Liechtensteiner Volksblatt
Landtag
Dienstag, 23. Mai 2000 5
Landtag
Religionsunterricht:
Was ist im Gange?
Zur Zukunft des Religionsunterrichtes an den
Schulen hatte die Regierung laut Paul Vogt bis
zur Mai-Sitzung einen Bericht angekündigt.
Nachdem dieser nicht vorlag, erkundigte sich
der FL-Abgeordnete nach dem aktuellen Stand
der Dinge. Dazu Regierungsrat Norbert Mar
xer: «Die Regierung hatte das Schulamt beauf
tragt, einen Bericht zu verfassen, der zu folgen
den drei Bereichen Stellung nimmt:
1. derzeitige Situation des Religionsunter
richts,
2. gesetzliche Grundlagen und organisatori-'
sehe Rahmenbedingungen,
3. mögliche Alternativen zur gegenwärtigen
Form des Religionsunterrichtes.
Das Schulamt hat der Regierung diesen Be
richt zwischenzeitlich zugestellt. Vor wenigen
Tagen hat die Regierung zudem von der Erz
diözese einen Entwurf zu einer Vereinbarung
zwischen dem Lande Liechtenstein und dem
Erzbistum Vaduz betreffend den katholischen
Religionsunterricht an den öffentlichen Schu
len im Fürstentum Liechtenstein erhalten. Der
zeit wird von der Regierung sowohl der Bericht
des Schulamts als auch der Vereinbarungsent
wurf des Erzbistums überprüft. Anschliessend
wird das weitere Vorgehen festgelegt werden. In
der Beantwortung der Kleinen Anfrage in der
Landtagssitzung vom 15./16. März 2000 wurde
darauf hingewiesen, dass die Öffentlichkeit in
formiert wird, sobald der Bericht abgeschlossen
ist. Es ist aber nicht erwähnt worden, dass der
Bericht den Landtagsabgeordneten bis zur.Mai-
Sitzung des Landtages zugestellt werde.»
Keine Visumspflicht für
Bosnien-Besucher?
Sieht die Regierung eine Möglichkeit, für Kurz
besucher die Visumspflicht für Bosnien-Herze
gowina beidseitig aufzuheben? Zu dieser An
frage des FL-Abgeordneten Dr. Egon Matt gab
Regierungschef Mario Frick in der letzten
Landtagssitzung folgende kurze Auskunft: «Für
die Einreise nach Liechtenstein sind dieselben
Einreisevorschriften wie für die Einreise in die
Schweiz anwendbar. Grundlage bilden die
Staatsverträge mit der Schweiz über die Hand
habung ausländerrechtlicher Bestimmungen in
beiden Staaten. Ein Alleingang des Landes oh
ne die Schweiz ist rechtlich und politisch ausge
schlossen. Die Schweiz und Liechtenstein kön
nen mit Bosnien-Herzegowina Verhandlungen
über Einreiseerleichterungen zu Besuchs
zwecken nur dann aufnehmen, wenn dies allsei
tig gewünscht wird und von Anfang an auf der
Basis der Gegenseitigkeit beruht. Solche Ver
handlungen über gegenseitige Einreiseerleich
terungen kommen grundsätzlich aber nur dann
in Frage, wenn die Regierungen die Aufnahme
solcher Gespräche beschliessen und davon
überzeugt sind, dass die politischen und wirt
schaftlichen Verhältnisse in den betroffenen
Staaten stabil und grundsätzlich vergleichbar
sind, so dass nach einem Besuchsaufenthalt im
Gaststaat die Rückreise der Besucher in ihren
jeweiligen Heimatstaat gesichert erscheint.»
Regelung für Heim-
Wochenaufenthalter
Im «Birkahof» des Heilpädagogischen Vereins in
Liechtenstein würden, so der VU-Abgeordnete
Hansjörg Goop, auch behinderte Personen be
schäftigt, die teilweise noch im Ausland wohnten.
