Liechtensteiner Volksblatt
Landtag
Freitag, 14. April 2000 7
Landtag
Einheitliche Garantien
für Verbraucher
Diskussionslos und einhellig wurden vom Land
tag die Richtlinien zum VerbrauchsgUterkauf
genehmigt. Dabei geht es um die Festlegung
einheitlicher Garantien für Verbrauchsguter
und damit um einen einheitlichen Mindest
schutz. Die Richtlinien führen zu einer Harmo
nisierung des Kaufrechts beim Verbraucherge
schäft. Hinter den Richtlinien verbirgt sich eine
Regelung der Kernfragen des kaufrechtlichen
Gewährleistungsrechts, dessen Anwendungsbe
reich auf Mobiliarkäufe zwischen professionel
len Verkäufern und Verbrauchern beschränkt
ist. Als Verbraucher gelten natürliche Personen,
die zu einem Zweck handeln, der nicht ihrer be
ruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuge
rechnet werden kann. Verbrauchsgüter sind
grundsätzlich alle beweglichen Gegenstände,
einschliesslich gebrauchte Güter.
Dialog und Anhörung,
keine Mitentscheldung
Das Gesetz Uber die Schaffung europäischer
Betriebsräte sieht keine Mitentscheidungsbe
fugnisse der Arbeitnehmerschaft vor. Es geht,
wie der Regierungschef-Stellvertreter Michael
Ritter betonte, um den Dialog, die Anhörung
und das Mitspracherecht der Belegschaft. Der
Landtag hat bei der ersten Lesung zum Gesetz
verschiedene Punkte diskutiert. Gerade der
Wunsch nach Mitentscheidung der Belegschaft
wurde von Egon Matt (FL) gefordert. Die
Richtlinie gilt nur für eine eng begrenzte Kate
gorie von Unternehmen. Erfasst werden nur ge
meinschaftsweit operierende Unternehmen
mit mindestens 1000 Arbeitnehmern in den
Mitgliedstaaten des EWR und mit jeweils min
destens ISO Arbeitnehmern in mindestens zwei
Mitgliedstaaten des EWR. Europaweit sind
vom Betriebsräte-Gesetz 1200 Unternehmen
betroffen, in der Schweiz sind es 50 und in
Liechtenstein noch zwei. Diese Unternehmen
haben, wie Volker Rheinberger und Otto
Büchel (beide VU) betonten, eine regelmässige
Information ihrer Mitarbeiterinnen und Mitar
beiter bereits eingeführt. Konkret heisst dies:
Die beiden betroffenen Liechtensteiner Unter
nehmen haben von der in der Richtlinie in Arti
kel 13 Absatz 1 vorgesehenen Ausnahmerege
lung Gebrauch gemacht. Beide haben vor dem
22. September 1996 mit ihrer jeweiligen Arbeit
nehmerschaft eine Vereinbarung getroffen, in
der eine länderübergreifende Unterrichtung
und Anhörung der Arbeitnehmer vorgesehen
ist. Diese geltenden Vereinbarungen werden
durch das vorgeschlagene Europäische Be
triebsräte-Gesetz in ihrem Bestand und Um
fang geschützt. Im europäischen Betriebsräte-
Gesetz wird in 40 Artikeln geregelt, wie den
EWR-rechtlichen Verpflichtungen zur Umset
zung der Richtlinien über die Europäischen Be
triebsräte nachgekommen werden muss. Liech
tenstein hat sich im Wortlaut, Aufbau und in der
Struktur der Gesetzesvorlage an die Umsetzun
gen der Richtlinie in Deutschland orientiert.
Das deutsche Gesetz diente auch Österreich
und Luxembourg als Umsetzungsvorlage.
Wiederholung der
Landtagssendung
VADUZ: Die Tonübertragung der Landtagssit
zung von Mittwoch und Donnerstag, den 12.
und 13. April 2000 wird am Samstag und Sonn
tag, den 15. und 16. April nochmals im Landes
kanal ausgestrahlt. Die Wiederholung beginnt
an beiden Tagen um 9 Uhr. Die Zeittafel mit der
Abfolge der behandelten Traktanden kann im
Teletext abgerufen werden. (pafl)
Kein Gehör für Anliegen
Versicherungsvertragsgesetz in erster Lesung beraten - Eintreten umstritten
In Liechtenstein soll ein neues
Gesetz über den Versiche
rungsvertrag geschaffen wer-
den. Die Regierung sieht darin
gemäss eigenen Angaben ei
nen weiteren Schritt zur Ver
wirklichung des Projektes
«Versicherungsstandort Liech
tenstein», das die Ansiedlung
von Versicherungsunterneh-
men im Land zum Ziel habe.
