Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Inland 
Freitag, 12. Mai 2000 7 
Gymnasium: Ablehnende Haltung 
zur Schulstrukturreform 
Gymnasiale Langform soll weiterhin erhalten bleiben - Bildungspolitische Anbindung an Österreich und Süddeutschland wünschenswert 
Das Liechtensteinische Gymnasi 
um vertritt eine ablehnende Hal 
tung zur geplanten Schulstruktur 
reform. In den letzten Jahren ha 
ben sowohl Rektorat als auch ein 
zelne Lehrpersonen des Gymnasi 
ums ihre Bedenken gegenüber den 
Verantwortlichen geäussert und 
eigene Vorschläge zu inneren Re 
formen eingebracht. An der gestri 
gen Medienkonferenz präsentier 
te das Rektorat eine Stellungnah 
me zum Bericht der Regierung. 
Peter Kindle 
Das Liechtensteinische Gymnasium 
spricht sich dezidiert gegen die von der 
Regierung geplante Schulstrukturre 
form aus. Das Rektorat, welches ges 
tern eine Stellungnahme veröffentlich 
te stellt fest, «dass die bekannten Ein 
wände gegen die vorgeschlagene Ände 
rung der Schulstruktur von der Regie 
rung im Bericht und Antrag nicht ange 
messen berücksichtigt wurden». So 
wird in der Stellungnahme festgehalten: 
«Wir sind verärgert, dass von Seiten der 
Schulbehörden an den Informations 
veranstaltungen zum Thema Reform 
der Sekundarstufe im Fürstentum 
Liechtenstein der Eindruck erweckt 
wird, die Reform der Sekundarstufe 
werde von engagierten Lehrerinnen 
und Lehrern, Elternvertretern sowie 
Schulfachleuten getragen». Wichtiger 
erscheint es dem Rektorat des Gymna 
Rektor Josef Biedermann, Helmut Konrad und Rudi Robinigg (v. I.) sprachen sich gegen die geplante Schulstrukturreform aus. 
siums, dass die Verantwortlichen auf die 
wirklichen pädagogischen und schulor 
ganisatorischen Risiken hinweisen. 
Schönmalerei im Regierangsbericht 
Das Rektorat des Liechtensteini 
schen Gymnasiums hält in seiner Stel 
lungnahme fest, dass sich die Regierung 
in ihrem Bericht und Antrag lediglich 
auf die angeblichen Vorteile beschrän 
ke. «Es Hessen sich auch wissenschaftli 
che Untersuchungen, 3. B. aus der 
Schulwirksamkeitsforschung, aufführen, 
die zu anderen Ergebnissen gelangt 
sind», wird in der {jejöffeiftlichten Stel 
bit*., 
Neun Thesen gegen die 
Reform 
Mit neun verschiedenen Thesen 
begründet das Gymnasium, dessen 
Lehrerschaft fast geschlossen eine ab 
lehnende Haltung gegenüber der ge 
planten Reform vertritt, ihre Position. 
Durch innere Reformen im derzeitigen 
dreigliedrigen System könnten nach 
haltige Optimierungen erreicht wer 
den, welche eine begabungsgerechte 
und wirkungsvolle Förderung aller 
Schüler garantieren könnte. 
Des Weiteren befürchten die Vertre 
ter des Gymnasiums, dass durch die ge 
plante Schulstrukturreform die bereits 
stattfindenden Ansätze einer Verbesse 
rung des Schulsystems gefährdet wer 
den könnten. 
Gymnasium im eigenen Land - 
keine Abwanderung provozieren 
«Begabte Kinder und Jugendliche 
sollen auch künftig bereits nach der Pri 
marschule in unserem Land das Gym 
nasium besuchen können, unabhängig 
von Wohnort, sozialer Schicht, Einkom 
men und Vermögen der Eltern», plä 
diert das Rektorat in seiner Stellung 
nahme. «Durch die geplante Abschaf 
fung der gymnasialen Langform wäre 
dies nur noch an Privatschulen und im 
Ausland möglich». 
Durchlässigkeit: Ja, aber 
horizontal und vertikal 
Während die horizontale Durchläs 
sigkeit im bestehenden Schulsystem ge 
währleistet ist, müsste in Zukunft auch 
eine Durchlässigkeit in vertikaler Rich 
tung geschaffen werden. So sollte 
gemäss Stellungnahme des Gymnasi 
ums das 10. Schuljahr entsprechend auf 
gewertet werden, um interessierten 
Oberschülern den Realschulabschluss 
zu ermöglichen. 
