Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

4 Mittwoch, 15. März 2000 
Inland 
Liechtensteiner Volksblatt 
«Das Gesetz braucht weitere Zähne» 
Regierung gab Abänderung des Sorgfaltspflichtgesetzes in die Vernehmlassung - Einführung einer «materiellen Kontrolle» 
Das heutige Sorgfaltspflichtge 
setz, das in erster Linie präventi 
ven Charakter zur Verhinderung 
von Geldwäscherei hat, soll mit 
weiteren «Zähnen» ausgestattet 
werden. Ein entsprechender 
Abänderungsentwurf, der bis 28. 
April die Vernehmlassung durch 
läuft, sieht vor allem eine Verstär 
kung der Kontrolle durch die ex 
plizite Einführung einer «materi 
ellen Kontrolle» vor. 
«Der Finanzplatz Liechtenstein zeich 
net sich durch ein qualitativ hochste 
hendes und gleichzeitig liberales Sys 
tem aus», schreibt die Regierung. Ein 
guter Finanzplatz wie Liechtenstein sei 
nicht auf «schmutziges Geld» angewie 
sen und werde es auch nie sein. Die Re 
gierung bekenne sich zum Finanzplatz 
Liechtenstein und zii dem diesem zu 
Grunde liegenden liberalen System. 
Dies bedinge eine effiziente Kontrolle 
und die gesetzlichen Möglichkeiten,ge 
gen Missbräuche entschieden und er 
folgreich vorgehen zu können. Am gest 
rigen Pressegespräch gab Regierungs 
chef Mario Frick einige Details des Ent 
wurfs zur Abänderung des Sorgfalts 
pflichtgesetzes bekannt. 
Verbesserung der Situation 
Liechtenstein hat bereits vor drei 
Jahren die grundlegenden gesetzgeberi 
schen Massnahmen zur Bekämpfung 
der Geldwäscherei und des organisier 
ten Verbrechens nach EU-Standard 
umgesetzt (insbesondere Geldwäsche 
reibestimmung im Strafgesetzbuch 
(StGB) und Sorgfaltspflichtgesetz). Die 
Erfahrung zeigt laut Regierung, dass 
die Regelungen eine wirksame 
Bekämpfung unerwünschter Machen 
schaften bis zu einem bestimmten Gra 
de gewährleisten könnten. Zur Verbes 
serung der Situation seien nun - unab 
hängig von den Ereignissen, die Liech 
tenstein derzeit belasten würden - die 
notwendigen gesetzgeberischen Ver 
besserungen vorzunehmen. Ein Teilbe 
reich dieser Massnahmen betrifft das 
Sorgfaltspflichtgesetz. 
Das Sorgfaltspflichtgesetz hat im We- 
Auf dem Finanzplatz Liechtenstein soll die Sorgfaltspflicht noch intensiver wahrge 
nommen werden. (Archivbild) 
sentlichen präventiven Charakter in gaben zufolge als solide Grundlage zur 
Bezug auf die Verhinderung von Geld- Sicherung eines qualitativ hochwerti- 
wäscherei. Das am 1. Januar 1997 in gen Finanzplatzes erwiesen. Bei der 
Kraft getretene Gesetz hat sich den An- Entgegennahme von Vermögenswerten 
durch die im Sorgfaltspflichtgesetz ge 
nannten natürlichen und juristischen 
Personen soll durch die Einhaltung ver 
schiedener Sorgfaltspflichten und die 
nachfolgende stete Überwachung des 
Geschäftsverkehrs mit den Vertrags 
partnern bewirkt werden, dass mög 
lichst kein kriminelles Geld nach Liech 
tenstein gelangt. 
Weitere «Zähne» nötig 
Die Praxis und die Erfahrung von 
rund drei Jahren haben laut Regierung 
gezeigt, dass das Sorgfaltspflichtgesetz 
weitere Zähne braucht. Dies hat die 
Regierung im September 1999 dazu be 
wogen, zusammen mit der Thematik 
der internationalen Rechtshilfe und der 
Geldwäschereibestimmung im Strafge 
setzbuch eine Überarbeitung der 
Bekämpfungsmassnahmen an die 
Hand zu nehmen. Die Wirren um den 
BND-Bericht haben diese Arbeiten al 
lenfalls beschleunigt. Die gegenständli 
che Vorlage ist Teil eines Pakets, wel 
ches neben der Anpassung des Sorg 
faltspflichtgesetzes auch die Überarbei 
tung des Rechtshilfegesetzes (noch in 
Vorbereitung) und die Verschärfung 
der Geldwäscherei-Bestimmungen des 
StGB (siehe Beitrag unten) umfasst. 
