Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

26 Donnerstag, 25. Mai 2000 
Kultur 
Liechtensteiner Volksblatt 
Nachrichten 
The Tequila Sharks Duo 
VADUZ: Sie spielen viel Amerikanisches und 
auch Mexikanisches. Auf jeden Fall ist es wahn 
sinnig unterhaltsam und so abwechslungsreich: 
langsam, gefühlvoll, dann wieder schnell, rasant, 
dann wieder moderato, laut und leise. Man kann 
tanzen, oder nur zuhören, lustig oder traurig 
sein, auf jeden Fall ist man lustig. 
Obwohl sie wie eine ganze Kapelle klingen, 
sind sie nur zu zweit. Weil es ja ein Duo ist. Und 
alles ist echt. Also ohne Keyboard und so... 
Zu hören ist das Duo am Donnerstag, den 25. 
Mai im L92 ab 21 Uhr. 
Italienische Filme der 
Extraklasse im TaKino 
SCHAAN: Wenn ein politisch' denkender Fil 
memacher wie Gianni Amelio («Ladro di bam- 
bini») heute eine Migrationsgeschichte aus den 
späten 50er-Jahren erzählt, wenn er dies darü 
ber hinaus nach einem so bewegenden Film wie 
«Lamerica» tut, in dem er den Drang zur Flucht 
aus Albanien eindringlich beschrieben hat, so 
wird er mit seinem neuen Film wohl etwas über 
das Heute sagen wollen. Amelio zeigt uns die in 
neritalienische Migration der späten 50er-Jahre 
anhand der Geschichte von zwei Brüdern, und 
er führt uns vor Augen, wie viele Hoffnungen in 
einer «Auswanderung» stecken, auch wenn sie 
wie hier im eigenen Land geschieht. 
«Cosi ridevano» ist in sechs Kapitel geglie 
dert, in denen jeweils ein Tag für das ganze Jahr 
steht. Er beschreibt die Schwierigkeiten des Da 
seins in einer Stadt, die, wie Frisch es für die 
Schweiz einmal schrieb, Arbeitskräfte rief und 
Menschen aufnehmen musste. «Meridionali 
no!» lesen sie in den Wohnungsannoncen, keine 
aus dem Süden. Und das kommt einem irgend 
wie wieder beängstigend vertraut vor. Amelio 
erzählt mit den beiden Brüdern auch, wie eine 
Familie zerrissen wird unter schwierigen Bedin 
gungen. Er erzählt, wie sich einer in der Fremde 
in ein Bild von dem, was hätte sein sollen, was er 
hätte erwarten wollen, hineinsteigern kann, bis 
das, was er geliebt, das, wofür er gelebt hat, zer 
stört ist. «Ich werde mich um meinen Bruder 
kümmern», sagt Giovanni am Anfang, und am 
Ende gibt es nichts mehr, was er für seinen Bru 
der tun könnte. Überfordert waren sie beide 
von der Situation, in die sie hineingerieten. Wie 
bringt man vier Elefanten in einen Seicento? 
Die Witz-Frage wird am Anfang von Pietro ge 
stellt. am Ende vom Betreuer des vermeintlich 
zum Mörder gewordenen Jungen im Zug. Und 
die Antwort? Sie bleibt offen. 
«Cosi ridevano» ist am Donnerstag um 20 
Uhr im TaKino zu sehen. 
La Strada - Fellinis Meisterwerk! 
«La Strada», Fellinis berühmtestes Meister 
werk, wurde zu einem Welterfolg und zu einem 
Klassiker der Filmkunst. Die Beziehung zwi 
schen der naiven Gelsomina und dem kraft 
protzenden Schausteller Zampano reduziert 
Fellini auf zwei Kernpunkte: die Ausbeutung 
der Frau durch den Mann, seine patriarchali 
sche Verständnislosigkeit - ein nüchtern sozial 
kritischer Aspekt; und außerdem die Überzeu 
gung, daß auch das unscheinbarste Leben einen 
Sinn hat, daß die Liebe etwas bewirken kann, ei 
nen Menschen ändern kann - dies ist die christ 
liche Botschaft. 