Keine Problemlösung für die 
Oberschule 
Forum Schulstruktur: Ein klares NEIN zur geplanten Schulrefofm 
Eines der erklärten Hauptziele der ge 
planten Schulreform ist die Verbesse 
rung der Durchlässigkeit, das bedeutet 
die Erleichterung des Wechsels von ei 
ner Schulart in eine andere. Untersu 
chungen hn Ausland zeigen, dass 
grundsätzlich in einem Schultyp, wie die 
Reform ihn vorsieht, keine bessere 
Durchlässigkeit stattfindet. Ausserdem 
kann der Wechsel von einer Schulart in 
eine andere auch im heutigen System 
nachweislich erhöht werden. 
Dem Begriff Durchlässigkeit wird im 
Regierungsbericht ein zu hoher Stellen 
wert eingeräumt. Zwar erscheint die 
Durchlässigkeit zwischen den Niveaus 
in einem Fach auf den ersten Blick 
tatsächlich hoch. In der Praxis ist diese 
Durchlässigkeit aber nur in Verbindung 
mit Hektik, Chaos und Umteilungs- 
stress für Schüler, Eltern und Lehrer zu 
erreichen. 
Hingegen ist die Durchlässigkeit zwi 
schen den Stammklassen gering. Laut 
Regierungsbericht schwankt dieser 
REKLAME 
Wert zwischen 0 und 3 %. Das bedeutet 
im Klartext: Einmal Stammklasse G - 
immer Stammklasse G! 
Benachteiligung bleibt 
Die Probleme der heutigen Oberschule 
werden direkt in die Stammklasse G 
verlagert. Deshalb sind fast alle Ver- 
nehmlassungsteilnehmer (auch die Be 
fürworter) klar der Auffassung, dass das 
neue Modell die Benachteiligung von 
leistungsschwachen Schülerinnen und 
Schülern nicht beseitigen wird. Dazu 
kommt noch, dass mit einer Quote von 
40 % in der Stammklasse G mehr Kin 
der betroffen sein werden als in der bis 
herigen Oberschule, welcher heute eine 
Quote von ca. 30 % der Kinder zuge 
teilt wird. Während bisher seitens der 
Behörden der Eindruck vermittelt wur 
de, mit der geplanten Reform lösten 
sich die Probleme der Oberschule, wird 
nun auf Seite 112 des Regierungs 
berichtes zugegeben, dass sich die 
Stigmatisierung leistungsschwacher 
Schülerinnen und Schüler durch das 
neue System nicht, beseitigen lässt. Auf 
Seite 51 wird gar eingestanden, dass 
die Integration von leistungsschwachen 
Schülerinnen und Schülern in die 
Berufswelt «ein durch die Reform nicht 
zu lösendes Problem» bleibt. Ver 
besserungen seien nur durch vermehrte 
berufliche Einsatzmöglichkeiten mög 
lich. 
Bedenkt man, dass die Durchlässigkeit 
zwischen den bisherigen Schultypen in 
den letzten Jahren am SZU sogar grös 
ser war, als die Reform verspricht, so 
hält dieses Schlagwort im Regierungs 
bericht nicht, wasjesf erspricht. Dass die 
Durchlässigkeit jm^ bestehenden Sys 
tem nach Umsejzeji des neuen Lehr- 
ifwand optimiert 
jie nebenstehende 
Gründen fordern 
planes mit wenig 
werden kann, zefgt$ 
Grafik. Aus dieieii 
wir: 
Ein klares NEIN zir geplanten Schul 
reform! 1 ' ; ■ 
Forum SchUfstruktur: 
Postfach 145,9490 Vaduz, 
www.forum3chulstruktur.li 
Welterentwicklung der bestehenden 
Schulstruktur: 
verbesserte Durchlässigkeit 
gemeinsames Wahlfachangebot 
Zusatzjahr mit RealschulabSchluss für 
Oberschülerinnen und Oberschüler 
Beibehaltung des Langzeitgymnasiums mit 
dezentraler Unterstufe 
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FtoetkurM In Mathematik, Deutacti und Englisch ertefcfitem 
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Sttitzkune hellen Lücken zu achlleeaen und körnen lettwelae 
Abstufungen vertilndenv 
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Für 3 Länder 
vom Bodensee bis 
zum Walensee 
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