Weil sie keinen Wochenaufenthalt erhalten wür
den, müssten sie jeden Abend wieder nach Hau
se zurückkehren, was für die Betroffenen nicht
gerade angenehm sei. In einer kleinen Anfrage
erkundigte er sich deshalb nach den Hintergrün
den. Dazu Regierungschef Mario Frick: «Liech
tenstein kennt den Status «Wochenaufenthalter»
nicht. Die gesetzlichen Bestimmungen (Bundes
gesetz über Aufenthalt und Niederlassung der
Ausländer) sehen diesen Status nicht vor. Wenn
für einen Schweizer Bürger ein Antrag auf Auf
enthalt eingereicht wird, so wird diesem für die
Wohnsitznahme in einem Heim entsprochen, da
aufgrund des Notenaustausches aus dem Jahre
1981 ein Anspruch auf Erteilung der Aufent
haltsbewilligung für die Aufnahme in Heime be
steht. Für andere Staatsangehörige besteht bis
anhin keine gesetzliche Grundlage für eine sol
che Wohnsitznahme. Für EWR-Bürger wird mit
der Einführung der neuen Personenverkehrsver
ordnung die Möglichkeit geschaffen, über die
Vergabe innerhalb der Höchstzahlen eine Auf
enthaltsbewilligung zu diesem Aufenthaltszweck
zu erhalten. Das Heilpädagogische Zentrum
(HPZ) selbst hat gemäss Ausländer- und Passamt
in den letzten beiden Jahren keinen Antrag für
eine Aufenthaltsbewiiligung eingereicht.»
«Verunsicherung unbegründet»
Die Regierung über die Zukunft der Bus-Chauffeure im öffentlichen Verkehr
«Die Verunsicherung im Zu
sammenhang mit dem Anstel
lungsverhältnis und den Ar
beitsbedingungen der für die
Subunternehmer der Liechten
stein Bus Anstalt (LBA) täti
gen Wagenführer ist nach An
sicht der Regierung unbegrün
det.»
Dies erklärte Regierungsrat Nor
bert Marxer im letzten Landtag
nach einer kleinen Anfrage von
Paul Vogt. Den Ausführungen des
FL-Abgeordneten zufolge gab es
offenbar eine Zusammenkunft von
Wagenführern mit der LBA und
dem Regierungschef, an der die Zu
sicherung gegeben worden sei, dass
bei den Löhnen alles beim Alten
bleibe. Es gebe aber nach wie vor
Befürchtungen, dass die Chauffeure
inskünftig unter den neuen Rah
menbedingungen, z.B. Arbeitszeit
und Arbeitsbelastungen, zu leiden
hätten. Paul Vogt erkundigte sich
daher erneut, ob die Chauffeure
tatsächlich mit Verschlechterungen
rechnen müssten oder ob einfach
die Kommunikation zu wenig
spiele.
«Nicht schlechter gestellt»
Verkehrsminister Norbert Mar
xer führte hierzu Folgendes aus:
«Das Lastenheft der LBA sieht vor,
dass die Bus-Chauffeure zu den bis
herigen Bedingungen übernommen
werden. Beim Übergang von der
Schweizerischen Post zur LBA bzw.
in die Arbeitsverträge mit den
zukünftigen Subunternehmern -
diesbezüglich ist anzumerken, dass
auch in der Schweiz die bisherigen
Reglementierungen der Schweize
rischen Post durch neue Verträge
abgelöst werden - ist im Lastenheft
festgehalten, dass die zu überneh
menden Bus-Chauffeure im Jahres
lohn (inkl. 13. Monatslohn und Ar
beitnehmerabzüge) und dem Jah
resferienguthaben nicht schlechter
gestellt werden dürfen als bisher.
Ebenso sind die bisherigen Dienst-
jahre durch den neuen Subunter
nehmer anzurechnen. Diese Besitz
standwahrung ist dauernd und darf
nicht als Kündigungsgrund dienen.
Weiterhin wurde den Wagenführern
zugesichert, dass - sofern der neue
Subunternehmer keine Vorgaben
Uber Zulagen gemacht hat - der feh
lende Betrag durch die LBA sicher
gestellt wird. Die Wagenführer wer
den demnach «unter dem Strich»
mindestens gleichviel wie heute ver
dienen.
41-Stunden-Woche
Zu den übrigen Regelungen ist zu
sagen, dass die Wagenführer weiter
hin eine 41-Stunden-Woche haben,
dass für die Dienstzeiten neben den
rein fahrplanmässigen Dienstzeiten
auch die Fahrten Garage-Anfahrts
ort-Garage, die Ein- und Austritts
zeiten nach dem Kurs sowie die Rei
nigungszeiten gerechnet werden.
Die Vergütung von Absenzen ent
spricht den üblichen liechtensteini
schen Regelungen. Ebenso sind alle
liechtensteinischen Feiertage für
die Wagenführer selbstverständlich
arbeitsfreie Tage.