In zwei Vorstellungen, am Freitag um 20.00 
Uhr und am Sonntag um 18.00 Uhr, ist «La 
Strada» im TaKino zu sehen. Auf keinen Fall 
verpassen! 
REKLAME 
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Ein reiner Zufall? 
Lyrik an den 5. Liechtensteiner Literaturtagen 2000 in der Stein-Egerta 
Zum fünften Mal finden in der 
Stein-Egerta die Liechtenstei 
ner Literaturtage statt. Für die 
diesjährige Veranstaltung 
konnten namhafte Lyrikerin 
nen aus dem In- und Ausland 
für Lesungen gewonnen wer 
den. Als einer der Höhepunkte 
darf das Kommen der grossen 
alten Dame der deutschen Ly 
rik, Hilde Domin (geb. 1912), 
gewertet werden. 
Gerolf Hauser 
Vor neun Jahren, als sich das erste 
Mal in- und ausländische Literaten 
hier trafen, hiess das von Roman 
Banzer geleitete Unternehmen 
noch «Bücherfrühling». Nach einer 
Pause von drei Jahren übernahm 
1996 Matthias Ospelt die Koordina 
tion des «Bücherfrühlings». 1998 
wurde der Name der Veranstaltung 
in «Liechtensteiner Literaturtage» 
umgewandelt. 
Vermittlungsarbeit 
In diesem Jahr steht das Literatur 
wochenende (veranstaltet im Auf 
trag der Erwachsenenbildung und in 
Zusammenarbeit mit dem Kultur 
beirat, Koordinatoren sind Mathias 
Ospelt und Hansjörg Quaderer) un 
ter dem Thema Lyrik, auch um Ver 
mittlungsarbeit für eine um ihr 
Überleben kämpfende literarische 
Gattung zu leisten. Am Samstag, 27. 
Mai, lesen ab 13 Uhr die 1980 gebo 
rene Vorarlbergerin Johanna Teresa 
Hartmann, Iren Nigg (FL), Karl Lu- 
bomirski (A/I), Armin Senser (CH) 
und Peter-Huchel-Preisträgerin Bri 
gitte Oleschinski (D). Abends spielt 
Der Schweizer Lyriker Werner Lutz 
liest an den 5. Liechtensteiner Litera 
turtagen in der Stein-Egerta. 
der Jazz-Akkordeonist Hans Hass 
ler (CH). Am Sonntag, 28. Mai, fin 
det um 11 Uhr ein Podiumsdiskussi 
on unter der Leitung des Literatur 
wissenschaftlers Peter Gilgen zum 
Thema «Poetologie» statt. Ab 14 
Uhr lesen Hilde Domin (D), Werner 
Lutz (CH) und der Clemens-Bren 
tano-Lyrikpreisträger Oswald Eg 
ger (A). Neben ihrer Lesung wird 
Johanna Teresa Hartmann im Kabi 
nett der Stein-Egerta in einer Aus 
stellung eine Auswahl ihrer Konkre 
ten Poesie zeigen. Dort befindet sich 
auch der Büchertisch, an dem ca. 120 
Titel (vorwiegend deutschsprachige 
Lyrik) aufliegen werden sowie Ly 
rikzeitschriften, Liechtensteinensia 
und literarische Postkarten. 
FL-Literatur - ein Zufall? 
An den Literaturtagen wird auch 
die Diplomarbeit des Engländers 
Neben ihrer Lesung zeigt Johanna 
Teresa Hartmann eine Auswahl ihrer 
Konkreten Poesie. 
