Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Wirtschaft 
Donnerstag. 6. April 2000 19 
Bekenntnis zu liberalem Finanzplatz 
Die Frühjahrstagung des Liechtensteinischen Bankenverband galt demThema «Risiken im Private Banking» 
Die gemeinsam vom Liechtenstei 
nischen Bankenverband mit der 
Revisionsgesellschaft Atag Ernst 
& Young organisierte Frühjahrs 
tagung 2000 orientierte über eine 
breit angelegte Umfrage in 9 Län 
dern über Risiken im Private Ban 
king. Vertreter Liechtensteins 
nutzten die Gelegenheit, um zu 
den aktuellen Vorwürfen gegen 
über dem Finanzplatz Liechten 
stein Stellung zu nehmen und die 
geplanten Neuerungen auf Geset 
zesebene vorzustellen. 
ReneA. Schmuki 
Über 70 Vertreter von 35 Unternehmen 
- nebst Banken, Finanz- und Treuhand 
gesellschaften - aus Liechtenstein, der 
Schweiz und Vorarlbergs hatten sich für 
die 2. Frühjahrestagung in Vaduz ange 
meldet. Nach Programm sollten die ers 
ten Ergebnisse einer von der Revisions 
gesellschaft Atag Ernst & Young in Ba 
sel initiierten Umfrage zu «Risiken im 
Private Banking» und die Schutzmass 
nahmen gegen Geldwäscherei in der 
Schweiz vorgestellt werden. Themen, 
die angesichts der jüngsten Vorwürfe 
gegen den Finanzplatz Liechtenstein 
breites Interesse fanden. 
«Flagge zeigen» 
Benno Büchel, Präsident des einla 
denden Bankenverbandes, machtc 
schon in seiner Begrüssung deutlich, 
dass das Thema «Risiko» im Bankge 
schäft immer ein Thema war und auch 
bleiben werde. Bereiche wie Geldwä 
scherei, Sorgfaltspflicht und Insiderge 
schäfte seien leider zum täglichen The 
ma im Bankgeschäft geworden. Ein ver 
nünftiges Mass an Risiken müsse jeder 
erfolgreiche Bankier eingehen. Das Er 
kennen und Minimieren dieser Risiken 
sei letztlich im Interesse des Überle 
bens eine unbedingte Notwendigkeit. 
Unabhängig von den sachbedingten 
Risiken seien gerade in jüngster Zeit 
Image-Risiken zu einer Bedrohung im 
Bankengewerbe geworden. Bis anhin 
habe man die Polotischen Rahmenbe 
dingungen und eine Toleranz gegen 
über der liberalen Gesetzgebung Liech 
tensteins als feste Grösse voraussetzen 
können. Das habe sich geändert, «weil 
wir von ausländischen Medien in einem 
uns nicht behaglichen Lichte dargestellt 
werden. Als Steuerparadies mit libera 
ler Gesetzgebung sind wir suspekt und 
man unterstellt uns Kooperation mit 
dubiosen Elementen.» 
Büchel betonte, dass man im Liech 
tensteinischen Bankengewerbe an Ge 
schäften mit kriminellen Ursprung 
nicht interessiert sei. Das müsse immer 
und immer wieder betont werden. End 
lose emotionale innenpolitische Quere- 
leien und Diskussionen, die von der 
Verfassung bis zum Religionsunterricht 
reichten, würden aber mehr schwächen 
als stärken. «Wir müssen Flagge zeigen, 
denn Image- oder Reportationrisiken 
können Unternehmen oder einen 
ganzen Bankplatz zerstören.» Deshalb 
unterstütze der Bankenverband die Re 
gierung bei der Schaffung der Rechts 
normen, die internationalen Standard 
genügen. Hilfe von aussen könne man 
nicht erwarten. Der Bankenverband 
habe seine Kernforderung klar formu 
liert: Liechtenstein sei gefordert. Die 
Banken - die traditionellen und die 
neuen - dieTreuhänder,die Gesellschaft 
und die Politik. «Wir wollen wachsen - 
kalkulierbar! Wir wollen neue Chancen 
packen - verantwortungsvoll! Wir wol 
len in der Welt beachtet werden - auf 
grund unserer Leistung und aufgrund 
von <best practice>!» 
