Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Mittwoch, 15. März 2000 23 
Nachrichten 
Widerstand in Tschet 
schenien ungebrochen 
MOSKAU/PSKOW: Trotz zahlreicher russi 
scher Erfolgsmeldungen aus Tschetschenien ist 
der Widerstand der dortigen Separatisten offen 
bar ungebrochen. Russlands Verteidigungsmi 
nister Igor Sergejew berichtete am Dienstag 
von heftigen Kämpfen. In dem Dorf Komso 
molskoje, 25 Kilometer südlich von Grosny, 
dauerten die Gefechte an, sagte Sergejew. Die 
Hauptverbände der Rebellen seien jedoch zer 
schlagen. «Grosse Rebellen-Verbände gibt es 
nach unserer Einschätzung in Tschetschenien 
nicht mehr», zitierte die russische Nachrichten 
agentur Interfax Sergejew am Dienstag in der 
nordwestrussischen Stadt Pskow. Sergejew 
machte keine Angaben, wie viele Rebellen sich 
derzeit noch in dem Dorf verschanzt hätten. Zu 
Beginn der Gefechte seien es 700 bis 1000 
Kämpfer gewesen, sagte er. Das Dorf am Ein 
gang zur Argun-Schlucht wurde mit Artillerie 
beschossen, berichtete der russische Fernseh 
sender NTW. Nach diesen Angaben sollen bis zu 
400 Rebellen in Komsomolskoje sein. Russische 
Militärs kündigten an, die Ortschaft «in den 
nächsten Tagen» vollständig zu erobern. 
EU will Anti-Minen- 
Programme verstärken 
BRÜSSEL: Die EU will ihre Programme zur Be 
seitigung von Landminen verstärken. Wie die 
EU-Kommission am Dienstag in Brüssel mitteil 
te, sollen in den kommenden sechs Jahren 180 
Millionen Euro für diese Zwecke zur Verfügung 
stehen. Ziel sei es, alle Minen in der Welt inner 
halb der kommenden 15 Jahre unschädlich zu 
machen. Dabei will die Kommission die ver 
schiedenen Aktionen der Mitgliedsstaaten bes 
ser koordinieren. Die Aktionen sollen von der 
Identifierung der Minenfelder über die Räu 
mung bis zur Rehabilitation von Minenopfern 
reichen. 
Belgrad droht 
unabhängigen Sendern 
BELGRAD: Die jugoslawische Regierung hat 
am Dienstag den regimekritischen elektroni 
schen Medien neue repressive Massnahmen an 
gedroht. Dazu könnten auch Polizeieinsätze 
gehören, sagte Fernmeldeminister Ivan Marko- 
vic am Dienstag. Viele Sender arbeiteten ohne 
Sendeerlaubnis und schuldeten dem Staat für 
die Benutzung der Frequenzen umgerechnet 16 
Mio. Franken. Die Regierung werde mit Hilfe 
der Polizei bis zum 31. März diese Schulden ein 
treiben. In Serbien und Montenegro senden 
nach Angaben von Markovic 168 Radio- und 67 
Fernsehsender ohne Genehmigung. Um die an 
gedrohte gewaltsame Schliessung des Belgrader 
Stadtsenders Studio B zu verhindern, hat die 
oppositionelle Stadtverwaltung am Dienstag 
die Schulden in Höhe von umgerechnet 1,5 Mio. 
Franken bezahlt. Studio-B Chefredaktor Dra- 
gan Kojadinovic sagte der Nachrichtenagentur 
Beta, so sollten eventuelle Zusammenstösse der 
Polizei mit Demonstranten vermieden werden, 
die den Sender von der Schliessung schützen 
wollten. Die serbische Opposition kündigte ei 
nen «entschlossenen» Kampf zum Schutze der 
unabhängigen Medien an. Freie Medien seien 
die Voraussetzung für demokratische und faire 
Wahlbedingungen, sagte Ivan Kovacevic, Spre 
cher der Serbischen Erneuerungsbewegung 
(SPO). Der Vorsitzende der Sozialdemokrati 
schen Union, Zarko Korac, sagte: «Wir werden 
aggressiv und direkt auf die Angriffe auf Medi 
en antworten». 
