Liechtensteiner Volksblatt
Wirtschaft
Samstag, 1. April 2000 17
Nachrichten
Axpo rüstet auf
AARAU: Die von den Nordostschweizerischen
Kraftwerke (NOK) im November des vergan
genen Jahres gegründete Axpo eröffnet weitere
regionale Verkaufsstützpunkte in Zürich, Aarau
und St. Gallen. Die gemeinsame Handels- und
Verkaufsgescllschaft der Kantonswerke und
der NOK wolle ihr Know-how bündeln und
zielgerichtet auf die Bedürfnisses der Kunden
eingehen, teilte die AEW Energie AG in Aarau
am Freitag mit. In einer ersten Phase werde sich
Axpo auf die Betreuung von Grosskunden kon
zentrieren. Die Regional- und Gemeindewerke
sollen nach ihren Bedürfnissen im Bereich Mar
keting und Verkauf unterstützt werden. Der
freie Strommarkt verlange massgeschneiderte
Produkte, heisst es in der Mitteilung.
Werbeaktionen werden von einer zentralen
Stelle aus koordiniert. Hingen sollen die Kun
denbetreuung und der Verkauf dezentral in der
Region bleiben. Das Verkaufsteam der Region
Nord West ist zuständig für die Kunden im Kan
ton Aargau und der angrenzenden Gebiete.
Gleichzeitig werden auch in Zürich (Region
Nord) und St. Gallen (Region Nord Ost) regio
nale Stützpunkte aktiv. In der Axpo sind die
Elektrizitätswerke der Kantone Aargau, St.
Gallen, beider Appenzell, Schaffhausen, Thur-
gau und Zürich zusammengeschlossen. Sie ver
fügt über ein Aktienkapital von 20 Mio. Fr. und
soll im Vollbetricb 100 Personen beschäftigen.
Belcolor investiert in
Maschinenpark
EBNAT-KAPPEL: Das Foto-Versandlabor
Belcolor AG in Ebnat-Kappel investiert im lau
fenden und im nächsten Jahr rund vier Millio
nen Franken in neue Hochleistungs-Bildbelich-
ter und Anlagen zur digitalen Bildbearbeitung.
Dies teilte das Unternehmen gestern mit. Ziel
sei es, das Unternehmen filmumsatzmässig als
Nummer drei im schweizerischen Foto-Ver
sandhandel zu positionieren. Belcolor beschäf
tigt 54 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und
erzielt rund 18 Millionen Franken Umsatz.
Telekommunikation
durch Stromleitung
INTERLAKEN: Vertreter aus 17 Ländern ha
ben in der letzten Woche in Interlaken ein in
ternationales Forum für Telekommunikation
aus Stromleitungen (Powcrline PLC) gegrün
det. Das Forum soll eine Plattform bilden für al
le Hersteller, Forscher, Regierungen und Kun
den, die an PLC interessiert sind. Zum Präsi
denten sei Jean-Fran^is Droubay, Mitglied der
Strategiedirektion des Energiekonzerns Elec-
tricite de France (EdF), gewählt worden, teilte
das Berner Technologieunternehmen Ascom
am Freitag mit, das auch am Forum beteiligt ist.
Der Sitz des Forum sei bei Ascom in Bern. Die
51 Gründungsmitglieder stammen aus Unter
nehmen und Universitäten von 17 Ländern.
Darunter befinden sich die US- Konzerne Cisco
Systems und Morgan Stanley Dean Witter, die
Energiefirmen EdF, Endesa und Energie-Ba
den-Württemberg (EnBW) sowie die Schwei
zer Firmen diAx und Ascom. Unter Powerline
versteht man die Nutzung von Stromnetzen für
die Übertragung von Daten, etwa zur Nutzung
des Internets oder zum Telefonieren. Feldversu
che mit der Technik laufen bereits. Erste Gerä
te sollen im nächsten Jahr zu kaufen sein.
