Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatl 
Ausland 
Dienstag, 14. März 2000 23 
Nachrichten 
Südlibanon: Israelische 
Vergeltungsangriffe 
RASCHAJA: Die israelische Luftwaffe hat am 
Montag eine Serie von Vcrgeltungsangriffen ge 
gen mutmassliche Hisbollah-Stellungen in Süd 
libanon geflogen, wie die libanesische Polizei 
mitteilte. Über mögliche Opfer wurde nichts be 
kannt. Noch am Wochenende hatte die Arabi 
sche Liga auf einer Sitzung in Beirut Israel da 
vor gewarnt, seine Angriffe in Libanon fortzu 
setzen. Die Organisation empfahl ihren Mitglie 
dern, die Beziehungen zu Israel zu überdenken, 
sollte es weiterhin den Libanon angreifen. Isra 
elische Kampfjets flogen vier Angriffe auf ver 
mutete Positionen der Hisbollah. Dabei feuer 
ten sie mindestens sieben Raketen auf ein Dorf 
nahe Zawter ab. Die israelische Armee be 
stätigte die Angriffe. Zuvor hatte die Hisbollah 
nach eigenen Angaben einen israelischen Pos 
ten in der Kreuzritterburg Beaufort am Rande 
der so genannten Sicherheitszone angegriffen. 
Über etwaige Opfer des Angriffs in Beaufort sei 
nichts bekannt, sagte die Polizei. Die israelische 
Luftwaffe feuerte später zudem mindestens 16 
Raketen auf Stellungen einer prosyrischen 
palästinensischen Guerillagruppe (Fatah Intifa 
da) in Südostlibanon an der Grenze zu Syrien. 
Israel lässt weitere 
Gefangene frei 
JERUSALEM: Israel hat am Montag angekün 
digt, in den nächsten Tagen weitere palästinen 
sische Häftlinge freizulassen. Darüber werde 
derzeit mit den Palästinensern verhandelt. Das 
sagte der israelische Chefunterhändler Oded 
Eran in Jerusalem nach einem dreistündigen 
Treffen mit seinem palästinensischen Kollegen 
Saeb Erekat. Die Freilassung werde wahr 
scheinlich in den nächsten Tagen, aber voraus 
sichtlich nicht vor Donnerstag stattfinden. Wie 
viele Häftlinge freikommen sollen, sagte Eran 
nicht. Seit dem Abschluss des Zwischenabkom 
mens zwischen Israel und den Palästinensern im 
September hat Israel 450 palästinensische Häft 
linge freigelassen. 
Prozess gegen 
Serbengeneral Krstic 
DEN HAAG: Vor dem internationalen Kriegs- 
verbrecher- Tribunal in Den Haag hat am Mon 
tag der Vöikermord-Prozess gegen den früheren 
bosnischen Serbengeneral Radislav Krstic be 
gonnen. Die Anklage wirft Krstic vor, für das 
Massaker von Srebrenica im Juli 1995 verant 
wortlich gewesen zu sein. Der 52-Jährige soll zu 
sammen mit General Ratko Mladic die Truppen 
bosnischer Serben angeführt haben, die 
dort nach der Eroberung der Stadt tausende 
bosnischer Moslems ermordet hatten. 
Nach Angaben der Anklage wurden damals in 
der UNO-Schutzzone bis zu 30 000 der mehr 
heitlich moslemischen Einwohner getötet oder 
aus der Stadt vertrieben. Mladic wurde noch 
jnicht gefasst. Während der Verlesung der 
Anklageschrift zeigte Krstic keine Gefühlsre 
gung. Ankläger Mark Hamon erklärte, Krstic 
und der frühere Oberbefehlshaber der bosni 
schen Serben, Mladic, hätten mit ihren Einhei 
ten die Stadt erobert. 
ai richtet Vorwürfe an 
KFOR und NATO 
PRISTINA: Die Menschenrechtsorganisation 
Amnesty International (ai) hat der NATO-ge- 
führten Friedenstruppe im Kosovo (KFOR) 
und der Polizei der Vereinten Nationen vorge 
worfen, in der Provinz die Menschenrechte zu 
missachten. In einem am Montag veröffentlich 
ten Bericht verweist ai insbesondere auf die 
Festnahme von 49 Kosovo-Albanern in Kosovs- 
ka Mitrovica im Februar. Sie seien «unter men 
schenunwürdigen Bedingungen» festgehalten 
worden. So seien die Albaner weder über die 
Gründe ihrer Festnahme noch über ihre Rechte 
informiert worden. Auch einen Anwalt hätten 
sie nicht gesehen. Sie seien in einer ungeheizten 
Turnhalle untergebracht worden, deren Boden 
mit Schlamm bedeckt gewesen sei. 
