Liechtensteiner Volksblatt
Land und Leute
Mittwoch, 31. Mai 2000 9
Die Schulbank einmal anders drücken!
Vielseitige Projekt-Tage an der Oberschule Vaduz
Vom knuddeligen Kuscfaeltierchen
Uber flippige T-Shirts and von kulinari
schen Spezialitaten bis hin zum «Life ti-
me sport» bieten die Projekt-Tage der
Oberschule Vaduz ein abwechslungs
reiches Angebot. Von Montag bis heute
dürfen die Mädchen und Buben die
Schule in anderer Form erleben und
mitgestalten.
Iris Frick-Ott
Mit Ausnahme der dritten Klassen, die
wegen eines Projektes nach Strassburg
gereist sind, haben die Erst- bis Viert-
klässler der Vaduzer Oberschule ein be
sonderes Programm. Rund 95 Schüle
rinnen und Schüler konnten bereits im
Vorfeld aus zwölf verschiedenen Ange
boten das auswählen, mit dem sie sich
seit Montagmorgen beschäfigen. Wir
haben einen Rundgang durch die ein
zelnen Klassenzimmer gemacht und
viele eifrige Schülerinnen und Schüler
dabei angetroffen. Eine Gruppe von
Mädchen nähte sich gerade einen Spiel
gefährten - kleine knuddelige Teddy
bären nahmen allmählich Gestalt an. In
einem anderen Klassenzimmer waren
die Mädchen und Buben mit bunten
Stiften und Hiben dabei,Tücher und T-
Shirts zu bemalen. Die Vorlagen dazu
hatten die Jugendlichen am Computer
erstellt. Wiederum mit Stoff gearbeitet
wurde einige Türen weiter, wo eine
Mädchengruppe übergrosse Ba
detücher und einen Wickelrock für die
heissen Sommertage nähte respektive
färbte.
Mehr Farbe im Schulalltag
Die Projekt-Tage stehen an und für
Edwin Mock stellt mit seinen Schülern ein elektronisches Geschicklichkeitsspiel her.
sich schon für «mehr Farbe im Schulall
tag». Obendrein aber war dies auch das
Motto einer der angebotenen Kurse:
Mit viel Fantasie, Formen und Farben
erhalten Wände, Abfallcontainer und
Sitzbänke neues Leben und laden zum
Verweilen ein.
In der Nähe der Schulküche indess
schnuppert sichs gut: Eine gemischte
Gruppe ist gerade bei den Aufräumar
beiten, doch der feine Duft des Mittag
essens liegt immer noch in der Luft. In
halt ihres Kurses war das Kennenlernen
türkischer Spezialitäten, die den Schu
len, wie sie uns erklären - mit ganz we
nigen Ausnahmen - sehr gut ge
schmeckt hätten. Bei «It's crime time»
stören wir nicht lange. Die Jugendlichen
schauen sich gerade einen Agatha Chri-
stie-Film an, dessen Vorlage sie am Vor
(Bilder: bak)
mittag in Englisch gelesen haben - also,
spannende Unterhaltung und tschüss.
Medien- und Sportzeit
Die Sportler der Woche, die sich für
den Kurs «Life time sport» angemeldet
haben, treffen wir bei unserem Besuch
nicht an. Kein Wunder, die jungen
Sportskanonen hängen wohl gerade in
einer Kletterwand oder schwimmen um
die Wette. Nach den etwa sechseinhalb
Stunden Sport jedenfalls, so versichert
uns Schulleiter Lorenz Heeb, seien die
Schüler «fix und fertig». Ebenfalls aus
geflogen ist das «Medienteam»: Die
Gruppe, die sich für die «Auseinander
setzung mit verschiedenen Medien» ent
schieden hat, weilte nach ihrem Besuch
bei Radio L gestern Nachmittag beim
ORF, um den Fachfrauen und -männern
über die Schultern zu schauen.
