Liechtensteiner Volksblatt
Jubiläum HPZ
Samstag, 13. Mai 2000 13
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«Mutterhaus» der Fürsprache und der Förderung
Porträts der HPZ-Werkstätten: Die Werkstätte PROTEKTA stellt sich heute vor
Das PROTEKTA-Team:Petra Schwellnuss,Anja Braun, Käthy Bieg, Josef Frick, Eugen Büchel, Nadine Bettschen und Ragnar Wolfinger (v.l.n.r.).
ter Nadine Bettschen und zur Zeit der
Praktikant Ragnar Wolfinger die Ar
beiten der 45 Betreuten. Und das in en
ger Zusammenarbeit mit Barbara Ban
zer von der internen Sozialberatungs
stelle, die allen Werkstätten mit Rat
und Tat zu Seite steht. Aber auch für
sportliche Betätigungen ist in der
Werkstätte PROTEKTA Platz: Die
Sportgruppenleiterin Brigitte Marxer
bietet unter tatkräftiger Unterstützung
von Sonja Walch und Nelly Verling
dreimal wöchentlich mit Besuchen in
Hallenbädern, Wanderungen, Radtou
ren, Gymnastik oder anderen sportli
chen Anlässe einen grossen Erlebnis-
und Erweiterungshorizont an. Momen
tan nutzen rund 27 Betreute aller
Werkstätten diese aktiven Betäti
gungsmöglichkeiten.
Arno Gstöhl hat in der Gruppe «Rubin» grosse Fortschritte gemacht. Die individu- Walter Heeb, Christina Näscher und Johann Göldi sind in der Schreinerei mit di-
elle Förderung ist das A und O der PROTEKTA-Arbeit. versen Holzarbeiten beschäftigt (vln.r.).
«Als wäre es erst vorgestern gewesen»
Abteilungsleiter der Werkstätte PROTEKTA: Christoph Biedermann
Als «Mutterwerkstätte» hat die
heutige PROTEKTA vor 25 Jah
ren ihren Betrieb aufgenommen.
Damals bot sie unter dem Namen
Beschützende Werkstätte fünf
Menschen mit einer Behinderung
einen Arbeitsplatz. Aus der klei
nen Werkstätte sind in den letzten
zwei Jahrzehnten sechs Abteilun
gen mit insgesamt 110 Arbeits
plätzen entstanden. Anlässlich des
25-Jahr-Jubiläums stellt sich heu
te die PROTEKTA vor.
L-Press
An der Binaz-
strasse in Mau
ren besuchen
wir die PRO
TEKTA, die äl
teste der sechs
Werkstätten des
Vereins für Heil
pädagogische Hilfe in Liechtenstein. 45
Betreute arbeiten in dieser Werkstätte
in fünf unterschiedlichen und den ein
zelnen angepassten Abteilungen. In den
Gruppen «Varia» und «Helia» werden
Industriearbeiten für diverse grössere
und kleinere Firmen gemacht. Das be
inhaltet Verpackungs- und Montierar
beiten ebenso wie die Kartonage und
beispielsweise den Postversand für ver
schiedenste Auftraggeber. Die Schrei
nerei, mit dem Namen «Lignum», belie
fert beispielsweise das ATELIER Son
nenblume mit Holzrohprodukten, fer
tigt Tische, Regale für die anderen
Werkstätten an und erledigt ausserdem
Aufträge für Privatkunden. Abgerun
det wird die Angebotspalette für die
Betreuten durch die Gruppe «Vitalis»
und die Beschäftigungsgruppe «Ru
bin». Die vier «Vitalis»-Mitarbeiter
sind für das leibliche Wohl aller Be
schäftigten zuständig. Ihr Betätigungs
feld in der PROTEKTA reicht vom
Einkaufen UND Herrichten der Znüni-
Pause über das Dekorieren der Cafete
ria bis hin zum Schöpfen der Mittags
verpflegung sowie zur Verrichtung
sämtlicher haushälterischen Arbeiten.
