Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Inland 
Dienstag, 23. Mai 2000 7 
Landtag 
Neues Modell für die 
Architekturwettbewerbe 
«Der Architekturwettbewerb hat gesamthaft 
und auch in Liechtenstein eine lange und erfolg 
reiche Tradition. Mit dem Architekturwettbe 
werb kann für den Bauherrn die optimale Lö 
sung gefunden und der kulturpolitische Auftrag, 
zeitgemässe Architektur zu fördern, erfüllt wer 
den», hielt Regierungschef Mario Frick im letz 
ten Landtag fest. Zur kleinen Anfrage des FL- 
Abgeordneten Egon Matt, warum nun gewisse 
Bewerber von einer Teilnahme ausgeschlossen 
würden, erklärte der Regierungschef: 
«Der Architekturwettbewerb ist in der Ge-' 
setzgebung über das öffentliche Auftragswesen 
geregelt. Dienstleistungsaufträge, welche die 
Schwellenwerte von 200 000 ECU bzw. 315 000 
Franken überschreiten, sind europaweit auszu 
schreiben. Im Gesetz ist die Mitsprache des 
Liechtensteinischen Ingenieur- und Architek 
tenverbandes (LIA) vorgesehen. Zusammen 
mit dem LIA hat das Hochbauamt ein Wettbe 
werbsmodell ausgearbeitet, welches für die 
Weiterführenden Schulen inTriesen und bereits 
früher für die Umnutzung der Spörry-Fabrik in 
Vaduz erfolgreich zur Anwendung gelangte. Mit 
dem Modell «Setzen von ca. 15 Teilnehmern 
und dazu die Auslosung weiterer 15 Teilneh 
mer» konnte eine grosse Akzeptanz und ein 
Konsens mit dem LIA gefunden werden. Mit 
diesem Modell besteht die Möglichkeit, in Ab 
sprache mit dem LIA, eine feste Anzahl liech 
tensteinischer Teilnehmer zu setzen. Der LIA 
hat seine Mitglieder befragt, wo und bei wel 
chen Wettbewerben ihre Büros teilzunehmen 
gedenken. Erst aufgrund der Bewerbungen er 
stellt das Hochbauamt zusammen mit der Jury 
die Gesetztenliste. Anschliessend wird im offe 
nen Verfahren europaweit und in den Ländern 
des GATT/WTO ein Bewerbungsverfahren 
ausgeschrieben. Daraus werden die zusätzli 
chen Teilnehmer ausgelost. Das Losverfahren 
wurde aus Gründen der Objektivität gewählt. 
Mit dem Losentscheid wurde nach Auffassung 
der Regierung eine faire Lösung gefunden. Aus 
gelost wird aus drei verschiedenen «Töpfen». 
Im Topf 1 sind die Architekten mit den themati 
schen Referenzen, im Topf 2 Jungarchitekten 
und im Topf 3 alle anderen. Erfahrungsgemäss 
resultiert daraus eine gute Mischung. 
Aufgrund dieser Ausführungen kann die Fra 
ge, ob künftig alle interessierten Büros in Liech 
tenstein die gleichen Chancen vorfinden, so be 
antwortet werden, dass mit der Bewerbungs 
möglichkeit aller beim LIA vertretenen Büros 
und anschliessend durch Losentscheid die 
Chancengleichheit im Rahmen der rechtlichen 
Bedingungen gewahrt ist.» 
Für Bungee-Jumplng Ist 
eine Bewilligung nötig 
«Liechtenstein Tourismus als staatliche Touris 
musorganisation bietet keine Aktivitäten wie 
beispielsweise das Bungee-Jumping oder ähnli 
ches an und sieht derartige Aktivitäten auch in 
Zukunft nicht vor. Die Organisation und 
Durchführung von Veranstaltungen im Fun 
sport- und Abenteuerbereich ist Sache von pri 
vaten Veranstaltern und fällt grundsätzlich un 
ter den Geltungsbereich des Gewerbegesetzes», 
teilte Regierungschef-Stellvertreter Michael 
Ritter auf eine diesbezügliche kleine Anfrage 
des FBPL-Abgeordneten Elmar Kindle mit. 
