Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Dienstag, 21. März 200() 35
Nachrichten
Russen hissen Flagge
in Komsomolskoje
MOSKAU: Russische Soldaten haben am Mon
tagabend über der seit geraumer Zeit schwer
umkämpften Ortschaft Komsomolskoje in
Tschetschcnien die russische Flagge gehisst. Zu
vor hatten sich dort nach einem Bericht des
Fernsehsenders RTR die letzten rund 70 Rebel
len ergeben. In der Ortschaft sollen zu Beginn
der Kämpfe mehrere hundert tschetschenische
Rebellen gewesen sein. In den vom Fernsehen
gezeigten Aufnahmen waren auch Frauen zu se
hen, die möglicherweise als Scharfschützinnen
im Einsatz waren.
Serbischer Ex-Milizchef
in Belgrad erschossen
BELGRAD: In Jugoslawien ist am Montag ein
früherer serbischer Milizchef erschossen wor
den. Branislav Lainovic sei am Nachmittag vor
dem Hotel Srbija in Belgrad von zwei Kugeln
getroffen worden, sagte ein Arzt am Tatort. Lai
novic hatte erst am Samstag in einem Interview
mit der Zeitung «Blic» den ermordeten Miliz
chef «Arkan». alias Zeljko Raznatovic, wegen
seiner mutmasslichen Taten kritisiert. Anfang
März war er im Zusammenhang mit dem Mord
von der Polizei verhört worden. «Arkan» war
ani 15. Januar in Belgrad erschossen worden.
Putin überraschend
nach Grosny geflogen
MOSKAU: Wenige
Tage vor der Präsi
dentenwahl in
Russland ist der
amtierende Staats
chef Wladimir Pu
tin mit einem
Kampfjet am Mon-
tag überraschend in
die tschetscheni
sche Hauptstadt
Grosny geflogen. Dort will er mit russischen Mi
litärs zusammen kommen. Zudem steht in
Grosny ein Treffen mit den von Moskau einge
setzten Verwaltungschefs auf dem Programm,
wie die Nachrichtenagentur Itar-Tass meldete.
Mit dem Oberkommando wolle Putin die
nächsten Etappen der russischen Militäropera
tion in der abtrünnigen Kaukasus-Republik
festlegen. Putin hatte das Wochenende in dem
Kurort Sotschi am Schwarzen Meer verbracht.
In Russland wird am kommenden Sonntag (26.
März) ein neuer Präsident gewählt.
Douglas warnt vor
atomarem «Todesurteil»
LONDON: Der US-Schauspieler Michael
Douglas hat am Montag im britischen Parla
ment zur Abrüstung von Atomwaffen aufgeru
fen und vor einem nuklearen «Todesurteil» ge
warnt. Douglas, der auch Botschafter der UNO
für atomare Abrüstung ist, sprach vor einer par
teiübergreifenden Parlamentariergruppe für
Abrüstung und globale Sicherheit. «Es besteht
die Gefahr, dass drei wichtige Abkommen zur
Kontrolle von Atomwaffen zu einer Zeit aus
einander brechen, in der weltweit mehr Materi
al für die Herstellung von Massenvernichtungs
waffen als je zuvor verfügbar ist», sagte Douglas
unter Hinweis auf Drohungen aus Russland
und China, bei einer Verwirklichung der US-
Raketenabwehr bereits abgeschlossene Abrüs
tungsverträge in Frage zu stellen. «Vor uns tut
sich die schreckliche Aussicht auf eine Welt der
atomaren Anarchie auf, in der jeder Streit zwi
schen Staaten zu einem Todesurteil für den ge
samten Planeten werden könnte.» Er forderte
den britischen Premierminister Tony Blair auf,
bei den Bemühungen um atomare Rüstungs
kontrolle die Führung zu übernehmen. Douglas
sagte, er interessiere sich seit seiner Mitwirkung
im Film «The China Syndrome» über einen Re
aktorunfall für Fragen der nuklearen Abrüs
tung.
Neue Regierung in
Ruanda
KIGALI: Drei Wochen nach der Auflösung der
Regierung im zentralafrikanischen Staat Ruan
da hat Präsident Pasteur Bizimungu eine neue
Regierungsmannschaft ernannt. Premierminis
ter wurde der ehemalige ruandische Botschaf
ter in Deutschland, Bernard Makuza. Dies be
richtete das staatliche Radio am Montag. Die
Regierungsauflösung erfolgte nach dem Rück
tritt von Makuzas Vorgänger, Pierre Celestin
Rwigema. Er hatte sein Amt wegen Korrup
tionsvorwürfen niedergelegt.
