Liechtensteiner Volksblatt
Kultur
Samstag, 11. März 2000 35
Nachrichten
«Ghost Dog» der neue
Jarmusch als Premiere
im TaKino!
SCHAAN: Jim Jarmuschs neustes Werk ist ein
Gangsterfilm. Ein perfekter Killer gerät durch
das Verschulden seines Auftraggebers selbst auf
die Abschusslistc der Mafia. Dass der gedunge
ne Mörder sich mit den Samurai und deren Eh
renkodex identifiziert, macht die Sache nicht
unbedingt einfacher.
Ghost Dog lebt über den Dächern der Gross
stadt, ein bisschen weiter weg von der Welt als
andere Menschen. Er lebt nach dem uralten Co
de der Samurai: Er ist ein moderner Krieger, ein
Söldner: Er ist Profikiller von Beruf. Man wür
de es ihm gar nicht zutrauen, beschäftigt er sich
doch am liebsten mit den Bewohnern seines
Taubenschlags. Vor Jahren hat ihm Louic, ein
kleiner Fisch in der lokalen Mafia, aus der Pat
sche geholfen. Getreu dem Samurai-Codex ist
ihm Ghost Dog seither absolut loyal. Bis Louie
bei seinem neusten Auftrag einen Fehler macht.
Handsome Frank hat nämlich die Tochter des
Paten vernascht, was ihm den Kopf kostet. Lei
der ist die wohlbehütete junge Dame anwesend,
als Ghost Dog seinen Auftrag ausführt. Als sich
Ghost Dog nun von der ganzen Bande verfolgt
fühlt, ist seine Rache schrecklich.
Seine nächtlichen Einsätze, seine Meditatio
nen bei Tageslicht kommentiert die Hauptfigur
selber aus dem Off mit Zitaten aus seinem Sa
muraibuch. Er geht den Weg der Samurai so
konsequent,dass man ihn einfach ernst nehmen
muss. Trotzdem schmunzelt man auch über ihn.
Genauso wie die jahrhundertealte japanische
Tradition passen auch die alternden Mafiosi mit
ihren abgedroschenen Tricks nicht mehr so
recht in die Welt der Jahrtausendwende. Die
Gangster sind von einer gewissen melancholi
schen Grundstimmung umgeben, die ihnen
gleichzeitig auch etwas Komisches verleiht.
Nachdem Jim Jarmusch mit «Dead Man» das
Westerngenre umgekrempelt hatte, ist sein neu
es Werk ein Abgesang auf den Mafiafilm. Die
Kameraarbeit von Robbie Müller, der aufre
gende Soundtrack des Wu-Tang-Clan-Mitglieds
RZA,das traumwandlcrische Spiel von Forrest
Whitaker, der die Rolle des sanften, schweigsa
men Riesen mit dem schmutzigen Job genial
'spielt, und Jarmuschs schwarzer Humor machen
den Film unbedingt sehenswert.
«Ghost Dog» ist ab Freitag bis und mit Mon
tag jeweils um 20 Uhr im TaKjno zu sehn.
Weiterhin im Programm ist am Sonntag um
18 Uhr Barbara A|berts <Nordrand> und in am
Samstag um 22 Uhr in der Jarmusch-Retro <De-
ad Man> mir J. Depp.
«steirischer herbst»
unter neuer Leitung
WIEN: Das Grazer Avantgarde-Festival «steiri
scher herbst» will sich unter der neuen Leitung
von Peter Oswald einer «Neuen Moderne» ver
schreiben. Als Reaktion auf die Politik, die der
«Logik der Vereinfachung» folge, müsse die
Kunst den «Aufbruch ins Unbekannte» wagen,
kündigte Oswald am Freitag in Wien an. Ko
operationen zwischen Künstlern und Künstle
rinnen verschiedener Sparten sollen in Zukunft
verstärkt und der Bereich Schauspiel, Mu
siktheater und Tanz ausgebaut werden.
Die Kunstvermittlung soll einen grösseren
Stellenwert erhalten, und Ausstellungen sollen
spannende und schwierige Themen behandeln.
Für 2001 ist eine Schau zur Quantenphysik und
ihrer gesellschaftliche Bedeutung geplant. Auf
dem Programm des diesjährigen «steirischen
herbsts» vom 6. Oktober bis zum 5. November
stehen unter anderem die Uraufführung eines
«Kammerspiels» der österreichischen Schrift
stellerin Marlene Streeruwitz und ein gemein
sames Projekt des Komponisten Wolfgang Mitt
ringer mit der spanischen Truppe «La Fura dels
Baus».