Die wesentlichen Inhalte des Ar
beitsvertrages der Wagenführer mit
dem Subunternehmer bzw. eines
Gesamtarbeitsvertrages wurden
weitgehend durch den Liechtenstei
nischen Arbeitnehmerverband zu
sammen mit den Wagenführerver
tretern aufgestellt. Die wesentli
chen Regelungen für die Wagenfüh
rer entsprechen in vielen Fällen eins
zu eins den Regelungen, wie sie im
bisherigen Arbeitsvertrag schon
vorgesehen waren.»
Die Verunsicherung der Wagenfilhrer vor der Neu vergabe des öffentlichen Verkehrs ist laut Regierung unbegründet.
Gewinnverwendung obliegt Stiftungsräten
Anfrage über die Festlegung der Beiträge und Leistungen von Pensionskassen
Im Zusammenhang mit der Festle
gung der Beiträge und Leistungen
von Pensionskassen ist es laut Re
gierung nicht Sache des Gesetzge
bers, hierzu einheitliche Vorschrif
ten für alle Pensionskassen aufzu-
^ stellen.
Nach den Ausführungen des FBPL-
t Abgeordneten Dr. Marco Ospelt
weisen die Pensionskassen in der
Schweiz Vermögen und Erträge aus,
die weit über die zur Sicherung der
Renten notwendigen Reserven hi
nausgingen. Im Nachbarland würden
bereits die Konsequenzen aus die
ser Tatsache diskutiert. Zur Frage
stünden Rentenerhöhungen oder
eine Reduktion der Beiträge bzw.
ein vorübergehender Beitragsstopp.
Marco Ospelt erkundigte sich nun
bei der Regierung nach der Situati
on in Liechtenstein: Wie haben sich
die Reserven unserer Kassen ent
wickelt? Bestehen Überlegungen,
die Beiträge der Versicherten oder
die Renten der Pensionierten anzu
passen? Bestehen in der Regierung
Vorstellungen darüber, wie die Ver
teilungsgerechtigkeit zwischen Ar
beitnehmern, Arbeitgebern und
Pensionierten eingehalten werden
kann?
Drei verschiedene Typen
Regierungschef-Stellvertreter
Michael Ritter gab hierzu folgende
knappe Auskunft: «Grundsätzlich
ist festzuhalten, dass die Vorsorge
einrichtungen der 2. Säule jederzeit
Sicherheit d^für bieten müssen, dass
sie die übernommenen Verpflich
tungen erfüllen können. Sie regeln
das Beitragssystem und die Finan
zierung im Rahmen von Gesetz und
Verordnung so, dass die Leistungen
bei Fälligkeit erbracht werden kön
nen. Hierfür ist das oberste Organ
einer Pensionskasse, nämlich der
paritätisch aus Arbeitgeber- und
Arbeitnehmervertretern zusam
mengesetzte Stiftungsrat verant
wortlich.
In Liechtenstein gibt es drei ver
schiedene Typen von Pensionskas
sen. Dies sind die Sammelstiftungen
(vorwiegend von Lebensversiche
rungsgesellschaften), einige grosse,
firmeneigene Vorsorgeeinrichtun
gen und kleine, betriebseigene Pen
sionskassen mit Versicherungsbe
ständen von oft weniger als 100 Per
sonen. Es besteht kein gesetzlicher
Minimalzinssatz für die Verzinsung
des Altersguthabens, so dass die
Pensionskassen hier relativ frei
sind.
Stiftungsrat entscheidet
Die Verwendung der realisierten
Gewinne obliegt dem Stiftungsrat.
Es gibt keine gesetzliche Bestim
mung, ab welchem Betrag die Re
serven etwa in Form einer einmali
gen Zinsgutschrift oder einer Bei
tragsbefreiung verteilt werden
müssten. Beide Möglichkeiten sind
in der Vergangenheit bereits vorge
kommen. Nicht realisierte Gewin
ne, sog. Schwankungsreserven, dür
fen hingegen nur zur Abfederung
von Kursverlusten verwendet wer
den. Eine Verteilung dieser Schwan
kungsreserven wäre nicht zu verant
worten.
