Liechtensteiner Volksblatt
Kultur
Samstag, 22. April 2000 9
Nachrichten
«Die Sprache der
Bäume»
MELS: Vom 27. April bis 6. Mai wird im Ein
kaufszentrum Pizoipark Oliver LUttin, mit sei
ner Ausstellung «"free Talks - die Sprache der
Bäume», zu sehen und zu hören sein. Oliver
LUttin ist ein 33-jähriger, freischaffender Künst
ler aus Degersheim und zudem ein Musiker der
ungewöhnlichen Art: Seit einigen Jahren baut er
Instrumente aus morschen Bäumen, die er aus
höhlt. Instrumente mit so ungewöhnlich klin
genden Namen wie «TYogabo», das aus einem
Trogener Apfelbaum stammt. Nach mehrjähri
ger intensiver Arbeit war der Künstler Anfang
1998 mit einem Unterstützungsbeitrag der Aus-
serrhodischen Kulturstiftung ausgezeichnet
worden. Elf Bauminstrumente und sieben
Baumskulpturen präsentiert Oliver LUttin im
«Pizoipark».
Tier-Aquarelle
GRABS: In der Caföteria des Spitals Grabs sind
derzeit Tier-Aquarellbilder von Agnes Rüegg-
Gruber aus Näfels (GL) zu sehen. Agnes
RUegg-Gruber, geboren und aufgewachsen in
Mollis, eine Tochter des Lehrers Hans Gruber
und der Brigitte Rohner. Schon als Kind wurde
Agnes vom Vater im Malen und Zeichnen ge
fördert. Viele Jahre schlummerte das Talent in
sich. Bis vor einigen Jahren, da wurden Pinsel
und Farben wieder hervor geholt. In der Nacht,
wenn Ruhe ist, werden die Ideen zu Papier ge
bracht. Später werden die Farben gemischt,
langsam entsteht ein Bild, das lebt. Die Tiere
sind der Künstlerin das liebste Motiv mit der
meisten Zuneigung. Die Aquarellbilder mit ver
schiedenen Farben zeichnen sich durch Zartheit
und Transparenz aus. Mit der Mischtechnik ent
stehen einerseits zarte Pastellfarben, anderseits
kräftige Töne. Die Tierbilder sind klar und
strahlen eine Ruhe aus, die den Betrachter zur
Besinnlichkeit animieren. Die Kunst der Aqua
rellmalerei ist eine Quelle visueller und geisti
ger Kraft. Sie bringt uns Verlangen nach Moti
ven und Bedeutungen zu. Das Bewusstsein ver
stärkt es noch. Die Kunst der Malerei und In
tensität wie auch zeitspezifische Wahrheiten
gleichermassen vermitteln kann. Denn im Ge
gensatz zur Kamera kann man zusammenzie
hen, hinzutun oder ganz weglassen. Dadurch
entsteht eine künstlerische Darstellung. Die
Ausstellung ist zu den normalen Öffnungszeiten
zu sehen.
«Neue Szene» beendet:
positive Bilanz
KONSTANZ: Mehr als 5500 Menschen haben
in den letzten zwei Wochen in Konstanz das
Festival junger europäischer Dramatiker
(«Neue Szene») besucht. Die Veranstalter zo
gen am Donnerstag eine positive Bilanz des
Treffens. Im Verlauf des Festivals waren aktuel
le Theaterstücke aus elf Ländern gezeigt wor
den. An insgesamt 13 Tagen waren Autorinnen
und Autoren aus Österreich, der Schweiz,
Deutschland, England und Frankreich im Alter
von 20 bis 35 Jahren mit Lesungen und Auf
führungen vorgestellt worden. Mehr als 200
Theaterleute, Autoren, Verleger und Übersetzer
begegneten sich an bis zu acht Veranstaltungen
pro Tag in Werkstattgesprächen oder am Rande
von Premieren. Fast die Hälfte der 48 Auf
führungen war ausverkauft. Unterstützt wurde
das grenzübergreifende Festival von den Städ
ten Konstanz und Kreuzlingen, dem Bundes
land Baden-Württemberg, den Kantonen Thur-
gau und Zürich sowie von mehreren Stiftungen,
Firmen und Vereinen. Schwierigkeiten gibt es
noch bei den Planungen für das kommende
Festival: Das vor zwei Jahren formulierte Kon
zept sah vor, dass die Veranstaltung im Abstand
von zwei Jahren in anderen Euregio-Zentren ei
ne Bühne findet. Vorgespräche mit dem Theater
für Vorarlberg in Bregenz und dem Atelier du
Rhin in Colmar wurden bereits geführt, wie die
Konstanzer Veranstalter mitteilten.