Neue Vorwahlserie im 
Süden der USA 
WASHINGTON: Im Süden der USA hat eine 
neue Serie von Vorwahlen für die Präsident 
schaftskandidaten der Demokraten und Repub 
likaner begonnen. Bei den Abstimmungen in 
Texas, Florida, Tennessee, Mississippi, Oklaho 
ma und Louisiana geht es auf Seiten der Demo 
kraten um 566 Delegierte, bei den Republika 
nern um 341 Delegierte. Mit diesen Delegierten 
könnten sich der texanische Gouverneur Geor 
ge Bush und Vizepräsident AI Gore bereits end 
gültig die Nominierung ihrer Parteien sichern. 
Bereits vor diesem zweiten «Superdienstag» be 
standen aber keine Zweifel mehr daran, dass 
der Republikaner Bush und der Demokrat Go 
re bei den Präsidentschaftswahlen am 7. No 
vember gegeneinander antreten werden. Bei 
den bisherigen Vorwahlen hatten beide Bewer 
ber bereits so erfolgreich abgeschnitten, dass ih 
re innerparteilichen Rivalen den Wahlkampf 
einstellten. Die Nominierung erfolgt offiziell 
auf Wahlparteitagen im Sommer. 
Barak macht Rückzieher 
Israels Regierungschef verweigert Palästinensern Übergabe von Anata 
JERUSALEM: Unter dem 
Druck rechter Parteien hat Is 
raels Regierungschef Ehud 
Barak am Dienstag die Über 
gabe der umstrittenen Ort 
schaft Anata an die Palästinen 
ser verweigert. 
Sein Sprecher sagte, der Ort Anata 
in der Nähe von Jerusalem werde 
entgegen der Forderungen der 
Palästinenser nicht in die nächste 
Abzugsetappe aus dem Westjordan 
land aufgenommen. Der Chef der 
konservativen Likud-Partei, Ariel 
Scharon, äusserte sich zufrieden, 
dass Barak «unseren Empfehlun 
gen nachgekommen ist». 
Opposition lief Sturm 
Noch vor der offiziellen Verab 
schiedung des israelisch-palästinen- 
sischen Plans zur Umsetzung des 
vor Monaten vereinbarten Rück 
zugs israelischer Truppen aus 6,1 
Prozent des besetzten Westjor 
danlandes lief die rechtsgerichtete 
israelische Opposition Sturm gegen 
die Vereinbarung. 
Die Rückzugsvereinbarung, die 
nach wochenlangem Tauziehen am 
Montagabend zu Stande kam, sah 
die Überstellung von drei kleineren 
arabischen Dörfern östlich von Je 
rusalem unter volle palästinensi 
sche Kontrolle vor. Ausserdem soll 
ten Gebiete im Bereich Hebron an 
die Palästinenser übergeben wer 
den. Die Übergabe der Siedlungen 
Ubeidia, Anata und Beitunia galt 
schon wegen deren geringer Grösse 
nach Meinung von Regierungsex 
perten als «unkritisch», obwohl sie 
relativ nahe an den Stadtgrenzen Je 
rusalems liegen. 
Ehud Olmert fuhrt eine Gruppe an, die den westlichen Teil der Ortschaft Anata besichtigt. 
Offen blieb zunächst, was mit den 
beiden andern von den Palästinen 
sern geforderten Ortschaften Ubei 
dia und Beitunia geschehen sollte. 
Israel hätte sich nach dem Abkom 
men von Scharm el Scheich längst 
aus weiteren 6,1 Prozent des West 
jordanlandes zurückziehen müssen. 