Die Festlegung der Beiträge und
der Leistungen obliegt jeweils dem
Stiftungsrat der Pensionskasse. Die
ser bestimmt - in der Regel unter
Beizug eines Pensionskassenexper-
ten - ob und wie die Beiträge oder
die Leistungen angepasst werden
sollen. Es ist diesbezüglich nicht Sa
che des Gesetzgebers, hierzu ein
heitliche Vorschriften für alle Pen
sionskassen aufzustellen.
Regierung kann Ausnahmen bewilligen
Einsatz von Primarlehrkräften an der Oberschule gesetzlich möglich
In Liechtenstein besteht von Jahr zu
Jahr ein Überangebot an Primär-
lehrerinnen und Primarlehrern. Da
her werden diese auf provisorischer
Basis auch als Lehrkräfte an der
Oberschule beschäftigt, wo ein ent
sprechender Personalmangel be
steht.
Die VU-Abgeordnete Ingrid Has
sler erkundigte sich in diesem Zu
sammenhang bei der Regierung,
nach welchen Kriterien oder gesetz
lichen Bestimmungen diese Einsät
ze erfolgen würden. Des Weiteren
wollte sie wissen, ob die Regierung
in Anbetracht der vielen stellenlo
sen Primarlehrkräfte vorüberge
hend eine provisorische Beschäfti
gung an der Oberschule verstärken
könne. Schliesslich fragte sie da
nach, ob mit der Anstellung einer
Lehrperson aus dem EWR-Raum
oder der Schweiz ganz generell auch
automatisch die Erlaubnis zur
Wohnsitznahme gewährt werde.
Nachstehend die Stellungnahme
von Bildungsminister Norbert Mar
xer.
Gesetzlich möglich
An die öffentlichen Schulen kön
nen grundsätzlich nur Bewerberin
nen und Bewerber bestellt werden,
welche eine entsprechende Ausbil
dung besitzen. Für die Unterrichts
tätigkeit an der Oberschule wird
ein Primarlehrerpatent sowie der
Ausweis über die entsprechende zu
sätzliche Ausbildung - zum Beispiel
ein Oberschullehrerabschluss an
der Pädagogischen Hochschule St.
Gallen, ein Reallehrerabschluss am
Real- und Oberschullehrerseminar
in Zürich oder eine Hauptschulleh-
rerausbildbng an der Pädak in Feld
kirch - verlangt. Das Lehrerdienst
gesetz sieht jedoch vor, dass die Re
gierung Ausnahmen zu dieser Rege
lung bewilligen kann, wenn keine
Lehrer mit der erforderlichen Aus
bildung eingesetzt bzw. gefunden
werden können. Diese gesetzliche
Regelung macht auch unter dem
Blickwinkel der Qualitätssicherung
durchaus Sinn. Genauso wie am
Gymnasium und an den Realschu
len sollen an den Oberschulen voll
ständig ausgebildete Lehrkräfte
eingesetzt werden.
Zur Aufenthaltsbewilligung
In Bezug auf die Erteilung von
Aufenthaltsbewilligungen an aus
ländische Oberschullehrkräfte
kann ausgeführt werden, dass bis
zum 1.6.2000 Aufenthaltsbewilli
gungen im Bereich des öffentli
chen Bildungswesens aufgrund der
Prioritätsordnung von Art. 17 der
Verordnung Uber die Begrenzung
der Zahl der Ausländer im Für
stentum Liechtenstein (Begren
zungsverordnung) prioritär behan
delt wurden. Ab dem 1.6.2000 gilt
die folgende Regelung: Schweizer
Bürger haben aufgrund des Noten
austausches (LGB1. 1981 Nr. 49)
weiterhin Anspruch auf die Ertei
lung einer Aufenthaltsbewilligung,
wenn sie in öffentlichen Institutio
nen des Gesundheits-, Bildungs
oder Sozialwesens tätig sind. Eine
100-prozentige Erwerbstätigkeit
ist aber Voraussetzung. EWR-Bür
ger können inskünftig eine Aufent
haltsbewilligung durch Vergabe
der Regierung erhalten, wenn sie
einen unbefristeten Arbeitsvertrag
haben.
Falls Schweizer oder EWR-Bür
ger jedoch mit befristetem Arbeits
vertrag von einer max. Dauer von
12 Monaten angestellt werden, wird
bloss eine Kurzaufenthaltsbewilli
gung erteilt. Ist das Jahr vorbei, so
hat die Ausreise zu erfolgen oder es
muss erneut ein Gesuch mit einem
unbefristeten Arbeitsvertrag einge
reicht werden.