Liechtensteiner Volksblatt
Kultur
Montag, 3. April 2000 7
Nachrichten
30 Jahre Kirchen
konzerte Bad Ragaz
BAD RAGAZ: Glanzvoll haben wir im Neu
jahrskonzert mit der jungen Geigenvirtuosin
Mirjam Tschopp dieses neue Jahrtausend be
gonnen. Glanzvolle Höhepunkte, Highlights,
werden den bereits zum Routine-Alltag gewor
denen Jahreslauf unterbrechen.
Weltbekannte Solisten - Peter-Lukas Graf,
Flöte; D. Ashkenazy, Klarinette; D. Dodds, Vio
line - konzertieren mit dem Kammerorchester
der Philharmonie Klausenburg (aus Rumänien)
unter Leitung des renommierten, in Maienfeld
heimischen Dirigenten Christoph Rehli (30.
April). Zarte Klänge entlockt Catherine Eisen-
hoffer der Harfe, in seltener Kombination mit
weichem Bläserton des Meister-Posaunisten
Branimir Slokar (21. Mai). Einheimische Musi
ker bieten ein reiches Programm von Haendel
bis Britten: der Organist und Dirigent Karl Har-
degger aus Garns mit seinem Streicherensemble
«La Partita» und dem erst 26-jährigen Trompe
ter Immanuel Richter ausGossau SG (18. Juni).
Vor 250 Jahren, am 28. Juli 1750 starb Johann
Sebastian Bach. Dieses Gedächtnis wird um
rahmt mit konzertanter Orgelmusik von zwei
hochqualifizierten Organisten: Johannes Gef-
fert aus Köln (23. Juli) und dessen Freund
Hannfried Lücke aus Bad Ragaz (6. August).
Einen ganz besondern Genuss bereitet uns
das Kammerorchester «Arpeggione» aus dem
benachbarten Hohenems, bekannt geworden
durch die inzwischen weltberühmten Schuber-
tiaden, unter Leitung von Saulius Sondeckis, im
festlichen Rahmen der Klosterkirche Pfäfers.
Werke von Bach, Torelli, Albinoni und Haydn
erstrahlen, mit dem aufsteigenden französi
schen Trompeter-Star Bernard Soustrot (15.
September). Im Herbst gedenken wir nochmals
des genialen Johann Sebastian Bach, mit kom
mentierter Musik «Bach bis heute» von Hannes
Meyer, zusammen mit der Kulturellen Vereini
gung Bad Ragaz (25. Oktober). Den Abschluss
des Jahres, wie gewohnt, mit der Adventsfeier
in der Evang. Kirche (10. Dezember).
Eine Konzertvorschau ist wie eine verspro
chene Fernsicht vom hohen Berge: sie lässt sich
nicht mit absoluter Sicherheit garantieren. Was
sicher bleibt, ist die Vor-Freude. (Eirig.)
Liederabend mit
Therese Gassner
BLUDENZ: Am Samstag, den 8. April um 20
Uhr gibt es in der Remise Bludenz einen Lie
derabend mit der Mezzosopranistin Therese
Gassner. Die gebürtige Bludenzer Künstlerin
tritt nach internationalen Engagements erst
mals in ihrer Heimatstadt auf. Grossen Erfolg
hatte die Sängerin am Stadttheater St. Pölten in
der Saison 1998/99 in der Hauptrolle als «Sissy»
mit Alfons Haider. Die zur Zeit an der Volks
oper Wien engagierte Sängerin präsentiert in
der Remise Lieder von J. Haydn, A. Webern, J.
Sibelius, E.W. Korngold und J. Brahms. Am
Steinway-Flügel wirdTherese Gassner von Die
ter Paier begleitet. Kartenvorverkauf:Tel. 0043/
5552/62170. Konzertkasse ab 19 Uhr. (Eing.)
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Festliche Eröffnung der Saison auf Schloss Werdenberg
Vor rund vier Jahren wurde
das Schloss Werdenberg - es ist
im Eigentum des Kantons St.
Gallen - dem Amt für Kultur
unterstellt. Nach der Aussied
lung des «Rheinmuseums» ist
neu ein Museum für Kantons
geschichte eingerichtet wor
den. Bedeutung und Nutzung
der historischen Baute - je
weils von April bis Ende Okto
ber der Öffentlichkeit zugäng
lich - sollen attraktiver und
vielseitiger werden, meinte Re-
gierungsrätin Kathrin Hilber
als zuständige «Kulturministe
rin» anlässlich der Saisoneröff
nung vom Freitagabend.
