Liechtensteiner Volksblatt
Ostern
Samstag, 22. April 2000 15
Nachrichten
Festival der
Wiedergeburt
Ostern - Fest der Bäume, Alban Eilir, Ostara
fällt mit dem Frühlingsanfang zusammen. Ge
naugenommen fällt es auf den Sonntag nach
dem ersten Frühlingsvollmond. Da liegt also
der Hase begraben: uh ..., was sage ich? Die
Engländer sehen im Mond keinen Mann, nein,
sie erkennen in ihm einen Hasen, Symbol der
Fruchtbarkeit. «I will turn into a hare», heisst
es in einem alten, englischen Hexenlied: wand
le dich in eine Häsin, fruchtbar und flink!
Das Tier der Göttin Eostre ist der Hase, ein
Sinnbild weiblichen Östrogenüberschusses
(Ostern und Östrogen haben gemeinsame
Sprachwurzeln).
Hexen und Neoheiden feiern Ostern als ein
Festival der Wiedergeburt des Lebens auf der
Erde, die Geburt des Frühlings, das Ende des
winterlichen Stillstandes. Die Göttinnen der
Fruchtbarkeit, Eostre (Angelsachsen) und
Ostara (Germanen) sind die Heldinnen dieses
grossen Sabbats! Ostern ist ein Radikaltermin:
Tod und Auferstehung für die Christen,
das Fest des Vorüberzugs des Todesengels
(Passah) für die Juden und exzessive, Frucht
barkeitsriten obskurer Pflanzenkulte: das
Ende einer strengen Buss- und Fastenzeit wird
gefeiert, Glocken läuten, Blumen werden an
gebetet, Haselnusssprosse im Morgengrauen
geschnitten, Baumgöttinen beschworen...
In alten Tagen sammelten die Hexen Eier
aus Vogelnestern, bereiteten daraus Talismane
und riefen zum rituellen Verzehr! Heute erin
nert das Eierfärben noch an die verschieden
farbigen Wildvogeleier von früher. Das Nest
war eines der Zentren der Begierden, denn
darin sah man die Urform des geflochtenen
Korbes, ein Erbe der Natur an die lernende
Menschheit.
Dotter für den Sonnengott
Überhaupt steht das Ei für vieles. Der strah
lend gelbe Dotter für den Sonnengott, die
Schale für die «weisse Göttin» der Hexen, das
gesamte Gebilde steht für Schöpfung und Wie
dergeburt und: die Zerstörung des Alten durch
die Geburt des Neuen!
Österliche Heiterkeiten
Herr Osterhase ist in die Tage gekommen und
daher ist es um seine Augen nicht mehr so gut
bestellt. Eines Tages betritt er ein Elektroge-
schäft und entscheidet sich nach langem Über
legen zum Kauf eines Musikinstrumentes: «Ich
hätte gerne das weisse Akkordeon dort in der
Ecke und das rote Saxophon dort an der
Wand».
Meint die Verkäuferin bedauernd: «Also, den
Feuerlöscher kann ich Ihnen verkaufen, den
Radiator aber behalten wir hier!»
Und ein andermal steht Herr Osterhase vor
dem Richter. «Ja sagen Sie mal, schämen Sie
sich denn gar nicht in Ihrem Alter einen Com
puter zu stehlen?» Darauf antwortet das er
graute Langohr: «In meiner Jugend gab es
schliesslich noch keine, Herr Richter!»
Wenn der Osterhase kommt...!
Ostergeschichten von jungen Autorinnen und Autoren
Die Osterhasen sind sich einig: «Wir geben die moderne Maschine zurück und malen die Eier wieder selbst!»
Herr Osterhase regt die Fan
tasie an. Das zeigen die lusti
gen Geschichten, die aus der
Feder dreier junger Autorin
nen und eines Autoren stam
men. Isabel, Sabrina, Ronja
und Robin brauchten dazu
keine Informationen, die Bitte,
schreibt uns doch eine Oster
geschichte, reichte und schon
verreisten sie ins Land des
langohrigen Gesellen.
Die drei jungen Autorinnen be
suchen die fünfte Klasse in der Pri
marschule Resch in Schaan. Isabel
und Sabrina zeichnen in ihrer Ge
schichte gemeinsam auf, mit wel
chen Problemen die Osterhasen fer
tig werden müssen. Bei Ronjas Er
zählung spielt die erwachende Blü
tenpracht eine Rolle und der zwölf
jährige Robin machte sich Gedan
ken, wie die Osterhasen in ihrer Ei
ermalerei entlastet werden könn
ten.
Das Problem der Osterhasen
Von Isabel Wanger und
Sabrina Casucci
das Kaninchen, das ich gemalt
habe». «Ja, ich bin es», antwortet das
Kaninchen. «Ich habe den Auftrag
bekommen, dasjenige Kind mit auf
die Osterinsel zu nehmen, das mich
am schö\\||j#malt. Dort hat dieses'
Kind zweFVvStosche frei».
grauen Tiere wieder gesund
werden!» Schwupp - Thomas liegt
schlaftrunken in seinem Bett. «Ko
misch», sagt er. «Ist das ein Traum
gewesen?» Seltsamerweise aber
Hegt neben seinem Bett ein Ku
scheltier, das er vorher noch nie
gesehen hat. Es ist ein braun-weis-
ser Hase...