Manfred öhri
Die Sinnhaftigkeit eines Versiche
rungsvertragsgesetzes stand im
Landtag nicht in Frage, das Eintre
ten auf die Regierungsvorlage war
dennoch umstritten. So erwähnte
FBPL-Fraktionssprecher Gebhard
Hoch, dass der Liechtensteinische
Versicherungsverband als einer der
Hauptbeteiligten der Vernehmlas
sung bis vor kurzem noch keine
Kenntnis vom gegenständlichen
Bericht und Antrag hatte. Nach
Durchsicht der Vorlage habe der
Dachverband dann in grosser Sorge
und Eile bei seinem Vertrauensan
walt und Gutachter ein Rechtsgut
achten eingeholt. Beim Durchlesen
des jetzt vorliegenden Gutachtens
seien auch ihm schwerste Bedenken
gekommen, so der Fraktionsspre
cher, ob das Gesetz in dieser Form
Uberhaupt praktikabel sei.
Überarbeitung empfohlen
Aus dem Gutachten zitierte Geb
hard Hoch im Landtag folgende
Passagen: «Die Regierungsvorlage
vergegenwärtigt sich offensichtlich
nicht in zureichendem Masse die
wirtschaftlichen Bedingungen, in
welchen sich das Versicherungsver
tragsgesetz bewähren muss.» - «So
weit liechtensteinisches Versiche
rungsvertragsrecht in gut gemein
ten Absichten zusätzliche belasten
de Regelungen enthält, können Ver
sicherungsprodukte in Liechten
stein faktisch nicht angeboten wer
den.» - «Ein Versicherungsvertrags-
FBPL-Fraktionssprecher Gebhard Hoch setzte sich mit allen Kräften für ein vernünftiges und sinnvolles Versiche
rungsvertragsgesetz ein. (Bild: bak)
recht mit hoher Regelungsdichte,
wie es die Regierungsvorlage vor
sieht, schliesst den Dienstleistungs
export aus und erstickt die Versi
cherungsindustrie, bevor sie über
haupt Fuss fassen kann.»
Das Fazit des Gutachtens lautet:
«Die Regierungsvorlage be
schränkt sich darauf, im Wesentli
chen den Vorentwurf zur Revision
des schweizerischen Versicherungs
vertragsgesetzes nachzuvollziehen,
obwohl der schweizerische Gesetz
geber in einer grundsätzlich ande
ren Situation legiferieren wird. Ein
rechtsvergleichendes Fact-Finding
hat weder hinsichtlich des Inland
marktes noch der Exportmärkte
stattgefunden. Es wäre richtiger,
diese Regierungsvorlage zur Neu
bearbeitung an die Regierung
zurückzuweisen.»
Argwöhnische Regierung
Gebhard Hoch folgerte daraus,
dass das Gesetz in der vorliegenden
Fassung kein praktikables wäre und
plädierte deshalb auf Rückweisung
der Vorlage an die Regierung. Diese
solle mit dem Dachverband unver
züglich Kontakt aufnehmen, dessen
Anregungen aufnehmen und dem
Landtag für eine der kommenden
Sitzungen eine entsprechend berei
nigte Vorlage unterbreiten. Auch
ihm sei es ein Anliegen, betonte der
Fraktionssprecher, für den er
wünschten Versicherungsstandort
eine vernünftige und sinnvolle Ge
setzesgrundlage zu schaffen.
Die Regierungsbank quittierte
den wohl gemeinten Ratschlag und
die Besorgnis des Versicherungs
verbandes mit Argwohn. Aus
dem «Überraschungsgutachten»
ein Nichteintreten abzuleiten, sei et
was dünn, bemerkte Justizminister
Heinz Frommelt. Die Anregungen
könnten ja während den Beratun
gen eingebracht werden.
