Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Dienstag, 28. März 2000 23 
Nachrichten 
Platz für internationale 
Kriegsverbrecher 
WELLINGTON: Neuseeland hat sich bereit er 
klärt, vom internationalen Gerichtshof verur 
teilte Kriegsverbrecher in den Gefängnissen des 
Landes unterzubringen. Damit komme das 
Land dem Wunsch der UNO nach, teilte das 
Aussenministerium gestern mit. Der internatio 
nale Gerichtshof in Den Haag hatte sämtliche 
UNO- Mitgliedsstaaten gebeten, von ihm schul 
dig gesprochene Kriegsverbrecher aufzuneh 
men. 
Richter wollen 
hunderte Zeugen hören 
DERRY: Fast drei Jahrzehnte nach den tödli 
chen Schüssen britischer Soldaten auf katholi 
sche Demonstranten in Nordirland versuchen 
Richter in Nordirland, die Wahrheit über den 
«Bloody Sunday» (»Blutiger Sonntag») ans 
Licht zu bringen. Der Moment sei gekommen, 
endlich die «ganze Wahrheit» aufzudecken, sag 
te Chef-Ermittler Christopher Clarke am Mon 
tag zu Beginn der öffentlichen Anhörungen in 
Derry. Der Tod der 14 katholischen Demons 
tranten, die im Januar 1972 von der britischen 
Armee erschossen wurden, bilde immer noch ei 
ne «extreme Kontroverse» zwischen den Glau 
bensgemeinschaften. Das Gremium aus drei 
Richtern mit kanadischer und neuseeländischer 
Beteiligung soll hunderte Zeugen anhören, 
nachdem immer wieder Zweifel an der offiziel 
len Version laut geworden waren. Der «Bloody 
Sunday» zählt zu den Hindernissen bei der Aus 
söhnung zwischen Katholiken und Protestanten. 
Regierungsumbildung 
in Frankreich 
PARIS: Frankreichs Premierminister Jospin hat 
seine Regierung auf vier wichtigen Posten um 
gebildet. Mit Jack Lang und Laurent Fabius 
kehren zwei sozialistische «Schwergewichte» 
aus der Ära Mitterrand in die Regierung 
zurück. Die Regierung werde mit ihrer linken 
Reformpolitik im Dienste des Landes fortfah 
ren und weiterhin die Hauptziele Wachstum 
und Schaffung von Arbeitsplätzen verfolgen, 
sagte Jospin am Montag nach Bekanntgabe der 
personellen Veränderungen. Konservative Geg 
ner kritisierten die «Rückkehr des Mitterrand- 
Systems» vor den Kommunalwahlen 2001 und 
den Parlaments- und Präsidentenwahlen 2002. 
Der frühere Ministerpräsident Laurent Fabius 
wurde von Jospin zum neuen Finanz- und Wirt 
schaftsminister ernannt. Der 53-jährige Sozia 
list Fabius war von 1984 bis 1986 Ministerpräsi 
dent und ist seit 1997 Präsident der National 
versammlung. Er gilt als Rivale von Jospin um 
die Führung der Sozialisten. Fabius löst Christi 
an Sautter ab. Dieser war wegen seiner Pläne 
zur Vereinfachung des Steuersystems von den 
Gewerkschaften heftig kritisiert worden. Saut 
ter hatte erst im November die Nachfolge von 
Dominique Strauss-Kahn angetreten. Dieser 
war nach Vorwürfen zurückgetreten, er habe 
Gelder von der nationalen Studentenversiche 
rung MNEF erhalten, ohne eine Gegenleistung 
erbracht zu haben. Strauss-Kahn hat dies be 
stritten. Nachfolger von Bildungsminister Clau 
de Alldgre wird der frühere Kulturminister Jack 
Lang. Allögre war wegen seiner Sparpläne im 
Bildungswesen in die Kritik geraten. Der 60- 
jährige Lang war zwei Mal Kulturminister und 
bereits von 1992 bis 1993 auch für Bildung zu 
ständig. Damals hatte er das Kulturbudget deut 
lich erhöht und den Bau vieler neuer Museen, 
Theater, Opern und Büchereien auf den Weg 
gebracht. Den Posten der früheren Kulturmini 
sterin Catherine Trautmann übernimmt die 
stellvertretende Vorsitzende der Sozialisten, 
Catherine Tasca. 
Wladimir Putin hats geschafft 
Schon in der ersten Runde gewählt: Glückwünsche und Mahnungen für Putin 
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MOSKAU: Der bisherige Re 
gierungschef Wladimir Putin 
ist bereits im ersten Anlauf 
zum neuen russischen Präsi 
denten gewählt worden. Der 
Westen gratulierte Putin, for 
derte von Moskau aber einen 
baldigen Frieden in Tschet 
schenien. 