Osterbrauchtum in der
Schaukäserei
AFFOLTERN: In der Emmentaler Schaukäse
rei in Affoltern findet vom 11. März bis 30. April
eine Ausstellung über rumänisches Oster
brauchtum statt. Sie ist Teil der Aktivitäten zum
10-Jahr- Jubiläum der Schaukäserei. Neben Iko
nen, Ostereiern (1000 Stück in Batik-Technik)
und österlichen Kultgegenständen wird auch ei
ne Fotoausstellung des rumänischen Fotografen
Villentin Moscaliu gezeigt. Sogar die rumäni
schen Wasserbüffel in Schangnau kommen zu
Ehren.
Die Ausstellung steht unter dem Patronat der
rumänischen Botschaft in Bern und der Schwei
zer Botschaft in Bukarest.
Brennende Frage nach Schuld
Pressekonferenz zur Uraufführung von Breitbachs «Zweierlei Helden»imTaK
Stellten das Stück«Zweierlei Hehlen »vor: Christoph Kimzier, Elisabeth Kopp, Franz-Josef Steffens, Ingo Kleinheisterkamp, Georg Rootering (u I.) und Peter
Carp (vorne). (Bild: buk)
m
u
Es scheint alles zusammenzu
passen: Ein ideenreicher Regis
seur, versierte Schauspieler, eine
Uraufführung und Eigenpro
duktion und natürlich ein inter
essanter Autor. So zeigte es sich
bei der gestrigen Medieninfor-
mation im Theater am Kirch-
platz, als Joseph Breitbachs
Stück «Zweierlei Helden», das
am 17. März Premiere haben
wird, vorgestellt wurde.
Gerolf Häuser
Es sei ein Meilenstein, hiess es, zu
dem mit Peter Carp ein ausgezeich
neter Regisseur und mit Elisabeth
Kopp, Franz-Josef Steffens, Chri
stoph Künzler und Henry Meyer
hervorragende Schauspieler ge
wonnen werden konnten. Alle vier
spielten schon früher im TaK: Elisa
beth Kopp 1998 im Grillparzer-
Stück «Weh dem, der lügt», Henry
Meyer in «DerTheatermacher» von
Thomas Bernhard, Franz-Josef Stef
fens hatte eine Andersen-Lesung im
TaK und Christoph Künzler spielte
den Grafen und den Ritter in «Der
Ritter vom Eschnerberg».
Drinnen und draussen
«In Zusammenhang mit der Breit
bach-Preisverleihung 1999», so er
klärte TaK-Dramaturg Ingo Klein
heisterkamp, «kam die Überlegung
über eine Aufführung von Breitbachs
Stück «Zweierlei Helden», das er
kurz vor seinem Tod (1980) geschrie
ben hatte. Die Urfassung zeigt zwei
Teile: Eine Chronik des Attentats auf
den serbisdhensKönig Alexander in
Marseille 1934 und die Behandlung
der Korrumpierbarkeit demokrati
scher Systeme.» Regisseur Peter
Carp (er studierte Kunstgeschichte,
Theaterwissenschaft, Publizistik und
Medizin) ergänzte: «Es geht um
Macht: Wie bringt man Menschen da
zu, sie abzugeben, werden auch gut
willige Menschen Teil des Systems,
wenn sie Macht erringen usw.? Aber
auch die Frage nach Schuld wird ge
stellt und was Heldentum ist. Das ha
ben wir in der Bearbeitung des von
Breitbach hinterlassenen grossen
Textberges herausgearbeitet - dazu
die vorhandene Struktur des Polit-
und den Spannungswert des Psycho-
thrillers. Im Stück gibt es ein Drinnen
und Draussen. Dort tobt der Staats
besuch des Königs, das befürchtete
Attentat findet statt; das Stück aber
spielt in einem Raum, in dem vier
Personen wie seelisch eingeschlossen
sind. Alle sind in die politischen Zu
sammenhänge verstrickt, offiziell
und privat, und handeln in Abhängig
keit von den Geschehnissen draus
sen, die einen immer stärkeren
Druck ausüben. Es ist ein «Schau
spielerstück» und wir sind sehr froh,
so hervorragende Schauspieler für
dieses Stück gewonnen zu haben.»
Die Akteure
Elisabeth Kopp studierte am Mo
zarteum Salzburg (Schauspielstudi
um) und an der Universität Wien
(Musikwissenschaften). Sie war En
semblemitglied am Burgtheater
Wien und in Kiel, hatte Engage
ments in Mainz, Frankfurt, Klagen
furt und tritt regelmässig bei den
Sommerspielen in Linz auf. Franz-
Josef Steffens kann, wie er selbst
sagt, auf ein langes Theaterleben
mit vielen wunderschönen Rollen
zurückblicken: U.a. Engagements
am Nationaltheater Mannheim, in
Köln, in Hamburg am Ernst-
Deutsch-Theater und Deutschen
Schauspielhaus und bei Gastspielen
an den Ruhrfestspielen, im Theater
in der Josefstadt Wien und an der
Schaubühne Berlin. Christoph
Künzler war in Graz, Stuttgart. Salz
burg. Frankfurt, München, Zürich
und Wien engagiert. Er war in einer
Vielzahl von Filmen und Fern
sehrollen zu sehen, u.a. «Fedora»
(Regie Billy Wilder) oder «Kom
missar Rex». Henry Meyer spielte
an praktisch allen grossen deutsch
sprachigen Häusern (z.B. in Pots
dam. Hamburg. Wien, Mannheim,
Frankfurt, Luzern). Er war in vielen
Fernsehproduktionen zu sehen. z.B.
