Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Freitag, 14. Januar 2000 31 
Nachrichten 
Bosnien: Polizeigesetz 
in Kraft 
SARAJEVO: Der UNO-Bosnien-Beauftragte 
Wolfgang Petritsch hat gegen den Willen des 
Parlaments in Sarajevo ein Gesetz zur Bildung 
einer gemeinsamen bosnischen Grenzpolizei in 
Kraft gesetzt. Er habe sich zu dem Schritt ent 
schlossen, weil es dem Abgeordnetenhaus bis 
her nicht gelungen sei, das Gesetz zu verab 
schieden, erklärte Petritsch am Donnerstag. Die 
drei Vertreter von Moslems, Kroaten und Ser 
ben im kollektiven bosnischen Staatspräsidium 
hatten sich im November vergangenen Jahres 
auf die Bildung einer gemeinsamen Grenzpoli 
zei aus serbischen und kroatisch-moslemischen 
Einheiten geeinigt. Das entsprechende Gesetz 
Sollte eigentlich schon Ende vergangenen Jah 
res in Kraft treten, war aber im Parlament zwei 
mal von den serbischen Abgeordneten abge 
lehnt worden. Petritsch verurteilte in seiner Er 
klärung die «Unfähigkeit und den mangelnden 
Willen» der Serben, «die Interessen der ehrli 
chen Bevölkerung von Bosnien-Herzegowina 
zu respektieren». 
UNO: Hilfsprogramme 
im Kosovo reduziert 
PRISTINA: Die Hilfsorganisationen der UNO 
schränken ihre Nothilfeprogramme im Kosovo 
ein. Der Sonderbeauftragte des UNO- Flücht 
lingshilfswerkes UNHCR, Dennis McNamara, 
kündigte in der Provinzhauptstadt Pristina Ein 
schnitte und eine andere Art der Hilfe an. «Vie 
le der Hilfsorganisationen konzentrieren sich 
nun auf den Wechsel von der Nothilfe hin zu 
langfristigem Wiederaufbau und Entwicklung», 
sagte er. Die UNHCR-Mittel für das Jahr 2000 
seien um ein Viertel geringer als im abgelaufe 
nen Jahr. Das UNO-Welternährungsprogramm 
WFP werde sein Programm um die Hälfte kür 
zen. Zugleich solle die Aktivität des UNHCR in 
Serbien und Montenegro verstärkt werden. Die 
Organisationen hatten in der Vergangenheit 
mehrfach auf die verzweifelte Lage vieler 
Flüchtlinge dort hingewiesen. 
Südafrikanischer 
Exminister gestorben 
JOHANNESBURG: Der frühere südafrikani 
sche Aussenminister Alfred Nzo ist im Alter von 
74 Jahren gestorben. Wie ein Sprecher der Re 
gierungspartei Afrikanischer Nationalkongress 
mitteilte, erlag Nzo in einem Johannesburger 
Spital den Folgen eines Schlaganfalles. Nzo war 
seit 1950 ANC-Mitglied, gehörte aber nie zu den 
führenden Kadern der Organisation. Dennoch 
holte ihn Präsident Nelson Mandela 1994 in sein 
Kabinett. Die wichtigen aussenpolitischen Ent 
scheidungen trafen aber Mandela selbst sowie 
sein damaliger Stellvertreter Thabo Mbeki. 
Neues Kommando der 
US-Luftwaffe in Europa 
RAMSTEIN: Der US-Vier-Sterne-General 
Gregory S. Martin ist neuer Oberkommandie 
render der US-Luftwaffe in Europa sowie der 
NATO-Luftstreitkräfte Europa-Mitte. Mit ei 
ner feierlichen Zeremonie auf dem US-Flugha 
fen im westdeutschen Ramstein wurde der aus 
Virginia stammende 51, Jahre alte General am 
Donnerstag in sein neues Amt eingeführt. Er 
tritt die Nachfolge von John P. Jumper an, der in 
Virginia/USA Kommandant über alle US- 
Kampffliegergeschwader wird. Martin hat als 
Pilot schon mehr als 3200 Flugstunden absol 
viert und ist im Vietnam-Krieg mehr als 161 
Kampfeinsätze geflogen. Zuletzt war er Vize 
chef des Materialbeschaffungsamtes der US- 
Luftstreitkräfte im Pentagon. 
Protest in Peking 
wegen Deportation 
GENF: Das UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNH 
CR) hat bei der chinesischen Regierung gegen 
die Ausschaffung von sieben Nordkoreanern 
protestiert. Das UNHCR hatte die Personen, 
darunter ein 13jähriger Junge, im Dezember als 
Flüchtlinge anerkannt. Die sieben Personen wa 
ren im Dezember letzten Jahres Uber China 
nach Russland gelangt. Trotz der Intervention 
des UNHCR seien die Flüchtlinge am 30. De 
zember von Russland nach China deportiert 
worden, teilte das UNHCR am Donnerstag in 
Genf mit. Das UNHCR hatte anschliessend die 
chinesischen Behörden aufgefordert, die 
Flüchtlinge nicht auszuschaffen. Am Dienstag 
dieser Woche sei dies aber trotzdem geschehen, 
teilte das UNHCR mit. Die sieben Personen 
riskieren in Nordkorea laut UNHCR schwere 
Repressalien. 