Barak habe sich gegen die Über 
gabe von Anata entschieden, weil 
die «Einheit» Jerusalems Priorität 
für die Regierung habe, sagte sein 
Sprecher. Vize-Verteidigungsminis 
ter Sneh sagte im Radio, Barak ha 
be ursprünglich vorgehabt, die For 
derungen der Palästinenser zu er 
füllen. 
Die Palästinenser hatten kurz zu 
vor angekündigt, Israel sei zur 
Übergabe aller drei Orte bereit und 
die entsprechenden Karten sollten 
in den nächsten Tagen unterzeich 
net werden. Im Radio hiess es je 
doch, der Druck der rechten Partei 
en auf Barak sei zu gross gewesen. 
Auch der jüdische Siedlerrat hatte 
SYP-SP-Streit spitzt sich zu 
SP droht mit Gesprächs-Boykott - Blocher verschärft Vorwürfe gegen SP 
BERN: Die SP-Ftaktion hat be 
schlossen, die Gespräche der Bun- 
desratsparteien platzen zu lassen, 
wenn sich die SVP nicht von Blo 
chers Vergleich der SP mit den Na 
tionalsozialisten distanziert. Die 
SVP versprach eine baldige Ant 
wort; dies werde aber keine Ent 
schuldigung sein. 
«Für uns ist absolut klar: Wenn sich 
die SVP nicht von Blochers Blöd 
sinn und Beleidigungen distanziert, 
lassen wir die Gespräche platzen», 
erklärte SP-Präsidentin Ursula 
Koch am Dienstag nach der Sitzung 
der Fraktion. 
Diese fasste ihren Beschluss ein 
stimmig. Die nächsten Gespräche 
der Bundesratsparteien sind für 18. 
Mai geplant. 
Gemäss Koch hat SVP-Präsident 
Ueli Maurer sie nun um Zeit bis 
Freitag für eine mögliche Antwort 
gebeten. Ursprung des Streits ist ei 
ne Passage in der schriftlichen Ver 
sion der letzten Albisgüetli-Rede 
Christoph Blochers. Darin schreibt 
der Zürcher Nationalrat, die SP ste 
he den Nationalsozialisten näher als 
die SVP. 
Maurer: Keine 
Entschuldigung 
Die Frage sei in der SVP-Fraktion 
kurz diskutiert worden, sagte Mau 
rer vor den Medien. Aber «niemand 
stellte den Antrag, dass wir uns dis 
tanzieren oder entschuldigen müs 
sen». Das Präsidium werde den 
Brief der SP «in den nächsten Ta 
gen» beantworten. 
Zum Inhalt des Schreibens sagte 
Maurer lediglich, dass es «keine 
Entschuldigung» sei. Das Risiko ei 
nes möglichen Platzens der Bundes 
ratsparteiengespräche nehme die 
SVP in Kauf. Damit käme vielleicht 
ein «frischer Wind» in die Politik, 
sagte Maurer. Er gehe aber davon 
SP-Präsidentin Ursula Koch und Fraktionschef Franco Cavalli verkünden in 
Bern den Boykott der Bundesratsparteiengespriiche. 
aus, dass die SP nochmals über die 
Büchergehe. 
Attacken verstärkt 
Blocher hat derweil seine 
Attacken gegen die SP verstärkt: 
Der Vorwurf der Nähe der SP zu 
den Nationalsozialisten beziehe 
sich nicht nur auf die Vergangen 
heit, sondern auch auf die Gegen 
wart, sagte er in der Sendung «Ren- 
dez-vous» von Schweizer Radio 
DRS. 
«Die Vergötterung des Staates, 
die Betonung des Kollektiven - das 
gehört wesensmässig zum Sozialis 
mus.» Dieser sei-anders als der Na 
tionalsozialismus - nicht mit dem 
Krieg beerdigt worden. 
Das Vorgehen der EU gegen 
Österreich, welches von der SP un 
terstützt wird, bezeichnete Blocher 
als «totalitäre Züge» gegen die er 
antreten wolle. Kein Gehör fand bei 
Blocher zudem der Aufruf von Bun 
despräsident Adolf Ogi, sich bei der 
SP zu entschuldigen. 
