Liechtensteiner Volksblatt
Extra
Samstag, 20. Mai 2000 29
Umwel t
■ Der «Greisenhafte» soll nicht aus
sterben * Pilotprojekt in derNachbar-
schaft ■ Schweizer halten PET-Rekord
Nachrichten
Schweizer beim PET-
Recycling führend
Die Schweizer Wohnbevölkerung hat letztes
Jahr fleissig leere PET-Flaschen gesammelt.
Rund 21300 Tonnen oder 83 Prozent der ver
kauften PET-Flaschen wurden wiederverwer
tet. 1999 verkauften die dem Verein PET-Recyc-
ling Schweiz (PRS) angeschlossenen Getränke-
produzenten 25 750 Tonnen PET, wie der Ver
ein soeben bekannt gab. Dies entspricht einer
Zuwachsrate von 7,3 Prozent. Die Sammelmen
ge wurde im gleichen Zeitraum um 11,5 Prozent
gesteigert. Mit einer Rücklaufquote von 83 Pro
zent sei die Schweiz beim PET-Recycling euro
paweit führend. Um das Sammeln der leeren
Flaschen zu erleichtern, wurde 1999 die Zahl
der Sammelbehälter um 15 Prozent auf 13 597
erhöht. Ab August soll bei den PET-Flaschen
ein geschlossener Kreislauf erzielt werden, gab
der Verein weiter bekannt. Ein neues Recyc
lingwerk in Frauenfeld ermöglicht es, das Mate
rial aus leeren PET-Flaschen derart aufzuberei
ten, dass es für die Produktion neuer Flaschen
benutzt werden kann.
Wasservorräte ums
Mittelmeer nehmen ab
Eine bessere Verwaltung der Wasservorräte und
eine intensive Wartung der Wasserleitungen in
den Mittelmeer-Ländern ist nach UNO-Anga-
ben dringend notwendig. In den nördlichen
Ländern des-Mittelmeeres sickerten rund 50
Prozent des Trinkwassers durch defekte Was
serleitungen, berichteten Forscher an einem Se
minar in Athen unter der Schirmherrschaft der
UNO. Darüber hinaus sei die Bewässerung für
landwirtschaftliche Zwecke nicht Tational.
Rund 70 Prozent djeses Süsswassers gelangten
nicht an die gewünschten Stellen. Städte und an
dere Ballungsgebiete mit rund 20 Millionen
Einwohnern sind rund ums Mittelmeer keine
Rarität mehr. Hinzu kommen mehr als 150 Mil
lionen Touristen jährlich. «Wir müssen jetzt so
fort die Möglichkeiten für eine bessere Verwal
tung des Trinkwassers suchen», sagte Michaiis
Skoulosder, Professor der Universität Athen.
Alle Länder der Region sollten sofort zusam
menarbeiten, hiess es. Die meisten Staaten der
Mittelmeer-Region könnten bald vor einem un
lösbaren Problem stehen. «Zypern und Malta
benutzen bereits jetzt 100 Prozent ihrer Wasser
vorräte. Das führt zur Minderung der Flächen
der Biotopen», sagte Lucien Chebason, Chef
des UNO-Mittelmeerprogrammes «Action
Plan». Diese beiden Inselstaaten verwenden
laut UNO immer mehr entsalztes Wasser für
Bewässerungszwecke.
Rassehunde-Schau in
den Olma-Messehallen
4000 Hunde aus 23 Ländern - unter ihnen auch
Liechtenstein - bewerben sich heute Samstag
und morgen Sonntag an den Internationalen
Hundeausstellungen (IHA) in den Olma-Mes
sehallen in St. Gallen um Champion-Titel und
Pokale. Gäste sind heuer Deutschlands Hunde.
239 Rassen werden von Richterinnen und Rich
tern beurteilt, wie die Organisatoren an einer
Pressekonferenz erklärten. Die Internationalen
Hundeausstellungen in St. Gallen zählen zu den
bedeutendsten Rassehunde-Ausstellungen Eu
ropas. Pro Rasse werden die topgesetzten Hunde
am Samstag mit dem Bodenseesieger-Pokal 2000
und am Sonntag mit den TVophäen «Winner St.