Der 47-Jährige, der nach dem Rück 
tritt von Boris Jelzin als Übergangs 
präsident amtierte, bekam bereits 
im ersten Wahlgang die absolute 
Mehrheit. Die zentrale Wahlkom 
mission in Moskau erklärte Putin 
am Montag nach Auszählung von 
fast allen Stimmen zum klaren Sie 
ger. Putin errang 52.5 Prozent der 
Stimmen. Abgeschlagen auf dem 
zweiten Platz landete Kommunis 
tenchef Gennadi Sjuganow mit 29,4 
Prozent. 
Für den vor neun Monaten noch 
unbekannten Funktionär ist der 
Wahlsieg ein überragender Erfolg. 
Erst im August 1999 hatte ihn Jelzin 
zum Regierungschef ernannt. Seit 
her erlangte er, nicht zuletzt wegen 
der harten Linie im Tschetschenien- 
Krieg, zu hohe Popularität in der 
russischen Bevölkerung. 
OSZE: Kaum Verstösse gegen 
Wahlgesetz 
Die etwa 400 internationalen 
Wahlbeobachter stellten keine gro 
ben Verstösse gegen die Wahlgeset 
ze fest. Daher entspreche die Ab 
stimmung «insgesamt den Ver 
pflichtungen Russlands als Mitglied 
der OSZE und des Europarates», 

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Eine Russin kiisst, aus Freude über die Wahl von Vladimir Putin, die Front 
seite ihrer Tageszeitung. (Bild: Keystone) 
wie es in einer gemeinsamen Er- schaftlichen Pläne der Regierung 
klärung der internationalen Organi- müssten nun «zügig umgesetzt» 
sationen in Moskau hiess. werden. Im Tschetschenien-Kon- 
Bei der ersten Kabinettssitzung flikt will Putin seine harte Linie 
nach der Wahl sagte Putin, die wirt- fortsetzen. Die Militäroffensive 
werde bis zum Ende fortgesetzt, 
heisst es in einer Mitteilung an die 
Truppen des Innenministeriums. 
Westen fordert Ende des 
Tschetschenien-Krieges 
Die Wahl Putins wurde in den 
westlichen Hauptstädten positiv 
und als Chance für eine Vertiefung 
der Zusammenarbeit mit Russland 
aufgenommen. Der Kreml-Chef 
wurde jedoch aufgefordert, dem 
Krieg in Tschetschenien ein Ende 
zu setzen. 
Deutschlands Bundeskanzler 
Gerhard Schröder bot Putin einen 
Neubeginn der bilateralen Bezie 
hungen an. Er gab zugleich der 
HoffnungAusdruck.dass Putin jetzt 
den Krieg beenden werde. Frank 
reichs Präsident Jacques Chirac ap 
pellierte an den Kreml-Chef, «die 
Rückkehr des Friedens auf russi 
schem Staatsgebiet zu garantieren». 
Auch Grossbritanniens Premier 
Tony Blair forderte den Kreml- 
Chef zu einer Lösung des Tschet- 
schenien-Konflikts auf. Auf einen 
«neuen Start» in den Beziehungen 
zu Russland setzte auch die Eu 
ropäische Union. 
USA verhalten 
Die USA reagierten zunächst 
verhalten. Aussenministerin Made 
leine Albright erklärte im Fernseh 
sender CNN: «Seine Worte sind 
okay, aber wir müssen seine Taten 
abwarten.» Der chinesische Staats 
und Parteichef Jiang Zemin gab in 
seinem Gratulationsschreiben der 
Hoffnung Ausdruck, dass sich die 
strategische Partnerschaft zwischen 
I 
n 
Ende der Wiederaufbereitungsanlage? 
Irland will mit Skandinavien Schliessung Sellafields erzwingen 
DUBLIN: Das Ende der umstritte 
nen britischen Wiederaufberei 
tungsanlage Sellafleld könnte schon 
im Juni kommen. Dies erklärte der 
irische Energieminister Joe Jacob 
am Montagabend nach einem Tref 
fen mit dem dänischen Umweltmi- 
nister Svend Auken in Dublin. 
Beide Regierungen wollen beim 
nächsten Treffen der Mitgliedstaa 
ten des Abkommens zur Begren 
zung radioaktiver Emissionen 
(Ospar) im Juni entsprechende An 
träge vorlegen. «Ich glaube, wir er 
leben den Anfang vom Ende dieser 
Nuklearanlage», sagte Jacob vor 
Journalisten. 
Während Irland ein «sofortiges 
Ende der Wiederaufbereitung» for 
dern wolle, werde Dänemark in ei 
nem ähnlichen Antrag die «Ausset 
zung» der Anlage verlangen. Falls 
die 15 Mitgliedsstaaten der Organi 
sation zustimmen, könnte die wegen 
Sicherheitsmängeln, Dokumentati 
onsfälschungen und angeblicher Sa 
botage kritisierte Anlage bereits im 
Juni geschlossen werden, sagte Ja 
cob. 
