Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Dienstag, 18. April 2000 3JL 
Nachrichten 
Parapleglkerstiftung: 
Hausdurchsuchung 
BASEL: Die Basler Behörden haben am letzten 
Dienstag bei der Paraplegiker-Stiftung eine 
Hausdurchsuchung durchgeführt. Dabei wur 
den Buchführungs-Unterlagen der Stiftung, die 
ihren Sitz in Basel hat, beschlagnahmt. Die 
Durchsuchung stehe im Zusammenhang mit ei 
ner Strafanzeige des FDP-Nationalrats Marc 
Suter, wie Markus Melzl, Sprecher der Staats 
anwaltschaft Basel, am Montagabend einen Be 
richt von Radio DRS bestätigte. Bei der Anzei 
ge gehe es um den Vorwurf, dass Spendengelder 
missbräuchlich verwendet worden seien. Die 
beschlagnahmten Unterlagen seien nötig, um 
die Vorwürfe Suters zu erhärten, sagte Melzl 
weiter. Das Revisorat der Staatsanwaltschaft 
Basel werde diese Unterlagen nun genau über 
prüfen, um herauszufinden ob ein strafrechtlich 
relevantes Verhalten vorliege oder nicht. Die 
Behörden hätten aber genau gewusst, welche 
Unterlagen sie suchten, sagte der Sprecher wei 
ter: «Es war deshalb nicht die ganze Stiftung auf 
den Kopf zu stellen.» Die Strafanzeige Suters 
werfe der Paraplegiker-Stiftung von Guido 
Zäch vor, dass die Gelder nicht im Sinne des 
Stiftungszweckes verwendet worden seien, sag 
te Melzl. Die Strafanzeige Suters sei am 3. April 
eingereicht worden, sagte der Anwalt von Gui 
do A. Zäch auf Anfrage der Nachrichtenagentur 
sda. Es handelt sich bereits um die zweite An 
zeige gegen die Stiftung, die in Basel hängig ist. 
Eine erste Anzeige war im Zusammenhang mit 
dem Einsatz von Geldern für ein Hotelprojekt 
in Grindelwald eingereicht worden. Bei beiden 
Fällen gehe es um die Tatbestände der unge 
treuen Geschäftsführung und Veruntreuung, 
sagte Melzl. Beide Delikte werden von Amtes 
wegen verfolgt. 
Spekulationen um 
Koch-Nachfolge 
BERN: Zwei Tage nach dem überraschenden 
Rücktritt von SP-Präsidentin Ursula Koch ge 
hen die Spekulationen um ihre Nachfolge wei 
ter. Das neue Präsidium wird aber kaum vor 
dem Herbst gewählt. Ein vorgezogener Partei 
tag ist unwahrscheinlich. Die Reihen geeigneter 
potenzieller Nachfolgerinnen und Nachfolger 
haben sich bereits gelichtet. Nach den Absagen 
von Fraktionschef Franco Cavalli und Ständerat 
Ernst Leuenberger erklärte am Montag auch 
der Glarner Nationalrat und Preisüberwacfier 
Werner Marti, er stehe nicht zur Verfügung. 
Auch der Bündner Nationalrat Andrea Häm- 
merle hat keine Lust mehr aufs Parteipräsidium. 
Er war Ursula Koch vor knapp drei Jahren un 
terlegen. Weiterhin am Parteipräsidium interes 
siert ist die St. Galler Nationalrätin Hildegard 
Fässler (Bild) - auch wenn die Parteispitze meh 
rere Personen umfassen sollte. Fässler hatte ihr 
Interesse bereits vor einigen Wochen kundge 
tan, als Ursula Koch noch im Amt war, was nicht 
von allen goutiert worden war. Abwartend äus 
serte sich Nationalrätin Simonetta Sommaruga. 
