Liechtensteiner Volksblatt
Um weLt-Extra
Samstag, 15. Januar 2000 25
Orkanschäden Schweiz
Drei von 100 Bäumen
am Boden
BERN: Der Orkan «Lothar» hat in der Schweiz
rund zwölf Millionen Kubikmeter Holz gefällt,
fast die Hälfte davon im Kanton Bern. Diese
Menge entspricht drei Prozent der Bäume in
den Schweizer Wäldern. Nun gilt es, das Fallholz
zu räumen und zu verwerten.
In den sturmgeschädigten Wäldern lauert Ge
fahr. Das Spazieren in solchen Gebieten ist ent
weder strikt verboten oder die Behörden raten
dringend davon ab. Es besteht grosse Gefahr,
dass Bäume umstürzen und Äste oder gebro
chene Baumkronen herabfallen.
Im Kanton Bern richtete «Lothar» die gröss-
ten Verwüstungen an. Nach letzten Schätzungen
legte er rund fünf Millionen m 3 Holz um. Das
entspricht der Holzproduktion von vier Jahren.
Die Behörden haben es nicht bei Warnungen an
Spaziergänger und Jogger belassen: 2000 Schil
der verbieten den Zutritt zu Wäldern, in denen
geräumt wird.
Holzmarkt nicht überlasten
In den Kantonen Zürich, Aargau und Luzern
gab es je rund eine Million Kubikmeter Fallholz.
St. Gallen, Solothurn, Basel-Stadt, Schwyz, Nid-
walden und Obwalden verzeichnen Schäden
von 200000 bis 300000 Kubikmetern. Nicht
überall wird alles geräumt. So werden im Aar-
gau gewisse Waldgebiete belassen, um den
Holzmarkt nicht zu überlasten.
In der Romandie ist der Kanton Freiburg am
meisten geschädigt. Der Orkan zerstörte rund
zehn Prozent der Waldfläche. Er legte 1,3 Mil
lionen m 5 Holz um. Der Kanton will einem
Preissturz beim Holz vorbeugen. Er möchte
qualitativ hochstehende Mengen aus dem Fall
holz gewinnen und sie auf den Märkten Euro
pas und Chinas anbieten.
In der Waadt liegen 550 000 m 3 Holz am Bo
den, was der normalen Produktion von einein
halb Jahren entspricht. Die Schäden werden auf
rund 60 Millionen Franken geschätzt. 20 Millio
nen könnten aus dem Verkauf von umgelegtem
Holz zurückfliessen. Die Differenz werden die
Waldbesitzer und die öffentliche Hand beglei
chen müssen.
Preissturz verhindern
Eine besonderes Augenmerk wird auf die La
gerung gerichtet, um einem zu starken Preis
sturz vorzubeugen. Die Waadtländer Behörden
suchen Standorte, um unter kontrollierten
Feuchtigkeitsbedingungen das Holz zu lagern.
Mit der gleichen Optik werden die Räu
mungsarbeiten geplant. So wird es im Kanton
Jura zwölf bis 18 Monate dauern, die 300 000 m 3
Fallholz - die Produktion von eineinhalb Jahren
- zu räumen.
Der Kanton Neuenburg verlor 210 000 m 3
Holz, mehr als das Doppelte einer normalen
Jahresproduktion. Der Kantonsförster schätzt
die Dauer der Räumungsarbeiten auf einein
halb bis zwei Jahre.
Im Wallis legte «Lothar» die Hälfte einer Jah
resproduktion oder 50 000 m 3 um, vor allem im
Val d'Entremont im Unterwallis. Die Schäden
sind nicht zu vergleichen mit jenen vom Feb
ruar 1990, als der Sturm «Vivian» 600 000 m 3
Bäume umgemäht hatte.
Bundeshilfe
Die Kosten für die Wiederinstandstellung der
geschädigten Waldflächen belasten die betrof
fenen Kantone. Der Bundesrat hat Bundeshilfe
versprochen. Einen konkreten Betrag hat er
aber noch nicht genannt. Die eidgenössischen
Räte werden sich in der Märzsession damit be
fassen.
«Lothar» war am 26. Dezember, am Stefans
tag, Uber die Schweiz gefegt und hatte mindes
tens 14 Todesopfer gefordert. Die Schäden an
Gebäuden werden auf fast eine halbe Milliarde
Franken geschätzt.