Zu dessen Frage nach den Auflagen erklärte 
Michael Ritter; «Für die Durchführung von Ver 
anstaltungen, wie beispielsweise eines Bungee- 
Jumping-Events, ist zusätzlich zur Gewerbe 
bewilligung eine Aufführungsbewilligung der 
Regierungskanzlei notwendig. Dies gilt für alle 
öffentlichen Veranstaltungen, die behördliche 
Massnahmen oder Kontrollen technischer, ge- 
sundheits-, bau- oder fremdenpolizeilicher Art 
verlangen. Die Bewilligung wird nur dann er 
teilt, wenn die von den Behörden auferlegten 
Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden 
können. So wurde beispielsweise im letzten Jahr 
ein Gesuch zur Durchführung eines Bungee- 
Jumping-Events aus Sicherheitsgründen von 
der Regierungskanzlei abgelehnt.» 
Freie Liste will Anerkennung 
der Naturheilkunde 
Kleine Oppositionspartei reicht Motion und Postulat zur Komplementärmedizin ein 
Die Freie Liste geht in Sachen 
Naturheilkunde in die Offensi 
ve. Sie reichte eine Motion und 
ein Postulat zu Händen des 
Landtages ein, mit welchen 
zum einen eine gesetzliche Re 
gelung zu Naturheilkunde ge 
schaffen und zum anderen die 
Übernahme von komple- 
mentärmedizinischen Leistun 
gen und Heilmittel in die Kran 
kenpflegegrundversicherung 
gewährleistet werden soll. 
Alexander Batliner 
Beide parlamentarischen Vorstösse 
der Freien Liste zielen darauf ab, die 
Leistungen von Naturheilprakti 
kern und Praktikerinnen in die all 
gemeine medizinische Versorgung 
mit einzubeziehen. Mit der Motion 
soll die Regierung beauftragt wer 
den, dem Landtag den Erlass eines 
Gesetzes zur Regelung der Natur 
heilkunde zu unterbreiten. Das Pos 
tulat ziehlt darauf ab, die Übernah 
me komplementärmedizinischer 
Leistungen und Heilmittel in die 
Grundversicherung und deren Ver 
gütung durch die obligatorische 
Krankenversicherung zu prüfen, so 
fern sie von Ärztinnen und Ärzten 
erbracht wird. 
Motion 
Das Gesetz zur Regelung der Na 
turheilkunde, welches durch die ein 
gereichte Motion dem Landtag un 
terbreitet werden soll, soll den 
Schutz der Patienten und der Na 
turheilpraktiker in dem Mittel 
punkt stellen. Die Freie Liste führt 
in ihrer Begründung aus: «Die Not 
wendigkeit der Schaffung eines Na 
turheilpraktikergesetzes lässt sich 
sowohl mit den Interessen und dem 
Schutz der Patienten und Patientin 
nen als auch mit den Interessen der 
Naturheilpraktiker begründen. Die 
Patienten sollen die Heilmethoden 
und die Therapeuten möglichst frei 
wählen können, sie sollen darüber 
Die Abgeordnelen der Freien Liste, Paul Vogt (links) und Egon Malt, reichten das Postulat und die Motion zur Na 
turheilkunde ein, (Archivbild) 
entscheiden, wem sie sich anver 
trauen wollen Es ist grundsätzlich 
nicht Aufhabe des Staates, darüber 
zu entscheiden, was für die Men 
schen gut und richtig ist. Der Staat 
hat aber die Aufgabe, soweit re 
gelnd einzugreifen, dass Menschen 
nicht durch Naturheilpraktiker ge 
fährdet werden können, die un 
genügend ausgebildet sind oder die 
gefährliche Methoden anwenden. 