Die ganze Welt der Oper
Der Spielplan des Opernhauses Zürich: Ein «who is who» der Opernwelt
Alexander Pereira, Intendant
des Opernhauses Zürich,
Ranz Welser-Möst (Chefdiri
gent), Heinz Spoerli (Ballettdi
rektor) und Sir Peter Jonas, In»
tendant der Bayerischen
Staatsoper München infor
mierten am vergangenen Mitt
woch in einer Pressekonferenz
über den Spielplan der Saison
2000/2001 im Opernhaus
Zürich.
Gerolf Hauser
Der Grund für die Anwesenheit des
Intendanten der Bayerischen
Staatsoper ist eine ausserordentli
che Kooperation. Gemeinsam
schreiben beide Opernhäuser einen
internationalen Kompositionswett
bewerb für Neue Oper aus, durch
den junge Komponistinnen ange
regt werden sollen, sich aktiv mit
zeitgenössischen Formen und Be
dingungen der Oper auseinander
zusetzen.
Internationaler Wettbewerb
Dieser Wettbewerb soll zugleich
ein Forum für Neue Musik bilden,
auf dem sich interessierte Intendan
ten, Regisseure, Verleger usw. über
das zeitgenössische Schaffen im Be
reich Oper informieren können.
Der Wettbewerb wird in zwei Stu
fen durchgeführt. Bis zum 1.9.2000
reichen die Teilnehmerinnen eine
Projektbeschreibung (Umfang bis
zu zwei A4-Seiten) ein, in der sie ih
re Ideen zu einem 10 bis 15-minüti-
gen Musiktheater-Stück für Solis
ten- und Instrumental-Ensemble
(ohne Chor, maximal 15 Instrumen
te) skizzieren. Als Werkthema wird
def Begriff Odysseus vorgegeben.
Dieser Beschreibung soll Musikma
terial aus dem bisherigen Schaffen
(z.B. Partituren, Aufführungsmit
schnitte) beigefügt werden. Eine
Jury sucht maximal 12 Komponis-
Das Opernhaus Zürich wartet mit einem attraktiven Spielplan auf. Zum Fest
der schönen Stimmen entwickelte sich beispielsweise die Premiere der Oper
«Anna Bolena» von Gaetano Donizetti Anfang April. (Archivbild)
• fc .!: 'I •
tlnnen.ifüneinen Werkauftrag. Die
Jury besteht aus Alexander Pereira,
Sir Peter Jonas, Franz Welser-Möst,
Zubin Mehta, Luciano Berio, Man
fred Tröhjan, Dramaturgen, Libret-
tisten, Musikologen und Verlegern.
- T
Nach den Aufführungen der ausge
wählten Kurzopern wird ein/e Ge
winnerin ermittelt, der/die in der
zweiten Stufe den Auftrag für eine
abendfüllende Oper erhält. Die
Projektbeschreibung ist (mit bio
grafischen Angaben) zu senden an
das Opernhaus Zürich, Kompositi
onswettbewerb, Falkenstr. 1, 8008
Zürich.