Rene A. Schmuki
Die Ursprünge von Schloss Wer
denberg gehen auf den Grafen Ru
dolf I. von Montfort und damit auf
das Jahr 1230 zurück. Bis Ende des
15. Jahrhunderts regierten seine
Nachkommen im Werdenberg. Ab
1517 hielt sich der eidgenössische
Stand Glarus im Werdenberg «Un
tertanen» und Schloss Werdenberg
war Sitz der Landvögte. Anno 1835
Festliche Saisoneröffnung auf Schloss Werdenberg durch die Musikgesell
schaft Konkordia Grabs. (Bild: wop)
wurde der Bau an Private verkauft
und 1956 dem Kanton St. Gallen ge
schenkt.
Im Schloss erhalten geblieben
sind die Einrichtungen, die im letz
ten Jahrhundert zur Nutzung des
Gebäudes als Arztpraxis gedient
haben. Der Kanton St. Gallen hat
dann in den ehemaligen Wacht- und
Mannschaftsräumen seine Waffen
sammlung untergebracht. Sie gibt
Einblick in die Bewaffnung eid
genössischer und kantonaler Trup
pen der letzten Jahrhunderte. Ein
zigartig ist das grosse Relief in der
Turmzinne, das den Kanton St. Gal
len im Kreis seiner Nachbarn und
als Kreis um die beiden Halbkanto
ne Appenzell zeigt. Die weiträumi
ge Aussicht auf Buchs, ins Rheintal,
nach Liechtenstein und Vorarlberg
allein schon lohnt einen Besuch auf
Schloss Werdenberg. Seit einiger
Zeit wird Schloss Werdenberg auch
als Kulisse für kulturelle Veranstal
tungen (Schlossfestspiele, Konzer
te) genutzt. Regierungsrätin Ka
thrin Hilber betonte in ihrer An
sprache zur Saisoneröffnung, dass
Kultur nicht nur als Objekt «zum
Vorzeigen», sondern als Teil des
heutigen Lebens ständig erneuert
wird. Bewahren und Erhalten sei
zwar eine wichtige Aufgabe, aber sie
habe nur dann einen Sinn, wenn
man das ererbte Gut weiter ent
wickle und als Basis der eigenen
Identität betrachte.
In der von der Musikgesellschaft
Konkordia Grabs mitgestalteten
Eröffnungsfeier betonten der Lei
ter des Amtes für Kultur Dieter
Meile genauso wie der Gemeinde
ammann der Standortgemeinde
Grabs, Rudolf Lippuner, es wäre
wertvoll, wenn die Kulturgüter der
Region, also des Sarganserlandes,
Liechtensteins, Vorarlbergs und
Werdenbergs auf irgendeine Art
vernetzt werden könnten. Damit
würde nicht nur ein attraktives tou
ristisches «Angebot» geschaffen,
sondern deutlich gemacht, welch
grosses Erbe an Kulturgütern in der
Region vorhanden ist.
Kunst und
Antiquitäten
Von Freitag bis Sonntag fand auch
heuer wieder die beliebte Kunst- und
Antiquitätenmesse im Gemeindesaal
Triesen statt. 22 Austeller aus Liech
tenstein, Österreich und der Schweiz
zeigten ihr grosses, breitgefächertes
Angebot von sehr hohem Niveau.
Die teilweise von weiter her
angereisten Besucher schätzen, dass
bei der Triesner Antiquitätenmesse
nur echte Antikware und keine
Kopien verkauft werden. Privatleute
sind meistens keine Experten auf
diesem Gebiet und investieren trotz
dem gerne gut. Das Kaufinteresse
ist sehr gross, weil auch heute ein an
tikes Stück zu einem realistischem
Preis nicht nur ein Schmuckstück,
sondern vor allem eine gute Wertan
lage ist. (Bild: I.D.)
Die wunderbare Welt der Träume
«Der standhafte Zinnsoldat» - Abschluss des Kinder-Theater-Festivals
Die grosse Bühne des Vaduzer
Saals ist bedeckt mit einem
weissen Tuch. Ein Mann in
Frack und mit Zylinder
kommt, erzählt dies und das,
legt sich schlafen und wünscht
sich, mit seinen Träumen die
Welt erfahren zu dürfen. Da
hebt sich wie von Geisterhand
gezogen, das weisse Tüch in die
Höhe, webt und wallt wie eine
Traum-Wolken Welt, bildet ein
überdimensionales Bett.