Im Computerraum spielten derweil
«Moorhuhn und Co.» eine zentrale
Rolle. Den beiden Kursleitern ging es
dabei darum, verschiedene Spiele kri
tisch unter die Lupe zu nehmen. Aber
auch die Internetnutzung mit Suchma
schinen, Downloaden und die Sicher
heit (Viren) gehörten zu den Inhalten
des Kurses «PC und ich». Im Fotolabor,
eine Tür weiter, entwickelten fünf
Mädchen gerade ihre Fotogramme.
(Fotogramme sind Bilder, die ohne Ka
mera im Labor gestaltet werden. Ver
schiedene Gegenstände werden dabei
auf Fotopapier belichtet). Und die ent
standenen Bilder sind wahre Kunstwer
ke.
«Heisser Draht»
In der Metallwerkstatt wird heute das
«Wellenspiel» fertig gestellt. Mehrere
Jungs bastelten dafür ein Holzkästchen,
welches mit Drähten, Widerständen
und Schaltern versehen zu einem Ge
schicklichkeitsspiel wird. Und in der
Holzwerkstatt versuchen sich Mädchen
und Jungs mit Speckstein. Dass das Er
stellen einer Skulptur aus diesem Mate
rial viel einfacher aussieht, als es ist, er
fahren die Schulerinnen und Schüler
hautnah: «Ich weiss noch nicht, was es
werden soll - es bröckelt dauernd ab!»
Im Kurs Skulpturen aus Speckstein konnten die Schüler eigene Ideen verwirklichen.
Hatun und Hanim lehrten ihre Kolleginnen und Kollegen, wie türkische Spezialitäten gekocht werden.
Es ist noch nicht oller Tage Abend
Gedanken zum Auffahrtstag von Pater Ludwig Zink, Haus Gutenberg
Wir Menschen sind keine Automaten,
die sich per Druckknopf umstellen
können. Wir brauchen Zeit, um IVau-
ersituationen und Abschiede zu verar
beiten. Menschen, denen ein lieber
Mensch genommen wurde, benötigen
Zeit, um mit der neuen Situation zu
recht zu kommen. Innerlich hängen sie
am Geschehenen herum und können
sich nur schwer vorstellen, wie die
Lücke geschlossen werden kann.
Auch den Freunden von Jesus ergeht
es ähnlich. Auch sie brauchen Zeit. Es
ist ein Häuflein von Eingeschüchterten
und Mutlosen, die sich das Leben ohne
den Meister nicht vorstellen können.
Es sind Menschen, die ihren Enttäu
schungen nachhängen: «Wir aber hat
ten geglaubt, dass er Israel erlösen wer
de.» Es scheint, als ob die Worte Jesus,
des Auferstandenen und des oft uner
kannten Weggefährten, ihre Herzen
nicht erreichen. Er versucht, sie gedul
dig zu belehren: «Musste nicht dies al
les geschehen, damit die Schrift in Er
füllung gehe?». Jesus gönnt ihnen die
Zeit. Kommt Zeit, kommt Rat....
kommt Tbt. So sagt er ihnen bei seinem
Abschied: «Bleibt in Jerusalem und
wartet auf den heiligen Geist, den euch
mein Vater versprochen und den ich
angekündigt habe.»
Die Verheissung steht und gilt: «Ihr
werdet vom Geist erfüllt werden, der
wird euch fähig machen, überall als mei
ne Zeugen aufzutreten .... bis an die
Grenzen der Erde.»
Das Leben Jesu mag den Freunden
wie eine bunte Seifenblase vorgekom
men sein, die in die Höhe entschwun
den ist. Sie starren nach oben. Sie aber
bleiben zurück. Innerlich fühlen sie
sich leer. Es muss eine innere Stärkung
erfolgen.