in «Tatort». «Ein Fall für zwei». «Ci
ty Express Kunstraub». Joseph
Breitbach: «Zweierlei Helden», Ur
aufführung im TaK am 17. 3.. 20.09
Uhr. Weitere Vorstellungen am 18.
und 25. bis 27. März 2000.
i
Mummenschanz im Tak
Am Mittwoch, den 22. März 2000
um 20 Uhr kommt «Mummcn-
schanz» wieder nach Liechtenstein.
Das Mummenschanz-Maskentheu-
ter zählt im dritten Jahrzehnt seines
Bestehens noch immer zu den erfol
greichsten Theatertruppen der Welt.
Den entscheidenden Durchbruch
schaffte Mummenschanz 1977 in
New York. Noch nie hatte sich eine
Theatertruppe mit einem Pro
gramm ohne Worte und Musik wäh
rend dreier Jahre am Broadway hal
ten können. Seither spielte sich das
Ensemble in die Herzen der Thea
terbesucher auf allen Kontinenten.
Der nächste Schritt heisst einfach
- «Next». Nach zweijähriger Spiel
pause treten Mummenschanz mit ei
nem neuen Programm wieder ins
Licht der Theaterbühnen. «Next»
zeigt Mummenschanz in einer neu
en Dimension. Vor vier Jahren star
teten die legendären Mimen eine
Welttournee mit der «Parade», die
ihre 25-jährige Geschichte resü
miert. Wer glaubte, ein solches
künstlerisches Fazit bedeute der An
fang vom Ende, sieht sich - zum
Glück - eines Besseren belehrt. Das
Fazit machte den Weg frei für den
Aufbruch in neue Dimensionen.
«Next» dreht sich ganz um zerleg-
und zusammensetzbare Figuren;
zum Organischen kommt die Geo
metrie. Und: Für «Next» haben
Mummenschanz mit ihrem neuen Programm «Next» gastieren im TaK.
Mummenschanz das Ensemble auf
vier Mitglieder aufgestockt.
Seit dem internationalen Durch
bruch 1977 haben Mummenschanz
an der Verfeinerung ihrer poeti
schen Formensprache gearbeitet.
Viele haben versucht, sie zu kopie
ren, niemand hat sie erreicht. Mum
menschanz sind so mehr als nur ein
Sinnbild für die schöpferische, uni
verselle Kraft des Theaters. Sie ste
hen auch für eine besondere Qua
lität der Schweiz, wie sie das Ausland
selten genug zu sehen bekommt:
Poesie.
Wir möchten höflich darauf hin
weisen, das «Mummenschanz» eine
Veranstaltung im Rahmen des TaK
Extra-Abos ist.
Vorverkauf: Montag bis Freitag
von 10 bis 12 und 15 bis 18 Uhr.Te
lefon (00423) 237 59 69.
«Echo 2000»
vergeben
HAMBURG: An einer Gala-
Feier sind am Donnerstagabend
zahlreiche erfolgreiche interna
tionale und deutsche Künstler
mit dem deutschen Schallplat
tenpreis «Echo 2000» ausge
zeichnet worden. Als erfolg
reichste internationale Stars
wurde der Latin-Popper und
Mädchenschsvarm Ricky Martin
und die Pop-Diva Cher geehrt.
Der bei der Grammy-Verlei
hung vor zwei Wochen leer aus
gegangene Münchner Lou Bega
konnte sich mit zwei Preisen
trösten - als erfolgreichster
deutscher Künstler im Ausland
und für seine Hit-Single «Mam-
bo No.5».
Auch die alten Herren des ku
banischen Buena Vista Social
Clubs konnten zwei der begehr
ten silberglänzenden Trophäen
mit nach Hause nehmen. Der
«Echo» gilt nach dem amerika
nischen «Grammy» und den
«Brit Awards» als dritter grosser
Preis der Pop-Branche. Er wur
de zum neunten Mal von der
Deutschen Phono-Akademie,
einem Zusamnienschluss von
Plattenfirmen, vergeben. Die
Preisträger wurden nach ihrer
Chartplatzierung im vergange
nen Jahr und dem Votum einer
Experten-Jury ausgewählt.