Wenige Stunden zuvor hatte die 
britische Labour-Regierung die Sel- 
lafield-Betreiber British Nuclear 
Fuels (BNFL) aufgefordert, ihr 
«Haus in Ordnung zu bringen». Der 
Sprecher von Premierminister Tony 
Blair erklärte: «Sellafield arbeitet in 
einem kommerziellen Umfeld. Es 
muss die ernsthaften Forderungen 
seiner Kunden erfüllen.» Er wies 
daraufhin.dassdie Regierungan ei 
nem Strategiepapier über die Zu 
kunft der Wiederaufbereitung ar 
beite. «Dies bedeutet aber nicht, 
dass sich die grundsätzliche Haltung 
der Regierung verändert hat», fügte 
der Sprecher hinzu. 
In Dublin sagte der dänische Um 
weltminister, es dürfe nicht zugelas 
sen werden, dass «Arbeitsplatzin 
teressen dem Prinzip des Meeres 
schutzes untergeordnet werden». 
Misserfolg für Bill Clinton 
Friedensverhandlungen: Israel und Syrien suchen weiter Dialog 
GENF: Auch nach dem Fehlschlag 
der US-Bemühungen um die Wie 
deraufnahme der Friedensverhand 
lungen sind Syrien und Israel wei 
terhin gesprächsbereit. Beide Seiten 
hielten am Montag jedoch an ihren 
unvereinbaren Positionen fest. 
US-Präsident Bill Clinton hatte in 
der Rhonestadt vergeblich ver 
sucht, seinem syrischen Kollegen 
Hafis el Assad Zugeständnisse über 
den Grenzverlauf abzuringen. Das 
Treffen war am Sonntagabend ohne 
Einigung auf einen Termin für die 
Wiederaufnahme der direkten Frie 
densverhandlungen zwischen Syri 
en und Israel zu Ende gegangen. 
Clintons Sprecher Joe Lockhart 
sagte nach dem mehrstündigen 
Genfer Gipfelgespräch, es gebe 
noch immer grosse Differenzen zwi 
schen Syrien und Israel, die nicht 
hätten verringert werden können. 
Clinton habe seinen Nahost-Beauf 
tragten Dennis Ross nach Israel 
entsandt, wo er Regierungschef 
Ehud Barak über das Gespräch un 
terrichten und weiterhin versuchen 
solle, eine Wiederaufnahme der 
Gegen 
Rassismus 
US-Präsident Bill Clinton und Tochter Chelsea bei ihrer Ankunft am Genfer 
Flughafen. (Bild: Keystone) 
Verhandlungen zu erreichen. Der 
syrische Aussenminister Faruk el 
Schara bekräftigte am Montag in 
Genf die Haltung von Syrien. «Wir 
fordern einen vollständigen israeli 
schen Rückzug von den Golan- 
höhen auf den Grenzverlauf vor 
dem 4. Juni 1967.» Eine internatio 
nale Demarkationslinie müsse 
gemäss diesem Grenzverlauf gezo 
gen werden, erklärte der Aussenmi 
nister vor der Abreise von Assad. 
Sein israelischer Kollege David 
Levy sagte im Radio, Syrien verlan 
ge die bedingungslose Annahme al 
ler Forderungen. Israel krieche aber 
nicht zu Kreuze und gehe keine Si 
cherheitsrisiken ein. 
WIEN: Zwei Experten der Eu- 
roparats-Kommission gegen 
Rassismus und Intoleranz haben -'s 
am Montag einen dreitägigen 
Besuch in Wien begonnen. Mit 
von der Partie ist der Jurassier 
Joseph Voyame.Voyame und der 
albanische Experte Arben Puto 
. werden bis Mittwoch mit Regie 
rungsstellen und Nicht-Regie-J 
rungsorganisationen > in Wen 
Gespräche _ führen. Dabei soll ; 
das nötige Material zur Ausar 
beitung des zweiten Länderbe-; 
richts Uber die Respektierung 
der Menschenrechte in Öster 
reich gesammelt werden. «Die j 
:, Europäische Kommission gegen 
Rassismus und Intoleranz leistet i 
einen wichtigen Beitrag; im i 
Kampf gegen jegliche Form men- ; 
schenverachtenden - Gedanken-; 
guts und Verhaltens», sagte die 
österreichische Aussenministerin , 
Benita Ferrero-Waldner bei der ' 
Begrüssung der Experten. Auf i 
Basis ihres Besuches werden die * 
Experten die Situation in öster- 
reich analysieren und konkrete } 
' Vorschläge zur Bekämpfung alt- 
r fälliger Mängel unterbreiten.
	        

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