Michael Harris mit dem Thema: 
«Am Rande, am Rhii - a national li- 
terature for Liechtenstein?» vorge 
stellt. Harris, der vor einigen Jahren 
in Liechtenstein weilte und seither 
den Kontakt zum Land nicht mehr 
abbrechen Hess, geht der Frage nach 
einer Liechtensteiner Nationallite 
ratur nach und untersucht anhand 
von Prosatexten, weshalb es erst in 
den letzten Jahren eine neue liech 
tensteinische Literaturströmung 
gibt. Er stellt die Frage, ob die so 
zialen und wirtschaftlichen Verän 
derungen in Liechtenstein seit dem 
Zweiten Weltkrieg Auswirkungen 
hatten auf die heutige Situation in 
der Literatur und wie die Schrift 
steller ihr Land, ihre Beziehung zu 
ihm, zu seinen Traditionen, der Re 
ligion, der Monarchie und der Ge 
sellschaft verarbeiten und ob die 
jetzige literarische Betriebsamkeit 
im Land die Geburt einer eigentli 
chen «Liechtensteinischen Natio 
nalliteratur» bedeute oder es «nicht 
mehr als ein Zufall» sei. Heute sei 
das Schreiben in Hochdeutsch in 
Liechtenstein charakterisiert durch 
eine Positionierung ausserhalb der 
geschlossenen Gemeinschaft des 
Lebens im Fürstentum, durch ein 
Gefühl der Unzufriedenheit mit 
dem Land, einem am Rande Stehen. 
Zusammenfassend schreibt Micha 
el Harris am Ende seiner Arbeit: 
«Es ist vielleicht kein Zufall, dass es 
gerade diese Generation gewesen 
ist, die für die erste literarische Ak 
tivität von Bedeutung im Land ge 
sorgt hat. 
Aber es wäre nicht die ganze 
Wahrheit, würde man behaupten, 
diese Aktivität sei aus dem Nichts 
entstanden. Das zeitgenössische li 
terarische Schaffen in Liechtenstein 
kann als Versuch der heutigen Ge 
neration Liechtensteins angesehen 
werden, mit ihrem Land klar zu 
kommen. 
So wie dies die Mundartdichter 
früherer Jahre taten... Viel eher als 
eine Nationalliteratur für ein Land 
zu schaffen, in deren Gesellschaft 
siesich am Rande fühlen, sind diese 
Schriftsteller lediglich bemüht, mit 
einem Land zurecht zu kommen, 
dessen Identität seine Wurzeln in 
den Anekdoten der älteren Ver 
wandten zu haben scheint und in 
den Dialektgeschichten der Kind 
heit.» 
Literaturtage 27. und 28. Mai. 
Eintritt: Passepartout 40 CHF; Ta 
geskarte 25 CHF. Sämtliche Lesun 
gen finden im Haus und, falls es das 
Wetter zulässt, auch im Park der 
Stein-Egerta statt. 
Liechtenstein und der Komponist Nino Rota 
Oratorium «Die Jugend Johannes des Täufers» in der Kathedrale St. Florin in Vaduz 
Lotte Schwarz und Graziano Man- 
dozzi, die Veranstalter der seit dem 
5. Mai und bis zum 28. Mai laufen 
den Hommage an den Komponisten 
Nino Rota, gaben mit verschiede 
nen Ausstellungen, Filmen und mu 
sikalischen Darbietungen einen 
umfassenden Einblick in das Leben 
und die Arbeit des Künstlers Nino 
Rota. 
Gerolf Hauser 
Nino Rota (1911-1979) ist vor allem 
bekannt geworden durch seine Zu 
sammenarbeit mit dem Filmregis 
seur Federico Fellini, durch die Mu 
sik zu Filmen wie z.B. «La Strada», 
«La Dolce Vita», «Rocco und seine 
Brüder», «Der Leopard», «Romeo 
und Julia» oder «Der Pate». Aber 
über Nino Rota gibt es noch viel 
mehr zu erzählen. 
Um das zu ermöglichen, beschäf 
tigt sich Graziano Mandozzi seit 
Jahrzehnten mit dem Komponisten 
Nino Rota. Das von ihm zusammen 
gestellte Programm wird in Mai 
land, Rom, Locarno, Wien, Berlin, 
Tel-Aviv und Los Angeles gezeigt. 