Für die Naturheilpraktiker selber 
sind klare Regelungen für die Ausü 
bung ihres Berufes ebenfalls wich 
tig: Sie müssen wissen, was ihnen er 
laubt ist und was der Schulmedizin 
vorbehalten ist.» Die Freie Liste 
kritisiert in ihrer Begründung auch 
die Arbeit der Regierung. Schon 
1996 habe eine Vernehmlassung zu 
diesem Thema stattgefunden. Eine 
Weiterbearbeitung habe die Regie 
rung aber unterlassen. Sie habe nur 
angekündigt, dass sie diese Vorlage 
nach der Schaffung eines Spital- 
und eines Ärztegesetzes wieder in 
Angriff nehme. Diese Aussage ist 
der Freien Liste zu ungenau, wes 
halb sie nun diese Motion einge 
reicht hat. 
Postulat 
Mit dem Postulat will die Freie Liste 
erreichen, dass komplementärmedi 
zinische Leistungen und Heilmittel 
in die Grundversicherung und de- 
> ren Vergütung durch die obligatori 
sche Krankenversicherung über 
nommen werden. Die Freie Liste 
führt aus: «Heilen ist heute kein 
Monopol der Schulmedizin mehr. 
Viele Menschen bevorzugen heute 
wenn immer möglich natürliche 
Heilverfahren und sie suchen des 
halb ergänzend zur Schulmedizin 
Naturheilpraktiker oder Ärzte mit 
entsprechender Erfahrung auf. Da 
bei geraten sie oft in einen Dschun 
gel krankenversicherungsrechtli 
cher Probleme, insbesondere was 
die Kostenübernahme komple 
mentärmedizinischer Leistungen 
und Arzneien betrifft.» Diese Prob 
lematik soll gemäss Freier Liste 
gemindert werden. Mit einer ins 
Gewicht fallenden Kostensteige 
rung wäre im Gesundheitswesen 
wäre durch die Forderung der Frei 
en Liste gemäss eigenen Angaben 
nicht zu rechnen. Die Freie Liste 
führt aus: «Mit einer ins Gewicht 
fallenden Kostensteigerung ist nicht 
zu rechnen, da ein Arzt oder eine 
Ärztin in der Praxis häufig entwe 
der die eine (Schulmedizin) oder 
die andere Methode (Komple 
mentärmedizin) anwenden wird, 
während unter den derzeitigen Be 
dingungen die Patienten häufig 
Schulmediziner und Heilpraktiker 
gleichzeitig konsultieren, was insge 
samt Mehrkosten verursacht.» 
Einzigartige 
Verbindung 
Liechtenstein an der Weltausstellung in Hannover 
Vom 1. Juni 2000 bis zum 31. Okto 
ber 2000 findet die Weltausstellung 
EXPO 2000 in Hannover statt. 
Liechtenstein nimmt an dieser 
Weltausstellung zum zweiten Mal 
nach 1958 teil. 
Der Pavillon des Fürstentums 
Liechtenstein befindet sich in Halle 
15 an zentraler Lage. Die EXPO- 
Besucher können den «Liechten 
stein» von allen vier Seiten betre 
ten, und zwar durch Steintore: den 
Wirtschaftsstein, den Kulturstein, 
den Finanzstein und den Monar 
chiestein. 
Der nachstehende Beitrag ver 
mittelt einen Eindruck von den In 
halten des Ausstellungsbeitrages 
über den liechtensteinischen 
Staat: 
«Monarchiestein» 
Durch den «Monarchiestein» 
werden die Besucher zu dem Aus 
stellungsteil gelangen, in dem ge 
schichtliche und staatskundliche 
Themen dargestellt werden: Das 
Staatssystem Liechtensteins ist eine 
Besonderheit, das Bestehendes und 
Erneuerung verbindet. 
Das Land ist gleichzeitig Monar 
chie und Demokratie, denn gemäss 
der gültigen Verfassung von 1921 
steht die Erbmonarchie auf demo 
kratischer und parlamentarischer 
Grundlage. Zwischen Fürst und 
Volk hat sich ein Gleichgewicht ein 
gestellt. wodurch sich ein ausseror 
dentlich hohes Mass an politischer 
Kontinuität und Stabilität ent 
wickeln konnte. 
