Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Oscar-Verleihung 
Dienstag, 28. März 2000 21 
«American Beauty» sahnte ab 
Oscar-Verleihung: Fünf Auszeichnungen für den gleichen Film - bester Film, beste Regie, bestes Drehbuch, beste Kamera, bester Schauspieler 
LOS ANGELES: Die Satire 
«American Beauty» ist bei der 
diesjährigen Oscar-Verleihung 
mit insgesamt fünf Oscars zum 
klaren Sieger gekürt worden. Der 
Basler Produzent Arthur Cohn 
erhielt für «One Day in Septem 
ber» seinen sechsten Oscar. 
Das Erstlingswerk «American Beauty» 
des britischen Regisseurs Sam Mendes 
erhielt die Oscars für den besten Film, 
die beste Regie, das beste Drehbuch 
und die beste Kamera. Der Hauptdar 
steller Kevin Spacey wurde zudem für 
seine Rolle als frustrierter Familienva 
ter. der sich in die Freundin seinerToch- 
ter verliebt, ausgezeichnet. 
Sam Mendes, der grosse Sieger des 
Abends, dankte sichtlich bewegt dem 
Dreamworks Studio von Steven Spiel 
berg für das Risiko, den gesellschafts 
kritischen Film «American Beauty» er 
möglicht zu haben. 
Gegenwartskritik 
«American Beauty» war Nutzniesser 
des Trends im US-Kino, sich wieder 
stärker der Gegenwartskritik zuzuwen 
den. Der Film über die Neurosen der in 
den Vorstädten lebenden US-Mittel 
schicht spielte bereits 108 Millionen 
Dollar ein. 
Mit den düsteren Seiten der US-Ge 
sellschaft befasst sich auch «Boys Don't 
Cry». Die 25-jährige Hilary Swank, die 
den Oscar als beste Hauptdarstellerin 
erhielt, spielt darin ein Mädchen, das 
sich als Junge ausgibt und deswegen 
brutal gequält und schliesslich ermor 
det wird. 
Die ein Jahr jüngere Angelina Jolie 
erhielt einen Oscar für ihre Nebenrolle 
als willensstarke Psychiatrie-Patientin 
im Film «Girl, Interrupted». Die 24- 
Jährige ist die Tochter von Charakter- 
Darsteller und Oscar-Preisträger Jon 
Voight. 
«One Day in September» 
Auch die Schweiz wurde einmal mehr 
ausgezeichnet: Der Basler Filmprodu 
zent Arthur Cohn gewann in der Kate 
gorie Dokumentarfilme für «One Day 
in September» von Kevin McDonald 
seine bisher sechste Statuette. Der Film 
schildert das Attentat auf israelische 
Sportler an den Olympischen Spielen 
1972 in München. Michael Douglas 
wirkt als Erzähler mit. 
In den Kinos ist Cohns Film noch 
nicht angelaufen. Das Werk sei erst letz 
ten Oktober abgedreht gewesen, sagte 
Cohn bei der Preisverleihung. Dass er 
nun trotzdem ausgezeichnet werde, sei 
ein Zeichen, dass es für die Juroren 
noch andere Werte gebe als Film- Hit 
paraden und Zuschauerzahlen. 
Leer ging bei der Preisverleihung die 
Schauspielerin Annette Bening (»Ame 
rican Beauty») aus, deren hochschwan 
gerer Zustand der Gegenstand zahlrei 
cher Scherze war. Dafür bekam ihr 
Mann Warren Beatty den Irving-Thal- 
berg-Preis für seine Arbeit als kreativer 
Produzent. Geehrt wurde auch das Ge 
samtwerk des polnischen Regisseurs 
Andrzej Wajda. 
«Todo sobre mi madre» 
Der Schriftsteller John Irving wurde 
für das Drehbuch nach seinem Roman 
«The Cider House Rules» (»Gottes 
Werk undTeufels Beitrag») ausgezeich 
net. auf dessen Grundlage der gleichna 
mige Film über die ethischen Fragen 
um das Thema Abtreibung entstand. 
Der britische Star Michael Caine wurde 
im gleichen Film für seine Nebenrolle 
als drogensüchtiger Waisenhausdirek 
tor prämiert. 
Der spanische Regisseur Pedro 
Almodövar gewann für seinen Film 
«Todo sobre mi madre» den Oscar als 
bester ausländischer Film. Sein Werk 
hat schon zahlreiche andere Preise ge 
wonnen und weltweit über 65 Millionen 
Dollar eingespielt. Leer ging «Hima- 
laya - Die Kindheit eines Karawanen 
führers» aus, der vom Westschweizer Je 
an-Marc Henchoz koproduziert wurde. 
«Star Wars» aus dem Rennen 
geworfen 
Vier Oscars, allen in technischen Ka 
tegorien, holte der Science- Fiction- 
Film «The Matrix». Er gewann für 
Schnitt, Ton, visuelle und Ton-Effekte, 
und warf damit George Lucas' neueste 
Bruce Cohen, Alan Ball, Dan Jinks, Kevin Spacey und Sam Mendes freiten sich über den grossartigen Erfolg ihres Films«Ame 
rican Beauty». (Bild: Keystone) 
Folge von «Star Wars» in den techni 
schen Disziplinen aus dem Rennen. 
Der Musikfilm «Topsy-Turvy» des 
Briten Mike Leigh bekam die Oscars für 
die beste Ausstattung und die beste 
Maske. Oscar-Glück hatte auch der in 
Begnins am Genfersee lebende briti 
sche Popstar Phil Collins. Sein Lied 
«You'll Be in My Heart» hatte er für den 
Animationsfilm «Tarzan» geschrieben. 