Papst ruft zum Frieden auf
Kirchenoberhaupt Johannes Paul II. auf Pilgerfahrt durchs Heilige Land
AMMAN: Papst Johannes
Paul ii. hat zum Auftakt seiner
Pilgerreise im «Heiligen Land»
zum Frieden aufgerufen. Der
Friedensprozess müsse weiter
gehen, «egal wie schwierig er
sei», sagte das Oberhaupt der
katholischen Kirche.
Ohne Frieden gebe es keine Ent
wicklung in dieser Region, kein bes
seres Leben für ihre Völker, und
keine bessere Zukunft für ihre Kin
der, sagte der Papst in Amman.
Schon vor seiner Ankunft machte
der Papst deutlich, wie sehr ihm ei
ne Lösung der politischen Krisen
von Christen, Juden und Moslems
am Herzen liegt. Vom Flugzeug aus
sandte er eine Botschaft des Frie
dens an den syrischen Präsidenten
Hafis el Assad in Damaskus.
Nach seiner Landung äusserte
der Papst in einer kurzen Anspra
che seine Hoffnung, dass sein Be
such die «interreligiösen Beziehun
gen zwischen Christen und Mos
lems weiter verbessern» werde.
Der jordanische König Abdullah
II. hatte den Papst zuvor als «grosse
Hoffnung für die Zukunft all derer»
bezeichnet, «die nichts anderes als
Elend kannten».
Abdullah, seine Familie und sein
gesamtes Kabinett hatten den Pon-
tifex Maximus mit militärischen Eh
ren empfangen, nachdem er eine
Schale mit jordanischer Erde ge-
küsst hatte. Als Symbol für den Frie
den liessen jordanische Kinder
weisse Tauben fliegen.
Vom Flughafen aus fuhr der Papst
in seinem schusssicheren Papamo-
Havel verliess
das Spital
PRAG: Nach rund einwöchigem
Aufenthalt hat der 63-jährige tsche
chische Präsident Vaclav Havel am
Montag das Prager Militärspital
verlassen.
Das Staatsoberhaupt hatte sich
am vergangenen Dienstag mit einer
fiebrigen Bronchitis und Atembe
schwerden in ärztliche Behandlung
begeben. Der chronisch Lungen
kranke müsse nun noch einige Tage
zu Hause gepflegt werden, meldete
die Nachrichtenagentur CTK.
Havel hatte erst Ende Januar eine
Erkältung im Spital auskurieren
müssen. Seit einer Lungenkrebs
operation im Dezember 1996 kann
eine Entzündung der Atemwege für
ihn lebensgefährlich sein.
Der Papst wurde in Amman von zahlreichen Menschen begeistert empfangen.
bil zum Berg Nebo. Von dort aus
hatte Moses der biblischen Überlie
ferung zufolge erstmals das «Gelob
te Land» erblickt, als er das jüdische
Volk vor mehr als 3000 Jahren aus
Ägypten in seine Heimat führte.
«Hier beginne ich meine grosse
Pilgertour in das Heilige Land»,
sagte der Papst in einer kurzen Ze
remonie. Anschliessend fuhr er zum
Königspalast in Amman, wo er die
Nacht als Gast der königlichen Fa
milie verbrinuen wollte.
Im Rahmen seiner Reise durch
Jordanien, Israel und die Palästi
nensergebiete will das katholische
Kirchenoberhaupt die heiligsten
Stätten der Christenheit besuchen.
Unmittelbar vor dem Besuch von
Johannes Paul II. hat die Polizei in
den Palästinensergebieten drei Ul
traorthodoxe festgenommen, die
der Unruhestiftung im Vorfeld des
Papstbesuches verdächtigt werden.
Am Sonntag hatten Unbekannte ei
nen Hubschrauberlandeplatz bei
Taiwan will Frieden
mit China
Neuer Präsident schlägt Friedensgipfel vor
TAIPEH/PEKING: Taiwans
künftiger Präsident Chen Shui-bi-
an hat der Volksrepublik China ei
nen Friedensgipfel angeboten.
Dabei könne auch über die «Ein-
China»-Politik gesprochen wer
den, sagte Chen am Montag.
Bedingung sei, dass China bei den
Beratungen Taiwan als gleichbe
rechtigt anerkenne. Der chinesi
sche Präsident Jiang Zemin erwi
derte, die Anerkennung des «Ein-
China»-Prinzips sei die Vorbedin
gung für die Aufnahme von Ge
sprächen. Die kommunistisch re
gierte Volksrepublik China be
trachtet Taiwan als abtrünnige
Provinz und fordert eine Wieder
vereinigung nach dem Vorbild
«Ein Land, zwei Systeme» wie im
Fall von Hongkong und Macao.
Taiwan hob inzwischen den «er
höhten Alarmzustand» wieder auf.
