Liechtensteiner Volksblatt
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Samstag, 1. April 2000 25
Nachrichten
TaKino: Marlene Dietrich:
«Der blaue Engel»
SCHAAN: Filmfreunde aufgepasst! Der Film
club Frohsinn zeigt am Sonntag um 20 Uhr in ei
ner einmaligen Vorstellung einen der grössten
Klassiker der Filmgeschichte - «Der Blaue En
gel» von Josef von Sternberg. Das TaKino zeigt
«Der Blaue Engel» genau 70 (!) Jahre nach sei
ner glanzvollen Premiere in Berlin. Die legen
däre Verfilmung nach Heinrich Manns Roman
«Professor Unrat» zeigt den damals bereits in
ternational bekannten Emil Jannings in seiner
ersten Tonfilmrolle, für die er mit dem ersten
Oscar der Filmgeschichte ausgezeichnet wurde.
Jannings verkörpert den tyrannischen Gym
nasialprofessor Rath, der rettungslos der
feschen Lola verfällt und vom angesehenen
Bürger zum lächerlichen Clown herabsinkt. Für
Marlene Dietrich wurde die Rolle als männer
verschlingender Vamp zum Ausgangspunkt
einer glanzvollen Karriere. Also auf keinen Fall
verpassen!
«No te müeras sin
decirme a dönde vas»
Leopoldo ist Filmvorführer und Erfinder.
Nachdem sein Kino verkauft werden muss,
steckt er alle Energie in ein Gerät, das er zu
sammen mit seinem an den Rollstuhl gefessel
ten Freund Oscar entwickelt hat: den Traum
kollektor. Dieses Ding soll Traumbilder für den
TV aufbereiten, was scheinbar auch gelingt. Als
Leopoldos «Traumfrau» sich als Geist - den nur
er sehen kann - vergegenbart, beginnt für Leo
eine Reise durch Zeit und Dimensionen. Die
«Traumfrau» Rachel provoziert Leos Vernunft
wieder und wieder mit ihrer und seiner Ge
schichte: Gemeinsam sollen sie nämlich schon
etliche Leben gelebt haben, soll eine hunderte
Jahre alte Liebe sie verbinden. Fasziniert und
von einem tiefen Gefühl der Liebe geleitet, be
ginnt Leo mit Rachel als spiritueller Führerin
übersinnliche Welten und existentielle Gedan
ken zu erforschen. Sie stossen schliesslich auf
Abgründe: Leos Angst vor dem Tod und Ra
chels Angst vor dem Leben.
Träume und der Film als mögliche Repräsen
tation von Träumen bilden den Mittelpunkt ei
nes Strudels von Gedanken, die den eigensinni
gen Charme von Subielas Film ausmachen.
Trotz Traumkollektoren und Geistern ist es we
der ein SciFi- noch ein Phantasyfilm. Obwohl
Leo in eine andere Welt abhebt, bleibt der Film
immer «am Boden» und ermöglicht es den Zu
schauenden so, sich mit den Personen zu identi
fizieren, die Gedanken mitzudenken. Subiela
löst viele, aber nicht alle Fragezeichen auf; er
verzichtet darauf, den Film unnötig mit Symbo
lik zu schwängern. Das Ergebnis ist eine span
nende und sehenswerten Reflexion über das
Wesen von Träumen, über Leben, Sterben und
Reinkarnation. «Warum würden wir lernen,
wenn es nachher nichts gäbe ausser dem Tod?»
«No te mueras sin decirme a dönde vas» ist am
am Sonntag um 18 Uhr im TaKino in Schaan zu
sehen. Filmclub Frohsinn
Liederabend mit
Therese Gassner
BLUDENZ: Am Samstag, den Ö. April um 20
Uhr gibt es in der- Remise Bludenz einen Lie
derabend mit der Mezzosopranistin Therese
Gassner. Die gebürtige Bludenzer Künstlerin
tritt nach internationalen Engagements erst
mals in ihrer Heimatstadt auf. Grossen Erfolg
hatte die Sängerin am Stadttheater St. Pölten in
der Saison 1998/99 in der Hauptrolle als «Sissy»
mit Alfons Haider.
Die zur Zeit an der Volksoper Wien engagier
te Sängerin präsentiert in der Remise Lieder
von J. Haydn, A. Webern, J. Sibelius, E.W. Korn
gold und J. Brahms. Am Steinway-Flügel wird
Therese Gassner von Dieter Paier begleitet.