Gallen 2000» ausgezeichnet. Um den «Swiss
Grand Prix» (früher Champion of Champions)
bewerben sich 101 Champions aus zwölf Län
dern: je 25 Schönheitschampions ihrer Rassen
stammen aus Deutschland und Italien, 24 aus der
Schweiz und elf aus Frankreich. Die Hunde wer
den jeweils von 9.30 bis 14.30 Uhr von 55 Exper
tinnen und Experten beurteilt. Im Ehrenring
werden Paare, Zuchtgruppen, die Schönsten der
Jüngstenklasse (sechs bis neun Monate), der Ve
teranen (Uber acht Jahre) und der Jungendklasse
(neun bis 18 Monate) ausgewählt. Zehn Grup
pensieger konkurrieren anschliessend im Best-
in-Show-Wettbewerb. Das Rahmenprogramm
wird dieses Jahr klein gehalten: zu sehen sind
Blindenführhunde, eine Appenzellerhund-
Showgruppe, Dog-Dancing und Hütehunde.
Ausserdem wird ein Agilitytumier mit rund 100
Teilnehmenden in der Arena durchgeführt.
Waldrapp akut bedroht
Auch der Zoo in Zürich bemüht sich um die Erhaltung des «Greisenhaften»
Der zu den Ibissen gehörende
Waldrapp zählt zu den akut
vom Aussterben bedrohten
Vogelarten. Zahlreiche Zoos
bemühen sich um seine Erhal
tung. Die 28 Tiere im Zoo
Zürich sind zur Zeit eifrig am
Brüten.
«Geronticus» - der Greisenhafte
lautet der lateinische Gattungsna
me des Waldrappen. Und greisen
haft wirkt der grosse Vogel tatsäch
lich mit seinem kahlen roten Kopf,
gesäumt von langen Nackenfedem.
Den Glatzkopf haben nur die er
wachsenen Tiere. Die Kopffedern
begännen den Vögeln erst im Alter
von zwei, drei Jahren auszufallen,
wie Kurator Robert Zingg vor den
Medien ausführte.
Entdeckt und beschrieben wurde
der Waldrapp bereits im 16. Jahr
hundert vom Zürcher Arzt und Na
turforscher Conrad Gesner (1515 -
1565). Wegen seines schwarzen Ge
fieders - das je nach Lichteinfall
metallisch-grün-purpurfarben
glänzt - wurde er erst den Krähen
zugeordnet. Mit diesen hat er aber
gar nichts zu tun. Mit seinem langen
gebogenen Schnabel gehört er zur
Familie der Ibisse. Zu Gesners Zeit
in der Schweiz heimisch wurde der
Der Waldrapp gehört zu den akut vom Aussterben bedrohten Vogelarten.
Waldrapp zu Anfang des 17. Jahr
hunderts in den Alpen ausgerottet.
Einerseits wurde ihm mit Meliora
tionen von Sumpfgebieten die Le
bensgrundlage entzogen, anderseits
waren die Jungvögel eine begehrte
Delikatesse. Später kam er noch im
Mittelmeerraum vor, etwa in der
SUdtUrkei, wo er aber seit den 80-er
Jahren des 20. Jahrhunderts ver
schwunden ist.
Von dem Vogel, der sich von
Kleintieren wie Schnecken, Käfern
oder Krebsen ernährt, leben heute
nur noch rund 200 Exemplare in
Marokko, wo sie inzwischen unter
Schutz gestellt sind. Zahlreiche
Zoos bemühen sich mit einer inter-
(Bild: Keystone)
national koordinierten Erhaltungs
zucht um den Weiterbestand des
Waldrappen. Begonnen hat damit
bereits 1949 der Basler Zoo. Seit
1971 ist der Zoo Zürich dabei. Heu
te leben noch zwei in jenem Jahr
geschlüpfte Vögel. Sie sind mit
29 Jahren die Altesten unter den
«Greisenhaften» im Zürcher Zoo.
Verbesserte Lebensraumsituation
Gemeinsames Projekt «Wald und Wild» in beiden Appenzell und St. Gallen
Die Lebensraum- und Wildscha
denprobleme in den beiden Appen
zell und im Kanton St. Gallen sollen
gelöst werden. Dazu haben sich die
drei Kantone jetzt zusammenge
schlossen.
Wie die St. Galler Staatskanzlei
am Donnerstag mitteilte, hat diese
Art der Zusammenarbeit Pilotcha
rakter. Regierungsmitglieder der
drei Kantone sowie der eidgenössi
sche Forstdirektor haben diese Wo
che einen Vertrag Uber die Zusam
menarbeit im Rahmen des effor2-
Projekts unterzeichnet. Das effor2-
Projekt des Bundes will neue Mög
lichkeiten einer modernen forstli
chen Subventionspolitik erproben.
