Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Landtag 
Samstag, 20. Mai 2000 3 
• • 
Schritt in die richtige Richtung 
Erleichterte Frühpensionierung in erster Lesung beraten - Klaus Wanger (FBPL) als Initiant 
Arbeitnehmer ab dem 60. Alters 
jahr sollen künftig in den Genuss 
einer freiwilligen Frühpensionie 
rung kommen dürfen. Die physi 
schen und psychischen Belastun 
gen der älteren Arbeitnehmer sei 
en oft sehr gross, deshalb soll die 
ser Schritt im Sinne einer vernünf 
tigen Sozialpolitik vollzogen wer 
den. Initiant dieser erleichterten 
Frühpensionierung ist der FBPL- 
Abgeordnete Klaus Wanger, der 
dieses Anliegen schon seit gerau 
mer Zeit vertritt. 
Peter Kindle 
Einigkeit herrschte für einmal zwischen 
den grossen Parteien im Landtag. So 
wohl die Abgeordneten der VU, als 
auch der FBPL stellten sich hinter die 
Gesetzesvorlage der Regierung, welche 
im Sinne des FBPL-Abgeordneten 
Klaus Wanger erarbeitet wurde. Bereits 
in seiner Eröffnungsrede als Altersprä 
sident des Landtages machte Klaus 
Wanger im Jahre 1999 konkrete Vor 
schläge zu einer sozialverträglichen 
Frtlhpensionierung. Einzig die Abge 
ordneten der Freien Liste, Paul Vogt 
und Egon Matt, wollten nicht auf die 
Gesetzesvorlage eintreten, da diese «zu 
wenig sozial» ausgestaltet sei. 
Wenig Bedenken 
Die Vorlage, welche die Abgeordne 
ten gestern in erster Lesung berieten, 
sei zu wenig sozial ausgestaltet, formu 
lierte Egon Matt (FL) seine Bedenken. 
«Kleinverdiener müssen gemäss dieser 
Vorlage immer noch arbeiten und wei 
terhin auf die Zähne beissen», so Egon 
Matt. Des Weiteren seien die Kürzun 
gen für Rentenvorbezüger zu gross, 
Sozialminister Michael Ritter konnte aufatmen: Die erste Lesung eines Gesetzes zur 
Möglichkeit einer Frühpensionierung wurde gut angenommen. 
Die Freie Liste mit Egon Matt und Paul Vogt (links) wehrte sich gegen das vorge 
schlagene Gesetz: Es sei zu wenig sozial ausgestaltet. (Bilder: bak) 
führte der FL-Abgeordnete aus. Unter 
anderem führte Egon Matt aus, dass ei 
ne Erhöhung der AHV-Beiträge für Ar 
beitnehmer zum Zweck der Finanzie 
rung der Frühpensionierung nicht ver 
kraftbar sei - «Versicherte nehmen 
schon genug Kürzungen in Kauf». 
Weitere Bedenken zur Vorlage der 
erleichterten Frühpensionierung äus 
serte der FBPL-Abgeordnete Gebhard 
Hoch in seinem Votum. Der Regie 
rungsvorschlag sei aus rein volkswirt 
schaftlicher Sicht und im Hinblick auf 
demographische Entwicklungen frag 
würdig und problematisch, obwohl 
auch er betonte, dass für den Einzelnen 
die Frühpensionierung angenehm und 
attraktiv sei. 
Bei seinen Ausführungen stützte sich 
der FBPL-Fraktiönssprecher auf Er 
kenntnisse und Statistiken der OECD 
und der UNO. «Die Anzahl Arbeitneh 
mer pro Rentner nimmt weltweit konti 
nuierlich ab. In dei; Schweiz, die ähnli 
che Zahlen aufweist wie die anderen 
westeuropäischen Länder, traf es 1990 
fünf Arbeitnehmer auf einen Rentner, 
2010 sollen es noch vier Arbeitnehmer 
pro Rentner sein,Im Jahre 2030 noch 
ganze zwei», so; 
jrd Hoch. Die 
Zahl der Erw^t&jtäj&fa nehme auf 
grund der ÜbeE^p(|m europaweit in 
den nächsten JaKriehnten ab. Bei nor 
malem Wirtschaftswachstum werde es 
in der Schweif im Jahre 2010 keine 
Sockelarbeitslcsigkeit mehr geben und 
Menschen, welche bereits im Pensions 
alter stehen, würden mangels Arbeits 
kräften wieder in den Arbeitsprozess 
integriert werden. «Zusammenfassend 
komme ich zum Schluss, dass die von 
der Regierung vorgeschlagene Verbes 
serung des Rentenvorbezuges und da 
mit die Forcierung der Frühpensionie 
rung dem allgemeinen Trend und der 
demographischen Entwicklung zuwi 
derlaufen», betonte Gebhard Hoch. 