Situation analysiert 
Bernard Fishman, er ist bei der Revi 
sionsgesellschaft Atag Ernst & Young 
verantwortlich für deren im Oktober 
1999 durchgeführten Umfrage «Best 
Practices in Private Banking»,skizzierte 
die Ergebnisse der Antworten von 30 
bedeutenden Privatbanken aus 9 Län 
dern. Überrascht hat, dass rund 75 Pro 
Fachleute aus drei Ländern Hessen sich an der Fiihjahrstagung des Liechtensteinischen Bankenverbandes über «Risiken im Private Banking» orientieren. 
zent der Befragten ihre Konten in Be 
zug auf aktuelle Kundenkontakte nicht 
überprüfen lassen wollen. Dabei gilt 
der Grundsatz, dass ohne Kundenkon 
takt innerhalb von zwei Jahren ein Kon 
to als nachrichtenloses Vermögen be 
trachtet werden sollte. Im Bereich des 
Managements von Kontrollen schwan 
ken die als «best practice» gewerteten 
Systeme zwischen 13 und 50 Prozent. 
In der Beurteilung der Risiken be 
zeichnen 40 Prozent die Geldwäscherei 
als derzeit aktuellstes Problem. Immer 
hin noch knapp 30 Prozent sehen den 
Betrug als Hauptproblem. Dabei zeigt 
eine Untersuchung, dass ein grösserer 
Betrugsfall mit Verlusten von Millionen 
fast regelmässig alle 5 Jahre vorkommt. 
84 Prozent der schlimmsten Betrugsfäl 
le werden vonAngestellten begangen, 
von denen über die Hälfte seit mehr als 
fünf Jahren im Betrieb waren und die 
meisten der schweren Fälle werden 
vom Management begangen. Aus Ima- 
ge-Gründen bleiben die meisten Vor 
kommnisse verborgen. 
Geldwäscherei und 
Sorgfaltspflicht 
In der Schweiz hat man nach der so 
genannten Chiasso-Affaire (1977) von 
Bankenseite eine Sorgfaltspflichtsver- 
einbarung abgeschlossen. Man wollte 
damals - so Professor Dr. Hanspeter 
Dietzi, er ist auch Rechtskonsulent bei 
der UBS - einer gesetzlichen Regelung 
der Problematik zuvorkommen. Bis in 
die neueste Zeit ist diese «freiwillige» 
Abmachung immer wieder den neues 
ten Erkenntnissen angepasst worden. 
Auch die eidgenössische Bankenkom 
mission hat Richtlinien erlassen. Sie 
verlangen von Banken und Finanzge 
sellschaften, dass sie ihre Vertragspart 
ner (Anleger) identifizieren und den 
wirtschaftlichen Berechtigten feststel 
len. Sie haben eine Abklärungspflicht 
zur Erkennung schmutziger Vermö 
genswerte. Besondere Bestimmungen 
gibt es für Vermögentransaktionen mit 
politischen Machthaberri (Potentaten 
geldern). Es gibt eine Meldepflicht bei 
Verdacht auf Geldwäscherei und allen 
falls sogar die Pflicht zum Abbruch von 
Geschäftsbeziehungen. 
Wer gegen diese Bestimmungen ver- 
stösst.kann mit Bussen und Konventio 
nalstrafen bis zu 10 Millionen Franken 
belegt werden. Ausserdem können 
Behörden die Bankenlizenz entziehen. 
Gegenüber von Mitarbeitern enthält 
der Massnahmenkatalog Freiheitsstra 
fen bis zu 5 Jahren Zuchthaus und Be 
rufsverbot. 
