Liechtensteiner Volksblatt
Land und Leute
Donnerstag, 20. Januar 2000
«Es ist ein Sturm in den Hormonen»
«Die schöne Helena» in Balzers: Ein köstliches Spektakel in einer köstlichen Inszenierung - Blick hinter die Kulissen
Das VOLKSBLATT besuchte am
Dienstagabend in Balzers die 2.
Hauptprobe zur Offenbachs Ope
rette «Die schöne Helena», die am
Samstag, 22.1. um 19.30 Uhr Pre
miere haben wird, um hinter und
vor der Bühne ein wenig von der
Stimmung der Mitwirkenden ein-
zufangen.
Gerolf Häuser
Wie gut die Stimmung ist, demon
strierten Kostümbildnerin Johanna
Weise und Regisseur Franz Lindauer,
als sie im Saal spontan zur vom SOL
gespielten Ouvertüre einen Walzer
tanzten. Kein Wunder bei einem so
herrlichen Werk wie «Die schöne
Helena», wo es immer nur um das Eine
geht und bei einem Erz-Charmeur als
Regisseur.
Stimmen hinterm Vorhang
Roberto Tlirri in der Rolle des Kal-
chas, der Gross-Augur des Jupiter: «Es
läuft ausgezeichnet und macht grossen
Spass. Die Verbindung zur Operette
Balzers ist durch meine enge Zusam
menarbeit mit Franz Lindauer entstan
den. fch komme eigentlich aus dem
I Schauspiel, mache aber seit vier Jahren
i Musicals, z.B. in «Melissa» und «Space
| Dream».
J Der Einstieg jetzt in die Operette ge
fällt mir sehr gut, ich fühle mich sehr
wohl dabei. Ausgezeichnet ist hier die
Zusammenarbeit aller, die gute Atmo
sphäre.
Alle arbeiten zusammen, ziehen am
gleichen Strick, nicht zuletzt deshalb,
weil sich jeder freut, wenn das Ganze
gelingt. Ich bin immer wieder erstaunt,
wie viel die sogenannten Laien können.
Und wie Franz Lindauer alle führt, vol
ler Humor und Spielfreude, das wirkt
einfach ansteckend.»
Zufrieden mit der Arbeit
Daniel Wolfinger als Ajax I., König von
: Salamis: «Es läuft gut und ich bin sehr
zufrieden mit der Arbeit, vor allem
tauch mit der Inszenierung von Franz
^Lindauer.
i Wenn man denkt, dass er 70 Jahre alt
st und so vital,geistig fit und präsent ist,
/oller Humor und Ironie und jede ein-
:elne Rolle auf der Bühne perfekt vor-
nachen kann. So möchte ich auch alt
rerden.
Er zeigt die Offenbachsche Ironie
nd Persiflage in seiner Inszenierung
rossartig und ich denke, das Publikum
diese doch ganz andere Operette
Die Mitwirkenden müssen bereits zwei Stunden vor der Aufführung in der Garderobe sein, um «bühnenfertig» gemacht zu werden.
■
(Bilder: Barbara Keel)
geniessen und sich köstlich amüsie
ren.»
Der Hosenboden
Kostümbildnerin Johanna Weise:
«Ich komme aus einer künstlerisch be
lasteten Gegend, aus Thüringen, bin in
Jena aufgewachsen, habe in Weimar
studiert, sozusagen ständig umgeben
von Goethe und Schiller. In Berlin habe
ich dann mein Staatsexamen als-Kos
tümbildnerin gemacht, gleichzeitig an
der Hochschule für Musik Opern- und
Musikgeschichte studiert. Denn das
braucht man für diesen Beruf. Als Kos
tümbildnerin muss man die Musik in
Farben umsetzen können. Ich war dann
32 Jahre am Stadttheater St. Gallen und
habe schon vor 20 Jahren einmal für die
Balzner Operette die Kostüme entwor
fen.
Die Damen tragen Abendkleider mit
einem griechischen Touch, die Herren
sind weniger aufregend gekleidet, zei
gen dafür viel Bein. Wenn ich die Stim
mung in den Garderoben heute, also an
der 2. Hauptprobe charakterisieren
soll, gibt es nur zw# Wörter dafür:
Krieg und Frieden. t)as heisst, es gibt
viel Aufregung und Nervosität, aber
auch viel Freude an dieser Offenbach-
Operette.
Ich habe für diese Aufführungen alle
Kostüme entworfen und mit der gross
artigen Hilfe von Marlis Fantina dann
angefertigt. Beim Entwerfen gab es
eine ausgezeichnete Zusammenarbeit
mit dem Bühnenbildner Werner
Gstöhl,so dass die Farben der Kostüme
und jene der Bühne sehr gut harmonie
ren und natürlich mit dem Regisseur,
denn erst das gibt die richtige Harmo
nie, einen Dreiklang, genau wie in der
Musik.
Ich will aber, da ich sehr abergläu
bisch bin, vor der Premiere nicht zu viel
über die Kostüme sagen. Ich zitiere lie
ber Ringelnatz: Es ändern sich ständig
die Moden, jedoch der Hosenboden
bleibt sinngemäss stets unter dem Ge-
säss.
Der mit dem Stab
Josef Heinzle, musikalischer Leiter:
«Wir haben ein sehr gutes Orchester,
das SOL, mit einem ausgezeichneten
neuen Konzertmeister, den Geiger Ni-
kolaos Ormanlidis, ein aus Ungarn
stammender Grieche, der beim Neu
jahrskonzert in Mauren Sarasates Zi
geunerweisen gespielt hat. Und auf der
Bühne haben wir hervorragende Solis
ten für die Hauptrollen: Branko Ro-
binsak und Dorien Wijn.
Im «Einzig wahren Opernführer»
heisst es über Sopranistinnen, sie seien
entweder schön oder sie könnten sin
gen. Bei unserer Helena, also Dorien
Wijn, stimmt beides. Beide Rollen, die
des Parisund die Helena.sind schwierig
zu besetzen. Helena muss als Mezzo
sopran nicht nur Hefen erreichen, son
dern bis zum hohen C hinaufreichen.
Auch Paris muss Oktavsprünge machen
und einer Kadenz auch bis zum hohen
C hinauf.
Schön an Offenbachs Oper ist aber
auch, dass es viele Rollen mit solisti
schem Charakter gibt. Da man immer
noch besser werden kann, legt der
Regisseur besonderen Wert auf eine
Leichtigkeit, die zu dieser Opernpersif
lage gehört.
Sie zu erreichen und durchzuhalten,
ist für alle eine grosse Aufgabe. Mit sei
ner immensen Erfahrung, seinem Elan
und Ausstrahlung, macht Franz Lindau
er auf der Bühne wie ein Ballett-Tänzer
alles vor, «ermahnt» aber auch uns im
Orchester und im Chor immer wieder,
diese spritzige Leichtigkeit und Locker
heit nicht zu verlieren.»
Kostümbildnerin Johanna Weise:« Als Kostümbildnerin muss man Musik in Farben
umsetzen.»
Neben dem Bühnenbild und den Kostümen aus griechischer Zeit gehört auch die entsprechende Maske als wichtiges Detail zur
Operette: in Balzers sind Rosemarie Brunhart (Bild) sowie Anton und Werner Gstöhl daßr verantwortlich.