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Liechtensteiner Volksblatt
Seite der FBPL
Dienstag, 18. April 2000 8
Wir sollten im eigenen Land vermehrt
über unseren Finanzplatz informieren
Referat von Parteipräsident Ernst Walch zum Finanzplatz Liechtenstein im internationalen Umfeld
Vor dem Hintergrund des Gesagten
erlaube ich mir, ein paar konstruktiv ge
meinte Vorschläge ü;u skizzieren.
Teilweise
unzulängliche
Umsetzung und
Vollstreckung der
bestehenden Gesetze
mit Verschärfung der
selben Gesetze zu
bekämpfen, ist der
falsche Ansatz
1.) Wir müssen umgehend Einigkeit
im Inneren,d.h. zwischen den staatlichen
Organen und Trägern der Macht (Fürst,
Landtag, Regierung, Volk) erreichen, da
mit wir gemeinsam wenigstens nach aus
sen mit einer Stimme und einem Ziel
auftreten können. Unsere Staatsorgane
dürfen die Schwächen und Fehlleistun
gen des anderen bei der Bewältigung
dieser Krise nicht für den innenpoliti
schen Machtkampf missbrauchen.
2.) Wir sollten im eigenen Land und
unter den Einwohnern vermehrt über
die Grundlagen und Auswirkungen un
seres Finanzplatzes informieren und
Die zahlreich erschienenen Besucherinnen und Besucher hörten interessiert den fllnf Referaten und der anschliessenden Podiumsdiskussion zu.
6.) Aktivieren wir unsere diplomati
schen Kontakte im Ausland gezielt und
informieren wir über unsere Gesetzes
lage, anstatt, wie von Regierungsseite
Den für unseren
Finanzplatz wichtigen
Instrumentarien
müssen wir besser
Nachhaltung
verschaffen
wiederholt getan, Schuldige und
Schwächen im System zu vermuten und
zu verkünden. Wir brauchen den inter
nationalen Vergleich nicht scheuen.
Stehen wir zu unserem Rechtsstaat und
verlangen wir Rechtsstaatlichkeit auch
und insbesondere von den einflussrei
chen und mächtigen Ländern.
7.) Den für unseren Finanzplatz wich
tigen Instrumentarien müssen wir bes
ser Nachhaltung verschaffen. Das be
trifft nicht nur die Sorgfaltspflicht und
Kontrolle der Banken und Treuhänder,
sondern im selben Masse den Geheim
nisschutz (das Bank-, das Amts-, An
walts- und das Geschäftsgeheimnis).
Zuwiderhandlungen insbesondere
durch Angestellte von Geheimnisträ
gern müssen mit aller Härte geahndet
und nicht beinahe wie ein Kavaliersde
likt zur Kenntnis genommen werden.
8.) Wir dürfen es nicht zulassen, dass
einzelne Unschuldige denunziert und,
quasi um ein Exempel zu statuieren, ge
opfert werden. Unser Staat hat alle Mit
glieder zu schützen. Das Sankt-Florian-
prinzip zu akzeptieren, ist ein fataler
Fehler. Es untergräbt das Vertrauen in
unseren Rechtsstaat und zerstört jede
innere Solidarisierung.
9.) Anstehende Gesetzesänderungen
dürfen, sofern sie notwendig sind, nicht
unter dem derzeitigen emotionalen
Druck und überhastet durchgepeitscht
werden, sondern müssen getragen von
Qualität und Weitblick sein. Konkret
müssen die derzeit laufenden Vernehm-
lassungsfristen verlängert werden. Die
verschiedenen Vernehmlassungsergeb-
nisse sollten für einmal den Abgeord
neten zugestellt werden.
10.) Und schliesslich sollte unsere
Regierung, auch wenn oder gerade weil
sie eine Alleinregierung ist, sowohl ein
beratendes Krisenmanagement als
auch einen Think Tank aus der Privat-
Unser Staat hat alle
Mitglieder zu
schützen
Wirtschaft zur Weiterentwicklung unse
res Finanzplatzes unter Einbezug aller
Kräfte des Landes einrichten. Hier ist
die parteipolitisch motivierte Ausgren
zung nur der zweitbeste Weg.
Wir jedenfalls bieten unsere Mitar
beit, unser Wissen und unsere Erfah
rung an. Danke.
Emst Walch: «Regierung, Landtag und Fürst sollen sich nicht von ausländischen
Medien und ausländischen populistischen Politikern verleiten lassen, vorschnelle
Gesetzesänderungen zu beschliessen.» (Bilder: Dietmar Stiplovsek)
diskutieren mit dem Ziel, dass unsere
Bevölkerung dieses System mitträgt
oder aus eigener Kraft und Überzeu
gung - und nicht aufgrund äusseren
Zwanges - Veränderungen bewirkt.
Dazu möge diese Veranstaltung beitra
gen.
3.) Regierung und Landtag und Fürst
sollen sich nicht von ausländischen Me
dien und ausländischen populistischen
Politikern verleiten lassen, vorschnelle
Gesetzesänderungen zu beschliessen
und Konzessionen, wie Amtshilfe,
Durchlöcherung des Bankgeheimnis
ses, liberale Rechtshilfe u.ä., die unser
Dienstleistungs- und Finanzsystem
schwächen, eingehen.
4.) Versteigen wir uns nicht in einen
Musterschülerkomplex. Im Konzert der
internationalen Verbrechensbekämp
fung können und sollen wir mitspielen -
aber nicht als Vorreiter.
5.) Teilweise unzulängliche Umset
zung und Vollstreckung der bestehen
den Gesetze mit Verschärfung der sel
ben Gesetze zu bekämpfen ist der
falsche Ansatz. Wenn man vergleicht,
wieviele neue Amtsstellen im Zuge der
Umsetzung des EWR geschaffen und
besetzt wurden, müssen halt zur Durch
setzung der Sorgfaltspflicht und
Bekämpfung der Geldwäscherei allen
falls auch die Polizei und das Landge
richt qualitativ verstärkt werden. Aller
dings ist anzumerken, dass - entgegen
den Vorwürfen aus dem Ausland - die
Rechtshilfe in Liechtenstein im interna
tionalen Vergleich sehr zügig abge
wickelt wird - auch im Vergleich mit der
Schweiz.
Die Möglichkeit, bei den verschiedenen Ständen Informationen zum Finanzplatz zu erhalten, wurde rege benutzt.