Offen ist die Haltung der Genfer Ständerätin 
Christiane Brunner, die derzeit ausser Landes 
weilt. Den potenziellen Kandidatinnen und 
Kandidaten bleibt ohnehin genügend Zeit zum 
Überlegen: Die Sektionen können ihre Favori 
ten bis zum 18. August nominieren - so sieht es 
der SP-interne Fahrplan vor. Kommt dazu, dass, 
bis dahin ebenfalls eine Strukturreform zur De 
batte steht. Grundsätzlich wird sich die Partei 
entscheiden müssen, ob das Präsidium weiterhin 
durch eine Einzelperson oder - nach dem Vor 
bild der deutschen Sozialdemokraten - von 
einer mehrköpfigen Führung ausgeübt wird. 
rin-iTrtiMiniiinfiiiiiini mm miüh nmnii iimiiini 
Verheerende Niederlage für Regierung in Italien - Grosse Gewinne für Silvio Berlusconi 
ROM: Der klare Sieg der 
Rechtsparteien bei den italie 
nischen Regionalwahlen hat 
die Regierung in eine Krise ge 
stürzt. Staatspräsident Carlo 
Azeglio Ciampi lehnte aber am 
Montagabend den Rücktritt 
von Ministerpräsident Massi- 
mo D'Alema ab. 
Er forderte den seit Oktober 1998 
regierenden Politiker auf, im Parla 
ment die Vertrauensfrage zu stellen. 
Dagegen verlangte das siegreiche 
Mitte-Rechts-Bündnis des Opposi 
tionschefs Silvio Berlusconi soforti 
ge Neuwahlen. 
Den Rechtsparteien war es am 
Sonntag gelungen, in acht von 15 
Regionen eine Mehrheit zu errin 
gen. Die Linke, die bisher in elf Re 
gionen den Präsidenten stellte, ver 
fehlte klar ihr Wahlziel und konnte 
ihre Führung in lediglich sieben Re 
gionen halten. 
D'Alema hatte in einer internen 
Krisensitzung der Regierung die 
Verantwortung für die Schlappe 
übernommen. «Es wäre aber ein 
grosser Fehler, jetzt das Parlament 
aufzulösen», sagte er. D'Alema 
machte nach dem Treffen mit Ciam 
pi deutlich, dass seine Regierung zu 
mindest bis zum wichtigen Verfas 
sungsreferendum Uber ein neues 
Wahlrecht am 21. Mai im Amt blei 
ben wolle. 
Dank Umberto Bossi, Chef der Lega-Nord, konnten die Rechtsparteien bei den Regionalwahlen zulegen. 
Mit der seit Jahren angestrebten 
Wahlrechtsreform sollen stabilere 
Regierungen in Italien möglich wer 
den; seit dem Zweiten Weltkrieg 
gab es 56 Kabinettswechsel. 
Norditalien: starke Rechte 
Gemeinsam mit der Lega Nord 
von Umberto Bossi baute die Rech 
te ihre Führung vor allem im rei 
chen Norditalien aus. Gemäss dem 
vorläufigen amtlichen Endergebnis 
stellen die rechten Parteien weiter 
hin die Regionalpräsidenten in den 
nördlichen Regionen Piemont, 
Lombardei und Venetien sowie 
Apulien im Süden Italiens. 
Überraschend nahmen sie der lin 
ken Regierungskoalition auch noch 
die Führung in Ligurien im Nord 
westen Italiens und Latium rund um 
Rom ab. Hier wurde die postfaschis 
tische Nationale Allianz stärkste 
Partei. Auch Apulien und Kalabrien 
fielen an die Rechte. 
Zudem wird in der zentralitalieni 
schen Region Abruzzen künftig ein 
Mitglied von Silvio Berlusconis Pol 
der Freiheit, der sich aus Berlusco 
nis Forza Italia, der neofaschisti 
schen Movimento Sociale Fiamma 
Tricolore (MSFT) und der Lega 
Nord zusammen setzt, regieren. 
Linke Hochburgen gesichert 
Die Linke unter dem Namen «Uli- 
vo», die in elf Regionen die Mehrheit 
hatte, stellt künftig lediglich in sieben 
Regionen den Präsidenten. Sie si 
cherte sich ihre Hochburgen in Mit 
telitalien, darunter Emilia Romagna, 
Umbrien und Toskana. 
Drohgebärde von Österreich gegen die EU 
Verspätete Zahlung Österreichs an EU träfe eigene Steuerzahler 
BRÜSSEL: Österreichs Finanzmi 
nister hat mit der Verzögerung der 
Zahlung der Beiträge Wiens an die 
EU gedroht. Die EU-Kommission 
kritisierte die Drohung aus Wien 
gestern in Brüssel. 