18 000 Kubikmeter Holz
am Boden
Orkanschäden Lothar vom Stefanstag 1999 - Strategie zur Aufarbeitung, Lagerung und Vermarktung
Erhebungen der Forstorgane
beziffern das Schadenausmass
von Orkan Lothar im Liech
tensteiner Wald mit rund
18000 Kubikmetern, was auf
das ganze Land bezogen etwa
einer Jahresnutzung ent
spricht. 80 % des Sturmholzes
sind als Flächenschäden, 20 %
als über die Waldungen verteil
te Streuschäden angefallen.
Grosse Waldschäden mit erhebli
chen Folgewirkungen verursachte
der Orkan vor allem am Eschner-
berg sowie in den Gemeinden Bal
zers und Triesenberg, wo der Sturm
soviel Bäume gebrochen oder mit
dem ganzen Wurzelteller geworfen
hat, wie in diesen Wäldern norma
lerweise in drei Jahren geerntet
werden.
Direkte wirtschaftliche Schäden
entstehen durch einen wesentlichen
Mehraufwand, den die schwierige
Holzaufarbeitung verursacht und
durch erhebliche Mindererlöse des
in der Qualität entwerteten Holzes.
Insbesondere in jenen Wäldern, in
denen der Schutzfunktion eine her
vorragende Rolle zukommt, erfor
dern dringende Wiederherstel-
lungs- und Sanierungsmassnahmen
in den kommenden Jahren zusätzli
che Mehraufwendungen. Bei der
Wiederbestockung der Sturm
flächen wird deren natürliche Ver
jüngung mit standortsheimischen
Baumarten entsprechend den Ziel
setzungen des naturnahen Wald
baus angestrebt.
•». Die Liechtensteiner Forstbetrie
be sind aufgrund ihrer personellen
und organisatorischen Ausstattung
in der Lage, die Folgen der Sturm
schäden in nützlicher Zeit sachkom
petent und zielführend zu beheben.
Finanzielle Sonderleistungen sei
tens des Landes oder der Gemein
den werden dazu im Grundsatz
nicht als notwendig erachtet. Ausge
nommen davon sind Leistungen der
Gemeindeforstbetriebe in Privat
wäldern, die seitens der Gemeinden
Mehraufwendungen zur Folge ha-
Rund 18 000 Kubikmeter Holz müssen in den liechtensteinischen Wäldern aufgeräumt werden.
ben. Um eine möglichst effiziente
Aufarbeitung und Vermarktung des
Sturmholzes zu gewährleisten, ha
ben das Amt für Wald, Natur und
Landschaft und die Gemeindeför
ster einvernehmlich ein zielführen
des Vorgehen zur Aufarbeitung der
Schadenflächen beschlossen, das
folgende 5 Kernpunkte umfasst:
1. Normalnutzung stoppen
Die für diesen Winter vorgesehe
nen Holzschläge werden sofort, und
dies auch ih denjenigen Gemein
den, die vom Sturm nicht oder nur
wenig betroffen sind, zugunsten der
Sturmholzaufrüstung gestoppt.
2. Arbeitsgemeinschaften
bilden
Um das Forstpersonal sowie
Fahrzeuge und Maschinen der Ge
meindeforstbetriebe optimal auszu
lasten, werden Arbeitsgemeinschaf
ten gebildet. Die vom Sturm nicht
betroffenen Gemeindeforstbetrie
be Triesen, Vaduz, Schaan, Planken
und Mauren stellen ihr Forstperso
nal für das Winterhalbjahr vollum-
fänglich den sturmgeschädigten Ge
meinden Balzers, Triesenberg,
Eschen, Gamprin, Schellenberg und
Ruggell zur Schadholzaufrüstung
zur Verfügung.
3. Arbeitssicherheit gewähr
leisten und Unfälle vermeiden
In Anbetracht der grossen Unfall
gefahren bei der Aufrüstung von
Sturmholz ist der Arbeitssicherheit
grösste Bedeutung beizumessen. Ei
nerseits werden für die Holzereiar
beiten ausschliesslich ausgebildete
Forstwarte und Waldarbeiter einge
setzt. Andererseits sind Erholungs
suchende und Schaulustige in jedem
Fall wirkungsvoll von den Holzschlä
gen fernzuhalten. Spaziergänger sind
aufgerufen, Windwurfflächen zu
meiden. Schräg stehende, vom Sturm
gestossene und unter Spannung ste
hende Bäume bilden in diesen
Flächen eine erhöhte Unfallgefahr.