Mängel im Verfahren
Für den FBPL-Abgeordneten
Gabriel Marxer zeigte die Debatte
die Schwächen unseres Vernehm-
lassungsverfahrens auf: Engagierte
Teilnehmer würden nicht erfahren,
ob ihre Vorschläge Beachtung ge
funden hätten, weil man sie nicht in
formiere. Dieser unbefriedigende
Zustand müsse beseitigt werden. Im
Übrigen verwahrte sich Gabriel
Marxer dagegen, jetzt den schwar
zen Peter ausgerechnet jener Per
son zuzuschieben, die den Kontakt
zum Versicherungsverband gesucht
und sich der Anliegen angenommen
habe. «Offenbar hat sich eine grosse
Mehrheit dieses Hauses überhaupt
keine Gedanken zum Gesetz ge
macht», bedauerte er.
Verbandsanliegen vertreten
Nachdem der Antrag auf Nicht
eintreten nur zehn Stimmen erhielt,
sahen sich vor allem Gebhard Hoch
und Gabriel Marxer genötigt, die
Anregungen und Anliegen des Ver
sicherungsverstandes wenigstens
während der ersten Lesung nach
ihren Möglichkeiten einzubringen
und zu vertreten. Das Gesetz, von
VU-Fraktionssprecher Peter Spren
ger in aller Kürze als «durchdachte
und gute Vorlage» gewürdigt, hat
die Rechtsverhältnisse zwischen
den Versicherungsunternehmen
und ihren Vertragspartnern, den
Versicherungsnehmern, zum Inhalt.
Es soll den Erfordernissen des
modernen Versicherungswesens
und eines hinreichenden Kunden
schutzes gerecht werden.
Ein Kiüturbericht ohne Visionen
Kultvirministerin legte dem Landtag den Kulturbericht 2000 von
Der Kulturbericht 2000 von Regie-
rungsrätin Andrea Willi wurde mit
geteilten Meinungen aufgenom
men. Während die Ausführungen
zur kulturellen Situation unseres
Landes in den letzten 10 Jahren
und der Ist-Zustand eher positiv
aufgenommen wurden, bemängel
ten die Abgeordneten, dass keine
Visionen über die Zukunft der Kul
tur Liechtensteins in dem Bericht
enthalten seien.
Alexander Batliner
Der FBPL-Abgeordnete Johan
nes Matt unterstützte die Kritik,
die von einigen Abgeordneten
ausgeführt wurde. Er betonte: «Es
fehlt das Eigentliche. Der Titel des
Berichtes Zielsetzungen und Prio
ritäten der Liechtensteinischen
Kulturpolitik weckt Hoffnungen,
Erwartungen, die leider nicht er
füllt werden. Im Abschnitt über
die Weiterentwicklung im Kultur
bereich werden zwar eine Vielzahl
von Massnahmen und absehbaren
Projekten aufgezählt. Es fehlen
aber jegliche kulturpolitische Ak
zentsetzungen.» Der Abgeordnete
Egon Matt (FL) schlug acht The
sen vor, auf welche sich die Kul
turpolitik unseres Landes in Zu
kunft stützen könnten. Hierbei
führte Egon Matt unter anderem
zum Kulturexport an: «Kulturex
port aus Liechtenstein dient nicht
der Förderung der einheimischen
Kulturschaffenden, sondern als
optisches und PR-mässig verwert
bares Gegengewicht zum Finanz
platz, kurz: Liechtensteinischer
Kulturexport dient der Aussenpo-
litik.»
Verschiedene Schwerpunkte
Der enorme quantitative Um
fang des Kulturberichtes brachte es
mit sich, dass einige Voten gehalten
wurden, welche teilweise sehr un
terschiedlichen Inhalts waren.
Während die VU-Abgeordneten
mehrheitlich positive Aussagen
tätigten, bemerkten die Abgeord
neten der Oppositionsparteien die
Mängel des Berichtes. Zum Inhalt
der Diskussion gehörte auch die fi
nanzielle Unterstützung der Kul
turschaffenden. Für einige Abge
ordnete ist diese momentan zu
niedrig angesetzt. Die Kulturminis
terin ging in ihren Ausführungen
auf die Ziele der Berichtes ein.
Hierbei betonte sie, dass der Kul
turbericht die gesetzlichen Rah
menbedingungen aufgeführt, einen
Rückblick auf die Aktivitäten der
letzten 10 Jahre gegeben und die
Perspektiven und Massnahmen zur
Diskussion gestellt habe.
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