Warnung vor Neuwahlen 
Österreichs Präsident Thomas Klestil möchte positiven Abschluss der Koalitionsverhandlungen 
WIEN: Der österreichische 
Bundespräsident Thomas 
Klestil hat nach Monaten 
ergebnisloser Regierungsver 
handlungen vor Neuwahlen in 
Österreich gewarnt. 
Er rufe die Sozialdemokraten 
(SPÖ) und die konservative Volks 
partei (ÖVP) auf, die Koalitionsver- 
handlungen so schnell wie möglich 
zu einem positiven Abschluss zu 
bringen, erklärte Klestil am Don 
nerstag. «Keine der beiden Parteien 
kann Interesse daran haben, die Ge 
spräche scheitern zu lassen und da 
mit die Gefahr vorzeitiger Neuwah 
len heraufzubeschwören», sagte er. 
Meinungsforschern zufolge müss- 
ten SPÖ und ÖVP bei Neuwahlen 
mit schweren Verlusten rechnen, 
während die Freiheitliche Partei 
(FPÖ)gute Chancen hätte, zur stärks 
ten Partei des Landes zu werden. 
Die FPÖ sei mit 31 Prozent der 
Stimmen in der Wählergunst in 
Führung gegangen, lautete das Er 
gebnis einer am Donnerstag in der 
'Wochenillustrierten «News» veröf 
fentlichten Umfrage des Gallup-In- 
stituts. Die SPÖ käme auf 30 und die 
ÖVP auf 23 Prozent der Stimmen. 
Klestil bezog sich in seiner Äusse 
rung nicht ausdrücklich auf Umfra 
gedaten. Mehr als hundert Tage 
Meinungsforschern zufolge müssten SPÖ und ÖVP bei Neuwahlen mit schweren Verlusten rechnen, während die 
FPÖ mit Spitzenkandidat Jörg Haider (Bild) gute Chancen hätte, zur stärksten Partei des Landes zu werden. 
nach der Parlamentswahl am 3. Ok 
tober ist die Regierungsbildung 
noch immer nicht abgeschlossen. 
Zur Zeit verhandeln SPÖ und ÖVP 
über ein neues Bündnis. 
Es hinterlasse in der Bevölkerung 
und auch beim Bundespräsidenten 
einen äusserst negativen Eindruck, 
wenn sich die Gespräche von zwei 
Parteien, die seit 13 Jahren in einer 
Koalition zusammenarbeiten, in ge 
genseitigen Schuldzuweisungen er 
schöpften, hiess es in Klestils Er 
klärung. Bis auf das Jahr 1962/63, in 
dem die Österreicher nach der Par 
lamentswahl 129 Tage auf die Ein 
setzung der neuen Regierung war 
ten mussten, ist in der Geschichte 
des Landes noch nie so viel Zeit zwi 
schen Wahltag und Regierungsan 
tritt vergangen. 
Heimreise Pinochets soll verhindert werden 
Wahlkampf in Chile von Vergangenheit eingeholt 
SANTIAGO DE CHILE: Die mög 
liche Heimreise des chilenischen 
Ex-Diktators Augusto Pinochet als 
freier Mann hat Menschenrechts 
gruppen aus aller Welt auf den Plan 
gerufen. 
Mehrere Organisationen kamen am 
Donnerstag in London zusammen, 
um eine triumphale Rückkehr des 
84-Jährigen aus Grossbritannien zu 
verhindern. In Spanien leitete der 
mit dem Fall betraute Untersu 
chungsrichter Baltasar Garzon eine 
juristische Gegenoffensive ein, um 
doch noch Pinochets Auslieferung 
zu erreichen. 
Mit der Ankündigung der briti 
schen Regierung, Pinochet aus Ge 
sundheitsgründen möglicherweise 
nicht länger in Grossbritannien fest 
zuhalten und auch nicht an Spanien 
auszuliefern, wurde der Wahlkampf 
in Chile kurz vor den Präsidenten 
wahlen am Sonntag von der Vergan 
genheit eingeholt. 
■ l • 
Straw verteidigt 
Geheimhaltung 
Der britische Innenminister 
Jack Straw wies Forderungen nach 
Einsicht in das medizinische Gut 
achten zum Gesundheitszustand 
des chilenischen Ex-Diktators 
Augusto Pinochet am Donnerstag 
zurück. Nach dem Auslieferungs 
gesetz dürften die Unterlagen nie 
mandem zugänglich gemacht wer 
den ausser den britischen Ermitt 
lungsbehörden oder ihm selbst, 
sagte Straw am Donnerstag im 
BBC-Radio. 