Versicherungsmathematische 
Berechnung? 
Gebhard Hoch stellte sin seinem Vo 
tum fest, dass eine Frühpensionierung 
nur sinnvoll sei, wenn die Rentenein 
bussen nach versicherungsmathemati- 
Klaus Wanger: «Vater» der F 
Der FBPL-Abgeordnete Klaus Wan 
ger darf als «Vater» der erleichterten 
Frühpensionierung bezeichnet wer 
den. Nachfolgend das Votum von 
Klaus Wanger, welches er gestern im 
Landtag hielt. 
Anlässlich der Eröffnungssitzung des 
Landtages vom 3. Februar 1999 sprach 
ich mich in meiner Rede als Altersprä 
sident u.a. für die Erleichterung der 
Frühpensionierung aus und unterbrei 
tete einen konkreten Vorschlag, wie 
ich mir ein Frühpensionierungsmodell 
vorstellen könnte. Da für mich der 
Problembereich der Frühpensionie 
rung und die baldige Umsetzung einen 
äusserst hohen Stellenwert haben, ha 
be ich an der Landtagssitzung vom IS. 
September 1999 in einer «Kleinen An 
frage» mich über den Stand der Vorbe 
reitungen erkundigt und erneut die 
Wichtigkeit betont, dass durch eine 
baldige Änderung der gesetzlichen 
Grundlagen die Möglichkeit der indi 
viduellen, flexiblen Frühpensionierung 
ab dem 60. Altersjahr mit einem Kür 
zungssatz von lediglich 3 % pro Jahr so 
schnell wie möglich geschaffen werden 
soll. 
Heute liegt nun ein Bericht und An 
trag der Regierung vor, der die Verbes 
serung des Rentenvorbezugs neu re 
geln soll. Diese neue gesetzliche Rege 
lung entspricht im Grundsatz weitest 
gehend den von mir im Februar 1999 
gemachten Vorschlägen. 
Ich möchte der Regierung danken 
für die professionelle Ausarbeitung 
dieser wie mir scheint äusserst wichti 
gen Neuregelung des Rentenvorbe 
zugs, die es künftig den Arbeitnehme 
rinnen und Arbeitnehmern erlaubt, ab 
dem 60. Lebensjahr mit grösstenteils 
verkraftbaren finanziellen Einbussen 
den Ausstieg aus dem aktiven Berufs 
leben ins Auge zu fassen. 
Der Vorschlag der Regierung, ab 
dem 60. Altersjahr bei einer gleitenden 
Pensionierung den Bezug einer halben 
Rente zu ermöglichen, scheint mir gut 
gemeint. Die Zukunft wird es weisen, 
inwieweit diese zusätzliche Flexibili 
sierung eine gleitende Pensionierung 
unterstützt. Sehr positiv scheint mir 
" ^ ensionierung 
hlagj 
chend dem Vdrschlag| der Gewerbe- 
und Wirtschaftskamn^er abzuändern 
Dieser Vorschjag sieht einen Verteil- 
schlüssel vor, m dem jder Staat SO % 
und die Arbeitgeber pnd die Arbeit 
nehmer lediglich je 25 % der Mehrkos 
ten zu übernehmen hätten. Dadurch 
würde sich der Beitragssatz der Ar 
beitgeber und der Arbeitnehmer nur 
um 0,1 % von 3,8 % auf 3,9 % erhöhen. 
hingegen die Möglichkeit des monatli 
chen Abrufe der Vorbezugsrente zwi 
schen dem 60. und 64. Altersjahr. 
Die von der Regierung vorgeschla 
gene Höhe des Kürzungssatzes von 
3 % bis 5 % pro Jahr wird sicher noch 
Gegenstand der heutigen Debatte 
sein. Die Aufteilung der Mehrkosten 
dieses FrUhpensionierungsmodells auf 
den, Staat, die Arbeitgeber und die Ar 
beitnehmer scheint mir sinnvoll. Ich 
würde es jedoch begrüssen, den von 
der Regierung vorgeschlagenen Auf- 
teilungsschlüssel, der je l/3 der Mehr 
aufwendungen auf den Staat, die Ar 
beitgeber und die Arbeitnehmer, d.h. 
die Versicherten, überwälzt, entspre- 
Das vorgeschlagene Finanzierungs 
modell siehtj keinen Mittelabfluss aus 
der AHV vyr. t)iei scheint mir sinn 
voll, auch wenn .unsere AHV, im Ge 
gensatz zu derf Grundversicherungen 
in den umliegenden Ländern, hohe 
Reserven aufweist. So konnten wir vor 
kurzem der Presse entnehmen, dass 
unsere AHV zur Zeit über Reserven 
verfügt, die .eine,14fache Jahres 
deckung sifhe$tellen. Im Vergleich 
dazu verfügt die AHV in der Schweiz 
meines WissepsVlediglich über Reser 
ven von wönijger aJs einem Jahresbe 
treffnis und djö Pensionsversicherung 
in Deutschland: über weniger als ein 
Monatsbetreffnis. Wir sind somit auch 
hier eine löbliche Ausnahme. 