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Ende der Sanktionen verlangt 
EU-Staaten wollen an Massnahmen gegen Österreich festhalten 
BRÜSSEL: Österreichs Bun 
deskanzler Wolfgang Schüssel 
wirbt für eine Normalisierung 
der Beziehungen mit den übri 
gen 14 EU-Staaten. Seinen 
erstmaligen Besuch als Regie 
rungschef in Brüssel sah er als 
ersten Schritt zum Dialog. 
Seine Reise nach Brüssel zum Tref 
fen mit dem portugiesischen Regie 
rungschef und EU-Ratsvorsitzen 
den Antonio Guterres nannte 
Schüssel am Montag «ungewöhn 
lich». Es sei indes eine «Geste, um 
einen Dialog zu beginnen», sagte 
der konservative Politiker vor den 
Medien. 
Rede am Lissabon-Gipfel 
geplant 
Schüssel war nach Brüssel ge 
kommen, weil sich Guterres im 
Rahmen seiner derzeitigen Tour 
durch die EU-Hauptstädte nicht 
nach Wien begeben wollte. Guterres 
bereitet während seiner Treffen mit 
den EU- Regierungschefs den Be 
schäftigungsgipfel vom 23. und 24. 
März in Lissabon vor. 
Schüssel wie Guterres bezeich 
neten nach dem Treffen vom Mon 
tag an gesonderten Pressekonfe 
renzen ihre Gespräche als «kon 
struktiv». Schüssel sagte indes, der 
Ball liege nun bei den übrigen 14 
EU-Staaten. Er selbst will in einer 
Rede am Lissabon-Gipfel für das 
Ende der Strafmassnahmen wer 
ben. Schüssel hielt aber auch fest, 
Österreichs Kanzler Wolfgang Schüssel erklärte in Brüssel vor den Medien die Politik seines Landes. (Bild: Key.) 
dass die Massnahmen, die die 14 
EU-Länder wegen der Beteiligung 
der rechtspopulistischen FPÖ von 
Jörg Haider an der österreichi 
schen Regierung ergriffen haben, 
«nicht dem Geist der EU-Verträ 
ge» entsprächen. Sie seien «unver- 
hältnismässig. unfair und untermi 
nieren die europäische Sache». 
Österreich plane indes keinen Boy 
kott der bevorstehenden EU-Re 
formen. 
Guterres: Sanktionen bleiben 
Guterres seinerseits erklärte, die 
Sanktionen der «Vierzehn» würden 
aufrecht erhalten, wenn es keine 
neue Entwicklung gebe. Die «Natur 
der FPÖ müsste sich ändern», hielt 
er dabei fest. Sichergestellt werde in 
des, dass Österreich weiter in der 
EU mitarbeiten könne. Die 14 EU- 
Staaten hatten nach der Regierungs 
beteiligung der FPÖ ihre bilateralen 
Beziehungen zu Österreich einge 
froren. Schüssel wird Ende März zu 
einem offiziellen Besuch in der 
Schweiz erwartet. Die österreichi 
sche Aussenministerin Benita Ferre- 
ro-Waldner weilte bereits in Bern. 
EU-Delegation spricht von Kriegsverbrechen 
Kaukasus: Tschetschenischer Rebellenführer festgenommen 
MOSKAU: Vertreter des Europa 
rats haben Russland nach Abschluss 
einer Kaukasus-Reise Kriegsver 
brechen in Tschetschenien vorge 
worfen. Russland liess verlauten, 
der Rebellenführer Radujew sei 
festgenommen worden. 
Der Leiter der Europarats-Delega- 
tion, Lord Judd, rief die russische 
Führung vor der Presse in Moskau 
dringend zur Aufnahme politischer 
Gespräche mit dem tschetscheni 
schen Präsidenten Aslan Mascha 
dow auf. Mit ungewöhnlich scharfen 
Worten verurteilte Judd das russi 
sche Vorgehen in Tschetschenien. 
Flüchtlinge, Gefangene und Be 
wohner Tschetscheniens hätten ihm 
gegenüber von Willkürmorden und 
Schikanen durch russische Soldaten 
berichtet, sagte Judd. Gleichzeitig 
seien aber auch «unannehmbare 
Gewalttaten» tschetschenischer 
Kämpfer zur Sprache gekommen. 
Die Delegation erstattet der Par 
lamentarischen Versammlung des 
Europarats Bericht, der dann im 
April über einen Ausschluss Russ 
land debattieren will. 
In einer ersten Reaktion räumte 
der Menschenrechtsbeauftragte des 
russischen Parlaments, Oleg Miro- 
now, Menschenrechtsverletzungen 
russischer Soldaten ein. Dabei 
handle es sich jedoch um Einzelfäl 
le und nicht um eine vom Staat ver 
folgte Politik zur «Vernichtung des 
tschetschenischen Volks». 