Ohne Druck 
Regierungsrat Dr. Heinz Frommelt 
skizzierte in seinem Referat Neuerun 
gen, wie sie Liechtenstein zur Sicherung 
eines attraktiven Finanzplatzes ein 
führen will. Das sei. so betonte From 
melt, nicht etwa eine Antwort auf die 
jüngsten Angriffe. «Der liechtensteini 
sche Finanzplatz wächst und es braucht 
keine Hellseherfähigkeiten, um zu er 
kennen, dass sich daraus auch diverse 
Veränderungen im Gesetzeswerk auf 
drängen mögen, aber insbesondere 
auch im Gesetzesvollzug tatsächlich 
aufdrängen.» Ein wachsender moder 
ner und gewollt liberaler Finanzplatz 
brauche Kontrolle. 
Die Regierung sei eindeutig für ein 
liberales System. Das müsse geschützt 
und der Missbrauch verhindert werden. 
Man könne nicht liberale Vorausset 
zungen als Vorreiter der Geldwäscherei 
sehen. «Die liechtensteinische Regie 
rung ist fest entschlossen, an unserem 
liberalen Finanzsystem festzuhalten. 
Wir halten nichts von Überregulierung, 
wir halten nichts von Erschwerung des 
wirtschaftlichen Fortkommens durch 
staatliche Zwangsbeglückung», meinte 
Frommelt. Die Regierung wolle das 
Bankgeheimnis verteidigen und als 
souveräner Staat auch die Steuerpolitik 
festlegen. «Wir erklären mit Klarheit, 
dass schmutzige Gelder in Liechten 
stein keinen Platz haben, und wir setzen 
Massnahmen, dass Liechtenstein ein 
sauberer Finanzplatz bleibt.» 
Standortbestimmung 
An der fachlichen Qualifikation der 
jenigen, die im Bereich von Finanz 
dienstleistungen tätig sind, zweifelt 
Frömmelt nicht. Allein schon die seit 
dem EWR Beitritt Liechtensteins von 5 
auf 13 gewachsene Zahl vom im Land 
tätigen Banken belege, dass der Dienst 
leistungsbereich in den vergangenen 
Jahren ausgebaut worden sei. Im regu 
latorischen Umfeld - traditioneller 
Weise liberal - brauche es aber Aufsicht 
und Kontrolle. Vieles sei getan worden. 
«Wir haben ein Sorgfaltspflichtsgesetz 
sowie Strafbestimmungen gegen die 
Geldwäscherei und das organisierte 
Verbrechen, die europäisches Niveau 
aufweisen.» Das habe die EFTA-Über- 
wachungsbehörde ESA bestätigt. 
Geplante Massnahmen 
Liechtenstein will aber die Strafbe 
stimmungen betreffend Geldwäscherei 
und kriminelle Organisationen ver 
schärfen. Die bisherigen Voraussetzung 
der Strafbarkeit, die «wissentliche» Tat 
begehung, soll fallen und künftig «ein 
facher Vorsatz» für den Tatbestand der 
Geldwäsche genügen. Neu wird es auch 
eine Meldepflicht geben. Darüber 
hinaus soll die Landespolizei mit Fach 
kräften aufgestockt werden, damit Ab 
klärungen rasch und umfassend abge 
schlossen werden können. Rechtshilfe 
gesuche müssten künftig speditiv abge 
wickelt werden. Entsprechend würden 
die Gerichte angehalten die nötigen 
Organisationen zu schaffen. 
Abschliessend betonte Frömmelt, 
dass Liechtenstein als souveräner Staat 
einen florierenden Finanzplatz habe. 
«Wir sind fest entschlossen, souverän 
und florierend zu bleiben.» Schon aus 
Selbstschutz sei Liechtenstein daran in 
teressiert, weder kriminelle Gelder zu 
verwalten, noch die Möglichkeit zu ge 
ben, Gelder zu waschen. «Es ist noch 
viel zu tun, aber wir sind zuversichtlich, 
dass wir zusammen mit Banken und 
Dienstleistungsunternehmen im Fi 
nanzsektor als geschlossene Einheit 
den Stürmen der Zukunft erfolgreich 
trotzen werden.» 
Benno btiaiei, Präsident des Liechtensteinischen Bankenverband: «Wir Itaben ein 
Image-Problem.» 
Regierungsrat Dr. Heinz Frommelt: «Souverän und florierend wollen wir blei 
ben». (Bilder: wop)
	        

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