Gerolf Hauser
Und was macht der Zylindermann?
Er lädt die im Saal sitzenden Kinder
in sein Traumbett ein, holt sie auf
die Bühne, lässt sie hineinschlüpfen
in das Bett, das sich wie ein grosses
Zelt über die Bühne wölbt. Da sit
zen sie mit grossen Augen, schauen
zu, wie der Zylindermann ein Rie
senbuch aufschlägt und beginnt, die
Geschichte vom standhaften Zinn
soldaten zu erzählen.
Der standhafte Zinnsoldat nach
Hans-Christian Andersen, dargebo
ten vom Puppentheater am Meinin-
genTheater aus Deutschland,bilde
te den Abschluss des grossen Kin
der* und Jugendliche-TTieater-Festi-
vals «Blickfelder». Mit diesen
«Blickfeldern» schloss sich dasTaK
einem Festival an, das auf verschie
denen Bühnen (Baden, Basel, Bern,
Luzern, St. Gallen, Steckborn und
Zürich) Produktionen aus ganz Eu
ropa für jede Altersstufe auf hohem
Niveau bot. Den Auftakt bildete der
TaKinderKINO Filmclub mit «Die
kleine Zauberflöte»; es folgten «Die
Schaukel», gespielt vom Jungen
Theater Basel, «Keine Angst vor
grossen Tieren» von Brista Bach
meier und Peter Ketturkat aus
Deutschland und die TaK-Eigen-
produktion «Der fliegende Tep
pich».
Das Zinn hat beim Giessen nur
für 24 gleiche Kameraden gereicht,
dem 25. fehlt ein Bein. So beginnt
Andersens Geschichte - eine Ge
schichte über Herz und Verstand,
Sein und Schein, über das Anders
sein und trotzdem das Gleichge
wicht halten können. Denn das feh
lende Bein beschert dem Zinnsol
daten einen anderen Lebensweg.
Das wurde vom Meininger Puppen
theater mit einer wunderbaren Viel
falt (man nennt das heute wohl mul
timedial), zugleich aber mit «ein
fachsten» Mitteln gezeigt. Auf jeder
Seite des Riesenbuches konnte der
Zylindermann kleine Pappfiguren
aufklappen - den Zinnsoldaten, die
Tänzerin, in die er sich verliebt,
Das Puppentheater Meiningen aus Deutschland zeigte zum Abschluss des
TaK-fCinder-Theater-Festivals Hans-Christian Andersens Märchen «Der
standhafte Zinnsoldat». (Bild: Gerolf Hauser)
Häuser, Schlösser usw. - die sich
durch herrliche Lichtgebung als
grosse Schatten auf dem aufgewölb
ten Bett-Zelt, in dem die Zuschauer
sassen, abzeichneten. Durch Dre
hen des Tisches, auf dem das Rie
senbuch lag, begannen die Figuren
sich zu bewegen, wurden lebendig.
Diese von innen an die Zeltwand
projizierten Figuren wurden er
gänzt durch Projektionen von aus
sen, z.B. als der Zinnsoldat in sei
nem Papierboot auf den hohen
Wellen des Meeres auf- und abge
schaukelt wurde. Und als die Tän
zerin sich aus dem Schattenbild
plötzlich in eine echte, lebendige
Tänzerin verwandelte, die in
Spitzentanz durch das Zelt sich be
wegte, ging ein Erstaunen durch die
Zuschauer. Es war grossartig, wie
alle Zuschauer (die Erwachsenen,
Lehrerinnen und Eltern, waren ge
nau so fasziniert wie die Kinder) in
der «kleinen Welt» des Bett-Zeltes
dieTVäume miterleben konnten, die
hinaus in die grosse Welt führten,
hinein in Häuser, in ein Schiff, in
den Bauch des Fisches - in die Welt,
in der man leben und sich freuen
kann, auch wenn man mit einem
«Makel» behaftet ist. Es war ein Er
lebnis, wahrnehmen zu dürfen, wie
mit künstlerischen Mitteln, ohne
moralinsauer erhobenem Zeigefin
ger, Erziehung, hier zur Standhaf-
tigkeit und zum Mut, vermittelt
wurde.