Mir kommt eine Geschichte in den
Sinn, die Rabindranath Tagore, ein in
discher Dichter, erzählt:
TUlsidas, der Dichter, geht zum
Ganges, in jene Gegend, wo die Ein
heimischen ihre Toten verbrennen. Da
sieht er eine Frau, die bei einer kleinen
Ansammlung von Asche sitzt. Als die
Frau den Dichter sieht, erhebt sie sich,
verbeugt sich vor ihm und sagt ihm:
«Erlaube mir doch, meinem Mann in
den Himmel zu folgen.» «Warum hast
du solche Eile?» fragt sie der Dichter
und ergänzt: «Gehört nicht dem, der
den Himmel erschaffen hat, auch die
Erde?» Doch die Frau antwortet trot
zig: «Hier bleiben möchte ich nicht, ich
will zu meinem Gatten.» Tblsidas
lächelt und fordert sie auf: «Geh heim
in dein Haus. Bevör der Monat vorüber
ist, wirst du deinen Gatten finden.» Je
den Tag, so heisst es in der Erzählung,
geht TUlsidas zu ihr, teilt ihr hohe Ge
danken mit, bis ihr Herz gefüllt ist bis
zum Rand mit göttlicher Liebe. Als der
Monat vorüber ist, kommen die Nach
barn und fragen: «Frau, hast du deinen
Gatten gefunden?» Die \Vitwe lächelt
und spricht: «Ja.* Eifrig fragen die
Nachbarn: «Wo ist er?» Und die Frau
sagt: «In meinem rter?en ist mein Herr,
eins mit mir.» !
Wie die Jünger tun wir uns schwer,
eine Person los zi^ lassen.'Wir tun uns
auch schwer, uns von} wärinenden Le
bensstrom von Jesus und von seinem
Geist anstecken zu lassen! Es gilt, sein
Leben weiter zu führen. Das Licht sei
ner Botschaft darf sich imLeben vieler
Christinnen und Christen brechen. Die
Überzeugung darf auch in uns wach
sen, wie sie einmal Michelangelo nach
dem Tod eines lieben Menschen ausge
sprochen hat. Da spricht der Verstor
bene: «Ich gehe nicht fort, ich wechsle
nur die Räume, ich bin bei euch und le
be in euren Träumen.»
Wir halten uns an so vielem fest: an
Gesetzen, an Kirchenrecht, an unseren
Vorurteilen, an unserer so hoch einge
schätzten Lebenserfahrung und...und
Es war vor einigen Jahren bei einem Ju
gendtag der Diözese Rottenburg-Stutt-
gart auf dem Münsterplatz in Ulm. Ein
Windstoss wehte, dem Weihbischof
Franz Josef Kuhnle die Predigtnotizen
von seinem Stehpult weg, so dass er sich
eingestehen musste: «Ja, so ist es eben
mit dem heiligen Geist, er nimmt uns un
sere wohlausgefeilten Sätze in einem
Windstoss fort und traut uns zu, auswen
dig oder par coeur, wie die Franzosen es
ausdrücken, aus dem Herzen heraus, das
zu sagen, was wichtig ist».
Doch damit die Botschaft kein
leichtfertiges Geschwätz wird, sondern
von innen her lebt und nach aussen
wirkt, deshalb braucht es diese Tage
zwischen Ostern und Pfingsten, diese
Tage zwischen Himmelfahrt und erd
verbundener Geistbewegtheit oder um
es - mit den Predigtworten des Kaba
rettisten Hans Dieter Hüsch - zum
Ausdruck zu bringen:
«Er gab uns den Sohn, um uns zu ertra
gen,
und er schickt seit Jahrtausenden den
Heiligen Geist in die Well,
dass wir zuversichtlich sind; dass wir
uns freuen;
dass wir aufrecht gehen olme Hochmut;
dass wir jedem die Hand reichen ohne
Hintergedanken.
Dass wir im Namen Gottes Kinder sind
in allen Teilen der Welt,
eins und einig, und Phantasten des
Herrn werden
von zartem Gemüt, mit fassungsloser
Grossziigigkeit
und von leichtem Geist.
Ich zum Beispiel möchte immer Virtuo
sesein
was den heiligen Geist betrifft,
so wahr mir Gott helfe. Amen.