Koch: Blocher hat sich 
verrannt 
Koch reagierte gelassen: Blochers 
unsinnige Anwürfe seien ein grosses 
Ablenkungsmanöver, weil die SVP 
zugleich bei der AHV eine Politik 
auf Kosten der kleinen Leute be 
treibe. Nun wolle Blocher künstlich 
eine Debatte in einem Gebiet her 
beireden, in dem er sich offensicht 
lich nicht auskenne. 
«Herr Blocher hat sich in seinem 
Unsinn verrannt und kommt nicht 
mehr heraus. Deshalb erzählt er im 
mer mehr Unsinn». Der Vorwurf 
der Nähe zum Nationalsozialismus 
sei in geschichtlicher Hinsicht nicht 
haltbar. Die ganze Welt wisse, dass 
die SP die einzige wirkliche antifa 
schistische Kraft gewesen sei. 
gegen die Pläne protestiert. Israeli 
und Palästinenser wollen bis Ende 
Mai ein Rahmenabkommen über 
den Endstatus des Westjordanlan 
des und des Gazastreifens schlies- 
sen. Am Ende der Verhandlungen 
soll im September ein Friedensab 
kommen stehen. Wegen Schwierig 
keiten beim Aushandeln von De 
tails waren beide Seiten bei der Um 
setzung des Abkommens von 
Scharm el Scheich mit dem Zeitplan 
in Verzug gekommen. 
KFOR soll nun 
aufgestockt 
werden 
, BRÜSSEL: .Die ' internationale 1 
: Kosovo-Truppe KFOR soll auf 
grund der anhaltenden Gewalt in. 
der Provinz nun doch aufge-; 
stockt werden. Italien und Frank-, 
reich wollen zusammen gut tau- 
send zusätzliche Soldaten • 
schicken. Das sagten Diplomaten 
und,^Tp-JVertreter am Diens-} 
tag in:;Brüssel. Offiziell sollen. 
; darüber am- Mittwoch die; Bot- 
! schafter der 19 NATO-Staaten 
entscheiden. Die beiden Staaten ; 
, entsprechen mit ihrem" Angebot ■ 
einer Bitte des Oberkommandie- j 
renden der NATO-Streitkräfte in - 
Europa, General Wesley Clark, 
Dieser hatte bereits, vor einigen 
Wochen nach Ausschreitungen ! 
vor allem in der Stadt Mitrovica 
• um rund 2^00 zusätzliche Solda-. 
^ ten für die KFOR gebeten. Dies 
war von den NATO-Staaten aber 
zunächst nicht beschlossen wor-' 
den. Den Angaben zufolge unter 
breitete Italien dem NATO-Mi- 
litärausschuss am Freitag das An 
gebot, ein 400 Mann starkes Ba 
taillon zur Verfügung zu stellen. 
Der französische Vetfeidigungs-, ;!j 
minister Alain Richard hatte Wr -s 
reits am 23. Februar angekündigt , I 
dass Frankreich zur Entsendung j 
von rund 700 zusätzlichen Solda- ; 
ten bereit sei. Der NATO-Mi- •. 
Iitärausschuss habe sich bereits ' 
für die Verstärkung &usgespiXH.,. 
chen, hiess es bei^rl^Afö'wei- : 
! ter. Demnach solhft die zusfitzli-, 
chen SoldatenjYoralleminMit- 
rovica eingesetzt werden. Dort 
liefern sich die beiden verfeinde 
ten Volksgruppen im Kosovo - 
Albaner und Serben * - immer, 
wieder Strassenschlachten, bei 
. denen mehrfach KFQR-Söltjöjg 
ten verletzt wurden. Dte KFQllf! 
wurde seit Beginn derMMogi^ s 
vergangenen Juni aUmöhücÄts- ' 
gedünnt, " tfW -
	        

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