Hohe Kosten durch
Arbeitsunfälle
LUXEMBURG: Durch Arbeitsunfälle entste
hen in den Ländern der Europäischen Union
jährlich etsva 20 Milliarden Euro an unmittelba
ren Kosten. Nach einem Bericht des EU-Statis
tikamtes (Eurostat) in Luxemburg vom Freitag
ereigneten sich in den 15 Mitgliedstaaten 1996,
dem jüngsten erfassten Jahr, rund 4,8 Millionen
Unfälle am Arbeitsplatz mit mindestens vier
nachfolgenden Krankheitstagen. Die Kosten er
gaben sich durch ärztliche Versorgung,Tagegel
der, Invalidenrenten und Erstattungen im To
desfall.
Durch die Unfälle gingen nach dem Bericht
schätzungsweise 141 Millionen Arbeitstage ver
loren, das ist umgerechnet ein Tag Arbeitsaus
fall pro Erwerbstätigem und Jahr. Am gerings
ten war das Risiko in Schweden, wo pro 100 000
Erwerbstätigen 1217 Unfälle errechnet wurden,
am höchsten in Portugal (6949). Deutschland
lag mit 5098 auf dem drittletzten Platz. Insge
samt habe sich die Anzahl von Unfällen am Ar
beitsplatz zwischen 1994 und 1996 um sieben
Prozent verringert, hiess es in dem Bericht wei
ter. Bei den tödlichen Unfällen sei es sogar um
13 Prozent rückläufig gewesen.
Swisscom will weitere 3000
Stellen streichen
Verschärfter Wettbewerb und Preiszerfall am Ursprung der Rosskur
BERN: Dicke Post für die
knapp 22000 Angestellten der
Swisscom: Noch ist der vor drei
Jahren angekündigte Abbau
von 4000 Stellen noch nicht
ganz abgeschlossen, kündigt
der Telekom-Konzern die
Streichung von weiteren 3000
Stellen in den Jahren 2001 bis
2003 an. Die Gewerkschaften
sind empört.
Swisscom begründet die Rosskur
mit dem verschärften Wettbewerb
und dem Preiszerfall im Telekom
munikationsmarkt. Nach den Preis
senkungen in der Festnetztelefonie
von bis 70 Prozent im März des lau
fenden Jahres habe sich der Kosten
druck bei der Swisscom weiter er
höht, heisst es in einer am Freitag
morgen veröffentlichten Medien
mitteilung.
Weiterer Preiszerfall
Konzernchef Jens Alder in der
Medienmitteilung: «Die Preise wer
den in wichtigen Teilen unseres Ge
schäfts weiter fallen. Wir müssen
deshalb mit gezielten Massnahmen
weiter Kosten senken - ein Stellen
abbau ist damit unausweichlich.»
Nach Schätzungen Alders werden
im Zeitraum 2001 bis 2003 rund
3000 Stellen abgebaut. Die Moda
litäten des Stellenabbaus sollen mit
den Sozialpartnern ausgehandelt
werden. Per Ende 1999 zählte der
Swisscom-Konzern inklusive der
deutschen Debitel 21777 Stellen.
Die Gewerkschaften sprechen al
lerdings von einem Kahlschlag von
Die Swisscom (unser Bild zeigt ein Techniker in einer Schaltzentrale) will weitere 3000 Stellen abbauen.
6000 Arbeitsplätzen. Die Gewerk
schaft Kommunikation und trans
fair protestieren gegen den von
Swisscom kommunizierten Abbau
von 3000 Stellen sowie gegen die
Verlagerung von weiteren 3000 Ar
beitsplätzen.
Die Gewerkschaften erwarten,
dass die Konzernleitung mit ihr «so
fortige Gespräche» aufnimmt, um
das Ausmass dieses «Horrorszenari
os» zu minimieren. Falls sich zeigen
sollte, dass ein «moderater Perso
nalabbau» wirklich nötig wäre, ver
langen sie die «rasche Aufnahme»
von Verhandlungen über einen neu
en Sozialplan.