Bisherige Kontrolltätigkeit 
Bislang bestand im Sorgfaltspflicht 
gesetz die Möglichkeit, durch das Amt 
für Finanzdienstleistungen Kontrollen 
anzuordnen, mit welchen bei einer zu 
fälligen Auswahl von Personen und Ge 
sellschaften, die dem Sorgfaltspflichtge 
setz unterstehen, überprüft wurde, ob 
die einzelnen Sorgfaltspflichten einge 
halten wurden. Bei diesen Kontrollen 
handelt es sich gemäss Angaben der 
Regierung schwerpunktmässig um for 
melle Kontrollen. Diese Art der Kon 
trolle schafft eine erste, solide Basis. 
Soll das Sorgfaltspflichtgesetz seiner 
Zielsetzung besser gerecht werden, so 
müssen inskünftig materielle Plausibi- 
litätskontrollen stattfinden können. Die 
formelle Kontrolle hat in der Praxis in 
sofern zu «Vollzugsproblemen» ge 
führt, als die Kontrolle zur Vollständig 
keit der Akten und der Dokumentation 
der Durchführung von Sorgfaltspflich 
ten fast zwangsläufig eine Einsicht in 
die Akten mit sich brachte. Seitens der 
beauftragen Prüfer wurde festgestellt, 
dass die Grenze zwischen formeller und 
materieller Prüfung nur schwer gezo 
gen werden könne. 
Verstärkung der Kontrollen 
Die beabsichtigte Abänderung des 
Sorgfaltspflichtgesetzes beinhaltet die 
explizite Einführung einer «materiellen 
Kontrolle» im Sinne einer Beleg- bezie 
hungsweise Plausibilitätskontrolle, so 
mit insbesondere die Verstärkung der 
Pflicht zur Überprüfung der Herkunft 
der Vermögenswerte, die Verstärkung 
der Meldepflicht bei Verdacht auf 
Geldwäscherei,ein Melderecht bei Ver 
dacht auf Geldwäscherei bei der Auf 
nahme von Geschäftskontakten sowie 
die daraus fliessenden Anpassungen im 
Bereich der entsprechenden Strafbe 
stimmungen. Ferner wird vorgeschla 
gen, gewisse Ausnahmen von den 
Pflichten zur Identifizierung des Ver 
tragspartners und der Feststellung der 
wirtschaftlich berechtigten Person zu 
streichen. Diese Ausnahmen haben Ab 
grenzungsprobleme nach sich gezogen 
und sich nicht bewährt. 
Der «Paratreuhänderbereich» 
Ein weiterer Punkt, welcher in die 
Revision einfliessen soll, ist die Unter 
stellung von Personen unter das Sorg 
faltspflichtgesetz, die Tätigkeiten im so 
genannten «Paratreuhänderbereich» 
ausüben. Dies sind Personen, die - oh 
ne konzessionierte Treuhänder zu sein - 
gewisse Tätigkeiten ausüben, die mit 
der Entgegennahme von Vermögens 
werten verbunden sein können. Diese 
Personen müssen die gleichen Sorg 
faltspflichten erfüllen, ohne von den 
Vorteilen der qualifizierten Berufsge 
heimnisträger zu profitieren. 
Schliesslich soll die Amtshilfe gere 
gelt werden. Dies betrifft sowohl die in 
terne Amtshilfe als auch die Zusam 
menarbeit der zuständigen inländi 
schen Behörde mit ausländischen Fi 
nanzmarktaufsichtsbehörden. Die 
Amtshilfe ist dabei klaren Vorbehalten 
unterworfen, um sie einerseits zur 
Rechtshilfe in Strafsachen abzugrenzen 
und andererseits betreffend Geheim- - 
nisschutz zu positionieren. 
Verschärfung der Geldwäscherei-Bestimmungen 
Regierung bereitet eine Abänderung des Strafgesetzbuches vor - Verschärfung der Strafbestimmungen 
In Liechtenstein sollen die gesetzlichen 
Geldwäscherei-Bestiminungen ver 
schärft werden. Ein diesbezüglicher 
Entwurf für die Abänderung des Straf 
gesetzbuches, der Strafprozessordnung 
und weiterer damit zusammenhängen 
der Gesetze (Abschöpfung der Berei 
cherung, Verfall, Einziehung, Geldwä 
scherei und Bestechung) ist von der Re 
gierung jetzt genehmigt und interes 
sierten Kreisen zur Stellungnahme bis 
28. April unterbreitet worden. 
Gemäss den Angaben der Regierung 
versteht sich diese Vernehmlassungs- 
vorlage als Teil eines Gesamtpaketes, 
mit welchem mit Blick auf einen seriö 
sen Finanzplatz Liechtenstein alle mög 
lichen Massnahmen in die Wege gelei 
let werden müssten, die der Bekämp 
fung von Missbräuchen dienlich seien. 
Diese Bestrebungen hätten daher auch 
in den weiteren Vernehmlassungsvorla- 
gen im Bereich der internationalen 
Rechtshilfe in Strafsachen sowie der 
Sorgfaltspflichtgesetzgebung ihren Nie 
derschlag gefunden. Der Bekämpfung 
der Geldwäscherei und des organisier 
ten Verbrechens mUsse im besonderen 
Masse allerhöchste Priorität beigemes 
sen werden. 
