6 Freitag, 24. März 2000
Inland
Liechtensteiner Volksblatt
Breitgefächertes Arbeitsfeld des VCL
Schwerpunkte der Arbeit des Verkehrs-Clubs Liechtenstein 1999 - GV am 27. März
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Der VCL setzt sich speziell für eine stärkere Förderung des Zufussgehens, Radfah
rens und öffentlichen Verkehrs ein.
Als Weilerführung des Projekts
«Kindcrverkehrsgutachten» der
Primarschulen wurden im Rah
men des Projekts «Fussgänger
und fahrradgerechte Planung» in
den Gemeinden Balzers, Eschen,
Gamprin, Mauren, Schellenberg
undTriesen Kurzgutachten durch
geführt. Als Abschluss findet am
27. März ein öffentlicher Vortrag
mit Diskussion statt.
Zur Verbesserung der Verkehrssicher
heit hat der VCL diverse neue Fussgän
gerstreifen bzw. Fussgängerquerungen
mit Inseln vorgeschlagen, die erst teil
weise verwirklicht wurden.
Aktivitäten für Radfahrerinnen
Der Velo-Wettbewerb «Radfahren
für Ihre Gesundheit» von Mai bis Ok
tober zur Förderung des Velos als All
tagstransportmittel mit der Liechten
steinischen Landesbank als Haupt
sponsor war mit 181 Teilnehmerinnen
wieder ein Erfolg und wird 2000 wieder
durchgeführt.
Der VCL hat Betrieben Unterlagen
zur Förderung des Velos für den Ar
beitsweg und zur Erhöhung der Ver
kehrssicherheit zukommen lassen.
Zum Thema Velosicherheit wurde via
Medien auf das Problem «Sehen und
gesehen werden» aufmerksam gemacht
und die IG-Velo-Broschüre «Radschlä
ge» wurde veröffentlicht und verteilt.
Das Projekt wird von der KfU finanzi
ell unterstützt.
Die Forderung, den Rheindamm
möglichst in seiner gesamten Länge in
der Nacht sowie an Wochenenden und
Feiertagen für Motorfahrzeuge zu sper
ren, harrt noch der Verwirklichung.
Ebenso die Forderung nach Verbot von
Fernlicht und Beschränkung auf Tempo
50 auf dem für den motorisierten Ver
kehr offenen Rheindamm.
Aktivitäten für Benutzer
öffentlicher Verkehrsmittel
Der VCL arbeitet in der Kommission
für die Förderung des öffentlichen Ver
kehrs aktiv mit. Wichtige Diskussions
punkte waren im Lauf des Jahres: Anruf
sammeitaxi, Erschliessung und Qualität
diverser Haltestellen inkl. sicherer Fuss-
gängerquerung, Busbevorzugung, Orts
bus, Expresslinien, Pendlerverkehrsmo
dell. Aus Sicht des VCL muss weiter ge
arbeitet werden an: Behebung der stau
bedingten Behinderung der Busse, spezi
ell Pförtnersystem vor Schaan aus Rich
tung Nendeln; Abstimmen der Startzei
ten von Veranstaltungen auf den öV; Or
ganisation von öV bei Grossveranstal
tungen; Verbesserung der Fussgänger
verbindungen zu den Haltestellen, siche
re Fussgängerquerung bei Haltestellen
an Tempo-80-Strecken.
Auf Initiative des VCL wurde der
Ausbau der ÖBB-Linie Feldkirch-
Buchs angegangen. Eine Arbeitsgruppe
der Kommission für die Förderung des
öffentlichen Verkehrs, in der auch die
ÖBB mitarbeitet, hat die Details ausge
arbeitet. Der Liechtenstein Takt mit
neuer Busvernetzung wird auf den
Fahrplanwechsel Mai 2000 Realität.
Mobilität und Auto
Der VCL berät Unternehmen im be
trieblichen Mobilitätsmanagement und
hat einen Fragebogen für eine Mobi
litätserhebung erarbeitet.