Im «Mutterhaus» finden vor allem
auch geistig-, physisch- und mehrfach-
behinderte Jugendliche und Erwachse
ne, deren Fähigkeiten und Neigungen
in den Werkstattgruppen wahrgenom
men werden können, einen Arbeits
platz. Am 1. Mai 1998 konnte die PRO
TEKTA die Gruppe «Rubin», für so
genannte individuellere Entfaltungs
möglichkeiten eröffnen. Die Mitglie
der dieser Gruppe sollen die wirt
schaftlichen Interessen des Alltags we
niger spüren; vielmehr ist das Ziel, die
Unterstützung der eigenen Persönlich
keit gemeinsam zu fördern und zu pfle
gen. Fünf Betreute erhalten dort die
spezielle Aufmerksamkeit, um ihre
Der gelernte Möbelschreiner las eines
Tages in einem Inserat des Vereins für
Heilpädagogische Hilfe: «Gesucht, ini
tiativer Mitarbeiter». Das war vor über
25 Jahren, Christoph Biedermann mel
dete sich und arbeitet seither mit Men
schen mit einer Behinderung.
Welches sind die wichtigsten Voraus
setzungen für die Arbeit mit behinder
ten Menschen?
Christoph Biedermann: Den «behin
derten Menschen» gibt es für mich ei-
Konzentrationsfähigkeiten sowie die
Alltagsbewältigung auszubauen. Nebst
kreativen Ausdrucksformen wie Ma
len und Gestalten, lernen die Grup
penmitglieder, sich auch in der Öffent
lichkeit besser zurecht zu finden - das
stärkt ihr Selbstbewusstsein und ihr
Selbstvertrauen. Zusätzlich wird
wöchentlich ein Förderunterricht an
gebotenen welchem Unterstützung im
Arbeits- und Lebensbereich sowie
Lernfähigkeiten entdeckt werden kön
nen.
Unter der Leitung von Christoph
Biedermann, der seit der Geburtsstun
de vor 25 Jahren iirder Werkstätte ar
beitet, koordinieren die acht Mitarbei
terinnen, Josef Fpck, Monika Gassner,
Petra Schwellnuss, Eugen Büchel, Anja
Braun und Käthy Bieg sowie Lehrtoch
gentiieh nicht mehr, da habe ich einen
grossen Wandel durchlebt. Für mich
gibt es vielmehr Menschen, die anders
sind.
Die Heilpädagogik hat in den letzten
20 Jahren vieles bewirkt und verän
dert. Die Ziele sind Voraussetzungen,
welche Uber Jahre - gerade mit diesen
anderen Menschen - gesteckt werden
müssen, das bedingt ein geduldiges
Miteinander.
Was sind die wichtigsten Punkte in
der Zusammenarbeit mit den Betreu-
ten?
Mit der Zeit spürt man in der Zu
sammenarbeit die Willens- und Leis
tungsfähigkeit, die Behinderte in sich
haben. Diese Lebensqualität zu akti
vieren, ist unsere tägliche Aufgabe.
Unser oberstes Ziel ist, mit einer Viel
falt sinnvoller Arbeiten verschiedens
ter Auftraggeber den Alttag zu bewäl
tigen, ohne dabei den Menschen zu
vergessen. Und gerade in unserer
schnelllebigen Zeit, in der alles mög
lichst sofort erledigt werden muss,
steht die Förderung des Einzelnen im
Vordergrund, ist das A und O unserer
Arbeit.
Welches sind die schönsten Erlebnisse
in Ihrer Arbeit?
Meine Arbeit erfüllt mich mit gros
ser Zufriedenheit. Ich freue mich jeden
Tag, dass ich mit unseren Betreuten ar
beiten kann.
Auch die gute Zusammenarbeit mit
den unterschiedlichen Auftraggebern
und meinen Mitarbeiter/innen macht
mir grosse Freude. Und dann natürlich,
dass ich die ganzen 25 Jahre des Auf
baus und Wachstums der Werkstätten
miterleben durfte - manchmal scheint
mir, als ob wir erst vorgestern damit
angefangen hätten.
L-Press
Der Abteilungsleiter der Werkstätte
PROTEKTA bedauert es ab und zu,
dass, ob des grossen administrativen
Aufwandes, die direkte Arbeit mit den
Betreuten etwas zu kurz kommt. Den
noch die Freude an seiner Arbeit ist aus
seinem Gesicht abzulesen.
Christoph Biedermann arbeitet seit 25 Jahren in den HPk-Wfrkstätten:«Die Heil
pädagogik hat in den letzten 20 Jahren vieles verändert urfd Bewirkt».