Der österreichische Finanzminister 
Karl-Heinz Grasser spiele mit dem 
Feuer, hiess es in EU-Kommissions- 
kreisen. Aus Protest gegen die Be 
teiligung der rechtspopulistischen 
Freiheitlichen Partei (FPÖ) an der 
Regierung in Wien hatten die EU- 
Partner ihre Beziehungen zu Öster 
reich eingeschränkt. Zahlungsver 
zögerungen Wiens würden in erster 
Linie die Steuerzahler Österreichs 
treffen, erklärte eine Sprecherin der 
EU- Kommission. Grasser hatte die 
Zahlungsdrohung wegen Isolierung 
Österreichs durch die übrigen 14 
EU-Staaten ausgesprochen. 
In einem Interview mit der Tages 
zeitung «Kurier» hatte der FPÖ- 
Minister erklärt, eine Verzögerung 
der Zahlungen müsse so getan wer 
den, dass Österreich nicht wegen ei 
ner Verletzung der EU- Verträge 
verurteilt werden könne. «Un 
pünktlich sein - das kann man ma 
chen», sagte er. Österreich müsse 
der EU zeigen, dass es das Diktat 
der übrigen EU-Staaten nicht hin 
nehmen könne. Grasser bezeichne 
te die Androhung eines österreichi 
schen Vetos bei EU-Entscheidun 
gen als absolut angemessen. 
«Die EU braucht Österreich», er 
klärte er. Die Union solle sich von 
Vorurteilen und Intoleranz verab 
schieden, die Sanktionen ausklin 
gen lassen und zur Normalität 
zurückkehren. Alles andere schade 
Europa. Normalerweise erhielten 
Abschaffung von Privilegien 
Studentenunruhen in Moldawiens Hauptstadt Chisinau 
die Mitgliedsstaaten zu jedem Mo 
natsanfang eine Zahlungsaufforde 
rung für ihre Beiträge in die Ge 
meinschaftskasse. Wenn sich die 
Zahlung verzögere, erfolge eine 
zweite Aufforderung, die mit hohen 
Verzugszinsen verbunden sei, sagte 
die Sprecherin weiter. 
Die Kommission gehe aber davon 
aus, dass Österreich seinen Ver 
pflichtungen aus dem EU-Vertrag 
nachkomme. Sollte sie Pflichten 
nicht erfüllen, könnte die Wiener 
Regierung vor den Europäischen 
Gerichtshof zitiert werden. 

CHISINAU: Etwa 10000 Studenten 
haben sich gestern eine Strassen- 
schlacht mit der Polizei in Moldawi 
ens Hauptstadt Chisinau geliefert. 
Die Hochschüler demonstrierten 
zunächst friedlich gegen die Ab 
schaffung ihrer Freifahrten im öf 
fentlichen Nahverkehr. 
Später bewarfen die Demon 
stranten aber das Gebäude der 
Stadtverwaltung mit Steinen, Fla 
schen und Eiern, meldete die russi 
sche Agentur Itar- Tass. Die Polizei 
ging mit Schlagstöcken und Wasser 
werfern vor und nahm etwa 60 De 
monstranten fest. Die Studenten in 
der armen früheren Sowjetrepublik 
müssen mit Stipendien von umge 
rechnet fünf bis zwölf Franken mo 
natlich auskommen. 
Selbstmord von Zirkovic 
Ehemaliger serbischer Kosovo-Funktionär nimmt sich das Leben 
BELGRAD: Der langjährige, im 
Vorjahr abgelöste Chef der regie 
renden Sozialistischen Partei Serbi 
ens im Kosovo, Vojislav Zirkovic, 
hat sich das Leben genommen. 
Zirkovic habe sich in der Nacht 
zum Montag in seinem Haus in 
Smederevo, nahe Belgrad, mit einer 
Pistole erschossen, meldete die 
Nachrichtenagentur Beta. Der 
Funktionär war Anfang vergange 
nen Jahres Mitglied der serbischen 
Delegation bei den Kosovo-Ver- 
handlungen in Rambouillet (Frank 
reich). Die Archivaufnahme zeigt 
Zirkovic ganz rechts, links ist 
Jugoslawiens Präsident Slobodan 
Milosevic bei einem Besuch in Pec 
zu sehen. (Bild: Keys tone)
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.