Ohne die medizinischen Befunde 
genau zu kennen, ist es den Klägern 
nahezu unmöglich, vor Gericht 
doch noch die Freilassung des ver 
handlungsunfähigen Pinochets zu 
verhindern. 
Der Sprecher einer Menschen 
rechtsorganisation für Folteropfer 
(Medical Foundation for the care of 
victims of torture), Sherman Carol, 
sagte in London, es solle nun ge 
prüft werden, ob sich der britische 
Innenminister Jack Straw ohne wei 
teres auf ein vertrauliches ärztliches 
Gutachten berufen könne, um Pino 
chets Freilassung zu begründen. 
Ein Berufungsantrag würde die 
mögliche Entlassung des Ex-Dikta- 
tors in der kommenden Woche vor 
läufig stoppen. Führende britische 
Juristen stuften die Chancen der Pi- 
nochet-Gegner allerdings als gering 
ein. Der Rechtsprofessor Michael 
Zanders sagte, Straw habe das 
Erbitterte Kämpfe um Grosny 
Erbitterter Widerstand der Rebellen 
MOSKAU: In der tschetscheni 
schen Hauptstadt Grosny stossen 
die russischen Thippen weiter auf 
erbitterten Widerstand der Rebel 
len. Nach russischen Fernsehberich 
ten blieb auch die Lage in den Ge 
bieten Gudermes, Schali und Argun 
angespannt. 
Dort war es russischen Einheiten 
nach tagelangen Kämpfen gelun 
gen, Gegenangriffe der Rebellen 
zurückgeschlagen. Im Hinterland 
wurden die russischen Truppen 
von kleinen mobilen Rebellen- 
Einheiten angegriffen. Die russi 
sche Luftwaffe bombardierte 
Grosny und südliche Gebiete 
Tschetscheniens. 
Mit kleinen Einheiten hätten die 
Tschetschenen wiederholt russische 
Konvois angegriffen, hiess es aus 
dem Truppen-Kommando. Die Re 
bellen versuchten weiterhin, durch 
Überraschungsangriffe die Russen 
zum Abzug von TVuppen aus Gros 
ny in andere Gebiete zu zwingen, 
um den Belagerungsring um die 
Hauptstadt zu durchbrechen. 
Nach russischer Darstellung pla- 
Recht.sich bei seiner Entscheidung 
auf ein vertrauliches medizinisches 
Gutachten zu berufen. 
Amnesty spricht von 
Justizposse 
Amnesty international rief den 
Innenminister auf, auch anderen 
Staaten eine Untersuchung von Pi 
nochet zu ermöglichen, die dessen 
Auslieferung beantragt hätten. 
Straws Ankündigung sei eine «Jus 
tizposse», erklärte die Organisation. 
Die US-Organisation Human 
Rights Watch (HRW) in New York 
erklärte indes, unabhängig vom 
Ausgang der Affäre sei der Fall Pi 
nochet schon jetzt ein Erfolg für die 
Menschenrechte. Zwar sei die Ent 
scheidung der Ärzte «eine Enttäu 
schung für Tausende von Opfern 
des Pinochet-Regimes». 
Diskusisiorien:; 
überScKäulile- 
Nachfolger 
! BERLIN: Der Chef der deutle 
^schen^ * Chris1tiemoI$atert| 
f;(cpüj;^wo«g^; $$»^0 
, stanc| wegen einer I994 erhalte- j 
• nen illegale^ Paheispend^in: 
r Donnerstag weiter unter msssl- \ 
ven Druck. Bereits,hat eine Dis-, 
kussion über einen möglichen •! 
. NachfoI|er'emgMetzt{ 
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"nächsten JJarfeit|g imÄpni'\$e-v 
i der fÜ^das^Ämttdes V^rsiöäa^ 
sden zü> kandidieren; Dersächsi^ 
"sehe, ^foäteiprfadent Kurt Bii^l ^ 
|denkopi,foUte j äcMu Spekula-, 
Die erbitterten Kämpfe um die tschetschenische Hauptstadt Grosny nehmen 
kein Ende. (Bild: Keystone) 
nen die Rebellen, aus Grosny auf 
Lastwagen in Richtung Gudermes 
auszubrechen. Zudem bereiteten 
sie sich aktiv auf die Verteidigung 
schwer zugänglicher Bergdörfer im 
Süden Tschetscheniens vor. Im ver 
gangenen Krieg 1994 bis 1996 waren 
die russischen Truppen vor allem in 
den Bergen militärisch gescheitert. 
Bei den andauernden schweren 
Kämpfen um die tschetschenische 
Hauptstadt Grosny haben russische 
Thippen offenbar hohe Verluste er 
litten. 
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