Neuinszenierungen und
Wiederaufnahmen
Neu auf der Bühne des Opern
hauses Zürich sind die drei Ballett
abende «Ballett I» von Heinz Spo
erli, bei dem Ensemble «Opera no-
va» Musik von Berio und Reich
spielen wird, eine Neuinszenierung
von Tschaikowskis «Nussknacker»
und eine «Hommage an Strawinski
(Pucinella, Petruschka, Le Sacre du
Printemps). Bei den Opern glänzen
wieder grosse Namen, u.a.: «Leo
nora» von Paer mit dem grossarti : '
gen jungen Tenor Jonas Kaufmann;
Wagners «Ring» wird, über zwei
Spielzeiten verteilt, im Oktober be
ginnen mit Jukka Rasilainen als Wo
tan in «Das Rheingold»; der erfolg
reiche Regisseur Martin Kusej ins
zeniert Richard Strauss' «Salome»;
als Schweizer Erstaufführung
kommt im November «L'Amore die
tre re» von Montemezzi auf die
Bühne; Christoph von Dohnanyi
wird «La Damnation de Faust» von
Berlioz dirigieren, Franz Welser-
Möst den «Don Carlo» von Verdi,
Nikolaus Harnoncourt Schuberts
«Alfonso und Estrella», Nello Santi
den «Barbier von Sevilla», William
Christie Glucks «Iphigenie en Tau-
ride». Den Abschluss der Neuinsze
nierungen bilden Wagners «Walkü
re», Bellinis «Beatrice di Tenda»
und als Festspielpremiere im Som
mer 2001 inszeniert Luc Bondy Ver
dis «Macbeth». Die Wiederaufnah
men im Opernhaus Zürich reichen
von Verdis «Traviata», «Trovatore»,
«Nabucco» und «Falstaff» über Bi-
zets «Carmen», Mozarts «Zauber
flöte» und Wagners «Tannhäuser»
bis zu Bergs «Lulu» und «Wozzek»,
Prokofjews Ballett «Cinderella»
und «Wo die wilden Kerle wohnen»
von Knussen.
Adenauer-Preis für Kinderbuchautor
und Historiker
Den Konrad-Adenauer-Preis für
Literatur und Wissenschaft erhalten
der Kinderbuchautor Otfried
Preussier sowie der Geschichtspro
fessor Ernst Nolte.
Die mit jeweils 10000 Mark ver
bundene Auszeichnung wird am 4.
Juni in der Münchner Residenz ver
liehen, teilte die Deutschland- Stif
tung am Donnerstag mit. Der 77
Jahre alte Nolte ist einer breiten Öf
fentlichkeit vor allem durch seine
Haltung im 1986 entbrannten «His
torikerstreit» bekannt geworden.
Fachkollegen werfen Nolte vor, die
Singularität der NS-Verbrechen
durch den Vergleich mit dem Stali
nismus zu relativieren. Die Laudatio
auf Nolte werde der Direktor des In
stituts für Zeitgeschichte München,
Horst Möller, halten, hiess es. Der
Re . Preussier hat mit
Büchern wie «Räuber Hotzenplotz»
oder «Die kleine Hexe» Klassiker
der Kinderliteratur geschrieben. In
einer Zeit, in der elektronisches
Spielzeug und der Femseher die
lünderzimmer beherrschen, geben
Preusslers Geschichten der Fantasie
Nahrung und helfen, mit mancherlei
Ängsten fertig zu werden, heisst es
in der Begründung der Jury. Die
Laudatio auf Preussier hält der
bayerische Mundartdichter und
Volkskundler Helmut Zöpfl. Die
«Deutschland-Stiftung e.V.» wurde
vor 30 Jahren vom ersten deutschen
Bundeskanzler Konrad Adenauer
mit ins Leben gerufen und hat ihren
Sitz in Breitbrunn am Chiemsee. Mit
ihrem alle zwei Jahre'vergebenen
Preis will die Stiftung «Taten und
Menschen ehren, die zu einer besse
ren Zukunft beitragen».
IMlt licht zeichnen
«Piatons Höhle», Lichtinställation von Gerry Ammann in der Johanneskirche, Feldkirch
Eva Jakob, Kulturbeaußragte der
Stadt Feldkirch, präsentierte am
Mittwochabend in der Johanneskir
che in Feldkirch eine Lichtinstaliati-
on von Gerry Ammann, die der aus
Wolfurt stammende Künstler «Pia
tons Höhle» nennt.
