Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Donnerstag, 23. März 2000 33L 
N ACHRICHTEN 
Sechs Tote bei 
Anschlag in Bagdad 
BAGDAD: Bei einem Granatenanschlag in der 
irakischen Hauptstadt Bagdad sind am Diens 
tagabend sechs Menschen getötet und 38 weite 
re verletzt worden. Die staatliche irakische 
Nachrichtenagentur INA machte am Mittwoch 
«Agenten Irans» für den Anschlag verantwort 
lich. Diese hätten sechs Granaten auf ein Wohn 
viertel der Hauptstadt abgefeuert. Unter den 
Verletzten seien auch Kinder, Frauen und alte 
Menschen. Am Montag waren die USA in der 
einflussreichsten Zeitung des Irak, «Babel», be 
schuldigt worden, den Iran zu Übergriffen auf 
den Irak aufzuhetzen. Die Spannungen zwi 
schen beiden Ländern, die von 1980 bis 1988 
Krieg führten, sind in den vergangenen Wochen 
wieder gewachsen. 
Attentat auf Präsident 
in Berg-Karabach 
ERIWAN: Der Präsident der umstrittenen aser 
baidschanischen Region Berg-Karabach, Arka- 
di Gukasjan, ist bei einem Attentat in der Nacht 
zum Mittwoch schwer verletzt worden. Unbe- - 
kannte schössen im Zentrum der Hauptstadt 
Stepanakert auf die Limousine Gukasjans. Das 
Auto des 43-jährigen Gukasjan wurde kurz vor 
ein Uhr nachts in der Nähe des Präsidentenpa 
lastes beschossen. Mehrere Kugeln trafen den 
Politiker ins Bein. Zwei seiner Leibwächter 
wurden ebenfalls schwer verletzt, wie der Spre 
cher Gukasjans mitteilte. Bereits kurz nach dem 
Attentat wurden 25 Verdächtige festgenom 
men. Die Regierung von Berg-Karabach mach 
te «fanatische oppositionelle Elemente» für den 
Anschlag verantwortlich, welche die Reformen 
Gukasjans verhindern wollten. 
Schlappe für Bush - 
Erfolg für Gore 
CHICAGO: US-Vizepräsident AI Gore (Bild) 
und der texanische Gouverneur George W. 
Bush haben im US-Staat Illinois erwartungs- 
gemäss die Vorwahlen für die Präsidentschafts 
kandidatur ihrer jeweiligen Partei gewonnen. 
Allerdings schnitt Bushs innerparteilicher Kon 
kurrent John McCain überraschend stark ab, 
obwohl er bereits aus dem Rennen geschieden 
ist. Nach Auszählung von 64 Prozent der Stimm 
bezirke konnte der Senator aus Arizona am 
Dienstag 23 Prozent der Stimmen auf sich ver 
einigen. Das republikanische Wahlkampflager 
räumte ein, Bush habe noch einige Überzeu 
gungsarbeit zu leisten, um die Anhänger Mc- 
Cains für sich zu gewinnen. Bei den Demokra 
ten siegte Gore mit 83 Prozent vor dem eben 
falls ausgeschiedenen ehemaligen Senator Bill 
Bradley mit 15 Prozent. Gore und Bush holten 
sich bereits am Dienstag vergangener Woche 
bei Vorwahlen in sechs Staaten die nötigen 
Stimmen für ihre Nominierung bei den Partei 
tagen im August. 
Ukraine schafft die 
Todesstrafe ab 
KIEW: Die Ukraine hat am Mittwoch die To 
desstrafe abgeschafft. Wie die Pressestelle des 
Präsidialamtes in Kiew mitteilte, unterzeichne 
te der ukrainische Staatschef Leonid Kutschma 
ein entsprechendes Gesetz. Vom Parlament in 
Kiew war der Text am 22. Februar ratifiziert 
worden, nachdem der Verfassungsgerichtshof 
des Landes die Todesstrafe als nicht verfas 
sungskonform bezeichnet hatte. 
Entschädigung für 
NS-Zwangsarbeiter 
BERLIN: Die deutsche Regierung hat am Mitt 
woch den Gesetz-Entwurf über die Stiftung für 
die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter 
der Nazis gebilligt. Gleichentags gingen die Ent 
schädigungs-Verhandlungen in Berlin in eine 
neue Runde. Der Gesetzesentwurf wird nun 
dem Parlament vorgelegt, das ihn noch vor der 
Sommerpause verabschieden soll. 
Indien will Atommacht bleiben 
Clinton auf Staatsbesuch in Indien - Vajpayee besteht auf «nuklearer Abschreckung» 
1 
AGRA: US-Präsident Bill 
Clinton hat am Mittwoch in 
der indischen Stadt Agra Ini 
tiativen gegen die Umweltver 
schmutzung bekannt gegeben. 