Pekings Reaktion auf Chens
Wahlsieg war unerwartet zurück
haltend ausgefallen, nachdem Chi
na noch vor der Wahl mit Krieg ge
droht hatte. Grund für die Span
nungen waren Chens frühere For
derung nach Unabhängigkeit.
(Bild: Keystone)
Jerusalem verwüstet, wo Papst Jo
hannes Paul II. landen soll. In Jeru
salem entbrannte unterdessen ein
Streit um einen Ballon, an dem die
Palästinenser die Flagge des Vati
kans und ihre eigene Fahne über die
Stadt schweben liessen. Der für den
Papstbesuch zuständige israelische
Minister, Chaim Ramon, beschul
digte die Palästinenser der Provo
kation. Der Ballon wurde eingeholt,
nachdem die israelische Polizei ge
droht hatte, das Viertel abzuriegeln.
Konservativen-
Treffen geplatzt
LISSABON: Im Streit um die Teil
nahme des österreichischen Bun
deskanzlers Wolfgang Schüssel ist
ein für Mittwoch geplantes Spitzen
treffen konservativer Parteichefs in
Lissabon geplatzt. Eine Sprecherin
der liberal-konservativen Sozialde
mokratischen Partei Portugals teilte
am Montag mit, die Chefs der in der
Europäischen Volkspartei (EVP)
zusammengeschlossenen Parteien
seien uneins über eine Teilnahme
Schüsseis gewesen. Die EVP-Kon-
ferenz hätte einen Tag vor dem EU-
Gipfel in Lissabon stattfinden sol
len. Die Differenzen um ÖVP-Chef
Schüssel sind auf das von ihm mit
der rechten FPÖ eingegangene Re
gierungsbündnis zurückzuführen.
Merkel auf gutem Weg zum CDU-Vorsitz
Nomination durch Spitzengremien der deutschen Christdemokraten
BERLIN: Die Generalsekretärin
der deutschen Christdemokraten
(CDU), Angela Merkel, bewirbt
sich um den Vorsitz ihrer Partei. Sie
wurde am Montag durch die Spit
zengremien der CDU nominiert.
Gegenkandidaten sind keine in
Sicht.
Sie wolle mit einer Mannschaft und
in konstruktiver Zusammenarbeit
mit der bayerischen Schwesterpar
tei Christlich Soziale Union (CSU)
die anstehenden Aufgaben bewälti
gen. Es gebe eine gute Chance, die
Partei aus ihrer Krise herauszu
führen.
Merkel soll beim CDU-Parteitag
vom 9. bis 11. April in Essen gewählt
werden. Nach dem Parteitag könne
sich Rot-Grün wieder auf eine «ge
pfefferte Opposition» einstellen,
sagte die designierte Parteichefin.
Merkel dankte dem scheidenden
Parteichef Wolfgang Schäuble für
eine «spannende und ausserordent
lich gute Zusammenarbeit». Dafür
habe der Slogan gepasst: «Wir sind
nicht immer einer Meinung, aber
immer auf einem gemeinsamen
Weg.» Sie wünsche, dass Schäuble
der Partei weiter zur Verfügung ste
he.
Schäuble selbst hatte die einstim
mige Nominierung Merkels be
kannt gegeben. Sie wird bei der
Wahl nach jetzigem Stand keinen
Gegenkandidaten haben und die
erste Frau an der Spitze der CDU
sein.
Schäuble hatte im Zusammen
hang mit dem CDU-Finanzskandal
Angela Merkel wird von Wolfgang Schäuble unterstützt. (Bild: Keystone)
seinen Rücktritt von der Parteispit
ze angekündigt. Er war am 7. No
vember 1998 als Nachfolger von
Helmut Kohl zum CDU-Chef ge
wählt worden. Kohl hatte 25 Jahre
die CDU geführt, sie aber Ende ver
gangenen Jahres mit der Spenden
affäre in eine schwere Krise ge
stürzt.
Die aus Ostdeutschland stam
mende Merkel bezeichnete ihre
Kandidatur als ein «Stück gelebter
deutscher Einheit, wie ich es mir vor
geraumer Zeit nicht hätte vorstellen
können». Die Frage des künftigen
Generalsekretärs liess Merkel of
fen. Sie werde rechtzeitig zum Esse
ner Parteitag ihren Vorschlag ma
chen.
Die 45-jährige Merkel trat im
Sommer 1990 der CDU bei. Nach
der Wiedervereinigung Deutsch
lands wurde Merkel zunächst stell
vertretende CDU-Vorsitzende.
Schäuble hatte sie nach seiner
Wahl zum Parteichef im November
1998 als seine Generalsekretärin
vorgeschlagen.