Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Mittwoch, 17. Mai 200 19
Nachrichten
Wieder Mord und
Todschlag In Sri Lanka
COLOMBO: Bei schweren Kämpfen zwischen
tamilischen Rebellen und der Regierurigsarmee
im Norden Sri Lankas sind in der Nacht zum
Dienstag mindestens 46 Menschen getötet wor
den. Die Rebellen der Befreiungstiger von 1b-
mil Eelam (LTTE) beschossen Armeestellun
gen nahe des Ortes Tanankilappu auf der Hal
binsel Jaffna mit Granaten und schweren Ge
schützen, wie die Regierung in Colombo mit
teilte. Dabei seien sechs Soldaten getötet wor
den. Beim Gegenangriff der Armee seien 40 Re
bellen ums Leben gekommen, hiess es weiter.
Die Regierung räumte ein, dass sich ihre Trup
pen zurückziehen mussten. Wegen des intensi
ven Beschüsses hätten die Befehlshaber be
schlossen, «die Verteidigungslinien auf vorbe
reitete Positionen weiter nordöstlich zu verle
gen». Ein weiterer Vorstoss der Rebellen auf
Stellungen in Kaithady sei dagegen erfolgreich
abgewehrt worden. Die LTTE versucht seit
knapp einem Monat, die Kontrolle Uber Jaffna
im Norden Sri Lankas zurück zu erlangen.
Ende April musste sich die Armee vom Zugang
zu der Halbinsel, einer schmalen LandbrUcke,
die Jaffna mit dem Festland verbindet, zurück
ziehen.
Erdöl-Wahnsinn
in Kolumbien
BOGOTA: Ein Berufungsgericht in Kolumbien
hat der multinationalen US-Erdölgesellschaft
Occidental Petroleum (Oxy) am Montag gestat
tet, in der Nähe des Gebiets der U'Wa-lndianer
im Nordosten des Landes nach öl zu schürfen.
500 Indianer drohten mit Massenselbstmord.
Ein Gericht in Bogota hatte der Firma Ende
März in erster Instanz unter Berufung auf den
in der Verfassung verankerten Minderheiten
schutz jegliche Schürfrechte untersagt. Dage
gen waren Oxy und die staatliche kolumbiani
sche Erdölgesellschaft Ecopetrol in Berufung
gegangen. Das jetzt gefällte Urteil wurde nach
Angaben des Anwalts der Indianer damit be
gründet, dass die geplanten Bohrungen bei To
ledo weder die Grundrechte der U'Wa noch ih
re kulturelle Identität verletzten. Der Anwalt
Tito Gaitan kündigte an, dass er die Entschei
dung vor dem Verfassungsgericht anfechten
werde. Aus den Erdölreserven in dem Gebiet
koffen die kolumbianischen Behörden auf mit
jährliche Einnahmen in der Höhe 900 Millionen
Dollar (1,5 Mrd.Fr.).
Sierra Leone: Grenze
nach Guinea offen
GENF: Die Rebellenorganisation Revolutionä
re Vereinigte Front (RUF) blockiert n$ch An
gaben des UNHCR nicht länger die Grenze
zwischen Sierra Leone und Guinea. Rund 600
Personen seien in den letzten Tagen aus dem
Norden Freetowns geflohen, sagte ein UNH-
CR-Sprecher in Genf. «Wir bereiten uns in Gui
nea auf einen grösseren Andrang von Flüchtlin
gen aus dem umkämpften Gebiet vor», sagte ein
Sprecher des UNO-Flüchtlingswerks (UNH
CR) am Dienstag. In Freetown seien rund
20000 neue Vertriebene eingetroffen. Das
UNO-Kinderhilfswerk (UNICEF) erklärte, 141
Kindersoldaten befänden sich rund 140 Kilo
meter östlich von Freetown in Sicherheit. UNI
CEF will Mitte Juni eine dritte Polio-Impfkam
pagne in Siena Leone durchführen.
