Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Mittwoch, 29. März 2000 23
Nachrichten
Brite wegen illegaler
Exporte verurteilt
NEW HÄVEN: Weil er illegal Triebwerksteile
aus den USA via Schweiz in den Iran exportiert
hat, ist ein britischer Geschäftsmann am Mon
tag in den USA zu vier Jahren und vier Mona
ten Haft sowie 100 000 Dollar Busse verurteilt
worden. Das Urteil sei von einer Bezirksrichte-
rin in Bridgeport im US-Bundesstaat Connec
ticut gesprochen worden, teilte der US-Bundes-
anwalt Stephen Robinson mit. Der in Kanada
lebende Brite habe zwischen 1989 und 1999 die
Exporte der Flugzeugteile im Wert von über
20 Mio. Dollar organisiert. Es habe sich um
einen der grössten Fälle in der Geschichte der
US-Zollbehörden gehandelt. Der Mann habe
«in grossen Mengen» bei US-Triebwerksher-
stellern wie Pratt & Whitney und der kaliforni
schen Banner Aircraft Industries eingekauft.
Das Material sei von seiner Firma Air Rig Inc.
«auf verschlungenen Wegen, meistens via
Schweiz», an die staatliche Iran Aircraft Indu
stries weiterexportiert worden.
Israel: Netanjahu bald
vor Gericht?
JERUSALEM: Der ehemalige israelische Mi
nisterpräsident Benjamin Netanjahu muss mit
einer Anklage wegen Betrugs und Korruption
rechnen. Die Polizei empfahl der Staatsanwalt
schaft nach Angaben einer Sprecherin am
Dienstag. Anklage gegen den 50-jährigen Ex
Premier, seine Frau Sara und zwei Mitarbeiter
seines Büros zu erheben. Netanjahu bezeichne
te die Schlussfolgerungen der polizeilichen Er
mittlungen als «wertlos» und beteuerte seine
Unschuld. Anhänger Netanjahus warfen der Po
lizei am Dienstag vor, die Ermittlungen seien
politisch motiviert. Die Polizei übergab der Ge
neralstaatsanwaltschaft am Dienstag eine etwa
180 Seiten umfassende Ermittlungsakte gegen
Netanjahu. Sie hatte während einer sieben Mo
nate dauernden Untersuchung etwa 100 Zeu
gen vernommen. Netanjahu wird unter ande
rem verdächtigt, in seiner Eigenschaft als Minis
terpräsident Wertgegenstände geschenkt be
kommen und sie nach seiner Abwahl Mitte Mai
1999 nicht zurückgegeben zu haben. Nach isra
elischem Recht ist er dazu verpflichtet. Im ver
gangenen Herbst waren in einem staatseigenen
Lagerraum mehrere Kisten mit wertvollen Ge
genständen aus Gold und Silber sichergestellt
worden. Das Ehepaar Netanjahu soll ausser
dem private Handwerker- und Reinigungsar
beiten aus drei Jahren Amtszeit in Höhe von
440000 Schekel (etwa 180000 Franken) dem
Büro des Ministerpräsidenten in Rechnung ge
stellt haben. Sara Netanjahu.soll nach Ansicht
der Polizei wegen Diebstahls angeklagt werden.
In Israel laufen gegenwärtig Ermittlungen ge
gen eine ganze Reihe von Spitzenpolitikern.
Der ranghöchste unter ihnen ist Staatspräsident
Eser Weizman. Gegen Verkehrsminister Izchak
Mordechai wird wegen sexueller Belästigung
seiner Assistentin ermittelt.
Jüdischer Friedhof
geschändet
GEORGENSGMÜND: Unbekannte haben
den jüdischen Friedhof im mittelfränkischen
Georgensgmünd geschändet. Die Täter sprüh
ten in der Nacht zum Dienstag mit roter Farbe
antisemitische sowie nationalsozialistische Pa
rolen und Zeichen auf 20 Grabsteine, berichte
te die Polizei.
Menschenrechtler
Birdal im Gefängnis
ANKARA: Der prominente türkische Men
schenrechtler Akin Birdal ist wieder im Ge
fängnis. Die Behörden hätten eine Haftverscho
nung aus Gesundheitsgründen für den 52-Jähri-
gen abgelehnt, teilte der türkische Menschen
rechtsverein IHD am Dienstag in Ankara mit.
Birdal wurde in ein Gefängnis der Hauptstadt
Ankara gebracht. Er war im vergangenen Jahr
wegen Aufrufs zum Rassenhass zu einem Jahr
Haft verurteilt worden.