Die Ostereimaschine
Von Robin Frick
Der 6-jährige Thomas glaubt
noch immer an den Osterhasen.
Kein Wunder also, dass er am Ibg
vor Ostern eine Zeichnung für das
Langohrtier malt. Als Thomas am
Abend ins Bett geht, und schon fast
im Land derTVäume ist, wird er von
einem weicheh Pfötchen geweckt.
Er macht die Augen auf und staunt:
«Das gibt es doch nicht! Du bist ja
«Bin ich diejses Kind?», fragt Tho
mas verwundert. «Ja, das bist du.
Wenn du aber mitkommst, wirst du
am Ostersonntag nicht zu Hause
sein. Der Weg dorthin ist nämlich
sehr weit und beschwerlich».
Da hat Thomas eine Superidee.
Er sagt: «Mein erster Wunsch ist,
dass, wenn ich auf Drei gezählt ha
be, wir uns auf der Osterinsel befin
den». «Das ist eine gute Idee!»,
meint das Kaninchen. Also zählt
Thomas: «Eins, zwei, drei ...» und
schwupp befinden sie sich zwischen
Hasen und Rennen, weissen und
bunten Eiern, «Hey», ruft der kleine
Thomas, «hier gibt es ja nur braune
und weisse Tiere!» Wie erstarrt se
hen ihn alle an. Da kommt ein Hase
mit einer Krone auf dem Kopf auf
Thomas zugehoppelt und sagt: «Ich
bin der Hasenkönig der weissen und
braunen Hasen und Hennen. Ich
habe einen Bruder,der ist König der
schwarzen und grauen Hasen und
Hennen. Leider sind seine Tiere an
einer schweren Infektion erkrankt.
Und jetzt haben wir viel zu wenig
Eier. Nur wenige Kinder werden an
Ostern ein Ei bekommen».
«Das ist ja schrecklich!», schreit
Thomas entsetzt. Und während er
nachdenkt, kommt ihm eine Idee.
«Ich kann euch helfen. Mein zweiter
Wunsch ist, dass alle schwarzen und
(Bilder: Emmi Wohlwend)
bemalte Eier. Benny schnappt sich
als erster ein Ei und will es kosten.
Doch als er es schälen will, bemerkt
er den Irrtum: «Die Eier sind
ja noch roh!», teilt Benny den an
deren mit. Die Osterhasen disku
tieren wild durcheinander und
kommen dann zum reichlich über
legten Entschluss, die Ostereima
schine wieder zurück zu geben.
«Wir werden die Eier wieder selbst
anmalen. Es ist besser so, dann
brauchen wir weniger Zeit und
weniger Eier!», sind sich die Hasen
einig.
Die Osterglocke
Von Ronja Nigg
Es ist kurz vor Ostern. Der Hase
Benny und seine Verwandten müs
sen sich schleunigst daran machen,
Ostereier zu malen. Doch eigent
lich sind sie es leid, und deshalb ge
hen sie zu einer modernen Firma,
um eine Ostereimaschine zu kau
fen. Doch die Osterhasen haben
keinen blassen Schimmer, wie die
Riesenmaschine funktioniert. Sie
werfen ein paar Eier oben hinein
und warten eine Viertelstunde vor
dem Türchen der Maschine. Als
Benny nachsieht, schreit er:
«Auweia!». Die anderen, die den
Schrei gehört haben, eilen herbei.
Jetzt sehen auch sie die Bescherung
- sie hatten vergessen, die Auffang
schale für die fertigen Eier zu mon
tieren. Und so wagen sie nochmals
einen Versuch, mit befestigter
Schale. Sie drücken und drehen
überall herum, schalten die Oster
eimaschine ein und warten.
«Jipiee», ruft Benny. «Was ist
denn nun los?», fragen die anderen.
«Hier seht doch!» sagt Benny. Die
anderen Osterhasen schauen neu
gierig nach: In der Auffangschale
sind über SO wunderschöne, bunt
An einem Osterabend hüpft wie
jedes Jahr der Osterhase von Haus
zu Haus. Er liest alle Briefe und
Wünsche der Kinder. Auf den
Osterhasen wartet eine lange
Nacht, denn er muss an einem ein
zigen Abend alle Geschenke ver
stecken. Einige Kinder wünschen
sich Spielzeug zu Ostern, andere
möchten gerne viel Schokolade.
Beim allerletzten Haus steht in ei
nem Brief: «Lieber Osterhase, ich
hätte gerne etwas Buntes, das zu
Ostern passt, aber kein Spielzeug
ist!» Der Hase studiert und stu
diert. Dann hat er eine Idee, was er
dem Kind schenken soll: eine
Osterglocke! Das ist kein Spielzeug,'
ist farbig und wächst jedes Jahr zu
Ostern von Neuem. Als das Kind
am Morgen erwacht, sieht es über
all nach, entdeckt die sonnengelbe
Osterglocke und freut sich mehr,
als jemals zuvor.