Effizienz verbessern 
Mit Gesetz vom 21. März 1996 haben 
insbesondere der Tatbestand der Geld 
wäscherei und die Nebenstrafe der Ab 
schöpfung der Bereicherung in die 
liechtensteinische Gesetzgebung Ein- 
f t 
gang gefunden. Ausserdem wurde in 
der Strafprozessordnung die Möglich 
keit der Anordnung von Sicherungs- 
massnahmen geschaffen, um die Durch 
setzung einer Abschöpfung der Berei 
cherung oder eines Verfalls zu ermögli 
chen. 
Laut Regierung sind diese Bestim 
mungen im Lichte der internationalen 
Bestrebungen im Bereich der Geldwä 
scherei, namentlich die Bekämpfung 
des organisierten Verbrechens zu ver 
stärken, unabdingbar. Um die Effizienz 
der bisher getroffenen Massnahmen zu 
verbessern und die Erfüllung interna 
tionaler Verpflichtungen, insbesondere 
der Europarats-Konvention betreffend 
Geldwäscherei, zu gewährleisten, 
schlägt die Regierung nach Auskunft 
von Justizminister Heinz Frommelt nun 
vor, die in Österreich mit dem Straf 
rechtsänderungsgesetz 1996 völlig neu 
gestalteten vermögensrechtlichen 
Sanktionen der Abschöpfung der Be 
reicherung, des Verfalls und der Einzie 
hung sowie damit zusammenhängende 
Abänderungen der inländischen Straf 
gerichtsbarkeit in das Strafgesetzbuch 
und in die Strafprozessordnung zu inte 
grieren. Da zudem Bestimmungen der 
Nebenstrafgcsetzgebung von dieser 
Neukonzeption betroffen sind, müssen 
auch die entsprechenden Rechtsvor 
schriften angepasst werden. 
Verschärfung der Strafen 
Des weiteren ist beabsichtigt, die 
Strafbestimmungen betreffend Geld 
wäscherei und kriminelle Organisatio 
nen zu verschärfen und den Vortaten 
katalog der Geldwäscherei insbesonde 
re um die Bestechungsdelikte zu erwei 
tern. Die Verschärfung bezieht sich ei 
nerseits auf die Strafdrohungen, ande 
rerseits auf die Eliminierung des sub 
jektiven Tatbestandsmerkmals der Wis 
sentlichkeit. 
Im Gleichschritt dazu nimmt die Re 
gierung gemäss ihren Angaben am ge 
strigen Pressegespräch diese Revision 
zum Anlass, die Bestechungsdelikte (§ 
304ff. StGB) insbesondere auf der 
Grundlage des österreichischen Straf 
rechtsänderungsgesetzes 1998 und im 
Hinblick auf die Entwicklung der Ge 
setzgebungen in den Nachbarstaaten 
im Bereich der Bekämpfung der Kor 
ruption zu überarbeiten. Neben ver 
schiedenen Anpassungen hinsichtlich 
der geltenden Straftatbestände wird 
insbesondere vorgeschlagen, die aktive 
Bestechung auf ausländische Beamte 
oder Amtsträger auszudehnen. 
Sharing agreements 
Die Abänderungen betreffen somit 
im Wesentlichen einerseits den Allge 
meinen Teil des Strafgesetzbuches (§§ 
20 ff. StGB) und deren korrespondie 
renden Verfahrensvorschriften in der 
Strafprozessordnung (§§ 353 ff. StPO), 
andererseits den Besonderen Teil des 
Strafgesetzbuches soweit die Geldwä 
scherei und die kriminelle Organisation 
(§§ 165, 278a StGB) sowie die Beste 
chungsdelikte (§§ 304 ff. StGB) betrof 
fen sind. 
In diesem Zusammenhang ist aber 
auch die Schaffung einer gesetzlichen 
Grundlage in der Strafprozessordnung 
für den Abschluss von Teilungsverein 
barungen (sharing agreements) hervor 
zuheben, welche bei Auslandstaten zur 
Anwendung gelangen kann und dem 
Prinzip der Solidarität der internationa 
len Staatengemeinschaft Rechnung tra 
gen will. 
Verfahren vereinheitlichen 
Schliesslich nimmt die Regierung 
diese Revision auch zum Anlass, auf der 
Grundlage der österreichischen Rezep 
tionsvorlage die Bestimmungen über 
das Verfahren bei nachträglicher Ände 
rung von Sanktionen aufgrund 
nachträglich eingetretener oder be 
kannt gewordener Umstände zu verein 
heitlichen (§§ 251 ff. StPO). 
Justizminister Heinz Frommelt erläuterte am gestrigen Pressegespräch die vorgese 
hene Abänderung des Strafgesetzbuches, die verschärfte Geldwüscherei-Bestim- 
tnungen mit sich bringt. (Archivbild)
	        

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