4. Waldfunktion als Weiser
Die Entscheidung, wo, wie und in
welcher Menge Sturmholz aufgerü
stet werden soll, wird an jedem Ein
zelobjekt nach Vorgabe der Wald-
Vorrangfunktion getroffen. Stark
beschädigtes bzw. schwierig zu
transportierendes Holz wird unter
Abwägung von Folgeschäden durch
Borkenkäferbefall entweder liegen
gelassen oder als Schutz gegen
Steinschlag und Schneerutschungen
vor Ort verbaut.
5. Holzvermarktung
koordinieren
Holzkäufe und -Verkäufe sind
zwischen den Marktpartnern auf re
gionaler Ebene zu koordinieren. In
erster Linie wird die angestammte
inländische Kundschaft mit Holz in
den benötigten Qualitäten und Di
mensionen bedient. Erst in zweiter
Priorität sind Exportmöglichkeiten
für Rundholz zu suchen. Um eine
Wertminderung des Holzes zu ver-
meiden, ist das Holz möglichst
schnell abzuführen. Was den Holz
verkauf anbelangt, sind die beste
henden Verträge und Vereinbarun
gen grundsätzlich einzuhalten. Für
bereits geschlagenes, jedoch noch
nicht verkauftes Holz sowie für
Sturmholz müssen voraussichtlich
Preisreduktion in Kauf genommen
werden.
Für weitere Auskünfte stehen
die Mitarbeiter des Amtes für
Wald, Natur und Landschaft (Tel.
+423/236 64 00) sowie die Ge
meindeförster jederzeit zur Verfü
gung. (pafl)
Heisse Jagd nach kurzem Glück
Für die Eichhörnchen beginnt die «heisse» Zeit
Im Januar beginnt der Eichhörn
chenkater um seine Katze zu wer
ben. Doch auf die wilden Verfol
gungsjagden der putzigen Wipfel-
Stürmer folgt nur eine kurze Ro
manze.
In unseren Wäldern, Gärten und
Parks kann man ihn jetzt beobach
ten: Der freche rote Eichhörnchen-
kater ist in das Revier des schwar
zen Weibchens eingedrungen. Oft
tagelang jagt er stürmisch hinter ihr
her. Die unterschiedliche Färbung
ist aber kein Geschlechtsmerkmal.
«Die Fellfarbe wird vererbt und von
äusseren Faktoren wie Klima und
Ernährung beeinflusst», erklärt Urs
Tester, Biologe bei Pro Natura. Bei
der Orientierung im Gewirr der
Zweige helfen die Tasthaare im
Schnurrbart und am Körper. Der
buschige Schwanz wird bei den me
terweiten SprUngen zur Steuerung
und als Fallschirm verwendet. Bei
diesen schwindelerregenden Turn
übungen ist es nicht verwunderlich,
dass das Eichhörnchengehirn einst
für ein Heilmittel gegen Höhen
angst gehalten wurde.
Gnadenloser Rausschmiss
Schliesslich willigt das weibliche
Tier ein und lässt den Kater in ihr
Nest, den Kobel, einziehen. Die Rei
signester befinden sich in Astgabeln
oder Baumhöhlen, bevorzugt in
Fichten. Doch bereits während der
38-tägigen Tragzeit wirft die Dame
des Hauses ihren Liebhaber hinaus.
Ab Ende Februar kommen die jun
gen Eichhörnchen als typische
Nesthocker blind, taub und nackt
zur Welt. Nur kurz verlässt das Mut
tertier zur Nahrungssuche das Nest.
Zerfaserte Fichtenzapfen und Ha-
selnussschalen am Boden sind typi
sche Spuren einer Eichhörnchen
mahlzeit. Beim Öffnen von Nuss-
schalen setzt das Eichhörnchen sei
ne Nagezähne geschickt als Werk
zeug ein. Die zeitlebens nachwach
senden Zähne müssen ständig
durch das Benagen harter Nahrung
abgeschliffen werden. Das Eich
hörnchen hat sich nicht eingeprägt,
wo es im Herbst Nüsse versteckt
hat. Mit seiner feinen Nase kann es
aber die vergrabenen Nahrungsde
pots sogar unter einer 30 Zentime
ter dicken Schneedecke ausmachen.
Da es aber nicht alle Verstecke wie
derfindet, trägt das Eichhörnchen
so zur Samenverbreitung der Bäu
me bei.
Körpemygiene ist angesagt, bevor der Eichhörnchenkater um seine Katze zu werben beginnt. (Bild: Pro Natura)
I