Sein Drängen auf atomare Ab 
rüstung auf dem Subkontinent 
wurde von indischer Seite 
zurückgewiesen. 
Mit einer Rede im Parlament und 
dem Treffen mit Oppositionsführe 
rin Sonia Gandhi beendete Clinton 
am Mittwoch seinen Besuch in Neu 
Delhi und reiste nach Agra weiter. 
Vor dem Parlament hatte der US- 
Präsident erneut an Indien appel 
liert, auf Atomwaffen zu verzichten. 
Sie bedeuteten nicht mehr Sicher 
heit, betonte Clinton. Der indische 
Regierungschef Atal Behari Vaj 
payee bestand in seiner Antwort 
aber weiterhin auf einer «nuklearen 
Abschreckung». 
Zum Kaschmir-Konflikt äusserte 
sich der US-Präsident zurückhal 
tend. Indien und Pakistan müssten 
selbst versuchen, ihren Streit beizu 
legen, sagte Clinton. Er sei nicht 
nach Südasien gekommen, um zu 
vermitteln. Indien hatte sich auch 
entschieden gegen eine Vermittlung 
ausgesprochen. 
Der indische Regierungschef Atal Behari Vajpayee (links) begriisste den amerikanischen Präsidenten Bill Clinton im 
indischen Parlament. (Bild: Keystone) 
Ein Generalstreik legte am Mitt 
woch den indischen Teil Kaschmirs 
praktisch lahm. Zu der Arbeitsnie 
derlegung hatten moslemische Par 
teien aufgerufen, die für die Unab 
hängigkeit der Region eintreten. 
Zustimmung vor dem Parlament 
fand dagegen Clintons Forderung 
nach engerer wirtschaftlicher Zu 
sammenarbeit und der Aufhebung 
von Handelsschranken. Die USA 
begrüssten die Bemühungen Indi- 
Fischer: Kritik 
an Russland 
GENF: Der deutsche Aussenmi- 
nister Joschka Fischer hat Mos 
kau aufgefordert, die Kämpfe in 
Tschetschenien sofort zu been 
den. Fischer forderte vor der 
UNO-Menschenrechtskommis- 
sion in Genf am Mittwoch auch 
ein sofortiges Ende der Repres 
sion in China. «Die vielfach be 
zeugte Brutalität gegen die Zi 
vilbevölkerung ist unvereinbar 
mit internationalen und eu 
ropäischen Normen der Huma 
nität», sagte Fischer. Deutsch 
land erkenne Russlands Recht 
auf Verteidigung seiner territo 
rialen Integrität an. «Doch den 
massiven, andauernden und un 
terschiedslosen Einsatz militäri 
scher Gewalt können wir nicht 
akzeptieren.» Fischer forderte 
weiter ein Ende der Verfolgung 
politischer Dissidenten in Chi 
na. Auch die wegen ihrer politi 
schen oder religiösen Überzeu 
gungen Inhaftierten müssten in 
China freikommen. 
Menschenrechtsbüro 
für Tschetschenien 
Europarat sendet drei Experten 
STRASSBURG: Ein Menschen- 
rechtsbüro mit Vertretern der 
Tschetschenen _und Experten des 
Europarates soll in den nächsten 
Wochen in der tschetschenischen 
Ortschaft Snanienskoje am Terek- 
Fluss eröffnet werden. 
Auf eine entsprechende Grundsatz 
vereinbarung einigten sich am Mitt 
woch im Europarat in Strassburg 
der Generalsekretär des Europara 
tes, Walter Schwimmer, und der rus 
sische Menschenrechtsbeauftragte 
für Tschetschenien, Wladimir Kala- 
manow. 
Der Europarat entsendet drei Ex 
perten in das Büro, die Kalamanow 
unterstellt sein sollen. Die Fachleu 
te sollen in Tschetschenien volle 
Freizügigkeit geniessen und auch 
ungehindert Kontakt mit der Bevöl 
kerung aufnehmen können. Länger 
fristig sollen in dem Büro auch rund 
30 Vertreter der Tschetschenen ar 
beiten. 
Das Ministerkomitee des Euro 
parates und der russische Aussen- 
minister Igor Iwanow müssen der 
Vereinbarung noch zustimmen. Das 
«Menschenrechtsbüro» wird Vor 
würfen über Grundrechtsverletzun 
gen während der russischen Mi 
litärintervention in Tschetschenien 
nachgehen. Es soll eine Anlaufstelle 
sowohl für Tschetschenen als auch 
für Russen sein. 