Trotz Appellen: Krieg in
Tschetschenien geht weiter
Russlands Präsident Wladimir Putin ruft zum Zusammenhalt auf
MOSKAU: Der neu gewählte
russische Präsident Wladimir
Putin hat am Dienstag alle po
litischen Kräfte zum Zusam
menhalt aufgerufen, um das
Riesenreich aus der Krise zu
führen.
Die russische Regierung sah trotz
des erwarteten Falls der Erdölprei
se Anzeichen für eine Stabilisierung
der Wirtschaft. «Wir haben keine
Befürchtungen, dass die Wirt
schaftslage sich deshalb verschlech
tern könnte», sagte der Erste
stellvertretende Regierungschef
Michail Kasjanow am Dienstag
nach einem Treffen mit Putin.
Putin habe das Kabinett zu «kon
kreter und aktiver Arbeit» bis zur
Neubildung der Regierung in etwa
einem Monat aufgerufen,sagte Kas
janow, der als möglicher neuer Re
gierungschef gilt.
Sergejew bleibt
Verteidigungsminister
Beobachter erwarteten nicht,
dass Putin vor seiner Vereidigung
im Mai das Kabinett umbildet und
Einzelheiten seines Programmes
bekannt gibt.
Nach einem Treffen Putins mit
Verteidigungsminister Igor Serge
jew teilte das Präsidialamt mit, Pu
tin habe eine Vertragsverlängerung
für den Verteidigungsminister ange
ordnet. Dies wurde als ein klares
Zeichen für Stabilität in der Militär-
Der frisch gewählte russische Präsident Wladimir Putin nimmt die Glückwünsche von Colonel Nikolay Mayorov
entgegen. (Bild: Keystone)
führung gewertet. Die Appelle der
westlichen Regierungen an den ge
wählten russischen Präsidenten
Wladimir Putin zur Einstellung
des Tschetschenien-Krieges zeigten
am Dienstag weiterhin keine Wir
kung.
Die russische Armee ging laut der
Militärnachrichtenagentur AWN
erneut mit Artillerie und Luftan
griffen gegen Rebellenpositionen in
der Argun-Schlucht vor. Zudem
wurden weitere russische Verbände
in das umkämpfte Gebiet verlegt.
Besuch von IKRK-Präsident
IKRK-Präsident Jakob Kellenber-
ger wird am Mittwochabend nach
Moskau reisen. Wie das Internatio
nale Komitee vom Roten Kreuz
(IKRK) am Dienstag in Genf mit
teilte, wird Kellenberger am Don
nerstag mit Putin zusammentreffen.
Ein Besuch des Nordkaukausus und
Grosnys steht laut IKRK nicht auf
dem Programm Kellenbergers. Das
IKRK wartete seit Wochen auf eine
offizielle Einladung aus Moskau.
Kellenberger möchte von Putin ins
besondere den Zugang zu den
tschetschenischen Gefangenen er
halten. Auch die UNO-Menschen-
rechtskommissarin Mary Robinson
reist am Freitag nach Moskau. Sie
will am 1. und 2. April auch Tschet
schenien besuchen.
Verantwortung liegt nun bei Syrien
Gespräch zwischen US-Präsident Bill Clinton und Ägyptens Präsident Husni Mubarak in Washington
WASHINGTON: Im Friedenspro-
zess zwischen Syrien und Israel ist
nach Ansicht von US-Präsident Bill
Clinton jetzt Syrien am Zuge. Er
warte darauf, dass er von Syriens
Präsident Hafls el Assad höre, sagte
Clinton am Dienstag in Washington.
Am Sonntag hatte Clinton Assad
bei ihrem Gipfeltreffen in Genf
nicht überzeugen können, die unter
brochenen direkten Verhandlungen
wieder aufzunehmen. Clintons
Sprecher Joe Lockhart hatte nach
den Gesprächen in der Rhonestadt
erklärt, bei dem Treffen sei es nicht
gelungen, die deutlichen Differen
zen zwischen Israel und Syrien zu
verringern. Er sei in die Schweiz ge
reist, um Assad seine eigene Sicht
der Möglichkeiten zu schildern und
die Bedürfnisse Syriens zu erfahren,
sagte Clinton in Washington weiter.
Er habe Assad gebeten, ihm nun zu
schildern, welche nächsten Schritte
dieser erwarte.
Israel mache Fortschritte auf al
len Gebieten, sagte Clinton mit
Blick auf die ein wöchigen Friedens
gespräche zwischen Israel und den
Palästinensern. Er hoffe, dass es
ähnliche Fortschritte auch bei den
Verhandlungen Israels mit Syrien
geben werde. Clinton kam gestern
auch mit dem ägyptischen Präsiden
ten Husni Mubarak zusammen. Sie
wollten Möglichkeiten erörtern, wie
der stagnierende Nahost-Frieden-
sprozess beschleunigt werden kann.