Nordkorea hungert
PEKING: Die täglichen Lebensmittelrationen
in Nordkorea müssen diesen Monat voraus
sichtlich auf nur noch 150 Gramm pro Kopf ge
senkt werden. Das Welternährungsprogramm
(WFP) berichtete am Dienstag in Peking, mo
mentan würden 200 Gramm pro Tag ausgege
ben, vor einigen Wochen seien es noch 300
Gramm gewesen. «Die Ernte des letzten Jahres
ist aufgebraucht», sagte Sprecher Peter Smer-
don. «Eigentlich werden 500 Gramm Lebens
mittel pro Tag benötigt.» Besonders die Ein
wohner der Städte und der nord-östlichen Berg
regionen seien jetzt auf Verwandte und Freun
de auf dem Land und die Unterstützung der in
ternationalen Hilfsorganisationen angewiesen.
Sorge bereite ausserdem die Dürre und
die schlechten Wetterbedingungen im April.
«Jede Verkürzung der Wachstumszeit kann zu
Ernteeinbrüchen führen», heisst es in einem
WFP-Bericht. Nach Angaben der Regierung
von Nordkorea sind seit 1995 etwa 220000
Menschen verhungert. Hilfsorganisationen ge
hen davon aus, dass es wesentlich mehr sind. Ei
nige Schätzungen sprechen von Millionen von
Opfern.
Blutiger Krieg am Horn
Kämpfe zwischen Äthiopien und Eritrea dauern an - Sicherheitsrat einigt sich nicht auf Sanktionen
ADDIS ABEBA: Auch nach
Ablauf eines UNO-Ultima-
tums geht der Krieg am Horn
von Afrika unvermindert wei
ter. Äthiopien lehnte den von
der UNO geforderten Waffen
stillstand ab und vermeldete
um Dienstag Geländegewinne
auf dem Gebiet des Kriegsgeg
ners Eritrea.
Eritrea erklärte sich dagegen zu
einer sofortigen Feuerpause bereit.
Die äthiopischen Truppen seien
über den Mereb-Fluss auf eritrei-
sches Gelände vorgedrungen, sagte
Regierungssprecherin Salomä Ta
desse in Addis Abeba. Die Armee
habe 25 strategische Positionen an
der Westfront eingenommen.
Ein BBC-Reporter berichtete
nach einem Flug über das Kampfge
biet, äthiopische Truppentranspor
ter und Soldaten seien weit nach
Eritrea vorgedrungen. Die Stadt
Blut, Terror, Tränen und kein Ende: Äthiopien und Eritrea kämpfen weiter.
Shembako sei völlig zerstört, die
eritreischen Schützengräben seien
verlassen und das Schlachtfeld mit
Leichen übersät.
Regierungssprecherin Tadesse er
klärte, die gegnerischen Truppen
hätten vergeblich versucht, sich 50
Kilometer hinter der Grenze neu zu
formieren. Der UNO-Sicherheitsrat
konnte sich am Montagabend nicht
auf Sanktionen gegen die beiden
Kriegsparteien einigen und vertagte
seine Beratungen. Der UNO-Si-
cherheitsrat hatte den beiden
Kriegsgegnern in der vergangenen
Woche einstimmig ein Ultimatum
bis Montagabend gesetzt, um ihre
Feindseligkeiten einzustellen.
Die USA versus Russland
Bei seiner Sitzung am Montag
abend kam der Rat jedoch zu keiner
Einigung. Zur Abstimmung standen
zwei Vorschläge der USA und
Russlands. Die USA schlagen ein
Waffenembargo gegen beide Seiten
sowie ein diplomatisches Embargo
gegen äthiopische Regierungsver
treter vor.
Der russische Entwurf sieht die
Entsendung einer UNO-Delegati-
on vor, die die verfeindeten Nach
barn wieder an den Verhand
lungstisch bringen soll. UNO-Gene-
ralsekretär Kofi Annan rief die bei
den ostafrikanischen Staaten auf, im
Interesse ihrer Bevölkerung und
der gesamten Region ihre Feindse
ligkeiten beizulegen.