Gerolf Hauser
Gerry Ammann (Studium in Wien,
Staatsstipendium in die USA, u.a.
eine Installation in der Staatsoper
Wien) trug diese Licht-Idee seit Jah
ren «in der Tische herum» und frag
te sich, ob die Lichtwirkung «nur»
ein physikalischer Effekt ist. Selbst
wenn es so wäre - die Idee, die An
ordnung der hintereinander aufge
hängten 18 einfachen Glasplatten,
in denen sich das zuvorderst ange
brachte Licht spiegelt und zugleich
hindurchscheint, die nicht greifbare
und doch reale Lichtwirkung ver
mittelt ein faszinierendes Erlebnis.
Reinheit des Lichts
In der verdunkelten Johanneskir
che in Feldkirch bezeichnete Ver-
nissageredner Hubert Matt Gerry
Ammann als MedienkUnstler. «Er
treibt das immaterielle Grundmedi
um Licht bis zum Missbrauch,
schafffRäume in einem Raum, der
Johannesjcirche, dem der Boden
entzogenist.» Licht sei das Fest der
Erscheinung, schaffe Bilder. «Wir
könnep cfie Dinge nur sehen mittels
des Licht! und das Licht nur mittels
der Dinge.» Die Installation zeige
die Konfrontation der unreinen Ma
terialität' mit;' der Reinheit des
Lichts.; Gerry Ammann sagte dem
VOLKjSBLATTi «Wenn ich die
Lichtiqstallation mit der Computer
welt vergleiche, mit unserer Rea
lität, bekommt sie eine hohe Aktua
lität. Dazu gehört auch die Interak
tion, d.h; die erste der Glasplatten,
auf der die, in diesem Fall, blauen
und roten Lichtröhren befestigt
sind, kann gedreht werden. Dadurch
verwandelt sich das gesamte Bild. Es
ist so etwas wie Zeichnen mit Licht.»
Mensch und Licht
Ausserdem, so der Künstler,
decke sich das Erscheinungsbild der
Installation mit Piatons Höhlen
gleichnis, daher der Titel. Der grie
chische Philosoph Piaton (ca. 428
bis 347 v.Chr.), einer der einfluss
reichsten Denker der abendländi
schen Philosophie, beschreibt in sei
nem Höhlengleichnis Menschen, im
Inneren einer Höhle festgebunden,
die Tiere und Gegenstände nur als
Schatten an einer Wand sehen. Das
ist ihre Realität, ihr Weltbild. Einem
der Gefangenen gelingt es auszu
brechen und zum ersten Mal die
wirkliche Welt zu sehen. Als er
zurückkommt, den anderen diese
wirkliche Welt schildert, zerstört er
ihr Weltbild. Die Schattenwelt der
Höhle symbolisiert bei Piaton die
physische Welt der Erscheinungen.
Der Ausbruch aus der Höhle be
deutet den Übergang in die wirkli
che Welt, in die Welt der Ideen, dem
wahren Gegenstand der Erkennt
nis. Die Analogie zu seiner Installa
tion «Piatons Höhle» sieht der
Künstler darin, «dass die Lichtrefle
xionen etwas ähnliches sind wie
Schatten, nicht materiell, unfassbar,
nicht betretbar, nicht handhabbar
und doch real. Ausserdem hat die
lange «Lichtflucht» eine Sogwir
kung, der man sich kaum entziehen
kann.» Da komme wieder die Be
ziehung zum Computer zumlYagen:
Aussen der Mensch, die Abläufe ei
gentlich nicht verstehend, aber eine
Anziehung erlebend.
«Piatons Höhle», Lichtinstallati
on von Gerry Ammann in der Jo
hanneskirche, Feldkirch: 20. April
bis 18. Mai 2000; Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag 10 bis 12 und 15
bis 18 Uhr, Samstag 9 bis 12 Uhr.
r
V
l V