«Wir werden uns dabei um ein 
Höchstmass an Transparenz und 
Offenheit bemühen und unsere Zu 
sammenarbeit mit der Presse ver 
bessern», sagte Kalamanow. Sein 
Büro in Moskau unterhalte ständige 
Kontakte zu Menschenrechtsorga 
nisationen wie Amnesty Internatio 
nal und Human Rights Watch. 
ens, seine Wirtschaft zu öffnen, 
sagte Clinton in seiner Rede. 
Dabei sprach er die Hoffnung auf 
eine baldige neue Gesprächsrunde 
der Welthandelsorganisation WTO 
aus. 
Verwaltungs 
grenze gesperrt 
MITROVICA: Britische Einhei 
ten der Kosovo-Friedenstruppe 
KFOR haben den freien Verkehr 
über die Verwaltungsgrenze 
nach Südserbien gesperrt. Alle 
als inoffiziell geltenden Über 
gänge wurden gesperrt. Damit 
solle ein Übergreifen von Ge 
walt aus dem Kosovo in das ser 
bische Kernland verhindert wer 
den, teilte- die KFOR im briti 
schen KFOR-Sektor am Mitt 
woch in Pristina- mit Der Ver 
kehr solle kQnftigüber eine Kon 
trollstelle nördlich von Podujevo 1 
laufen. Ungeachtet vorheriger 
serbischer Proteste begann die 
KFOR am Mittwoch mit der 
Einrichtung einer erweiterten 
Sicherheitszone in der geteilten 
Stadt Kosovska Mitrovica. Dort< 
soll eine «Vertrauenszone» rund 
um die Brücken über den Fluss 
Ibar entstehen, die den serbi 
schen Norden mit dem albani 
schen Süden der Stadt verbin- ; 
den. 
Papst unterstützt Forderung nach eigenem Staat 
Arafat wertet Besuch des Papstes in Bethlehem als «historischen Moment» 


BETHLEHEM: Bei seinem histori 
schen Besuch im Westjordanland 
hat Papst Johannes Paul II. am Mitt 
woch die Forderung der Palästinen 
ser nach einem eigenen Staat unter 
stützt. 
Mit Rufen wie «Johannes Paul II., 
wir lieben Dich!» empfingen Tau 
sende von Menschen den Papst auf 
dem Krippenplatz vor der Geburts 
kirche in Bethlehem. «Der Friede 
sei mit Euch, habt keine Angst», be- 
grüsste der Papst die Gläubigen. Es 
ist das erste Mal, dass ein Papst die 
Palästinensergebiete besucht. 
Die Palästinenser hätten ein 
«natürliches Recht auf ein Vater 
land», betonte der Papst in seiner 
Rede. Er verwies darauf, dass der 
Vatikan seit Jahrzehnten für deren 
Heimatrecht eintritt: «Friede den 
Palästinensern, Friede allen Völ 
kern der Region! Niemand kann 
leugnen, wie sehr das palästinensi 
sche Volk gelitten hat», rief das Kir- 
chenoberhaupt. 
Am Morgen las Johannes Paul II. 
auf dem Krippenplatz vor 10 000 
Gläubigen eine Messe. Am Arm von 
Palästinenserpräsident Jassir Arafat 
besuchte er das Flüchtlingslager 
Dheischeh, wo er die Politiker im 
Nahen Osten und die internationale 
Gemeinschaft aufforderte,den Frie- 
densprozess zu einem schnellen Ab- 
schluss zu bringen. 
Am Nachmittag hielt er eine stil 
le Andacht in der Grotte der Ge 
burtskirche, wo der biblischen 
Überlieferung nach Jesus geboren 
Papst Johannes Paul II. traf gestern mit Paliistinenserpriisident Jassir Arafat 
zusammen. (Bild: Keystone) 
wurde. Arafat dankte dem Papst für 
die Unterstützung des Vatikans für 
die Sache der Palästinenser. Sein 
Besuch sei ein «heiliger und histori 
scher Moment» und nicht nur von 
hoher religiöser, sondern auch von 
politischer Bedeutung. 
Er war sichtlich bemüht, dem 
eintägigen Besuch in den autono 
men Palästinensergebieten das Ge 
präge eines Staatsbesuchs zu geben. 
So wurde der Papst mit Hymnen 
und Ehrengarde empfangen. 
Bei seiner Ankunft in der Ge- 
burststadt Christi küsste der Papst 
palästinensische Erde, die ihm we 
gen seiner Gebrechlichkeit von ei 
nem Palästinensermädchen in einer 
Schale gereicht wurde. 
Gerade dieser Geste wurde von 
den Palästinensern hoher Stellen 
wert beigemessen. Im Vorfeld der 
Reise hatten die sie den Papst 
wiederholt um diese symbolische 
Handlung gebeten. 
Es war das erste Mal, dass der 
Papst den Boden eines Gebietes 
küsste, das international nicht als 
Staat anerkannt ist.
	        

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