Neue Struktur
Bereits per 1. April 2000 gibt sich
Swisscom eine neue Struktur: Im
Rahmen eines Aktionsprogramms
zur Effizienzsteigerung sollen die
die Bereiche Mobile und PubliCom
(Festnetztelefonie) unter der
Führung von Konzernleitungsmit
glied Carsten Schloter zusammen-
gefasst werden. Die neue Einheit
wird zusätzlich die Bereiche Pay-
phone Services und Operator Servi
ces umfassen.
Der Bereich Business Com soll
neu der Division Marketing&Sales
zugeteilt werden. Diese wird von
Konzernleitungsmitglied Heinz
Karrer geführt. Für den Auf- und
Ausbau des Zukunftgeschäfts E-
Commerce mit Blue window und
Swisscom Directories will Swisscom
die neue Einheit E-Business bilden,
die ab interim von Konzernchef
Jens Alders geführt werden soll.
Angstschweiss am Neuen Markt
Lotterie mit Gewinngarantie vorbei
FRANKFURT/MAIN: Die Bör
senlotterie mit Gewinngarantie ist
ausgespielt. Zwar gab es am Neuen
Markt keinen «Schwarzen Freitag».
Aber der zwischenzeitliche Kurs
sturz hat gezeigt, wie schnell die
Blasen der Spekulation platzen
können.
Vor allem die kräftigen Verluste am
Donnerstag um neun Prozent ha
ben den Traum von ewig steigenden
Kursen beendet und bei manchem
Anleger Angstschweiss ausgelöst.
Nach dem Motto «Fange nie ein fal
lendes Messer auf» warnen Exper
ten vor allem unerfahrene Investo
ren, schon jetzt wieder Wetten auf
den Neuen Markt einzugehen.
Die Analysten gehen davon aus,
dass sich der Höhenflug mit Kursex
plosionen und einem Rekordstand
von fast 9700 Punkten beim NE-
MAX-50 auf absehbare Zeit nicht
wiederholen dürfte. Das Kursni
veau - am Freitag rund 7500 NE-
MAX-50-Punkte - liege immer
noch «über dem fundamental ge
rechtfertigten Niveau», urteilte die
DG Bank. «Lange wollten die Ak
teure am Neuen Markt gar nicht
aufhören, die Champagnerkorken
knallen zu lassen. Nun herrscht an
der deutschen Wachstumsbörse Ka
terstimmung.»
T-Online-Börsengang als
Nagelprobe
Als «Nagelprobe» für die nähere
Zukunft gilt nun der Börsengang
der Telekom-Internettochter T-On-
line. Er geht am Montag mit dem
Beginn der Zeichnungsfrist in die
heisse Phase. Die Technologie- Ak
tien haben nicht nur in Frankfurt,
sondern weltweit einen kräftigen
Knacks bekommen.
«Die Kurse purzelten zum Teil
dramatisch, ausgehend von der US-
Technologiebörse Nasdaq», bilan
ziert der Analyst Bruno Hidding
vom Darmstädter Hoppenstedt-
Verlag. «Ein Misserfolg dieser inter
national beachteten Mammut-
Emission wäre geeignet, endgültig
einen klaren Abwärtstrend einzu
leiten.»
Schon zum dritten Geburtstag
des Neuen Marktes am 10. März
wurde vor einer Überhitzung ge
warnt. Die DG Bank taxierte das
Rückschlagspotenzial auf 25 bis 40
Prozent. In ihrem skeptischen Ur
teil ist sie unverdächtig.
Folgt eine Verkaufspanik?
Das Spitzeninstitut der Volks
und Raiffeisenbanken ist selbst ei
nes der rührigsten Häuser bei der
Begleitung von Firmen an diesen
Spezialmarkt. «Der Kaufrausch
könnte von einer Verkaufspanik ab
gelöst werden», mahnte auch Chris
toph Benner von der Deutschen
Bank. «Der Markt ist reif für eine
Korrektur.»