Nach der Wahl: Face-Lifting für die SPD
SPD will bis zur Wahl 2002 Programm und Strukturen erneuern
BERLIN: Die deutschen Sozialde
mokraten (SPD) wollen bis zur
nächsten Bundestagswahl im Jahr
2002 ihr Grundsatz-Programm und
ihre Partei-Strukturen erneuern.
Man war sich einig: Nur so könne
sich die Partei die politische Mei-
nungs-Führerschaft und dauerhaft
die Regierungs-Fähigkeit sichern,
sagte SPD-Generalsekretär Franz
Müntefering am Dienstag im Süd-
westrundfunk.
Angesichts der Verluste bei der
_ wichtigen Regionalwahl vom Sonn
tag in Nordrhein-Westfalen forder
te Müntefering eine stärkere Ver
bindung traditioneller Werte mit
Neuem. Dann könnten die Wähler
besser als diesmal an Rhein und
Ruhr mobilisiert werden.
Fortsetzung der Regierungs-
Koalition
Der nordrhein-westfälische SPD-
Vorstand hatte dem bisherigen grü
nen Koalitions-Partner am Montag-
Schröder in Kampfstimmung: Nach den Wahlen vom Wochenende wurde
nun eine Verjüngungskur angeordnet. (Bild: Keystone)
abend einstimmig Verhandlungen
Uber eine Fortsetzung des Regie
rungs-Bündnisses angeboten. Nach
Aussage Münteferings könnten die
Gespräche schon an diesem Wo
chenende beginnen. Der Generalse
kretär der Bundes-SPD ist zugleich
Vorsitzender des Landesverbandes
Nordrhein-Westfalen.Erhabe «kei
ne Zweifel», dass SPD und Grüne
sich einigen könnten, sagte Münte
fering. Für den Grünen-Umweltmi-
nister Jürgen Trittin nähert sich die
Öko-Partei der «parlamentarischen
Existenz-Grenze», wenn sich der
Trend der Wahl in Nordrhein-West-
falen fortsetze. Die Grünen waren
dort von zehn Prozent auf 7,1 Pro
zent zurückgefallen. Seit Herbst
1997 hatten sie bei allen Wahlen
Stimmen verloren.
Alternative FDP
Dem deutschen Magazin «stern»
sagte TVittin, rechnerisch sei ein
Bündnis der SPD mit der liberalen
FDP eine Alternative. «Aber ich se
he nicht, dass daraus auf absehbare
Zeit eine politische Option wird.»
Er warnte Bundeskanzler Gerhard
Schröder, die Grünen mit der Mög
lichkeit eines Koalitionswechsels
unter Druck zu setzen. Dann würde
Rot-Grün «erhebliche Probleme»
bekommen.
Palästina brodelt
Kämpfe zwischen Demonstranten und Soldaten
Die Unruhen im. Nahen Osten gehen weiter: In Hebron war die Situation be
sonders prekär: Gummigeschosse wurden in die Menge gefeuert.
HEBRON: In Hebron bewarfen
rund 300 palästinensische Studen
ten einen Armeeposten mit Steinen.
Wie ein Korrespondent der Nach
richtenagentur AFP berichtete, feu
erten israelische Soldaten daraufhin
Gummigeschosse in die Menge. Da
bei wurden mindestens, zwei De
monstranten verletzt.
Auch in el Ram gab es Zusam
mengösse, nachdem rund 200 Pa
lästinenser israelische Soldaten mit
Steinen beworfen hatten. In den
vergangenen vier Ibgen waren bei
Strassenschlachten im Westjordan
land und im Gazastreifen mindes
tens vier Palästinenser getötet und
hunderte verletzt worden.
Die Palästinenserproteste hatten
begonnen, um die Freilassung von
rund 1600 in Israel Gefangenen zu
fordern.
Am Montag, dem Gründungstag
des Staates Israel, hatten sich
israelische Soldaten und palästinen
sische Polizisten sogar Schusswech
sel geliefert. Dabei waren leider
auch drei Palästinenser getötet wor
den.