedenen Gefängnissen der Provinz Pun-
jab eingesessen, berichtete der staatliche Ra
diosender am Montag. Eine Regierungskom
mission unter Führung eines Richters habe dar
über entschieden, welche Straftäter freikom
men sollten. Menschenrechtsgruppen hatten in
der Vergangenheit wiederholt die Zustände in
den überfüllten Gefängnissen des Landes kriti
siert.
Indonesien plant
Vertretung in Osttimor
DILI: Indonesien will bis Ende Februar eine
diplomatische Vertretung in Ost-Timor einrich
ten. Das teilte der UNO-Vertreter in Ost-Ti
mor, Sergio Vieira de Mello, am Montag mit.
Die Idee sei zuvor mit dem ost-timoresischen
Unabhängigkeitskämpfer Xanana Gusmao und
Indonesiens Präsidenten Abdurrahman Wahid
erörtert worden, sagte de Mello vor Journalis
ten in Ost-Timors Hauptstadt Dili. Es seien be
reits drei Gebäude ins Auge gefasst worden, die
als diplomatischer Komplex in Frage kämen.
Die Vertretung solle so rasch wie möglich eröff
net werden, vorzugsweise rechtzeitig zu dem für
Ende Februar geplanten Besuch Wahids in Dili,
sagte de Mello. Ost-Timor ist noch nicht völlig
unabhängig. Daher wird Indonesien zunächst
eine diplomatische Vertretung und noch keine
Botschaft einrichten. Der Leiter der Niederlas
sung wird allerdings vollen diplomatischen Sta
tus geniessen. Die neue Regierung seines Lan
des sei entschlossen, spätestens Ende Februar
eine Vertretung in Ost-Timor zu eröffnen, er
klärte ein hochrangiges Mitglied der indonesi
schen Delegation. Es sei eine Frage der Ver
trauensbildung.
Wichtige Höhen bei
Grosny erobert
MOSKAU: Die russischen Truppen haben bei
ihrer Offensive in Tschetschenien nach eigenen
Angaben strategisch wichtige Höhen bei Gros
ny besetzt. In "einem russischen Fernsehbericht
wurden die' andauernden Erfolgsmeldungen
der Militärs in Frage gestellt. Die Höhen bei der
Haupstadt Grosny hätten eine grosse Bedeu
tung für den weiteren Verlauf der Offensive,
meldete die Nachrichtenagentur Itar-Tass am
Montag unter Berufung auf Militärs. In den
weitgehend von Rebellen kontrollierten Ber
gen im Süden der abtrünnigen Kaukasusrepu
blik hätten russische Kampfflieger im schwer
umkämpften Gebiet Wedeno seit Sonntag meh
rere Verteidigungs-Stellungen der Kämpfer zer
stören können. Unterdessen brachte der russi
sche Fernsehsender NTW einen kritischen Be
richt über die Lage um Grosny, der der offiziel
len russischen Darstellung von einer erfolgrei
chen Offensive widersprach. Darin wiesen rus
sische Soldaten die Darstellung zurück, wonach
Grosnys nordwestlicher Stadtteil Staropromys-
lowski bereits unter russischer Kontrolle sei.
Die russischen Sondereinheiten und prorussi
schen Tschetschenen-Milizen hätten Rück
schläge bei dem Vormarsch in Grosny erlitten,
hiess es in dem NTW-Beitrag von Sonntag
abend. Die Verluste unter den Russen seien
weitaus höher, als von der Militärführung ange
geben. Teilweise seien die russischen Einheiten
unter den Artillerie-Beschuss ihrer eigenen Ka
meraden geraten. Der russische Obergangsprä
sident Wladimir Putin traf nach Kreml- Anga
ben am Sonntagabend den Präsidenten der
Tschetschenien benachbarten Teilrepublik In-
guschetien, Ruslan Auschew. .Über den Inhalt
des Gespräches im Kreml wurden keine Anga
ben gemacht. Auschew ist einer der wenigen
Kritiker des russischen Feldzugs in Tschet
schenien. Inguschetien hat seit Beginn des Krie
ges vor drei Monaten etwa 200 000 Flüchtlinge
aus-Tschetschenien aufgenommen.
Pakistan Drahtzieher der Flugzeug-Entführung? - 18 Tote bei Explosion einer Landmine
PUNE: Der indische Minister
präsident Atal Behari Vajpay-
ee hat Pakistan vorgeworfen,
Drahtzieher des einwöchigen
Geiseldramas auf dem afgha
nischen Flughafen Kandahar
gewesen zu sein. Indien und
Pakistan streiten seit Jahren
um-Kaschmir.