Die staatliche syrische Zeitung
«El Baath» warnte vor einer Rück
kehr zur Gewalt. Das Blatt der re
gierenden Baath-Partei schrieb, Is
raels Ministerpräsident Ehud Barak
trage die Verantwortung dafür, dass
es keine Gelegenheit für einen Frie
den gebe und die Spannungen in der
Region sich erhöhen könnten.
Absturzursache noch ein Rätsel
Zwischenbericht zum Crossair-Absturz vom 10. Januar bei Nassenwil
BERN: Das Büro für Flugunfallun
tersuchungen hat am Dienstag ei
nen Zwischenbericht über den Ab
sturz einer Crossair-Maschine am
10. Januar bei Nassenwil ZH veröf
fentlicht, bei dem zehn Personen
ums Leben kamen. Die Unfallursa
che ist noch nicht geklärt.
Das Büro ist jetzt daran, Flugdaten
schreiber und Sprachaufzeich-
nungsgerät verfeinert zu analysie
ren und die Systeme des Flugzeuges
SAAB 340B, flugtechnische Aspek
te sowie die menschlichen Faktoren
zu untersuchen. Erst nach Ab-
schluss dieser Arbeiten wird es über
die Unfallursache orientieren.
Abläufe geschildert
Der technisch gehaltene Bericht
schildert die Abläufe, die zum Ab
sturz der Maschine am 10. Januar
um 17.56.28 Uhr Ortszeit führten.
Bei dem Unglück verloren der
moldawische Kommandant, sein
slowakischer Copilot, die Flugbe
gleiterin sowie sieben Passagiere
auf ihrem Flug nach Dresden ihr
Leben.
Werner Busenhart, Experte im Büro
fllr Fluguntersuchungen erliiuterte
an einem Modell die letzten Flugbe
wegungen der Crossair-Maschine.
Die Maschine war aus Guernsey
nach Zürich geflogen worden. Nach
drei Viertel Stunden war sie voll be
triebsfähig und bereit für den Wei
terflug nach Dresden. Sie hob um
17.54.30 Uhr in Kloten ab. Um
17.55.42 Uhr erhielt der Komman
dant, der von Hand steuerte, An
weisungen von der Flugverkehrs
leitstelle, nach links zu drehen.
Während sieben Sekunden flog
die Maschine eine Linkskurve. In
dieser Phase tippte wahrscheinlich
der Copilot eine Eingabe ins
Flugleitsystem. Damit erhielt
der Pilot den Computer-Befehl,
nach rechts zu kurven. Daraufhin
machte der Copilot den Komman
danten aufmerksam, dass die Ma
schine eigentlich nach links drehen
sollte.
Flugbahn geändert
Es sei noch nicht geklärt, wer was
genau ins Flugleitsystem eingetippt
habe, sagte Jean Overney vom
Büro für Flugunfalluntersuchun
gen vor den Medien. Das müsse
nun «in mönchischer Arbeit» ge
prüft werden. Sicher sei nur, dass
diese Eingabe zur Folge gehabt ha
be, dass die Flugbahn geändert
wurde.
Kampagne
gegen Folter
Genf:' Amnesty International
(ai) hat am Dienstag eine inter- .
nationale Kampagne gegen Fol- >
: ter und willkürliche Exekutio-
; nen in Saudi-Arabien lanciert
Laut Amnesty sterben in Saudi-
Arabien durchschnittlich , jeae ;
Woche zwei Menschen durch
den Henker. «Wie können die
Rechte von 19 Millionen Perso-
nea wirtschaftlichen und strate- ,
: gischen Interessen uhtergeord-
j net sein ?», fragte:ai in einer Er-
; klärung. Die internationale. Ge-, ]
meinschaft schweige weiterhin j
angesichts .der massiven. Men- ;
schenrechtsverstösse in Saudi- <
: Arabien.. «Geheimnistuerei und -
. Angst'geben von nahezu allen ;
r Aspekten der staatlichen Gewalt-,
•, aus», erklarte Amnesty. Opfer <
stind Augenzeugen in Saudi-Ara-1
bien hätten zu grosse Angst um l
' zu .sprechen.. Die,Todesstrafe ;
werde inzwischen sogair auf Ver
gehen wie Ehebruch und Hexe-1
:,rei angewandt. Auch ausländi- j
sehe Arbeiter,' Frauen und An- j
■ gehörige religiöser Minderheit
ten würden auffällig oft zunjTQi 1
•' de verurteilt, 1