Verkehrsprobleme plagen vor allem
das Unterland und den Raum Schaan-
Vaduz. Der VCL spricht sich gegen ei
ne Scheinlösung dieser Probleme
durch den Bau neuer Strassen oder den
Ausbau bestehender aus. Ganzheitli
ches Denken verlangt eine Umlage-
rung des Güterfernverkehrs von der
Strasse auf die Schiene. Dies wird be
günstigt durch eine Kontrolle jedes
LKW betr. technischer Vorschriften
und Einhalten der Ruhezeitverord
nung bei der Einreise nach Liechten
stein. Die Umlagerung des motorisier
ten Individualverkehrs auf alternative
Transportmittel erfordert einen Aus
bau des öffentlichen Verkehrs in den
Stosszeiten und die Bewirtschaftung al
ler öffentlichen Parkplätze sowie derje
nigen der Betriebe.
Dank und Hinweis
Der VCL dankt Behörden, Organisa
tionen und Betrieben für die konstruk
tive Zusammenarbeit und die Unter
stützung seiner Arbeit für eine nachhal
tige Verkehrspolitik.
Die Generalversammlung mit an
schliessendem öffentlichem Vortrag mit
Diskussion zum Thema «Fussgänger
und fahrradgerechte Strassenraumge-
staltung findet am 27. März in der Aula
der Oberschule in Vaduz statt.
Der VCL-Vorstand
Sie planen Strassen und sprechen mit gespaltener Zunge
Forum: Stellungnahme der Freien Liste zur Verkehrsplanung
Was waren das noch für Zeiten, als Re
gierungsrat Norbert Marxer am 18. Juni
1997 der Welt verkündete: «Die Idee,
mit neuen Strassen das Problem lösen
zu wollen, ist ein falscher Ansatz.» Doch
schon drei Jahre später ist nichts mehr
so, wie es einmal war. Vom Vorhaben ei
ner lebensverträglichen und umwelt
freundlichen Verkehrspolitik ist kein
Stein mehr auf dem anderen geblieben.
Heute sagt Marxer: «Umfahrungsstras-
sen sind grundsätzlich tauglich.»
Norbert Marxer und mit ihm die ganze
Regierung haben als Folge steigender
Ängste vor Wirtschaftslobbies und ein
flussreichen Wahlhelfern eine Trendwen
de und einen Rückzug auf die Strassen-
bauphilosophie der 60er-Jahr vollzogen.
So bekommt man kurzfristig Luft und
schiebt gleichzeitig die Probleme in die
Zukunft. Von tragbaren und wirksamen
Gegenmassnahmen gegen die steigen
den Belastungen durch den motorisier
ten Individual- und Güterverkehr auf der
Strasse ist weit und breit nichts zu erken
nen. Das nützt Liechtenstein nichts, das
nützt vor allem dem Unterland nichts.
Die Regierung weiss - und zahlreiche
Studien belegen es,dass jede neue Stras
se so viel neuen Verkehr erzeugt, bis das
ganze Netz wieder überlastet und voll
gestopft ist. Und auch Regierungschef
Mario Frick weiss, dass die Behebung
von Engpässen in den seltensten Fällen
das hält, was versprochen wird. Und
Mario Frick und Norbert Marxer wissen
auch, dass mit solchen Lösungen das
Problem einfach nur um ein paar Kilo
meter bis zur nächsten Schwachstelle
verschoben wird. So äussert sich Mario
Frick im Juni mit der damals noch vor
handenen Sensibilität für Verkehr zur
Scheinlösung Letzetunnel: «Nach unse
ren Erkenntnissen würden die Proble
me der Stadt Feldkirch zum einen nur
für kurze Zeit gelöst werden, zum zwei
ten würden diese Verkehrsprobleme auf
die Bevölkerung des Liechtensteiner
Unterlandes abgeladen.»
Längst das gleiche Doppelspiel
Wie wahr, Herr Regierungschef!
Doch heute plant unsere Regierung
selbst solchei Projekte und verkauft
Umfahrungsstrassen von Grenze zu
Grenze als harmlose «Ersatzsträss-
chen». Sie plant Strassen für die Entlas
tung der Bevölkerung und bastelt an
einer Transitspange. Sie ist gegen den
Letzetunnel, «falls die Röhre Mehrver
kehr bringe», und plant gleichzeitig
selbst in grossem Stil Mehrverkehr
durch den Bau neuer (Abnehmer-)
Strassen.