Nach Auswertung aller zur Verfü
gung stehenden Informationen sei
klar, dass die Entführung der indi
schen Verkehrsmaschine zentraler
Bestandteil der von Pakistan unter
stützten Terror-Kampagne sei, er
klärte Vajpayee am Montag.
Rebellen freigelassen
Am Freitag hatte die indische Re
gierung drei kaschmirische Rebel
len aus der Haft entlassen und da
durch die Freilassung der 154 Gei
seln an Bord der Maschine erreicht.
Indien und Pakistan streiten seit
Jahren um die zwischen beiden Län
dern geteilte Himalaja-Region
Kaschmir. Indien wirft Pakistan vor,
den Kampf muslimischer Separatis
ten im indischen Teil zu unterstüt
zen. Pakistan hat die Vorwürfe
zurückgewiesen und gewährt nach
eigenen Angaben nur moralische
Unterstützung.
18 Tote und 30 Verletzte
In Srinagar, der Hauptstadt des
von Indien regiertenTeil Kaschmirs,
Nach der Explosion einer Landmine in der Sommerhauptstadt Srinagar des indischen Bundesstaates Jamu und
Kaschmir wird das Gebiet von indischen Soldaten bewacht. _ (Bild: Keystone)
sind am Montag bei einem Bom
benanschlag mindestens 18 Men
schen getötet und 30 weitere ver
letzt worden. Wie die Polizei mitteil
te, detonierte der Sprengsatz auf ei
nem stark besuchten Gemüse
markt. 14 Menschen starben amTat-
ort, vier weitere auf dem Weg zum
Spital. Der Zustand von zehn der
Verletzten sei kritisch, hiess es.
Zu dem Anschlag hat sich nie
mand bekannt. Möglicherweise ha
ben moslemische Kaschmir-Separa
tisten die Bombe gezündet, hiess es
in indischen Medienberichten.
Kampf militanter Gruppen
Wie Regierungsbeamte erklärten,
war der Anschlag vermutlich gegen
ein Fahrzeug mit Sicherheitskräften
gerichtet. Der Wagen wurde bei der
Detonation völlig zerstört. Parami
litärische Streitkräfte kaufen ge
wöhnlich ihren Nachschub auf die
sem Gemüsemarkt ein. Mehrere mili
tante Gruppen kämpfen seit langem
um eine Abtrennung des von Indien
regierten Teils von Kaschmir. Etwa 37
Prozent dieser Himalaja-Region
gehören zum islamischen Pakistan.
Militär beschlagnahmt Waffen
58 Tote nach Unruhen auf Molukken - Zusammenstösse zwischen Christen und Moslems
JAKARTA: Bei den Zusammen-
stössen zwischen Christen und Mos
lems auf der ostindonesischen Mo-
lukken-Insel Seram sind am Neu
jahrstag offenbar weit mehr Men
schen umgekommen als bisher an
genommen. Nach jüngsten Berich
ten sollen mindestens 58 Menschen
getötet worden sein.
Dies berichtete die Tageszeitung
«Jakarta Post» am Montag. Zuvor
waren 15 Tote gemeldet worden.
Damit wären seit dem erneuten
Ausbruch der Unruhen am Sonntag
vor einer Woche insgesamt mehr als
550 Menschen bei den Auseinan
dersetzungen ums Leben gekom
men.
In der Molukken-Hauptstadt
Ambon hob das Militär bei Razzien
in Wohnhäusern umfangreiche Waf
fenlager aus. Die neue Gewaltwelle
auf der Molukken-Insel löste nach
Angaben der indonesischen Nach
richtenagentur Antara eine Mas
senflucht unter den Einwohnern
aus.
Massenflucht
Tausende Bewohner hätten
panikartig die Inselhauptstadt Ma-
sohi verlassen. Mehr als 300 Wohn
häuser und Läden seien im Verlauf
der Krawalle niedergebrannt oder
zerstört worden.
In Ambon stellte die Armee bei
Hausdurchsuchungen derweii Hun
derte von Waffen sicher, meldete
Antara. Dabei hätten die Soldaten
auch 22 Sprengsätze gefunden so
wie eine grosse Anzahl von Hand- •
granaten und Munition aus Armee
beständen.