Kartenvorverkauf bei Bludenz Tourismus, Rat
haus Bludenz, Werdenbergerstrasse 42, 6700
Bludenz,Tel. 0043/ 5552/62170. Konzertkasse ab
19 Uhr. (Eing.)
Zweites Honky-Tonk-
Beizenfestival
ST. GALLEN: Am 28. April findet in St. Gallen
zum zweiten Mal das «Honky-Tonk-Beizenfes-
tival» statt.
26 Musikbands spielen in den Lokalen der In
nenstadt Jazz, Blues, Flamenco, Funk, Irish Folk,
Zydeco und andere Stilrichtungen. 4500 Perso
nen hatten im vergangenen Jahr das erste Fest
ival mit 16 Bands besucht. Auf Grund des Er
folgs werde der Anlass ausgebaut, heisst es in ei
ner Mitteilung der Organisatoren. Ein Ticket
für 18 Franken berechtigt zum Eintritt in alle
beteiligten Beizen.
Gespräch über dies und das
Ein unvergleichlicher Abend mit Sir Peter Ustinov imTaK
«Ihre Vielseitigkeit ist legen
där», begann Felizitas von
Schönborn das Gespräch mit
Sir Peter Ustinov, und zählte
seine Aktivitäten auf. Als sie
endete, stachelte er sie an:
«Weiter, weiter!» Und der Viel
seitige machte weiter, erzählte
anderthalb Stunden fiktive und
wahre Erlebnisse, mit denen er,
eingekleidet in einen unbe
schreiblichen Humor, sich
selbst und seinen Mitmen
schen in die Seele leuchtete.
Gerolf Hauser
Ustinov betrachtet mit trockenem
Humor und überragender Beob
achtungsgabe sich selbst und die
Welt, lässt seine Liebe zu den Men
schen und der Welt durch alles La
chen hindurchscheinen, beleuchtet
feinsinnig die Unzulänglichkeiten,
die eigenen ebenso wie die der an
deren, mit unvergleichlichem Char
me formuliert.
Lachsalven
Das Publikum wollte sich amüsie
ren, und lachte zu allem, was Usti- X
nov sagte, auch zu jenen Äusserun
gen, die ihm ernst waren. Seine Ex
kursion über Einstein, der bei Wind
stille segeln ging und durch die
Langsamkeit des Bootes die Natur
entdecken konnte - Lachsalven: die
Erlebnisse mit dem Sohn Ribben-
tropps, seinem Mitschüler - Lach
salven; seine Reise mit deutschem
Pass, in dem auf jeder Seite stand:
Gedenke, dass du ein Deutscher bist
- Lachsalven; die Freundschaft zwi
schen einem überzeugten Nazijun
gen und einem jüdischen Jungen -
Lachsalven; Billy Grahams neidvol
le Aussage, dass eine zum Tode Ver
urteilte vor ihm zu Jesus komme,
was Ustinov vergleicht mit den von
den Ayatollahs angestachelten Ka-
mikaze-Kämpfern - Lachsalven.
Ustinov griff diese Stimmung auf
Fiir stehende Ovationen sorgte Sir Peter Ustinov am Donnerstagabend im TaK in Schaan.
(Bild:vado)
und überzeichnete die eine oder an
dere Pointe seiner Geschichten.
Nichts Unheiliges
Grandios seine Charakterisierun
gen in Stimme, Lauten und Gestik;
gleich, ob es um seine Lehrer ging,
Schauspielerkolleginnen, Politiker,
Kirchenleute - immer stellte er sie
so dar, dass sie wie lebendig auf der
Bühne zu stehen schienen. Wer sich
nicht nur oberflächlich amüsieren
wollte, erlebte durch den Humor
hindurchschimmernd den Men
schen Ustinov. Wem das nicht ge
lang, sich vielleicht sogar verletzt
fühlte, musste wohl fragen, wiq im
TaK geschehen, ob ihm überhaupt
nichts heilig sei. Aber wie «heilig»
sind ihm z.B. Kinder! Da erzählte er
von dem Bemühen der Eltern, für
die Kinder gleichaltrige Spielkame
raden zu finden: «Ich habe zu mei
ner Mutter gesagt, ich suche auch
nicht - nach Damen im Alter von 41
Jahren für dich.» Da war nichts Un
heiliges, als die Moderatorin ihn
fragte, ob Politiker heute auch Hof
narren haben sollten, und er ant
wortete: «Das machen sie selbst»;
als sie sagte, es gebe wenige Politi
ker mit Humor; «Es braucht keinen
Humor, um komisch zu sein» Wel
cher Politiker ist für Sie der Ko
mischste? «Oh Gott, die Auswahl ist
so gross!»; als er die britische Köni
gin zitierte: «Ich hoffe, dass der Ruf
nach den Waffen nie mehr zu hören
ist» - gefolgt von den martialischen
Befehlen der königlichen Garde.