Die gesetzgebenden Kompeten 
zen liegen beim Landtag. Die Re 
gierung wird vom Fürsten, dem 
Staatsoberhaupt, auf Vorschlag des 
Landtags ernannt und auf jeweils 
vier Jahre mit dem Vollzug der Ge 
setze betraut. Drei Parteien, die alle 
eine demokratische, liberale und so 
ziale Grundorientierung teilen, ver 
treten das Volk im politischen All 
tag. 
Zusammenwirken 
aller Kräfte 
Liechtenstein ist eine Erbmonar 
chie auf demokratischer und parla 
mentarischer Grundlage. Fürst und 
Volk nehmen die staatlichen Aufga 
ben gemeinsam wahr, wie sie in der 
Verfassung festgelegt sind. Die ein 
zigartige Verbindung von Monar 
chie und Demokratie hat sich als 
dauerhafte Staatsform erwiesen. 
Das liechtensteinische Staatssystem 
verlangt das Zusammenwirken aller 
Kräfte. Der Fürst, der Landtag und 
die Regierung gestalten den Staat. 
Das Volk wirkt mit, dank weit 
reichender direktdemokratischer 
Rechte. 
«Besinnung auf die 
eigenen Werte» 
Fragen an Regierungschef Mario Frick 
Liechtenstein nimmt erstmals seit 
1958 wieder an einer Weltausstel 
lung teil Was sind die hauptsächli 
chen Gründe der Regierung filr die 
Teilnahme an der EXPO 2000 In 
Hannover? 
Nach Ansicht der Regierung 
macht es Sinn, periodisch die Platt 
form der EXPO zu nutzen. Liechten 
stein hat somit die Gelegenheit, sich 
an einem gemeinsamen «Markttag» 
zu präsentieren. Die EXPO 2000 in 
Hannover ist speziell geeignet für ei 
ne Präsentation Liechtensteins: Zum 
Ersten kann damit in sinnvoller Art 
und Weise das Jahr 2000 zur Besin 
nung auf die eigenen Werte genutzt 
werden; zum Zweiten ist die Durch 
führung der EXPO 2000 in Hanno 
ver, im Zentrum von Europa und im 
EWR-Raum, für Liechtenstein von 
der Organisation und von der Logis 
tik her optimal. 
Über den «Monarchiestein» gelan 
gen die Besucher Im Liechtenstein- 
Pavillon zu dem Ausstellungstell, In 
dem geschichtliche und staatskund 
liche Themen dargestellt werden. 
Wie beurteilen Sie diesen Ausstel 
lungstell, vor allem auch unter 
Berücksichtigung der derzeit statt 
findenden Verfassungsdiskussion In 
Liechtenstein? 
Wir Liechtensteinerinnen und 
Liechtensteiner stehen zu unserer 
speziellen Staatsform, die eine 
Mischung zwischen Monarchie und 
Demokratie darstellt. Der Monar 
chiestein steht als Teil des Ganzen, 
als Symbol für die spezielle staats 
rechtliche Situation, in der wir uns 
befinden. Mit dem Monarchiestein 
soll nicht lediglich die Monarchie 
gefeiert werden, sondern das Ganze. 
Dass die Verfassungsdiskussion der 
zeit in Richtung Volksabstimmung 
tendiert, ist sehr bedauerlich und ich 
würde es begrüssen, wenn ein allge 
meiner Konsens zwischen Fürst und 
Landtag auf die bisherige Verfas 
sung gefunden werden könnte. 
Was versprechen Sie sich persönlich 
von der liechtensteinischen Teil 
nahme an der diesjährigen Welt 
ausstellung:? 
Die Teilnahme an der EXPO 2000 
im Jahr 2000 ist die Gelegenheit, sich 
selber darzustellen. Um sich selber 
darzustellen, muss man wissen, wer 
man eigentlich ist. Mir scheint, dass 
gerade diese Anstrengung, nämlich 
zu definieren, was man international 
Uber sich selber präsentieren will, 
schon sehr viel wert ist. Ich hoffe und 
bin sehr zuversichtlich, dass die Be 
wohnerinnen und Bewohner unse 
res Landes Freude haben werden 
mit dem, was an der EXPO 2000 
präsentiert wird, insbesondere auch 
mit unserem Pavillon. 
(
	        

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