Polizeigewalt übernommen
Das Militär hatte am vergange
nen Mittwoch die Polizeigewalt in
Ambon übernommen, von wo in
der vergangenen Woche die neuen
Unruhen ausgegangen waren. Das
indonesische Militär hat auf den als
Gewürzinseln bekannten Moluk
ken nach Medienberichten rund
9000 Mann stationiert.
Räumliche Trennung
gefordert
Der indonesische General und
Minister für sicherheitspolitische
Angelegenheiten Wiranto forderte
wegen des Blutvergiessens eine
räumliche Trennung von Christen
und Moslems.
Mehrere Hauptstreitpunkte
Zweite Verhandlungsrunde zwischen Israel-Syrien in Shepherdstown
JERUSALEM: Bei der zweiten
Runde der neuen Gespräche zwi
schen Israel und Syrien in She
pherdstown (US- Bundesstaat West
Virginia) kommen voraussichtlich
die wichtigsten Streitpunkte auf den
Verhandlungstisch.
Grenzen: Schlüssel zum Friedens-
schluss ist der israelische Abzug von
den 1967 eroberten Golan-Höhen.
Syrien fordert eine vollständige
Rückgabe und verlangt bisher einen
Truppenabzug bis zur militärischen
Trennlinie vom 4. Juni 1967 am Vor
abend des Sechs-Tage-Krieges.
Israel hat den Höhenzug im
Sechs-Tage-Krieg 1967 besetzt und
1981 faktisch annektiert hat. Auf ei
ner Fläche von 1150 Quadratkilo
metern leben rund 17 000 jüdische
Siedler und ebenso viele syrische
Drusen. Syrien beruft sich darauf,
dass der ermordete israelische Mi
nisterpräsident Jizchak Rabin den
Rückzug hinter die Waffenstill-
standsiinie vom 4. Juni 1967 zuge
sagt habe. Dadurch wUrde Syrien
Zugang zum wichtigsten Wasserre
servoir des Nachbarn, dem See Ge-'
nezareth, bekommen.
Israels Ministerpräsident Ehud
Barak hat seine Bereitschaft zu
Msbcrics *
In diesem Raum in Sherpherdstown
gehen die Verhandlungen zwischen
Israel und Syrien weiter.
«schmerzhaften Zugeständnissen»
bekräftigt. Israelische Zeitungen
berichten, dass Barak die interna
tionale Grenze von 1923 zwischen
Syrien (damals französisches Man
datsgebiet) und Palästina (briti
sches Mandat) zur Verhandlungs
grundlage machen will.
Diese Linie verläuft einige Kilo
meter weiter westlich und sichert Is
rael den Zugang zum gesamten
Ostufer des Sees Genezareth. Ge
stritten wird nur um wenige Qua
dratkilometer, dennoch war dieser
Zwist bislang Haupthindernis für
eine Annäherung beider Länder.
Normalisierung: Israel fordert ei
ne vollständige Normalisierung mit
offenen Grenzen, dem Austausch
von Botschaftern und engen Wirt
schaftsbeziehungen. Syrien ist zu
vollen diplomatischen Beziehungen
bereit.
Sicherheitsregelungen: Israel for
dert eine vollständige Entmilitari-
sierung des Golan, die Aufstellung
von UNO- Friedenstruppen und
den Verbleib von «Vorwarnstatio-
nen» auf dem Hermon-Berg als Si
cherung gegen eine syrische Über
raschungsattacke. Syrien hat dies
bislang als Zeichen israelischer Be
satzung abgelehnt.
Südlibanon: Israel will seine Trup
pen als ersten Schritt aus der so ge
nannten Sicherheitszone in Südliba-
non abziehen, in der sich israelische
Soldaten regelmässig Gefechte mit
pro-syrischen und pro- iranischen
Guerilla-Thippen liefern.
Syrien, das in Libanon selbst etwa
35 000 Soldaten stationiert hat, ist
nur dann an einem Abzug der Isra
elis aus Südlibanon interessiert,
wenn es zugleich die Golan-Höhen
zurückerhält.
Wasserressourcen: Es geht um
den See Genezareth und zwei Quel
len des Jordanflusses. Die Dan-
Quelle liegt in Nordisrael, die Ba-
nias- Quelle im besetzten Gebiet.
Israel will auch die Banias-Quelle
weiterhin kontrollieren und Syrien
laut Presseberichten als Austausch
ein Gebiet um Hamat Gader unter
halb des Golan anbieten. Syrien
lehnt das ab und fordert eine
Klärung der Wasserrechte nach in
ternationalem Gesetz.
Zeitplan und Friedensvertrag:
Barak möchte laut Presseberichten
innerhalb weniger Monate ein vor
läufiges Abkommen und erst später
einen Friedensvertrag abschliessen.
In Syrien wird diese Absicht mit.
Misstrauen betrachtet.
i,