Es soll erreicht werden, dass Bun
desmittel effizient verteilt und ge
zielt eingesetzt werden.
Auslöser des Pilotprogramms wa
ren gravierende Wildschäden in den
Wäldern des Forstkreises Werden
berg im Winter 1996/97. Das Kan
tonsforstamt und die Jagdverwal
tung suchten daraufhin das Ge
spräch mit der eidgenössischen
Forstdirektion. Daraus ergab sich
das Pilotprojekt im Rahmen von ef-
for2. Es wurde ein Programm erar-
, beitet, das auf den ganzen Rot
hirschlebensraum im Kanton St.
Gallen zwischen A3 und A13 und
auf beide Appenzell ausgedehnt
wurde. Gleichzeitig entwickelte die
Forstdirektion ein Modell auf EDV-
Basis, das die Steuerung des kom
plexen Wald-Wild-Systems verbes
sern soll.
Bei der Erarbeitung wurde deut
lich, dass nur in enger Zusammenar
beit von Forst und Jagd eine wirkli
che Verbesserung der Lebensraum
situation erreicht werden kann. In
den nächsten fünf Jahren sollen im
Projektgebiet 22 Kilometer Wald
ränder aufgewertet werden. Dazu
werden 33 Hektaren Verbissgehölze
angelegt und gepflegt.
Weiter sollen Bejagungsschnei-
sen angelegt und zur Verhinderung
der Verbuschung jährlich 22 Hekta
ren Waldwiesen gemäht werden.
Um das Äsungsangebot im Winter
zu verbessern, werden rund 4400
Bäume als Prossholz angestrebt.
Das sind Bäume, die als Nahrung
für das Wild geschlagen werden.
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Birke: Früher als
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Eine Birke im zarten Frühlingsgrün, (Bild: Pro Natura / F. Labhardt)
Unverkennbar ist die Birke mit
ihrem weiss leuchtenden Stamm
und ihren feinen, grünen Blättern.
In früheren Kulturen wurde sie als
Göttin verehrt Noch heute schät
zen wir typische Eigenschaften des
eleganten Baumes.
Wie einen Schleier trägt die Birke
ihre kleinen Blätter Uber einem silb
rigen Rindenkleid. Es ist nicht ver
wunderlich, dass sich frühere Kultu
ren die Birke auswählten, um mit ihr
im Frühling den Neubeginn in der
Natur zu feiern. Man glaubte, die Bir
ke als Göttin des Lichts und der
Reinheit vermähle sich mit der Son
ne, um die Natur zu neuem Leben zu
erwecken. Reste dieses Brauchtums
finden sich heute noch in Feierlich
keiten zum 1. Mai. So gilt es man
cherorts als ein Zeichen der. Liebe,
seiner Angebeteten eine geschmück
te Birke vor die Türe zu stellen.
Pionier in «ötzis» Gepäck
Die Birke verkündet nicht nur
neue Aktivität im Jahreszyklus, sie
breitet sich auch als eine der ersten
Pflanzen auf kargen, verlassenen
Landschaften aus. «Offene Flächen,
die in Kiesgruben oder nach Kahl
schlag entstehen, besiedelt die an
spruchslose Birke sofort», erklärt
Evelyn Kamber, Waldexpertin bei
Pro Natura. Auch nach dem Rückzug
der eiszeitlichen Gletscher eroberte
diese Pionierpflanze lange vor der
menschlichen Zivilisation das Land.
Die Birke war nicht nur wegen ihrer
Schönheit und Symbolkraft beliebt,sie
wurde ausserdem als Universalroh
stoff für Papier, Kleidung und Bauma
terial geschätzt So fanden sich unter
den Habseligkeiten des Steinzeitmen
schen «ötzi» Gefässe aus Birkenrinde.
Bei uns ist die Birke immer noch ge
fragt als Cheminde-Holz und zur Her
stellung von Möbeln. In der Naturheil
kunde findet die Birke vielfache Ver
wendung. Gegen Nierenleiden, Rheu
ma und Gicht soli sie helfen. Und so
gar an die «Zauberkraft» der Birke
glauben noch viele, wenn sie mit Bir
kenhaarwasser die verlorene Locken
pracht zurückholen wollen.