Die Regierung erklärt die Umfah-
rungsstrasse von Grenze zu Grenze als
«tauglich», noch bevor sie die interna
tionalen Verkehrsströme und die Aus
wirkungen des Wegfalls der 28-Tonnen-
Limite in der Schweiz analysiert hat. Sie
erklärt die Null-Plus-Variante als
schlechteste Lösung, obwohl sie diese
nachhaltige Lösung gar nicht ausrei
chend untersucht hat. Die Regierung
kritisiert die LGU über kritische Aussa
gen zu den geplanten Umfahrungsstras
sen und merkt nicht, dass diese allesamt
von den Experten in der Postulatsbe
antwortung gemacht wurden. Sie sieht
keinen Zusammenhang zwischen einem
riesigen Abstellplatz für LKW am Zoll
amt Schaanwald und der Favorisierung
von weiteren Strassen; die Regierung
streitet sogar jeden Zusammenhang
zwischen dem Ausbau der Abferti
gungsstrukturen und der damit verbun
denen Attraktivitätssteigerung und den
zusätzlichen Belastungen für die Men
schen im Schaanwald und Unterland ab.
Die Regierung will sich gegenüber Gor
bach abgrenzen, spricht aber längst die
gleiche Sprache und betreibt längst das
gleiche Doppelspiel.
Das Unterland wird die Last
nicht tragen
Die Debatte im Landtag zu den Um
fahrungsstrassen hat gezeigt, dass sich
der Widerstand quer durch alle Fraktio
nen regt. Und es ist auch klar geworden,
dass das Unterland die Zeche für über
holte und verantwortungslose Ver
kehrspolitik nicht zahlen wird. Für die
Regierung sind neue Strassen beschlos
sene Sache, und sie will notfalls mit dem
Kopf durch die Wand gehen. An der
kommenden Lihga will sie zusammen
mit Günther Wohlwend und Hanno
Konrad erneut die Werbetrommel für
ihren Transitkorridor rühren. Freilich
bedient man sich bei dieser Werbeak
tion ähnlich der gewohnten Kommuni
kation einer verharmlosenden Sprache:
busfreundliche Ersatzsträsschen, Dorf-
entlastungsstrassen, verkehrspolitische
Lösungen - wers glaubt, wird selig.
Doch so naiv ist die Bevölkerung schon
lange nicht mehr, das festzustellen
braucht es mehr als die selektive Wahr
nehmung der Macher, die nur eines im
Kopf haben: Strassenbau um jeden
Preis. Freie Liste, Ressort Verkehr
Forum
Unter der Rubrik «Forum» veröf
fentlichen wir ; Zuschriften und
Beiträge von Verbänden, Vereinen,
Aktionen und Institutionen, Das
«Forum» drückt aus, dass die in den
Beiträgen geäusserten Meinungen j
nicht mit der Haltung der Zeitung
übereinstimmen müssen.
Strassenraumgestaltung
für Menschen und Autos?
Informations- und Diskussionsveranstaltung
des VCL am 27. März 2000
Der Strassenrauin - auch in Wohnquar
tieren - ist leider sehr häufig nur für
Motorfahrzeuge optimiert. Zufussge-
hende und Radfahrende werden häufig
zu Verkehrsteilnehmerlnnen zweiter
Klasse degradiert und werden unnöti
gen Gefahren ausgesetzt. Dies gilt ganz
speziell für Kinder und ältere Men
schen.
Der VCL hat deshalb den Verkehrspla
ner dipl. Jng. ETH Markus Hartmann
beauftragt, in interessierten Gemein
den unter Mitwirkung des VCL-Vor-
stands Kurzgutachten zu erarbeiten.
Aus Kostengründen werden jeweils nur
einige neuralgische Punkte bearbeitet.
Interessierte Kreise in den Gemeinden
wurden eingebunden, ebenso die je
weiligen Baubüros. Ziel dieses Projek
tes «Fussgänger- und fahrradgerechte
Strassenraumgestaltung» ist die Ver
besserung der Verkehrssicherheit für
die schwachen Verkehrsteilnehmerin
nen, insbesondere unsere Kinder.
Denn unsere Kinder sollen ihren
Schulweg möglichst unbegleitet als
wertvolle Lebenserfahrung geniessen
können. @12 Text:In der Informati
ons- und Diskussionsveranstaltung
«Fussgänger- und fahrradgerechte
Strassenraumgestaltung» des Ver
kehrs-Clubs Liechtenstein am 27. März
um 20.10 Uhr in der Aula der Ober
schule Vaduz werden realisierte Bei
spiele und neue Chancen in Liechten
stein sicherlich für intensive Diskussio
nen sorgen. VCL-Vorstand