Russlands amtierender Präsident 
Wladimir Putin informierte persön 
lich über die Gefangennahme des 
Aznar: Politik der Mitte 
Wahlen in Spanien: Offener Dialog mit allen Parteien versprochen 
MADRID: Nach seinem überwälti 
genden Sieg bei den spanischen Par- 
lamentswahlen hat Ministerpräsi 
dent Jose Maria Aznar eine Fortset 
zung der Politik der Mitte angekün 
digt. Der konservative Regierungs 
chef versprach einen offenen Dia 
log mit allen Parteien. 
Seine Volkspartei (PP) werde den 
Gewinn der absoluten Mehrheit 
nicht dazu missbrauchen, ihre Ziele 
kompromisslos durchzusetzen, be 
tonte der 47-jährige Aznar. Die PP 
hatte bei der Wahl das beste Ergeb 
nis erzielt, das jemals eine Mitte- 
Rechts-Partei seit Spaniens Rück 
kehr zur Demokratie vor fast 25 
Jahren erreicht hatte. 
Sozialistenchef tritt zurück 
Aznars sozialistischer Herausfor 
derer Joaquin Almunia erlitt eine 
vernichtende Niederlage. Der 51- 
jährige Oppositionsführer kündigte 
auf Grund des Rechtsrucks noch in 
der Wahlnacht seinen Rücktritt als 
Parteichef der Sozialisten an. 
Es sei der Linken nicht gelungen, 
ihre Anhänger zu mobilisieren, sag 
te Almunia, der sein Amt erst vor 
drei Jahren als Nachfolger von Ex- 
Der grosse Sieger in Spanien, Jose Maria Aznar mit seiner Ehefrau Ana Bo 
tella in Madrid. (Bild: Keystone) 
Ministerpräsident Felipe Gonzalez 
angetreten war. 
44,5 Prozent für Volkspartei 
Die PP erhielt nach dem vorläufi 
gen Endergebnis am Sonntag 44,5 
Prozent der Stimmen und damit im 
Parlament die absolute Mehrheit. 
Die Sozialisten landeten zehn Pro 
zentpunkte dahinter und erhielten 
125 Sitze. Erstmals seit dem Spani 
schen Bürgerkrieg (1936 bis 1939) 
waren die Sozialisten ein Bündnis 
mit den Kommunisten eingegan 
gen. Die Vereinigte Linke (IU) ver 
lor 13 von 21 Mandaten. 
seit langem gesuchten tschetscheni 
schen Feldkommandanten Salman 
Radujew. Der Rebellenführer sei 
bei einer Kommando-Aktion russi 
scher Einheiten festgenommen 
worden, sagte Putin. FSB-Direktor 
Nikolai Patruschew erklärte, Radu 
jew sei am Sonntag in dem Dorf No- 
wogrosnenski, rund 50 Kilometer 
östlich von Grosny, gefasst worden. 
«Er ist einer der berüchtigtsten An 
führer der Banditen», sagte Putin. 
«Aber jetzt sitzt er im Gefängnis, wo 
er auch hingehört.» 
Schweiz plant 
Steuerreform 
BERN: Der Bundesrat plant ei 
ne Steuerreform und nimmt eine 
Milliarde Ausfälle in Kauf, Die Fa 
milien sollen entlastet, der Bör 
senstempel reduziert, die Be- 
Steuerung des Eigenmietwerts ab 
geschafft werden. Die Begeiste 
rung hält sich in Grenzen. Auf der 
finanzpolitischen Grossbaustelle 
wolle der Bundesrat jene Vorha 
ben realisieren, «die wir uns leis 
ten können», sagte Finanzminis 
ter Kaspar Villiger am,Montag 
vor den Medien im Bundeshaus. 
Unter dem Motto «mit gutem Ge 
wissen ins neue Jahrhundert» sol 
len bei der neuen allgemeine 
Steueramnestie anders als beim 
letzten Straferlass von 1969 sollen 
Nachsteuern, erhoben werden. 
Von der Verbreiterung der Steu 
erbasis erwartet Villiger Mehrer 
träge von etwa 100 Millionen. Die 
Eltern von Minderjährigen und 
von Kindern in Ausbildung sollen 
besser gestellt werden, Ehepaare 
gegenüber Konkubinatspaaren 
nicht länger benachteiligt sein. 
Damit nicht die Alleinstehenden 
die Zeche dafür bezahlen müssen, 
ist der Bundesrat bereit, Steyer- 
ausfälle von 900 Millionen Fran 
ken in Kauf zu nehmen.'. 
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