Basierend auf den versicherungsma 
thematischen Schätzungen, geht die 
Regierung in ihrem Bericht davon aus, 
dass Mehrausgaben (in heutigen Geld 
werten) im Durchschnitt der nächsten 
20 Jahre 6,3 Millionen Schweizerfran 
ken pro Jahr betragen werden. 
Ich bin der Ansicht, dass die Höhe 
dieser Mehrausgaben für die Erleich 
terung der Frühpensionierung ab dem 
60. Altersjahr eine angemessene und 
unbedingt notwendige Investition für 
alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 
darstellt, die heute mit physischem 
und/oder psychischem Stress mit all 
den daraus resultierenden Folgeer 
scheinungen zu kämpfen haben. Durch 
die Einführung der erleichterten Früh 
pensionierung kann eine nachhaltige 
Verbesserung ihrer oft höchst unbe 
friedigenden Situation herbeigeführt 
werden. 
Ausserdem scheint mir eine einkom 
mensabhängige Reduktion des Kür 
zungssatzes bei der Personalvorsorge 
einrichtung, d.h. bei der 2. Säule, not 
wendig, möglich und in den meisten 
Fällen verkraftbar. Dies würde beson 
ders die unteren und mittleren Ein 
kommensschichten begünstigen. Die 
daraus resultierenden Kosten sollten 
von der Personalvorsorgpeinrichtung 
bzw. vom Arbeitgeber übernommen 
werden. 
Ich bin zusammenfassend der festen 
Überzeugung, dass die Einführung der 
erleichterten Frühpensionierung heute 
eine absolute Notwendigkeit darstellt 
und ein wichtiger Schritt in die richtige 
Richtung darstellt. 
Ich hoffe, dass die gesetzlichen 
Grundlagen für die erleichterte Früh 
pensionierung so schnell wie möglich 
geschaffen werden, und bitte Sie um 
Unterstützung. 
sehen Kriterien von den betroffenen 
Personen allein, und nicht zu Lasten an 
derer finanziert würden. Des Weiteren 
spreche er sich dezidiert gegen eine Fi 
nanzierung der Frühpensionierung 
über die Einnahmen der LSVA aus, 
«wie es der Regierung zuletzt eingefal 
len ist». Auch Egon Matt äusserte sich 
zu diesem Regierungsvorhaben sehr 
kritisch: «Es ist problematisch, die 
LSVA-Einnahmen für die Finanzierung 
der Frühpensionierung zu verwenden. 
Dies bedeutet für mich eine Vermi 
schung von Verkehrs- und Sozialpoli 
tik». 
Zu wenig Flexibilisierung... 
Der FBPL-Abgeordnete Marco Os- 
pelt begrüsste den Vorschlag zu einer 
erleichterten Frühpensionierung. «Die 
Möglichkeit muss gegeben sein, dass 
Belastete früher mit dem Arbeiten auf 
hören können». Jedoch ging Marco Os- 
pelt die Flexibilität des Gesetzes zu we 
nig weit. Er äusserte die Wünsche, dass 
ein gleitender Übertritt in die Rente er 
möglicht werden sollte. Des Weiteren 
regte Marco Ospelt an, dass die Kür 
zungssätze für Menschen, welche eine 
Frühpensionierung für sich in Betracht 
ziehen, tiefer gehalten werden sollten. 
Sozialminister Ritter zufrieden 
und gelöst 
Regierungschef-Stellvertreter und 
Sozialminister Michael Ritter zeigte 
sich ob der positiven Reaktionen der 
Parlamentarier zufrieden und gelöst: 
«Die Möglichkeit einer Frühpensionie 
rung ist sehr wichtig. Es ist ein grosses 
Anliegen der Arbeitnehmer und auch 
ein Bedürfnis aus der Wirtschaft vor 
handen. Gerade das Korrelat dieser Be 
dürfnisse hat angespornt, vernünftige 
Lösungen zu finden», betonte Michael 
Ritter. 
Ein wichtiges Anliegen für Sozialmi 
nister Ritter ist, dass die Frühpensionie 
rung verträglich ausgestaltet wird. Zu 
massive Kürzungen führe zu einem 
Nichtgebrauch der Möglichkeit, früher 
ins Rentenalter überzutreten. Man dür 
fe das Angebot aber auch nicht zu at 
traktiv ausgestalten. 
REKLAME 
Foto und Optik 
Farb-Foto-Faehlabor 
Etablissement • FL-9494 Schaan 
Tel. 00423 / 23221 94 
Filiale Eschen 
Tel. 00423 / 37015 00 
	        

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