Rota schrieb für 16 Fellini-Filme die 
Musik, aber auch Sonaten, Klavier 
stücke, Kammermusik, Oratorien, 
Opern, Melodramen und Ballett 
musik. Bereits im Alter von 11 Jah 
ren komponierte er das in der Kir 
che in Vaduz aufgeführte Oratori 
um «L'infanzia di S. Giovanni Batti- 
sta». Unter der musikalischen Lei 
tung von Graziano Mandozzi san 
gen und spielten das Orchester, der 
Kammer- und Kinderchor der 
Liechtensteinischen Musikschule, 
Majiej Zborowski (Orgel) und die 
Gesangssolistinnen Christoph Ga- 
bathuler (Knabensopran), Andrea 
Borer, Ursula Schädler und Sabine 
Mayer (Sopran), Erika Kind (Mez 
zosopran), Karl Schädler (Bass), 
Willi Frommelt und Werner Marxer 
(Tenor). 
Grosse Anerkennung 
Das Konzert begann mit der So 
nate für Orgel in C-Dur, von Nino 
Rota 1965 komponiert und von Ma 
jiej Zborowski ausgezeichnet ge 
spielt. Die Sonate beginnt mit einer 
kurzen aber gewaltigen Einleitung, 
mit massiv sich aneinander-reiben 
den vielstimmigen Klängen, gefolgt 
von ruhigen, einstimmigen Melodi 
en über sanft wellender Begleitung 
und fast undefinierbar tiefenTönen. 
In diese Oasen der Ruhe und Be 
sinnlichkeit brechen immer wieder 
clusterartige Akkorde hinein. Das 
Werk besticht durch meditative 
Passagen, die Folge kleiner Ton 
schritte und reiche Farbigkeit, die 
durch intensiven Einsatz der ver 
schiedenen Register der Orgel un 
terstrichen wird. «Wie Sie gehört 
haben», sagte Graziano Mandozzi, 
«konnte Nino Rota auch so impo 
sante Werke wie diese Orgelsonate. 
Mehr als 40 Jahre früher, schrieb er 
im Alter von 11 Jahren das nun fol 
gende Oratorium.» Da, wie Grazia 
no Mandozzi betonte, man Rotas 
Werke nicht einfach als CD kaufen 
und hören könne, würden die Musi 
kerinnen einige der wichtigsten und 
schönsten Stellen des Oratoriums 
isoliert vortragen, um sie dann bei 
eigentlichen Aufführung wieder zu 
erkennen. Bei der Aufführung über 
zeugte vor allem der junge Chris 
toph Gabathuler, der mit einem 
herrlichen und sicheren Knabenso 
pran die Partie des Johannes sang. 
Aber Anerkennung gilt allen Betei 
ligten, die dieses «Johannes-Werk» 
des Komponisten Giovannino (der 
kleine Johannes) Rota meisterten, 
ein Werk, das zwar überwiegend in 
konventionellem Stil und sehr har 
monisch klingt, das aber doch be 
reits Anfänge der eigenen Tonspra 
che Rotas zeigt, z.B. «eigenwillige», 
aus der Konvention ausbrechende 
Intervall- und Halbtonschritte. 
Die Hommage in Liechtenstein 
endet mit einem Kammermusik 
abend (25.5., 20 Uhr, Eschen, Peter 
Kaiser-Saal der Musikschule) und 
der deutschen Erstaufführung von 
«Die Fahrstunde», für die Dimitri 
imTaK 28.5., 10.30 Uhr, Regie, Büh 
nenbild und Kostüme gestaltet. 
REKLAME 
Waehterschriftcn. Schaan 
fon 232 02 86. fax 232 02 87 
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Dirigent Graziano Mandozzi beschäftig sich zeit Jahrzehnten mit den Kompositionen von Nino Rota.
	        

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