Hollywood hatte für die Nacht der 
Nächte im Shrine Auditorium eine vier 
stündige Gala der Extraklasse insze 
niert. Die Teilnehmer sorgten für Trä 
nen der Freude, überspielte Enttäu 
schung und unübertrefflichen Gla 
mour. 
Der Komiker Billy Chrystal liess sich 
als Moderator von einem Polizisten auf 
die Bühne tragen, über die Sicherheits 
probleme im Vorfeld der Oscarvergabe 
witzelnd, als die Stimmzettel ver 
schwanden und die Oscar-Statuetten in 
einem Müllcontainer landeten. 
Alle Preisträger auf einen Blick 
Bester Film: «American Beauty» 
Beste Regie: Sam Mendes (»Ameri 
can Beauty») 
Bester Hauptdarsteller: Kevin Spacey 
(»American Beauty») 
Beste Hauptdarstellerin: Hilary 
Swank (»Boys Don't Cry») 
Bester Nebendarsteller: Michael Cai 
ne (»The Cider House Rules») 
Beste Nebendarstellerin: Angelina 
Jolie (»Girl, Interrupted») 
Bestes Original-Drehbuch: Alan Ball 
(»American Beauty») 
Beste Drehbuch-Adaption: John Ir 
ving (»The Cider House Rules») 
Beste Kamera: «American Beauty» 
Künstlerische Leitung: «Sleepy Hol- 
low» 
Schnitt: Matrix» 
Ausstattung: «Topsy-Hirvy» 
Maske: «Topsy-liirvy» 
Visuelle Effekte: «Matrix» 
Ton: «Matrix» ' 
Ton-Effekte: «Matrix» 
Original-Titelsong: «You'll Be in My 
Heart» (»Tarzan») 
Originalmusik:«The Red Violin» ' 
Ausländischer Film: «Alles über mei 
ne Mutter» 
Dokumentarium: «One Day in Sep 
tember» 
Kurz-Dokumentarfilm: «King Gimp» 
Kurz-TVickfllm: «Der alte Mann und 
das Meer» 
Kurzfilm: «My Mother Dreams the 
Satan's Disciples in New York» 
Lebenswerk: Andrzej Wajda 
Irving-Thalberg-Preis: Warren Beatty 
Schon sechsfacher Oscar-Preisträger 
Arthur Cohn: Ein Basler Filmproduzent als international bekannte Grösse 
Angelina Joli zeigt ihre Freude über 
die erhaltene Auszeichnung für die beste 
Nebenrolle, indem sie die Oscar-Statue 
küsst. (Bild: Keystone) 
BASEL: Der Basler Filmproduzent Ar 
thur Cohn ist die internationale be 
kannteste Schweizer Persönlichkeit im 
Filmbereich. Er hat, neben vielen ande 
ren Auszeichnungen, bisher sechs Os 
cars erhalten, mehr als jeder andere 
Produzent weltweit. 
Der in Basel lebende Filmschaffende ist 
aber nicht nur sechsfacher Oscar 
preisträger, sondern auch der erste mit 
einem «Star of Fame» ausgezeichnete 
Schweizer. Das offizielle Hollywood 
hat ihn mehrmals als «den bedeutend 
sten Filmproduzenten ausserhalb der 
USA» bezeichnet. 
Die offizielle Schweiz hat ihn jedoch 
bisher kaum zur Kenntnis genommen. 
Immerhin hat er letzten Januar in 
Zürich den «CinePrix Swisscom» für 
den von ihm produzierten brasiliani 
schen Film «Central Station» entgegen 
nehmen können, den nach Ansicht des 
Schweizer Publikums besten Film des 
Jahres 1999. 
Seinen ersten Oscar erhielt Cohn 
1963 für «Sky Above - Mud Below», ei 
nen Film über die Eingeborenen in 
Neu-Guinea. Es folgten «11 giardino dei 
Finzi Contini» des italienischen Neo- 
realisten Vittorio de Sica (1973) und Je 
an-Jacques Annauds «Black and White 
in Color» (1976). 
1985 erhielt Cohn seinen vierten Os 
car für «Dangerous Moves» über zwei 
Russen, die in der Schweiz an der 
Schachweltmeisterschaft teilnehmen. 
Seinen fünften Oscar brachte ihm der 
Dokumentarfilm «American Dream» 
Die Gewinner des besten Dokumentarfilms, John Battsek, Arthur Cohn und Kevin Macdonald (von links), freuen sich über die 
erhaltene Auszeichnung. 
(1991) ein, bevor er jetzt für «One Day 
in September» seinen sechsten Oscar 
entgegennehmen konnte. 
1988 wurde Cohn von der Universität 
Boston der Ehrendoktortitel verliehen. 
In Frankreich wurde er bereits mit ei 
nem Cesar und dem Prix Delluc geehrt. 
Der Orden Commandcur des Arts et 
des Lettres, mit dem er ebenfalls ausge 
zeichnet wurde, ist die höchste Ehrung, 
die das französische Kulturministeriuni 
zu vergeben hat. 
Arthur Cohn, Sohn eines Anwalts, 
lebt und arbeitet meistens in seiner Ge 
burtsstadt Basel. Cohn studierte inter 
nationales Recht, war dann aber jahre- 
(Bild: Keystone) 
lang als Radiojournalist bei Radio 
Beromünster tätig. Über die Arbeit als 
Drehbuchautor, mit der er sich einen 
Namen gemacht hat, kam er schliesslich 
international ins Filmgeschäft. Origi 
nelle Drehbücher und die künstlerische 
Qualität seiner Filme haben dem Basler 
weltweite Ehre gebracht.
	        

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