Als Warnsignal galt vor allem das
Schwindel erregende Kursniveau,
das kleinen Firmen mit teilweise ho
hen Verlusten einen Börsenwert in
der Grössenordnung von Industrie
oder Finanzriesen bescherte. «Das
ist überhaupt nicht mehr nachvoll
ziehbar, wieso virtuelle Unterneh
men mit zwei, drei Mitarbeitern auf
solch eine hohe Marktkapitalisie
rung kommen», kritisiert Klaus Nie
ding von der Deutschen Schutzver
einigung für Wertpapierbesitz
(DSW).
Wachsende Gier
Zu erklären ist dies nur mit den
riesigen Kapitalströmen, die nach
profitabler Anlage suchen. Hinzu
kommt die wachsende Gier vieler
Interessenten, die manche Neue
mission bis zu 50-fach überzeichne
ten. «Da haben zu viele Leute Blut
geleckt und hoffen, auf die leichte
Tour zu Geld zu kommen»,sagte ein
Frankfurter Aktienhändler.
Nach einer Emnid-Umfrage für
den Fernsehsender n-tv glauben in
zwischen 56 Prozent der Bürger,
dass sie an der Börse reich werden.
Nach Hiddings Einschätzung wol
len nach dem Ansturm auf Infineon
«unvorstellbar viele Anleger» T-
Online-Aktien kaufen - egal, was
die Papiere kosten. «Sie sind preis
unempfindlich, da sie die Risiken
von Aktien und Börse noch nicht
einschätzen können.»
T-Online könnte nun zu spüren
bekommen, dass das Pendel zurück
schlägt. Damit verlieren die Stories
von der «New Economy» des Inter
netzeitalters ihren Glanz. Die für
Monate missachtete «Old Eco
nomy» mit Produktionsunterneh
men schlägt nun zurück.
«Sie integriert das Internet in ihre
Geschäftsprozesse und erhöht die
Zukunftsfähigkeit und Attraktivität
für die Anleger», analysiert die DG
Bank. Die New Economy-Titel
kommen aus dem Kurshimmel
zurück.
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Werner K. Rey
bleibt in Haft
Der geschei
terte Finan-
cier Werner
K. Rey bleibt
weiter in
Sicherheits
haft. Seiner
vierten Be
schwerde ans
Bundesge
richt war
auch nach Ablauf der erst
instanzlichen Strafe kein Erfolg
beschert. Gemäss Bundesge
richt ist die Fortdauer von Reys
Haft über das Ende der vom
Berner Wirtschaftsstrafgericht
in erster Instanz ausgesproche
nen Strafe hinaus - sie ist am 27.
März 2000 abgelaufen - nicht
unverhältnismässig und damit
weder verfassungs- noch EM-
RK-widrig.
Erst wenn die Haftdauer in
grosse Nähe der mutmasslichen
Strafe für einen gewerbsmässi
gem Betrug rücken würde, wäre
sie gemäss Bundesgericht unver
hältnismässig. Nachdem der
Strafantrag auf 10 Jahre Zucht
haus laute und mit dem Urteil
des Berner Kassationshofs im
Juni 2000 zu rechnen sei, sei dies
aber noch nicht der Fall.
Der Haftrichter habe im Übri
gen auch nach Vorliegen der
Appellationsbegründung der
Staatsanwaltschaft davon ausge
hen dürfen, dass ein dringender
Tatverdacht in Bezug auf den
Vorwurf des gewerbsmässigen
Betrugs bestehe. Mit Grund ha
be der Haftrichter auch festge
stellt, dass sich an der Fluchtge
fahr nichts geändert habe. Er ha
be zudem zu Recht die von Reys
Frau im letzten Februar angebo
tene Kaution abgelehnt, meinte
das Bundesgericht weiter.