Und dann imitierte er in Mimik und
Gestik, fast wortlos verschiedene
Politiker - das war grandios, zum
Sich-Biegen-vor-Lachen, und es
zeigte zugleich seine profunde Men
schenkenntnis und seine Achtung
vor allen Eigenarten des Mensch
seins. Unbeschreiblich auch die
schauspielerische Leistung, mit der
er, so realistisch, dass man glaubte,
eine Fernsehsendung aus dem Vati
kan zu sehen, Erlebnisse mit Kar
dinälen und dem Papst darstellte:
Begegnungen in Rom im Zusam
menhang in seiner Funktion als
UNICEF-Botschafter zum Jahr des
Kindes - «ich muss sagen, ich war
der Jüngste» - zeigte die devote
Haltung und das Erstaunen des
Papstes, dass «nur alte Herren da
waren und keine Kinder.» Hier, wie
auch in allen anderen Sequenzen
zeigte Sir Peter Ustinov mit feins
tem Gespür sowohl das Liebevolle
wie auch das Groteske der Men
schen.
Die Sprache der Samen lauschen
Ausstellung mit Arbeiten von Piroska Szönye in «La Casa» inTriesen
«Existieren heisst den Zufall über
nehmen, der uns gemacht hat, sich
in dieser riesenhaften Offenheit
dieser Welt, die sich vor uns auf
macht, behaupten können», sagt die
Künstlerin Piroska Szönye. Um das
Zentrale des menschlichen Daseins,
um Licht, Liebe und Leben, um Ver
gangenheit, Gegenwart und Zu
kunft kreist die Thematik ihrer Bil
der.
Gerolf Hauser
Piroska Szönye, Doppelbürgerin
der Schweiz und Ungarn, erhielt ih
re erste Ausbildung durch den Ma
ler Otto Braschler, absolvierte eine
Ausbildung zur Innenarchitektin
und Produktegestalterin. Nach Stu
dienreisen lebt und arbeitet sie heu
te in einem Atelier in Chur. Ge
meinsam mit der Sängerin Oma
Ralston verwirklichte sie das Pro
jekt «Mothership Connection», das
sich, unterstützt durch die UNES
CO, die Schweizer Flüchtlingshilfe,
die Internationale Gesellschaft für
Menschenrechte (igfm) und Mi-
gros-Kultur, die kulturelle Zusam
menarbeit über alle Grenzen hin
weg zur Aufgabe setzt.
Ein Gefühl der Freiheit
Bei einem Besuch in ihrem Ate
lier war zu erleben, was Piroska
Szönye so ausdrückt: «Was wir
Schöpfungskraft nennen, sind Intui
tionen, die wir erhalten. Ich denke,
als Künstler hat man dadurch, als
Morgen Sonntag wird in «La Casa»in Triesen eine Ausstellung mit Arbeiten
von Piroska Szönye eröffnet.
Teil des Ganzen, Zugriff zu einem
grösseren Ganzen.» Mit diesem
Ganzen haben die Bilder von Piros
ka Szönye zu tun, mit dem Wachs
tum, den Samen, die nur wachsen,
wenn man Sorge für sie trägt. Bei
ihren Arbeiten konzentriert sie sich
auf das Wesentliche. So wie in den
Samen das Wachstum die Farben
verborgen leben, die zukünftige Ge
stalt sich an der Form des Samens
nur erahnen lässt, so deutet sie in
ihren Bildern die Farben an, macht
durch das Schwarz und Weiss hin
durch das Zukünftige sichtbar, re
duziert die Färb- und Formenflut in
unserer Gesellschaft, bis das Indivi
duum zum Vorschein kommt. Da
mit schafft sie Räume, in denen
Freiheit, Gefühle und die Akzep
tanz der Urformen des Lebens und
seiner Entwicklungen wieder Platz
haben. Im Einladungstext zur Aus
stellung schreibt Piroska Szönye:
«Die Frage der Evolution dreht sich
immer um den Samen. Jede Form
von Leben gibt über Codes Infor
mationen über sich selbst an die
nächste Generation weiter. Es gibt
viele Fragen, ja sogar Geheimnisse
rund um das Konzept des geneti
schen Codes oder Ursamens...Es
sieht so aus, als wäre dieser Code im
Kern eine Sprache, die auf vielen
Erfahrungsebenen gleichzeitig laut
wird...»
Frühlingsausstellung in «La Ca
sa»,Triesen, mit Bildern von Piroska
Szönye. Vernissage: Sonntag, 2.
April 2000, 14 Uhr. Ausstellungs
dauer bis Anfang Juni.